Franck Carducci & The Fantastic Squad
Artrockfestival, Reichenbach, 07.04.2024
 


     

Der französische Rockmusiker Franck Carducci und seine Band The Fantastic Squad sind live eine absolute Attraktion. Das haben sie bereits zwei Mal beim Night Of The Prog auf der Loreley bewiesen. Als ich sie 2017 zum ersten Mal dort erlebte, waren sie für mich eine der Entdeckungen des Festivals. Zuletzt rockten sie im Sommer 2023 das Night Of The Prog-Festival.

    

     

Das Quintett bestehend aus Franck Carducci (Gesang, Gitarre), Mary Reynaud (Gesang, Akustikgitarre, Theremin, Percussions), Barth Sky (Gitarre, Backgroundgesang), Cédric Selzer (Keyboards, Backgroundgesang) und Léa Fernandez (Schlagzeug) verzauberte auch die Besucher im Neuberinhaus mit ihrer grandiosen Show.

    

      

    

Carduccis erstes Album „Oddity“ markierte den Beginn einer epischen Reise, aber es ist die Bühne, auf der Franck Carducci sein Talent entfaltet – Kostüme, Make-up, psychedelische Atmosphären, Humor und Sinnlichkeit. Ja, man denkt automatisch an Genesis, an Alice Cooper und David Bowie, auch an Led Zeppelin und Pink Floyd. Aber irgendwann denkt man an nichts anderes mehr, als an Franck und seine Band, die einen fesselt.

    

     

    

Vor allem die Energie geladene Show und die Kostümierungen machen den besonderen Reiz dieser Formation aus. Leider gibt es von diesem Prog-/Artrock mit einer Mischung aus Blues, Melodic- und Hardrock nur drei Studioalben („Oddity“, „Torn Apart“ und „The Answer“). Von diesem tollen Sound kann man nicht genug bekommen und so muss man dann „notgedrungen“ auf die Liveveröffentlichungen „Tearing The Tour Apart“ (BluRay) sowie die CDs „The Answer Live“ und „Naked“ mit Akustikversionen von Franck Carducci und Mary Reynaud zurückgreifen. Nichts geht aber über ein Livekonzert dieser Band.

     

    

    

    

Zu einem mehrminütigen Intro, das aus kurzen Schnipseln von Songs bekannter Acts wie The Beatles, Bruce Springsteen, David Bowie, Michael Jackson, Aerosmith, Genesis und vielen anderen mehr bestand, bis ein Schnipsel von Franck Carducci auftauchte und wie ein Durchsuchen von Radiosendern klang, kam die Band dann auf die Bühne und legte sofort druckvoll mit dem Song „Slave To Rock ‚N’ Roll“ los. Franck und seine Fantastic Squad machten von der ersten Sekunde an deutlich, dass sie den Saal rocken und dabei keine Gefangenen machen wollten. Das war vom ersten Moment an atemberaubend und genau so großes Kino wie am Tag zuvor mit den Von Hertzen Brothers. Beide Bands waren für mich die Gewinner des Festivals. Und so fragte nicht nur ich mich, warum dieser kraftvolle und emotional so mitreißende Act nicht den Headliner machte.

    

     

    

Recht proggig mit einem tollen Groove zeigte sich „A Brief Tale Of Time“ bei dem Mary an der Akustikgitarre agierte und Cédric Selzer Orgelartige Sounds beisteuerte während Franck an der Doppelhalsgitarre wirbelte. Der Song bestach auch durch herrlichen Satzgesang. Mary wirbelte dabei mit regenbogenfarbigen Tüchern auf der Bühne. Ein echter Ohrwurm.

    
Rechts: Mary Reynaud hebt ab

     

    

Dem schloss sich dann direkt „The Ecstasy Of Gold“ an, ein Cover des für seine Italowestern-Soundtracks bekannten Komponisten Ennio Morricone. Hier sorgte Mary mit ihrem lautmalerischen Gesang für Gänsehaut, während Cédric die Harmonien auf dem Keyboard spielte und Barth und Franck dies mit westernmäßigen Licks unterstützten Und im treibenden Abschluss schwenkte dann das Publikum die Hände hin und her.

    

    

    

    

Ein absoluter Blickfang ist natürlich Mary Reynaud. Ob bei der „Alice’s Eriee Dream”-Show, wie sie über die Bühne fegt und Musiker und Publikum fest im Griff hat, „The Angel” performt oder die Art und Weise, wie sie das Theremin spielt, es ist immer ein Erlebnis. Und Gitarrist Barth Sky ist eine wahre Rampensau. Neben seinem perfekten und ausdrucksstarken Gitarrenspiel wirbelte er sein langes Haar ständig durch die Luft, zog Grimassen, streckte wohlwollend die Zunge raus oder sprang durch die Luft. Es war eine schiere Freude ihm zuzusehen.

