John Kerr & Ron Boots
(E-Day, Oirschot - NL -  16.04.2016)


    

Das Konzert von John Kerr & Ron Boots könnte von historischer Bedeutung sein, denn es scheint, als wenn John Kerr an diesem Abend sein letztes Konzert absolvierte. Nach langen Jahren der musikalischen Abstinenz hatten John Kerr & Ron Boots, deren gemeinsames Album „Offshore Islands“ aus dem Jahr 1990 große Beachtung in der Szene fand, gut 25 Jahre nach diesem Erfolg in 2015 mit „Juxtaposition“ einen Nachfolger hingelegt. Diesen führten sie am 30.12.2015 im Bochumer Planetarium erstmals auf.

    

    

Beim E-Day in Oirschot gingen sie mit diesem Set ein zweites Mal auf die Bühne. Doch John Kerr war sichtlich durch seine Krankheit gezeichnet, auch wenn er dies nicht so deutlich zeigte. Am Ende der Show war in einem Gespräch zwischen ihm und der Radiolegende Winfried Trenkler, der mit seiner Frau extra für dieses Konzert aus Schweden angereist war, zu hören, dass John sichtlich froh war das Konzert überstanden zu haben. Wer an diesem Tag oder am 30.12.2015 in Bochum bei dem Konzert dabei war, konnte die Kombination aus „Eindhovener Schule“ von Ron Boots und der klassisch geprägten Musik von John Kerr noch einmal genießen.

     

    

Neben John und Ron waren zahlreiche Gastmusiker mit auf der Bühne, die die beiden sehr druckvoll unterstützten. Neben Schlagzeuger Harold van der Heijden, dem jungen Keyboarder Jeffrey „Synthex“ Haster und dem Gitarristen Frank „F.D. Project“ Dorittke hatten sie mit Bas Broekhuis (Perkussion, Electronics) und dem Briten John Dyson (Keyboards) gegenüber dem Bochum-Gig noch zwei weitere Musiker auf der Bühne. Dadurch wurde das Konzert aber mehr zu einem Ron Boots, John Kerr & Friends-Konzert.

    

    

Die Setlist war ähnlich der aus Bochum. Los ging es mit „Juxtaposition Part 1“, bei dem sich John Kerr zunächst an einen Flügel begab, dessen Saiten er mit einer Art Schlagzeugstock bearbeitete. Dadurch erzeugte er zunächst einige düstere Klangwolken, denen er die Melodie des Stückes in einem kurzen Solopart folgen ließ. Den abschließenden Ton nahm Ron an den Keyboards auf und wandelte ihn zunächst in eine Synthiefläche um. Daraus entwickelte sich dann Part 1 des Titelstückes der aktuellen CD. Nach zehn Minuten wurde das Ganze dann sehr rhythmisch und aus dem Duo-Projekt entwickelte sich ein Bandsound. Dieser kam in diesem ersten Longtrack aber noch recht verhalten rüber.

    

    

Zum zweiten Part von „Juxtaposition“ kam dann Gitarrist Frank Dorittke aus dem Hintergrund, sein Instrument spielend, langsam auf die Bühne. Zunächst streute er noch einige sehr atmosphärische, proggige Riffs mit ein. Das passte hier ganz gut zu dem Stück. Allerdings war seine Gitarre schon recht dominant in den Sound gemischt, so dass in den rockigen Passagen diese zu sehr im Vordergrund stand und der Track schon in Richtung MorPheuSz zielte. Und auch Jeffrey  Haster war nun an den Keyboards zu sehen und zu hören.

