
Die Vertretung für Mr. Dyson
Als Hauptact hatten Kees Aerts und Ron
Boots mit John Dyson einen Elektronikmusiker reanimieren können, der in
den 80’ern und 90’ern mehrfach schon für unglaubliche Konzerte in
Holland gesorgt hat. Zehn Jahre war John von der musikalischen
Bildfläche verschwunden und stieg an diesem Abend wie der Phoenix aus
der Asche, denn soviel sei schon mal verraten, das Konzert mit seinen
Mitstreitern war sensationell.
Zu Beginn war die Bühne verhangen und
Ron stand hinter dem Vorhang, um John anzusagen. Dann kam er vor den
Vorhang und kündigte an, dass John wohl kalte Füße bekommen hätte und
niemand wüsste wo er gerade sei. Man habe aber einen Ersatz gefunden.
Der Vorhang öffnete sich und zum Vorschein kam ein Dyson-Staubsauger.
Dies war eine kleine Revanche für den Gag, den John elf Jahre zuvor mit
Ron gemacht hatte, als er ihm einen neuen Synthesizer überreichte und
der sich als Kinderxylophon herausstellte (s. auch den Bericht vom
17.10.1998 auf dieser Seite -
hier).

Zwei Stunden zelebrierte er alte und
neue Stücke aus seinen Soloalben und den Wavestar-Alben und rief so die
alte Zeit wieder hervor. Es war so, als wäre er nie weg gewesen.
John trat mit weiteren vier Musikern
auf, womit der Auftritt einen Anstrich eines Rockkonzertes bekam, sich
jedoch immer noch in den gewohnt elektronischen Gefilden bewegte.

Den Beginn machte aber zunächst
Stephan Whitlan, der einen gut 15minütigen Soloset bot. Drei Stücke
spielte er aus seinem Repertoire. Nach dem Konzert sagte Stephan, dass
er seine Stücke für den Abend nicht vorbereitet hat, sondern ließ sich
vielmehr auf die Reaktionen des Publikums ein. Vom Stil her klangen
seine Stück ganz nach John Dyson und Wavestar und passten somit
hervorragend zum Set.

Beim zweiten Track zeigte sich der
britische Humor, den Stephan hat. Während die ersten vorprogrammierten
Sounds zu hören waren, schüttete sich Stephan kurzerhand eine Dose Bier
(einhändig) ein, während er mit der anderen Hand weiter Keyboard
spielte. Dann nahm er erst einmal einen großen Schluck. Im Track selber
war dann auch ein Stimmsample zu hören, in dem es um Dosenbier ging.
Musikalisch mischte er an einigen Stellen kurze Passagen von Soundtracks
wie „Startrek“, „Thunderbirds“, „Dr. Who“ ein und zum Schluss gab es
noch einen Schuss des ersten Elektronikpopsongs „Popcorn“ zu hören.

Dieser erste Part war schon sehr schön
anzuhören und anzuschauen, denn wenn man Stephan beim Spielen auf die
Finger sah, dann merkte man, dass hier ein absoluter Profi am Werk war.
Er ist gelernter Orgelbauer und nicht auch handwerklich, sondern auch
spielerisch äußerst begabt.
Dann ging Stephan von der Bühne, um
sich kurz ein weißes Oberhemd anzuziehen. Während die Bühne leer war
kamen einige Sounds aus seinem Synthie. Schnell kam er wieder auf die
Bühne zurück, stellte den Sound ab und meinte grinsend: „This is not for
today“. Das ist britischer Humor, wie ich ihn liebe.

Nach wenigen Momenten
kam die gesamte Truppe unter kräftigem Applaus auf die Bühne und das
außergewöhnliche Konzert nahm seinen Lauf. Die Band die John auf die
Bühne gestellt hatte bestand neben ihm (Keyboards und Gitarre) aus
Stephan Whitlan (Keyboards), Damian Rider (Bass), D’lear (Keyboards und
Gitarre) und Marcus Dale (Schlagzeug). Allerdings wurde John von Damian
unter einem schwarzen Tuch auf die Bühne geführt, so als wollte man ihn
an einen bisher unbekannten Ort bringen. Das Tuch wurde abgenommen und
Damian staubte kurzerhand John’s Kopf mit einem Staubwedel ab, so man
einen alten Gegenstand aus der Ecke holt, bevor man ihn benutzt. Mit
diesem Joke zeigte sich, dass John ein sehr humorvoller Mensch ist, der
über sich selbst lachen kann.


John richtete zunächst einige Worte
ans Publikum. Was ich sehr schön fand, war dass er während des ganzen
Konzertes diesen Kontakt zum Publikum hielt, in dem er zwischen den
Stücken immer mal wieder zum Mikro griff und etwas zu den Stücken
erzählte. Damit baute er einen direkten Kontakt zum Publikum auf, der
teilweise auch zu Dialogen führte. So erfuhr man einiges humorvolles,
aber auch nachdenkliches zu den Tracks. Unter anderem erinnerte John an
seinen verstorbenen Wavestar-Freund Dave Ward-Hunt, mit dem er vor
mittlerweile 25 Jahren die ersten Wavestar-Veröffentlichung, „Mind
Journey“ herausgebracht hat.




John und seine Mitstreiter legten eine
unglaubliche Spielfreude an den Tag. Man sah, wie John seinen Auftritt
richtig gehend genoss. Er agierte an seinen Keyboards oder bei
„Moonwind“ an der E-Gitarre mit einer unglaublichen Hingabe. Während des
Gigs lieferte er unter anderem tolle Liveversionen der Stücke „IFO“,
„Moonwind“, „Silverbird“ und „Time Node“.





In der Einleitung zu „Silverbird“
erfuhren die Besucher, dass der Schlagzeuger vor einiger Zeit geheiratet
hatte und bei seiner Hochzeit das Stück gespielt hatte. Dann kam eine
sehr schöne Version dieses Titels. Für den britischen Humor sorgte an
diesem Abend vor allem Stephan Whilan, der während des Gigs unter
anderem auch noch Zeit fand, während er seine Keyboards bediente, seine
Mitmusiker zu fotografieren.





Es folgte dann noch mit „Posevalue“
ein Titel, der sich auf der SpecialCD, die zum E-Day 2009 herausgekommen
ist, befindet. Als weitere Titel spielte John dann noch einige Sachen
von seinem neuen Album „Darklight“. Die neuen Stücke passten ganz
hervorragend in die Setlist mit den älteren Titeln und führten nicht zu
einem Bruch. Beim Titelstück des Albums liefen Animationen, wie
Sternfelder, Galaxien und Sonnen im Hintergrund auf der großen Leinwand.
Leider war dies bei diesem Gig das einzige visuelle Highlight. Auf der
anderen Seite war das Konzert von solch einer Güte, dass irgendwelche
visuellen Effekte auch nicht notwendig waren.





Das Publikum quittierte den Auftritt
mit Standing Ovations und konnte so John noch zu zwei Zugaben verleiten.
Nach dem Konzert waren sich alle einig, es war ein denkwürdiger Abend,
denn einen derart qualitativen Gig hatte man schon lange nicht mehr
gesehen. Es bleibt zu hoffen, dass John nicht wieder von der Bildfläche
verschwindet, sondern noch einige Konzerte geben und Alben herausbringen
wird.





Setlist
Vorprogramm von
Stephan Whitlan
Evolution
Wavestar
Osaka Hai
IFO
Analog
Moonwind
Time Enough
Silverbird
Posevalue
Retro 82
Heights
Darklight
Zugabe
Time
Node
2minütiger Auszug aus dem neuen Album
Stephan Schelle,
12.04.2009