Den
krönenden Abschluss des Festivals bestritten dann The Musical Box. Es gibt
viele Genesis-Coverbands, aber nur eine, die von den ehemaligen
Genesis-Musikern nicht nur akzeptiert, sondern unterstützt wird. Und das
sind The Musical Box. Die aus Kanada stammende Band bestehend aus Denis Gagné
(Gesang, Flöte), Sébastien Lamothe (Bass, Gitarre, Gesang), Francois
Gagnon (Gitarre), Guillaume Rivard (Keyboards, Gesang) und Marc Laflamme
(Schlagzeug, Gesang) spielen seit Jahren die frühen Shows der britischen
Proglegende authentisch nach.
Bisher
haben sie die Liveshows von „Foxtrott“ bis „A Trick Of A Tail“
nachgespielt. Dabei haben sie bis hin zu den Ansagen alles rekonstruiert.
Unterstützung fanden sie von Genesis-Mitgliedern durch Originalrequisiten
wie Dias, Kostüme und Instrumente. Die Shows sind so echt, das ehemalige
Genesismusiker schon bemerkten, sie hätten das Gefühl sich selbst auf der
Bühne zu sehen.
Auf
der Loreley boten The Musical Box bis auf „Horizons“ das komplette
„Foxtrott“-Album plus weitere Songs aus der Gabriel-Phase, darunter
einige Stücke, die Genesis nie selbst live gespielt haben. Während des
Festivals war zu hören, dass einige Fans des Festivals im Vorfeld nicht mit
dem Headliner des dritten Tages zufrieden gewesen sein sollen. Das ist aus
meiner Sicht völlig unverständlich. Es gibt zwar zahlreiche
Genesis-Coverbands, doch wer The Musical Box einmal live gesehen hat, der
wird das nicht so schnell vergessen, denn sie erzeugen das Gefühl in einer
Zeitkapsel zu sitzen und ein Originalkonzert der besten Phase von Genesis
live erleben zu dürfen. Die vollen Ränge und der Applaus am Ende des
zweistündigen Sets bewiesen dann auch, dass alle Anwesenden ein
herausragendes Livererlebnis miterleben durften.
The
Musical Box gingen mit ihrer Show 40 Jahre zurück in die Vergangenheit. Die
Foxtrott-Show wurde zuletzt 1976 live aufgeführt. War bei den bisherigen
Acts des Festivals die große Lichtanlage im Einsatz, so mussten sich jetzt
die Zuschauer auf eine reduzierte, aber nicht weniger faszinierende
Lichtshow einstellen. Ganz wie in den 70’er Jahren war die Bühne komplett
in Weiß gehalten. Und auch ein weiteres Element aus Rockkonzerten der
70’er Jahre kam zum Einsatz: Trockeneisnebel waberten streckenweise über
die Bühne.
Weiße
Vorhänge begrenzten die Bühne, auf der alle Instrumente in weißen Farben
– mit nur wenigen Farbtupfern – aufgebaut waren. Darüber waren einige
wenige Spots und eine Discokugel aufgebaut. Mit den Originalinstrumenten und
Kostümen der Show bzw. nachbauten derselben spielten The Musical Box die
Foxtrott-Tour, ergänzt um einige bekannte und rare Stücke so
originalgetreu, das man nicht nur bei geschlossenen Augen den Eindruck
hatte, Genesis ständen leibhaftig auf der Bühne.
Neben
den Songs, die 1:1 wie bei den frühen Touren gespielt wurden, gab es auch
manchmal etwas stelzig und schüchtern wirkende Ansagen von Denis Gagné
(alias Peter Gabriel). Und auch das Stimmen der Instrumente, das manchmal so
wirkte, als wollten die Musikerkollegen Gagné/Gabriel in seinen Ansagen stören
bzw. unterbrechen, war Originalgetreu. Das zeugt von einer akribischen
Recherche. Ich bin froh, dass ich diese Performance erleben durfte, da es
mir in den 70’er Jahren verwehrt blieb, Genesis einmal live zu sehen.
Stilecht
zu „Watchers Of The Sky“ kam Denis Gagné in schwarzem Outfit mit
Fledermausflügeln am Kopf, einer Perücke, die die rasierte Stirn
Gabriel’s zeigte und den mit Neonfarbe bemalten Augen auf die Bühne. Während
die anderen das Intro spielten stand Gagné wie versteinert mit verschränkten
Armen auf der Bühne und bewegte nur langsam den Kopf von rechts nach links.
Ein beeindruckender Beginn einer Show, die in den 70’er Jahren für Furore
sorgte und auch heute nichts von ihrer Magie verloren hat. Als dann sein
Gesang einsetzte begannen sich bei so manchem Besucher die Gänsehäute
einzustellen, da er stimmliche nahe an das Original heranreicht.
Die
Setlist spricht für sich und es bleibt eigentlich nur zu sagen, dass die
Kanadier eine tolle Show ablieferten und damit ein Zeitdokument der
Rockgeschichte am Leben erhalten, die man als Freund dieser Musik unbedingt
gesehen haben muss.
Zu
den Highlights der Show gehörte neben der Maskierung von Gagné dann die
explodierende Pyro im Song „The Return Of The Giant Hogweed“, bei der im
Anschluss Stroboskoplichter die Bühne in ein flackerndes Licht hüllten.
Und die Natur fügte noch ein weiteres optisches Highlight hinzu. Je später
die Stunde wurde, umso deutlicher schob sich der fast vollständig zu
sehende Mond wie ein weiteres Spotlight über das Festivalgelände hoch über
dem Zeltdach der Loreley.
Im
Programm von The Musical Box fanden sich dann mit „Twilight Alehouse“
(der Single-B-Seite von „I Know What I Like (In Your Wardrobe)“ und
„Seven Stones“ von „Nursery Cryme“ zwei Songs, die selten bzw. nicht
von Genesis live gespielt wurden.
The
Musical Box lieferten einen grandiosen Abschluss dieses Jubiläumsfestivals
zum zehnjährigen Bestehen von Night Of Prog. Sie entließen zahlreiche beglückte
Fans in die Nacht mit dem guten Gefühl, das gute Progressive Musik
weiterlebt.
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