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Interview mit Klaus Walz (Jane)
am 20.11.2009 geführt


Am 20.11.2009 traten Jane und die Pink Floyd-Tribute Band Echoes zu einem gemeinsamen Konzert in der Westfalenhalle 3 a, in Dortmund auf. Das Konzert wurde aufgrund der großen Resonanz des Auftrittes der beiden Gruppen einen Monat zuvor in der Balver Höhle organisiert. Ich hatte Gelegenheit vor dem Konzert mit Klaus Walz von der Band Jane zu sprechen. Hier das Interview.

Stephan: Ihr seid am 10.10.2009 in der Balver Höhle aufgetreten. Jetzt habt ihr ja einen Eindruck über diese außergewöhnliche Location bekommen. Wie seid ihr darauf gekommen und wie hat euch das Ambiente gefallen?

Klaus: Es war kein Zufall dass wir dort aufgetreten sind. Der Zufall, wenn man es so nennen will, heißt Guido Simm. Er ist auf diese Idee gekommen. Ich wollte früher schon mal dort spielen, als ich noch bei Epitaph war. Wir hatten den Festspielverein kontaktiert, der war damals aber überhaupt nicht an Rockkonzerten interessiert. Die machen jährlich ihren Irish Folk und noch so ein, zwei Sachen, mehr gibt es da nicht.

Stephan: Also mit Rock haben die es nicht so.


Klaus Walz

Klaus: Überhaupt nicht. Mittlerweile haben sie aber ihre Meinung geändert. Wenn man auf ihre Webseite schaut, dann sieht man, dass sie unser Konzert mit Echoes hoch loben. Ich muss aber auch sagen, dass es uns sehr viel Spaß gemacht hat. Es ist aber eine schwierige Location.

Stephan: Vom Sound?

Klaus: Nein, von der Logistik. Man muss ja alles ankarren, das ist sehr kostenintensiv. Was man mir vorher alles für Horrorgeschichten über den Sound erzählt hat, Orchester hätten abgebrochen, denen war es zu kühl, anderen war es zu hallig usw. Wir haben als Rockmusiker eine Devise; entweder man spielt so leise, das man mit dem Echo spielt, oder man spielt so laut, dass das Echo keine Chance hat. Und irgendwo dazwischen sind wir dann.

Stephan: Ihr habt ein gemeinsames Konzert mit der deutschen Pink Floyd-Coverband Echoes bestritten und lasst heute in der Dortmunder Westfalenhalle ein weiteres gemeinsames Konzert folgen. In den 70’ern wurdet ihr ja von der Presse auch gerne als deutsche Pink Floyd bezeichnet. War das auch ein Grund für diesen gemeinsamen Auftritt oder wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Klaus: Also mal ganz ehrlich, Jane mit Pink Floyd zu vergleichen, das ist ein Scherz.

Stephan: Die Presse hat in den 70’ern diesen Vergleich angestellt.

Klaus: Ich kenne auch die alten Musiker, keiner hat das auch nur im Entferntesten angestrebt. Die Musik so in diese Ecke hineinzuinterpretieren lag wohl mehr am Zeitgeist etwas sphärischer zu arbeiten. Ein Vergleich war aber nie geplant und wenn dann mal ein Song eine Anlehnung an Pink Floyd hatte, dann war das einfach nur ein Zufall. Ich denke mal dass der Vergleich extrem hinkt.

Stephan: Und die Kombination von Echoes und Jane ist auch nicht in Anlehnung an diesen Vergleich angelehnt? Wie seid ihr zu dem Doppelkonzert gekommen?

Klaus: Wir wollten das Konzert erst mit Grobschnitt machen.

Stephan: Die spielen zu lange (lacht).

