Wolfram Spyra war der Topact des
Abends. Er bewies bei seinem Gig, dass er zu Recht im Frühjahr 2009 bei
der Schallwelle-Preisverleihung als bester Musiker gewählt wurde. Er
hatte in seinen Stücken die unterschiedlichsten Stilrichtungen, bot aber
immer einen ungeheueren Spannungsbogen. Sein Set wurde von einer
Kombination aus Stahlcello und elektronischen Sounds bestimmt. Zu Beginn
waren dies im ersten Stück „Incoherently Adhosive“, das bisher
unveröffentlicht, ist vor allem die Xylophon-Klänge, die den Sound
außergewöhnlich machten.
Beim zweiten Stück „Tresco Bridge“
musste ich vom Aufbau unweigerlich auch an die frühen Werke von Mike
Oldfield denken. Nicht das Spyra den Briten kopierte, vielmehr ist er in
der Lage die faszinierenden Strukturen ebenfalls in seinen Stücken zu
verwenden, wie kein zweiter. Das Ganze verpackt er dann noch in einen
glasklaren Sound, was seinen Sound so ausdrucksstark macht. Spyra
präsentiert immer wieder eine innovative und neuartige Musik, jenseits
aller Stilrichtungen.
In seinen Tracks verbindet er darüber
hinaus elektronische Sounds mit jazzigen Elementen, die in dieser Form
ungewöhnlich und einzigartig sind. Auch wenn manches, wie zum Beispiel
bei „Schneekoppe“ nicht leicht zugänglich ist, so kamen dann doch im
nächsten Moment oder im nächsten Stück traumhafte Melodien und
Harmonien, denen man sich nicht entziehen kann.
Herausragend war das neue Stück „Sucrology“,
das zunächst recht ruhig begann, dann aber in einen sehr rhythmischen
Teil überging, der eine ungeheure Faszination auslöste. Hier kam dann
auch ein Hauch des Einflusses zur Geltung, den Klaus Schulze auf ihn
hat. Nach diesem sehr druckvollen Titel kam mit „Live Piano“ ein
improvisiertes kurzes Stück, bei dem Spyra nur durch Pianosounds zeigte,
welch filigraner Musiker er ist. Selbst mit diesen reduzierten Klängen
zauberte er eine fantastische Atmosphäre.
Dann wurde in „Schneekoppe“, das auf
einen polnischen Berg Bezug nimmt, eine osteuropäische Stimmungslage
erzeugt. Hierin webte Wolfram einige jazzige Klänge sowie sehr vertrackt
angelegte Rhythmusstrukturen ein, so dass dieser Track der wohl
sperrigste des Sets war. Das war Spyra wohl auch bewusst, denn vor dem
nächsten Track „Duplex“ meinte er dass der jazzige Part nun von einem
wieder elektronischerem abgelöst werde. Obwohl viele auch seine jazzigen
Einlagen sehr mochten, was nach dem Konzert aus einigen Kommentaren
herauszuhören war.
„Duplex“, das sich auch auf dem Album
„High Phidality“ befindet, wurde an diesem Abend von Spyra in einer
abgewandelten Form gespielt, die noch hypnotischer und druckvoller, als
auf dem Album war. Getragen wurde der Titel von einem stampfenden Beat
in den später noch rockige, teils sogar rotzig gespielte
Keyboardpassagen eingeflochten wurden. Für mich war diese sensationelle
Version das Highlight des Konzertes schlechthin. Als Zugabe wechselte er
dann noch einmal die Stimmung. Auch an seinem selbst entwickelten
Drumkit spielte er einige Rhythmen. Das Gerät ist aber noch nicht ganz
ausgereift, da er noch stärkere Rechnerkapazitäten und ein Bass-Pedal
zum besseren spielen benötigt.
Mit seinem Stück „Zaki“ ließ er ein
arabisches Flair aufkommen. Das wurde vor allem durch die Flötenartigen
Sounds hervorgerufen, die Spyra mit einem Mundstück, das an seine
Synthies angeschlossen ist, erzeugt, Den zuletzt gespielten Ton aus dem
Synthie kann er dann mit dem Blasen in sein Mundstück eine Klangfarbe
beifügen, die sich nach einer echt gespielten Flöte anhört.
Der krönende Abschluss kam nach dem
Ende des Konzertes, als einige Fans neugierig an Spyra’s Gerätschaften
traten und Wolfram kurzerhand sein Stahlcello, die Synthies und sein
selbst gebautes Drumkit erklärte. Er beantwortete alle Fragen und ließ
sogar einen Fan den Bogen über das Cello streichen. Für diese fast
halbstündige Fanarbeit erntete er viele faszinierte Blicke. Wolfram
Spyra, ein Musiker zum anfassen, das macht ihn neben seiner Virtuosität
und Genialität unglaublich sympathisch.
Setlist
Incoherently
Adhosive (bisher unveröffentlicht)
Tresco Bridge
Sucrology
Live Piano (Improvisation)
Schneekoppe
Duplex
Zugabe
Zaki
Stephan Schelle,
18.10.2009
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