     

    

    

Im Stück „The Betrayal Of Blue“ geht es darum, wie schlecht wir mit unserer Erde umgehen. Der Song besitzt neben Rock auch ein gewisses Beatles-Feeling. In diesem Stück sorgte Mary mit ihrem Theremin-Solo für den optischen Höhepunkt.

     

    

    

Der Longtrack „Artificial Paradise“ (er wurde laut Franck auf Wunsch von Mary wieder ins Set  genommen) begann mit einer sehr schönen Pianomelodie zu der Mary eindrucksvoll sang. Dann setzten nach einigen Momenten die anderen Bandmitglieder ein und es entwickelte sich ein ausdrucksstarker Rocksong. Zum Ende des Songs kamen alle Bandmitglieder an den Bühnenrand und sangen Acapella während Mary eine 12saitige Akustikgitarre spielte. Franck forderte das Publikum auf in diesen Singsang einzusteigen und die Halle gab es ihnen aus vielen Kehlen zurück. Wer hier keine Gänsehaut bekam, dem fehlt wahrscheinlich jegliche Empathie.

     

    

    

    

Bei „The Angel“ hatte dann Mary Reynaud ihren großen Auftritt. In der abgedunkelten Halle sang sie das Lied in einem aus unzähligen LEDs bestehenden, weißen Umhang. Diesen bewegte sie zunächst wie Flügel und tanzte dann, den Umhang schwingend über die Bühne. Das war eine sehr beeindruckende Performance. Danach glänzte Léa Fernandez mit einem grandiosen Schlagzeugsolo, bei dem sie nicht nur sehr harmonisch und druckvoll spielte, sondern auch das Publikum fest in ihrer Hand hatte.

    

    

     

    
Barth Sky (links) und Franck Carducci (rechts) im Flugmodus

Nach dem AOR-mäßigen „The Limits Of Freedom“ kam dann ein Klassiker der Band, „Alice’s Eerie Dream“. Hierin wird die „wahre Geschichte“ von „Alice im Wunderland“ erzählt. Die Band bringt das Ganze immer in einer leicht frivolen aber humorvollen Art auf die Bühne. Dabei wirbelte Mary wie eine Domina mit einer Reitgerte über die Bühne und hatte vor allem ihre männlichen Kollegen fest im Griff. Das Ganze gipfelte dann in einem von Franck am Bass und Léa Fernandez am Schlagzeug gespielten Discogroove zu dem dann Mary mit Barth und Cédric tanzte. Ein grandioser Longtrack, an dessen Ende Franck seinen Bassgitarrenhals am Mikroständer rieb, um so verzerrte Klänge zu erzeugen.

    

    

    

Als Zugabe gab es dann das von allen am Bühnenrand Acapella (ohne Mikro) gesungene und nur von Akustikgitarre (die nicht am Verstärker angeschlossen war) begleitete „On The Road To Nowhere“. Da kam Gänsehaut auf und wurde – da Franck vorher darum bat mucksmäuschenstill zu sein – von allen andächtig verfolgt. Das mündete dann in einen tosenden Applaus.

     

    
Links: Mary Reynaud hebt erneut ab

     

    

Wer die Band bisher noch nicht live gesehen hat, dem empfehle ich dringend dies nachzuholen. Denn Franck Carducci hat mit seiner Truppe, mit Mary Reynaud, Barth Sky, Cédric Selzer und Léa Fernandez ein schlagkräftiges Team am Start, das eine unglaubliche Energie versprüht. Und das kam beim Publikum bestens an, das während und nach dem Konzert völlig euphorisiert war.

    
It's Disco-Time

    

           

Für mich war zu diesem Zeitpunkt klar, dass jetzt keine Steigerung mehr möglich sein kann. Franck Carducci gehört mit seiner musikalischen Mixtur, den theatralischen Showeinlagen und dem Spaß, den diese fünf Musiker/innen verströmen, auf die ganz großen Bühnen. Allerdings wünsche ich mir auch eine weitere BluRay mit einem Liveauftritt des aktuellen LineUps sowie ein neues Studioalbum in der Qualität der bisherigen Veröffentlichungen.

     

    

     

 
 

 

Setlist

Slave To Rock ‘N’ Roll
A Brief Tale of Time
The Ecstasy of Gold (Ennio Morricone)
The Betrayal Of Blue
Artificial Paradises
The Angel
Schlagzeugsolo
The Limits Of Freedom
Alice's Eerie Dream (mit Auszug aus November Rain)
Love Or Survive

Zugabe

On the Road to Nowhere (Acoustic)

 

 

Stephan Schelle, April 2024

 

 

Besetzung

Franck Carducci (Gesang, Gitarre)
Mary Reynaud (Gesang, Akustikgitarre, Theremin, Percussions)
Barth Sky (Gitarre, Backgroundgesang)
Cédric Selzer (Keyboards, Backgroundgesang)
Léa Fernandez (Schlagzeug)


 
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