Klaus: Nein, wir hätten sowieso als erste gespielt. Echoes spielt ja auch lange. Diese Form der Musikinterpretation braucht immer ein bisschen Luft und dann danach zu spielen, das ist schwer, weil das Publikum dann ziemlich verausgabt ist. Zweieinhalb bis drei Stunden Konzert und dann danach noch spielen, das ist zu viel. Wir wollten das erst zusammen mit Grobschnitt machen und das war im Vorfeld auch ganz gut angedacht, dann kamen aber so einige Bedenken und wir haben daraufhin eine Absage von Rolf Möller erhalten. Weil wir dieses Höhlenkonzert in Balve unbedingt machen wollten, haben wir überlegt, wer dafür geeignet ist. Und wieder war es Guido Simm – immer dieser Guido (lacht) - … Guido ist der Höhlenvater. Er hat dann überlegt und meinte, „Mensch die Echoes, die sind gut“. Wir haben uns dann ihren Internetauftritt mal angesehen und das gefiel uns allen sehr gut und sie passten auch konzeptionell ganz gut uns. Eine Metal- oder Hardrockband hätte nicht so gut zu uns bei dem Höhlenkonzert gepasst, denn wir sind ja auch schon hart genug und das wäre zu viel gewesen. So hat es einen sehr runden Charakter bekommen.


Fritz Randow

Stephan: Ich fand auch das eine sehr gute Kombination war.

Klaus: Ja, das fand ich auch.

Stephan: Überraschungsgästen waren in Balve nicht dabei. Ich hatte am Rande mitbekommen, dass ursprünglich Martin Hess kommen sollte. Wird es eventuelle heute in Dortmund einige Gäste geben?

Klaus: Nein, das machen wir nicht. In Balve sollte Manfred Wieczorke kommen, der wurde aber überraschend nach Südafrika gebucht, wo er diese Trockengebiets-Expeditionen macht. Er organisiert sie und leitet sie auch. Da es für ihn existenziell ganz wichtig ist, musste er uns kurzfristig absagen. Dann haben wir das im Vorfeld auch mit Martin Hess gecancelt. Ich hätte gerne mal wieder Martin Hess und Manfred Wieczorke zusammen auf der Bühne gehabt. Das hat aber leider nicht geklappt. Heute wäre das sinnlos gewesen, denn Martin alleine nach Dortmund einzufliegen, das hat keinen Zusammenhang. In Hannover ist es okay, da er dort eine Rock-Ikone ist. Hier hat das aber weniger Bestand.

Stephan: Ihr ladet dann schon eher zwischendurch mal Musiker ein, wenn es einen besonderen Anlass dafür gibt?

Klaus: Ja, wenn eine bestimmte Besonderheit besteht oder aus aktuellem Anlass machen wir das dann ganz gerne.

Stephan: Neben einem Streifzug aus euren bisherigen Alben habt ihr auch vier Songs vom neuen, in Kürze erscheinenden Album gespielt. In Balve war die Übungsphase recht kurz, sodass die neuen Stücke noch etwas holprig klangen. Für die neuen Stücke hattet ihr nicht viel Zeit zum Proben. Charly sagte auf der Bühne dass es am Vortag gerade mal zwei Stunden gewesen sind.


Wolfgang Krantz

Klaus: Ja klar. Wir haben jetzt auch schon eine ausgedehnte Tournee gemacht und die Stücke sitzen jetzt gut und kommen auch sehr gut beim Publikum an.

Stephan: Haben die sich mittlerweile auch entwickelt?

Klaus: Ja natürlich. Es ist schon ein Unterschied Songs im Studio zu produzieren und das Ganze dann auf der Bühne live wiederzugeben. Einige Songs brauchen dann auch noch eine gewisse andere Interpretation, da muss man bestimmte Punkte setzen, damit die auch richtig greifen und der Funke ins Publikum überspringt. Also Live und Studio, das sind zwei Paar verschiedene Stiefel.

Stephan: Man kann also sagen, dass ihr jetzt live geübt habt?

Klaus: Ja, wir haben schon … Es ist immer schwierig, weil wie gesagt unsere Bandmitglieder in allen Himmelsrichtungen leben. Charly in Kanada, Wolfgang bei Gorleben – das ist ja ein bekannter Begriff -, Fritz in Bonn, Arndt in Hannover und ich in Dortmund, das ist eine richtige Achse. Da muss man die Proben schon so vernünftig und rational ansetzen, das sich das auch irgendwie lohnt.

