Der geplante Auftritt von Detlef Keller, der auch zusammen mit Menzman ein Set spielen wollte, musste kurzfristig krankheitsbedingt ausfallen. Frank Gerber hatte am Donnerstagmorgen so gegen 9 Uhr, also gerade mal zwei Tage vor dem Festival, in Holland bei Ron Boots angerufen um ihn zu Bitten einzuspringen. Dieser war aber gerade erst aus einem Frankreichurlaub nach Hause gekommen, war zu dieser frühen Morgenstunde noch im Bett und hatte keine Lust ans Telefon zu gehen. Ron’s Frau bat Frank dann in einer Stunde zurückzurufen. Sie meinte Frank hätte angerufen und Ron dachte es wäre Frank Dorittke (F.D. Project), mit dem er auch Musik macht. Nein, sagte seine Frau, das war Frank Gerber. Da dachte Ron sich schon, dass da was nicht stimmt. Als Frank dann eine Stunde später wieder anrief meinte er nur: „Wir haben ein Problem“ und schilderte ihm den Ausfall von Detlef Keller. Ron meinte, dass Frank ihn jederzeit, auch mitten in der Nacht anrufen, könnte um ein Konzert zu vereinbaren. Ron sagte im Telefonat spontan zu, einen Auftritt beim E-Circus-Summer Edition auf die Bühne zu bringen.

    

    

    

Hans van Kroonenburg, der als Skoulaman auf Ron’s Label Groove Unlimited seine Musik veröffentlicht, hatte erst eine Woche zuvor beim Schallwende Grillfest live gespielt. Ron hatte bei Facebook gesehen, dass Hans als Besucher auch zur E-Circus-Summer Edition wollte und rief ihn an, um ihn zu fragen, ob er seine Gerätschaften schon wieder im Studio aufgebaut habe. Ja, sagte er und Ron meinte nur „Dann bau sie mal wieder ab“. Nach nur fünf Minuten hatten sich die beiden darüber verständigt, dass sie gemeinsam beim E-Circus-Summer Edition auftreten. Das Besondere daran, es war ihr erster gemeinsamer Auftritt. Was die beiden dann aber in zwei Sets auf die Bühne brachten war schlicht grandios und so nicht zu erwarten. 

     

    

    

Das erste Set bestand aus vier eher ruhigen Stücken, die ineinander übergingen und so ein kompaktes Set darstellten. Die beiden hatten sich auf Tonarten und die Grundstruktur verständigt, improvisierten dann aber. Der Beginn war von sehr flächigen Sounds bestimmt, die durch den Raum zogen. Das sorgte für eine sehr entspannte und ruhige Atmosphäre. Nach gut drei Minuten schälte sich dann eine Melodielinie heraus, die von Ron beigesteuert wurde, während Hans van Kroonenburg für weitere Sounds und Effekte sorgte. Zwischendurch kamen dann auch rhythmische Elemente auf, die die Harmonien und Melodielinien unterstützten. Da klang ein ums andere Mal auch die „Berliner“ und auch die „Eindhovener Schule“ durch. Der Stil der beiden Musiker passte hervorragend zusammen und sie harmonierten perfekt miteinander. Es reichte manchmal nur ein Augenkontakt um sich zu verständigen. Und das, obwohl sie noch nie zusammen gespielt hatten. Das Set enthielt alles, was Freunde sphärischer und hymnischer Elektronikmusik lieben und kam auch dem Stil nahe, den Skoulaman auf seinem aktuellen Album „Mundus In Motu“ eingespielt hat.

    

    

    

Das zweite Set, das nach einer Pause stattfand, sollte dann dynamischer ausfallen. Insgesamt drei Stücke hatten die Beiden in Petto, von denen die ersten beiden ebenfalls zusammenhängend gespielt wurden. Doch zunächst starteten die Beiden ähnlich ruhig in das Set, bis dann nach einigen Minuten der Sequenzer als Taktgeber hinzugezogen wurde. Das hatte zunächst auch etwas von „Berliner Schule“ im Stile von Klaus Schulze. Teilweise zogen die Rhythmusmuster repetitiv dahin und wurden von sich langsam verändernden Harmonien und Flächen durchzogen.

    

    

    

Ron meinte vor dem letzten Stück, dass sie es donnern lassen wollten. Doch zunächst starteten die beiden in den gut elfminütigen Track noch recht flächig und mit Synthiechören. Nach nicht ganz zwei Minuten kam dann ein pumpender Sequenzerrhythmus auf, der auch an die Musik von Ian Boddy, mit dem Ron in einem Monat in Haarlem in einer Kirche auftritt, erinnerte. Darauf platzierten die Beiden dann ihre Harmonien und Melodielinien. Das war dann in der Tat druckvoller als der Rest ihrer beiden Sets.

    

    

    

Ron verriet nach dem Konzert auf Nachfrage noch, dass das Konzert mitgeschnitten wurde und eine Veröffentlichung im Rahmen des Möglichen ist.

Stephan Schelle, August 2022