    

     

    

Daran schloss sich mit „Aurora Choralis“ ein Stück an, bei dem sich die anderen Musiker zurücknahmen und John Kerr die Bühne überließen. Dieses hymnisch, klassisch, sakrale Stück ließ die Zuschauer für einen Moment inne halten und tief in den Musikkosmos von John Kerr eintauchen. Zu Beginn von „Oceans Of Commotions“ wechselte John dann zunächst wieder an den Flügel, um das Stück effektvoll einzuleiten. Er spielte die Melodie zunächst Solo an diesem Instrument und zeigte hier seine musikalische Klasse. Nach gut zwei Minuten führten dann die bekannten Wellengeräusche und Keyboardsounds in den Kern des Stückes über, während John wieder hinter seinem Keyboard Platz nahm. Der Track entwickelte sich durch Schlagzeug und E-Gitarre dann zu einem rockigen Stück, bei dem John an den Keyboards ein wenig unterging, was bei mir gemischte Gefühle auslöste. Zum Einen mag ich die rockige Variante der Elektronikmusik, zum Anderen hätte ich beim vielleicht letzten Auftritt von John Kerr gerne mehr von seinem Spiel gehört.

    

                   

Der junge niederländische Keyboarder Jeffrey  Haster aka Synthex durfte danach mit „Mirrorland“ ein Stück aus seinem eigenen Repertoire zum Besten geben, bei dem ihm die gesamte Mannschaft, mit Ausnahme von John Kerr, zur Seite stand. Auch hier frage ich mich, ob das zum Kontext eines John Kerr/Ron Boots-Auftrittes passt. Ich denke aber dass sich John so eine kleine Pause nehmen konnte, in der er dann auch kurzerhand sein Outfit von Schwarz in Weiß veränderte.

    

    

Zum Track „Sentimental Values And Industrial Feelings” kam John Kerr dann in weißer Kleidung auf die Bühne und setzte sich zunächst wieder an den Flügel. Nach wenigen Momenten kam John Dyson auf die Bühne, der diesen zarten, verträumten Track schon auf der Studio-CD mit seinem unverwechselbaren Keyboardspiel verzierte. Das Stück verband somit die musikalischen Stile von John Kerr, Ron Boots und John Dyson.

    

    

Auch John Dyson bekam die Möglichkeit einen eigenen Track zu spielen. Er hatte sich „Timenode“ von seinem Projekt Wavestar ausgesucht. Ein tolles Stück, das durch die Gitarreneinlagen von Frank Dorittke noch eine weitere rockige Note bekam. Den Abschluss des offiziellen Sets machte dann „And The Room Was Filled With A Deafening Silence”, das auch wieder zu einer rockigen Version á la MorPheuSz mutierte.

    

    

Bei der ersten Zugabe „Still Loving You, Still Missing You” hatte dann John Kerr wieder seinen Einsatz am Flügel. Eine Hälfte des Track spielte er dort Solo und wechselte nach einigen Momenten an sein Keyboard mit den Worten: „Was mache ich eigentlich hier? Spiele an einem Grand Piano, obwohl es sich hier doch um eine Elektronikkonzert handelt.“ Und so spielte er den zweiten Part dieses Stückes an seinem Keyboard. Darauf folgte mit „The Final Juxtaposition“ eine letzte Zugabe, die wieder sehr rhythmisch angelegt war.

    

    

Es war ein denkwürdiges Konzert, bei dem vor allem John Kerr im Mittelpunkt stand, auch wenn er nicht über die volle Dauer des Konzertes musikalisch dominant war. Grund dafür waren seine Mitspieler, die ein ums andere Mal durch die Abmischung sein Spiel überdeckten. Nichts desto trotz war es ein gelungenes Konzert und so haben viele der Besucher den beliebten Musiker noch einmal live erleben dürfen.

    

    


Setlist

Juxtaposition Part 1
Juxtaposition Part 2
A
urora Choralis (John Kerr)
Oceans Of Comotions
Mirrorland Part 8 (Synthex)
Sentimental Values And Industrial Feelings
Part 2
Timenode (John Dyson)
And The Room Was Filled With A Deafening Silence

Zugabe 

Still Loving You, Still Missing You
The Final Juxtaposition

Stephan Schelle, April 2016

 

Konzert von Kebu

 

E-Day 2016