Stephan: Das wäre auch schon meine nächste Frage gewesen. Wie geht man eigentlich an so einen Gig heran. Du hast ja schon angesprochen, dass Charly in Kanada lebt, da kann er ja nicht mal eben rüberkommen. Übt man dann alleine oder wie läuft das?

Klaus: Wer alleine übt, betrügt die anderen (lacht). Es ist natürlich ein Handycap mit dieser großen Distanz zu Charly. Es ist aber nun mal Realität und wir müssen damit umgehen. Wir machen es immer so, wenn Charly aus Kanada kommt, dann setzen wir einen bestimmten Rahmen an Probtagen an, je nachdem was gefordert ist. Dann wird in diesen wenigen Stunden, die sich so ergeben, ganz intensiv das Programm geprobt. Das alte, bestehende, das braucht man nicht üben, da werden nur noch mal ein paar Punkte angespielt. Wenn man die Stücke, die man sowieso beherrscht immer wieder übt, verliert man auch die Spielfreude.


Arndt Schulz

Stephan: Du meinst dass man die Stücke nicht verlernt zu spielen?

Klaus: Ja. Ein guter Schauspieler, der Shakespeare drauf hat, der muss es auch morgens um vier Uhr, direkt nach dem Wecken runterrattern können. Ich finde das sind Texte, die man einfach haben muss. Da habe ich schon einen gewissen Anspruch.

Stephan: Wird es mehr Stücke vom neuen Album geben oder ist die Setliste die gleiche wie in Balve? Wird es einige Überraschungen geben?

Klaus: Weil wir Angst bei der Begegnung mit dem Publikum wegen unserer neuen Stücke hatten, haben wir in Balve drei neue Stücke am Anfang gleich in einem Rutsch durchgemacht. So nach dem Motto: „So, jetzt habt ihr’s“ und dann können wir uns wieder dem bekannten Material widmen.

Stephan: Dann hattet ihr es hinter euch.

Klaus: Genau. Diesmal ist es ein bisschen aufgelockerter, denn wir mischen das neue mit altem Material. Ich sehe der Sache ganz gelassen entgegen.

Stephan: Wird es dann drei Stücke geben?

Klaus: Es wird vier geben. In Balve hatten wir auch vier, das waren die drei am Anfang und dann „Fly Away“ mit dem Schlagzeugsolo, das kommt heute auch.

Stephan: Das neue Album ist ja seit kurzem raus, erzähl doch ein bisschen darüber.


Charly Maucher

Klaus: Ich hatte am Anfang einige Bedenken, denn mit dem neuen Album sind jetzt auch Einflüsse der neuen Musiker stark zum Tragen gekommen, die haben auch sehr viel komponiert. Ich hatte als Produzent die Aufgabe, das irgendwie und irgendwo auf die Wurzeln von Jane zu ziehen, ohne den Charakter der Komposition zu zerstören, was nicht so einfach war. Aber im Nachhinein, jetzt, wo ich mir das mit Abstand anhöre, sage ich mir „Klasse, ist gelungen“. Der Titel „Traces“ (Spuren) ist ganz bewusst gewählt. Es sind also die feinen Spuren, nicht die großen Fußabdrücke gemeint, sondern mehr dieses Elementare. Das kommt immer wieder durch. Die Rezensionen, die wir jetzt schon lesen, sind für uns wie ein Schulterklopfen, das tut richtig gut.

Stephan: Das glaube ich. Das Album verkauft ihr ja momentan bei den Konzerten. Kann man das auch noch anderweitig erwerben?

Klaus: Das Album kommt am 11.12.2009 in den Handel. Was wir derzeit machen ist der so genannte Produkteigenverkauf. Die Unternehmen, die diese Musik verkaufen, viele Unternehmen haben ja noch einen Zentraleinkauf, die sind derzeit in der Orderphase und bestellen das. In den nächsten vier Monaten kommen auch noch groß angelegte Promoaktivitäten, wo wir mit Anzeigen in fast allen Musikzeitschriften vertreten sein werden. Mit Story’s, Interviews und Rezensionen wird da hoffentlich ein richtiger Schub kommen.

