Während des Einlasses, um 12.00 Uhr, war
Neal Morse gerade noch beim Soundcheck, ließ sich aber von den anwesenden
Besuchern nicht weiter stören. Diejenigen, die schon da waren, bekamen einen
äußerst entspannten Morse zu Gesicht. Das machte schon mal Hoffnung auf den
frühen Abend, was sich dann beim Konzert auch bestätigte.
Mit Neal Morse kam dann der erste große
Act des Tages auf die Bühne. Er trat mit einer Reihe von niederländischen
Musikern und einem englischen Gitarristen an. Zu einem Intro, das von Band
kam, betraten zunächst die fünf Musiker die Bühne, gefolgt von einem viel
umjubelten Neal Morse. Er begrüßte das Publikum sofort mit den Worten „Hello
Germany“ und man merkte, dass dieser tolle Performer sofort alle Register
zog und das Publikum im Handumdrehen auf seiner Seite hatte.
Aber nicht nur seine großen
Performer-Eigenschaften zeichnen diesen Vollblutmusiker aus. Neal agiert auf
der Bühne mit einer Freude und Energie, bei der mir nur das Bild eines
„großen Kindes“ einfällt. Und das meine ich im positiven Sinn, denn Neal hat
eine derartig mitreißende Art an sich, die einen nur zurücklehnen und
staunen lässt. Man kann sich diesem Mann einfach nicht entziehen.
Los gehen solle es mit einem neuen Stück,
das den Titel „Lifeline“ trägt. Neal griff in die Keyboardtasten und die
ersten Töne erklangen, da rauchte irgendwas in der Technik ab. Zwar konnte
er noch einige Passagen auf seinem Keyboard spielen, aber der Begleitsound
war weg. Das nahm Neal mit einem Lächeln hin und meinte nur „The Ghost in
the Machine“. In gelassener Manier machte er sogar noch Späße darüber, indem
er erzählte wie toll ihm ein Spezialist für Keyboards und Software die
neuste Technik angepriesen habe. Es solle immer alles funktionieren und die
Sounds wären auch viel toller. „Naja,“ sagte er „wir filmen ja heute, da
werd ich dem erst mal das Band vorspielen.“
Noch während ein Techniker auf der Bühne
das Problem zu beheben versucht, greift Neal mal eben kurz zur
Akustikgitarre und spielt zur Überbrückung den Transatlantic-Song „We All
Need Some
Light“. Dabei wird der Refrain wie aus einer Brust vom Publikum mitgesungen,
was nicht nur bei mir eine Gänsehaut erzeugte. Dann setzt die Band ein. Nach
diesem tollen Beginn klappt dann auch der zweite Versuch „Lifeline“ zu
präsentieren. Und Neal legt eine Perfomance hin, bei der um einen rum nichts
mehr zu existieren scheint, so nimmt er einen gefangen. Ich würd es nicht
glauben, hätte ich es nicht selbst erlebt.
Und das er sein inneres Kind auslebt, das
zeigte sich in den vielen Grimassen oder beispielsweise daran, dass er auf
seinem fahrbaren Bühnenequipment vor lauter Freude herumsprang, so dass das
ganze Teil und seine Keyboards heftig am wackeln waren. Und das ganze
vollführte er mit einem breiten aber unschuldigen Grinsen. Diese positive
Stimmung, die er das erzeugt, ist absolut ansteckend.
Während des Questions-Medley’s („The
Tempel Of The Living God“) kam Neal dann von der Bühne herunter. Ebenso, wie
Fish am Vorabend, suchte Neal den direkten Kontakt zum Publikum und stieg
kurzerhand unter großem Applaus über die Absperrung und ging einige Meter
durch die dicht gedrängten Zuschauer.
Das nächste Highlight setzte er einige
Minuten später, als er beim Stück "Stranger In Your Soul" hinter das
Schlagzeug ging und sich zwei Schlagstöcke nahm, um zunächst mit dem
Schlagzeuger gleichzeitig vierhändig zu trommeln. Kurz drauf gab es dann
einen „fliegenden Wechsel“ an der Schießbude und Neal haute einen
sensationellen Schlagzeugpart hin. Der Mann ist Musik pur.
Als Zugabe kam dann wieder ein Spock’s
Beard Stück zu Gehör, was ich zugegebenermaßen sehr liebe, nämlich „Wind In
My Back“. An der Akustikgitarre spielte er das Stück und das Publikum sang
wieder komplett mit. Zur weiteren Zugabe „Cradle To The Grave“ holte Neal
seinen Sohn auf die Bühne, der zunächst nur zur Akustikgitarre den ersten
Part sang und mit großem Applaus belohnt wurde. Dann übernahm Neal den
zweiten Part um dann später in einen Dialog mit seinem Sohn zu gehen, bei
dem sich die beiden von den gegenüber liegenden Bühnenrändern zusangen. Das
war schon sehr gefühlsbetont und endete in einer Umarmung von Vater und
Sohn.
Und noch eine Zugabe hatte Neal für das
Publikum bereit. Er und seine Band spielten den Song „King Jesus“, den sie
zum Ende hin in das U2-Stück „In The Name Of Love“ übergehen ließen.
Für mich war das Konzert von Neal eines
der Highlights des Tages.
Setlist
We All Need Some Light
Lifeline
The Door
Questions Medley
Stranger In Your Soul
Wind At My Back
Cradle To The Grave
(mit Sohn
gesungen)
King Jesus / In The Name Of Love
Stephan Schelle, Juli 2008
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