Stephan: Das Konzert in Balve wurde mit mehreren Kameras gefilmt. Wird es einen Mitschnitt des Balve-Gigs geben, oder lasst ihr bei weiteren Auftritten filmen und bietet einen dann einen Zusammenschnitt der besten Songs?

Klaus: Von Balve wird es einen eigenen Konzertmitschnitt geben. Hannover hatten wir auch gefilmt.

Stephan: Das war das Tribute Konzert für Peter Panka?

Klaus: Nein, das Tribute war 2007. Auf dieser Tour haben wir noch einmal in Hannover gefilmt, als wir mit behinderten Jugendlichen der Gruppe Just Fun aus Dortmund auftraten. Die haben mit uns gemeinsam drei Stücke gespielt, das ist der Hammer, wirklich gut, unter anderem mit Bläsern.

Stephan: Wird es dass dann als eigene DVD geben?

Klaus: Nein, das wird es als Bonus auf der Balve-DVD geben.Wir haben auch noch zwei Takes aus dem Studio, die nicht auf die „Traces“ drauf gekommen sind, die werden dann dort auch als Bonus enthalten sein. Und dann gibt es noch ein paar Interviews und einige Hintergrundgeschichten. Und zum Herbst 2010 wird es zum 40. bestehen von Jane eine History geben. Ich habe Material gesammelt das von 1977 bis in die heutige Zeit reicht. Da kann man dann einen Querschnitt mit der ganzen Fluktuation innerhalb der Band erleben. Durch die Umbesetzungen waren auch stilistische Änderungen bedingt. Es wird ganz interessant, das mal zu sehen. Es fängt mit Rock-Pop an (Anmerkung: Fernsehmitschnitt) und hört mit Balve auf.

Stephan: Das klingt sehr gut. Sind dann auch dort Interviews und Wortbeiträge von euch enthalten?

Klaus: Natürlich. Es kommt aber auch noch so ein dokumentarischer Teil dazu, wo die ganze Bandgeschichte erzählt wird. Dort wird dann auch die Frage beantwortet wer Jane, die Namensgeberin der Band, eigentlich war. War das ein Groupie? War es nicht, ich weiß ja wie der Name zustande kam. Das ist sehr trivial aber auch sehr interessant.

Stephan: Für wann ist die Veröffentlichung geplant?

Klaus: Ich habe schon gut 95 % des Materials bei mir liegen. Einiges ist stark bearbeitungsbedürftig, weil es sich dabei um Amateuraufnahmen handelt. Das hat aber großen historischen Hintergrund.

Stephan: Du bist jetzt bei der History? Ich meinte in meiner Frage zunächst die Balve-DVD.

Klaus: Ach Balve. Das Team in Hamburg ist bereits mit einigen Songs im Final Cut, das ist schon durch. Sie schneiden derzeit noch den Ton von ihren Kameras um, denn teilweise ist der so verzerrt, weil sie den Ton nicht runterregeln konnten. Dafür sind die Kameras auch nicht ausgerichtet. Sie haben mich um Tonmaterial gebeten, damit sie einen exakten Schnitt hinbekommen. Ich denke, Ende Dezember haben wir das durch, so dass die Sache im Januar ins Presswerk gehen kann, wenn Eroc da ist und das Mastering machen kann. Genau wie bei der „Traces“, da hat er das auch gemacht.

Stephan: Eroc hat bei der „Traces“ das Mastering gemacht?

Klaus: Ich mastere nur mit Eroc.

Stephan: Es ist unglaublich, was er macht.

Klaus: Der Mann ist nicht umsonst eine Koryphäe. Jetzt hat er sich noch das eine Ohr operieren lassen, jetzt hört er noch schlimmer (lacht) und der hört wirklich genial. Was er aus den Aufnahmen rausholt, ist der Hammer.

Stephan: Wie meinst du das? Hat er dann auch einige Kritikpunkte, die er anbringt?

Klaus: Nein, man muss leiser reden (lacht).

Stephan: Noch ein paar Fragen zu den letzten Alben. SPV ist ja in diesem Jahr in Schwierigkeiten geraten. Die haben letztes Jahr euer wirklich tolles Livealbum „Live At Home“ mit reichlich Bonusmaterial als DoppelCD neu herausgebracht und in diesem Jahr folgte dann „Between Heaven And Hell“. Wird es da in Zukunft noch weitere remasterte Alben geben?

Stephan: SPV ist an die Sony verkauft worden. Das alte Jane-Material stammt von Universal. Jetzt sind die beiden in einer richtig harten Konkurrenzsituation und sozusagen wie Boxer im Ring. Da besteht derzeit großer Handlungsbedarf die beiden zusammen zu führen um noch was für die alten Alben zu machen. Es ist ja nicht der große Gewinn mit diesen Wiederveröffentlichungen zu machen. Die müssen remasterd werden, zum Glück macht das Eroc, da wird es dann ja auch gut, davon kann man schon ausgehen.

Stephan: Es stockt also momentan.

Klaus: Ich glaube das ist erst einmal gestoppt. Das ist zwar sehr schade, aber mal sehen, was sich da so entwickelt. Vielleicht hat Manfred Schütz ja noch den ein oder anderen Kontakt, den er da spielen lassen kann, um da noch was zu machen.

Stephan: Derzeit sind einige Bands aus der Krautrock-Ära wieder unterwegs, so können sich beispielsweise Grobschnitt über gute Zuschauerzahlen erfreuen. Kürzlich war auch zu lesen, dass Frank Bornemann sich entschlossen hat, nach längerer Zeit doch wieder eine Eloy-Platte herauszubringen. Merkt ihr ein steigendes Interesse an Krautrock bzw. Deutschrock der 70’er Jahre? Ist da eine positive Tendenz zu erkennen oder trügt der Schein?

Klaus: Ich denke das sind so ca. 2 Prozent der bestehenden Krautrockfans, wenn man diesen Begriff überhaupt so verwenden kann. Diese Prozentzahl der Fans der 70’er Jahre kann man wieder aktivieren, der Rest – das war nur eine Modeerscheinung – ist beruflich und familiär so involviert, das sie gar nicht mehr großartig ausgehen. Das sind mittlerweile „Couchpotatoes“ oder „Chillkröten“ (lacht). Was aber interessant ist, sind diese Medien. Diese Schreiber sind ja alle so um die 45 Jahre alt und die hatten das damals, als sie zur Penne gingen, sozusagen auf ihren Fahnen stehen. Das war deren Musik. Angefangen hat das 2004 mit dem Kraut-Rockpalast, die haben eine Menge dazu beigetragen, dass das jetzt wieder im Gespräch ist. Dann gibt es einige Bands, da zähle ich Jane ganz stark dazu, die eine unglaublich gute Liveperformance machen. Unter anderem gehören auch Grobschnitt und Epitaph dazu. Und die sind derzeit aktiv zu bewundern. Die haben mit derzeit immer mehr Publikum aufgebaut. Grobschnitt schießt dabei natürlich den Vogel ab. Okay, die machen nicht so viele Konzerte wie die anderen Bands. Sie können das sehr selektiv machen. Da ist eine gewisse Resonanz da. Ich denke mal dass das für die nächsten 24 Monate noch Bestand haben und sich wahrscheinlich noch steigern wird.

Stephan: Wie viele Konzerte bestreiten Jane denn so im Jahr?

Klaus: In der Regel sind das zwischen 20 und 30 Konzerten.

Stephan: Seid ihr dann auch im Ausland unterwegs?

Klaus: Weniger. Wir machen zwar auch Österreich und Schweiz, waren auch in Belgien und Frankreich, sind aber nur im grenznahen Bereich unterwegs, denn geschichtlich gesehen sind wir im europäischen Ausland nicht so bekannt. Der Krautrock ist da nicht so populär wie beispielsweise derzeit in England, wo jetzt alle DJs die Sachen von Cluster oder NEU! auflegen und mit ihrem anderen Zeug da vermischen, aber das bezieht sich nicht auf Bands wie Grobschnitt, Epitaph oder Jane, da sind mehr so die Elektroniker gefragt. Aber du siehst dass es immer noch Material gewesen ist, das als Blaupause für viele Musiktrends diente. Die Red Hot Chili Peppers haben beispielsweise nicht ihre große Top 50 als Vorbilder gehabt, als sie jung waren. Die haben nach Deutschland geguckt. Die haben sich die bekloppten deutschen Bands angehört und festgestellt: „Hey, das ist eine völlig geile Interpretation. Ganz anders.“ Das ist doch schön, oder nicht?

Stephan: Finde ich auch.

Klaus: Mit David Bowie ist es das dasselbe. Er ist aus dem Grunde nach Berlin gezogen, weil das so interessant war und dort hat er ja auch eine Zeit lang mit Romy Haag zusammen gelebt. Ich habe die übrigens auch einmal live gesehen. Auch die 3 Uhr Entblössungsshow, das war schon sehr interessant. Anatomisch ist das ein Wunder (lacht).

Stephan: Noch ein Wort zum Verhältnis zwischen euch Musikern und den Fans. Ich hab das Gefühl, das euch, genau so wie es bei Grobschnitt der Fall ist, ein freundschaftliches Verhältnis verbindet. Liege ich mit der Einschätzung richtig?

Klaus: Ja. Das ist auch wunderschön. Wir sind nicht nur eine Community, wo man sich irgendwie austauschen kann, sondern das ist schon ... Das sind nicht nur zehn Leute, da brauchst du schon viele Hände, um die da unter zu kriegen. Das hat schon richtig gute soziale Strukturen. Das ist so familiär. Man kann es unheimlich schwer in einem Begriff zusammenfassen, weil das so kunterbunt ist. Nicht das die alle irgendwie Uniform mäßig … Jeder mit seinem Kopf und mit seinem Outfit … Das ist ganz toll. Mit einigen Leuten, die ich durch das Forum oder durch diesen Fanblock kennen gelernt habe, habe ich richtig gut funktionierende Freundschaften aufgebaut. Und das ist eine ganz tolle Sache.

Stephan: Das Phänomen habe ich auch erlebt und das habe ich auch sofort gespürt.

Klaus: Das tut gut, ne. Kommst du irgendwo hin, fremde Stadt und dann die Begrüßungen und alles ist klar.

Stephan: Wie sehr hat das Internet zu dieser Situation beigetragen?

Klaus: Die Bandseite hatte ich im Jahr 2002 gestartet, da lief das ganz schlecht. Ich bin ja nebenbei auch im Internet multimedial tätig, mache Firmenpräsentationen und Vertonung von Produktvorstellungen, Produktvideos sodass ich nebenbei Geld in dieser Kunst verdienen kann, was mir ganz wichtig ist. Alles andere fällt mir schwer, das liegt mir nicht. Da habe ich dann angefangen und Peter, Werner und Charly damals überredet, eine Webseite zu machen. Damals war mein Tenor: „Das Internet wird das Ding werden. Alle Medien, die nicht im Internet tätig sind, werden in den nächsten zehn Jahren von der Bildfläche verschwinden.“ Als wir angefangen sind, hatten wir mal so 1.000 Klicks im Monat, mittlerweile haben wir Besuche von 25.000 bis 30.000 pro Monat und das ist schon enorm. Was daraus resultiert … Balve ist ein reines Internet-Marketing gewesen. Die Plakate liegen noch bei mir im Keller und vergammeln. Die 1.000 Plakate, die wir eigentlich aushängen wollten, die haben wir nicht benötigt. Gut, hier in Dortmund ist das schwieriger. Wir sind hier in mannigfaltig starker Konkurrenz mit vielen, vielen Veranstaltungen.

Stephan: Na klar. Hier im Ruhrgebiet ist natürlich überall was los.

Klaus: Ja. Auch heute waren wieder so viele in der Stadt, bei so vielen interessanten Konzerten, da haben wir halt ein bisschen Pech. Aber egal. Es ist nicht so voll wie in Balve, aber das spielt auch keine Rolle, denn wir spielen vor 300 oder 400 Leuten genauso wie vor 1.500 Besuchern. Da ist scheißegal.

Stephan: Gibt es denn derzeit Radiostationen, die Interesse daran haben eure Musik bzw. deutsche Rockmusik jenseits des Mainstream zu spielen?

Klaus: Das ist noch ein Manko, das wir bisher hatten. Mit den alten Jane-Sachen ins Radio zu gehen, da brauchst du schon ein Special. Das geht nicht, also das Format passt nirgendwo rein. Mit Grobschnitt ist da vielleicht manche Sache leichter. Ich kenne so zwei Songs wie „Vater Schmidt Wandertag“, den kann man irgendwo noch bringen, aber mit „Rockpommel’s Land“ oder so einem Opus, das geht natürlich auch nicht. Wer will im Radio schon Stücke hören, die 30 Minuten und länger dauern? Oder „Solar Music“ wohlmöglich noch in einer Liverversion, vergiss es, das ist ausgeschlossen. Wir haben bei dem Dortmunder Konzert, als wir merkten dass der Vorverkauf schleppend war, Kontakt zu Radio Dortmund aufgenommen. Der Hans Schreiber, der macht ja dieses Bürgerradio auf diesem Sender. Übrigens eine sehr gut laufende Sendung. Normalweise ist Bürgerradio der Ausschaltgarant für eine Radiostation, aber bei ihm läuft es, weil er eine Community aufgebaut hat, die sich im Bluesrock, Jazz-Bereich ansiedelt und die Sendung wird ganz gerne gehört. Und der hat dann auch eine Schnittstelle zu den regulären Sendern aufgebaut, zu diesem NRW-Format Oberhausen. Und ich dachte bei mir, dass drei Stücke eine Chance haben, die sind in drei Minuten zu spielen, da ist das Thema durch und die sind nicht so unbedingt Jane-typisch. Die haben darüber hinaus einen hohen Widererkennungswert. Strophe, Bridge, Refrain, Solo – Solo muss ja sein (lacht). Und dann haben wir die Stücke einer Moderatorin geschickt und die war völlig begeistert. Ihre Kinder, die so 10 bzw. 12 Jahre alt sind, die haben sich die Platte zuerst angehört und die sind umgefallen. Jetzt haben wir natürlich durch Eroc ein Wahnsinns-Mastering. Die Scheibe klingt besser als die Millionenproduktion von Nickelback. Die hat die „Traces“ aufgelegt und kam mit solchen Augen an „Boh, gleich der erste Titel, was ist denn das. Mein Junge ist außer Rand und Band.“ Und dann habe ich gesagt: „Ja, Klasse.“

Stephan: Ihr habt jetzt also die Möglichkeit eure Musik wieder auf breiterer Basis den Leuten vorzustellen?

Klaus: Und da sehe ich eine Chance. Bei der Produktion habe ich auch immer darauf geachtet und hatte auch einige Diskussionen mit meinen Musikerkollegen ... Ich habe immer gesagt: „Leute, wir brauchen unbedingt etwas Format gerechteres, ohne das jetzt mit der Brechstange zu Recht zu biegen.“ Es gibt meiner Meinung nach auf dem Album drei Titel die die Möglichkeit haben im Radio gut zu laufen. Der eine ist ein Rockpopsong, der andere ein Rocksong und der nächste ist ein schöner ruhiger Westcoast-Song. Ein ganz warmer, ruhiger Song mit dem Titel „To A Hero And Friend“, den Arndt komponiert hat, du wirst ihn ja auch noch hören. Und genau so war es dann auch, da hab ich einen guten Riecher gehabt (lacht).

Stephan: Vielen Dank Klaus für deine ausführlichen Antworten und das gute Gespräch.

Stephan Schelle, November 2009

PS: Den Konzertbericht vom Dortmunder Gig findet hier und die Rezension der neuen CD hier

 
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