Fryderyk Jona
(Electronic Circus-Festival, Detmold - 01.10.2016)


    

Gestartet wurde gegen 14.15 Uhr mit dem Konzert des aus Polen stammenden und in Mainz lebenden Fryderyk Jona. Ganz seinem musikalischen Stil entsprechend wurde er von Frank und Hans-Hermann in weißem, Overall ähnlichem Outfit mit blonder Perücke und Zigarette angekündigt. Das Outfit war eine Hommage an Klaus Schulze zur Stahlsinfonie-Zeit. Damit wiesen die beiden schon mal auf den musikalischen Stil hin, der nun folgen sollte.

    

    

Freunde der traditionellen Elektronikmusik kamen beim Opener dieses Festivals voll und ganz auf ihre Kosten. Der diplomierte (an der Johannes Gutenberg Universität) Orchestermusiker Jona hatte von seinem Vater Janusz, der bei seinem Konzert einen kurzen Auftritt hatte, seine erste Klaus Schulze Platte und seinen ersten Synthesizer geschenkt bekommen. Damit begann seine Vorliebe für die elektronische Musik. Kein Wunder, das sich sein Stil an dem von Schulze ausrichtet. Bisher noch als Geheimtipp gehandelt, sollte er spätestens mit diesem Konzert für Schlagzeilen sorgen, denn nicht nur seine bisher fünf erschienenen CDs („Warm Sequencing“ ist gerade erst herausgekommen), sondern auch der Liveauftritt in Detmold, sein zweiter als Solokünstler, waren von außerordentlicher Güte.

    

Fryderyk agierte bei seinem Konzert, das wohltuende Ambientklänge mit Sequenzerrhythmen, herrliche Flächen und Harmoniebögen verschmolz, nicht nur an den Synthesizern, sondern spielte einige Sequenzen auch auf einem Sopran-Saxophon. Sein Set bestand aus sechs Stücken, die in zwei größeren Blöcken zusammengefasst waren. Die Blöcke bestanden aus neuen Stücken, die bisher unveröffentlicht sind sowie aus „Warm Sequencing 2“ und „Warm Sequencing 3“. Als Zugabe gab es dann noch „On The Run“ von der CD „Electronic Ballad“.

    

    

Fryderyk begann mit sehr ambienten, atmosphärischen Klangmotiven. Da zogen Flächen durch den Raum, während er aus seinem Moog-Synthesizer zirpende Klänge hinzufügte. Auch ein paar durch Vocoder verfremdete Sprachfetzen, die er in ein Mikro sprach, verzierten diese zunächst unwirklich anmutende Soundcollage. Es dauerte einige Momente bis dann Harmonien aufkamen und der Sequenzer einen Rhythmus beisteuerte. Damit verband er Klänge der „Berliner Schule“ mit eigenen Sounds. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Hörer in einen unweigerlichen Sog gerissen, der hypnotisch wirkte. Ähnlich wie bei Schulze schichtete Jona einzelne Sounds und Rhythmen übereinander und zauberte so einen musikalischen Hochgenuss, der schon zu dieser frühen Stunde für meinen Geschmack das Highlight des Tages darstellte.

     

Winfried Wiesrecker filmte Fryderyk Jona bei seinem Auftritt. Diese Aufnahmen wurden dann live auf die hintere Leinwand projiziert, so dass man sehr schön im Publikum sehen konnte, welchen Anteil die live gespielten Passagen von Fryderyk hatten. Es war beeindruckend zu sehen, wie traumwandlerisch sicher er das Instrumentarium bediente. Mit seinem Sopran-Saxophon sorgte er darüber hinaus für unter die Haut gehende Momente.

    

     

Der zweite Block begann mit leicht perlenden Synthieklängen die mit einem tiefen Bass unterlegt waren. Das wirkte zunächst sehr spacig. Langsam entwickelte sich dieser Part, bis dann erneut ein Rhythmus aufkam und sich ein berauschender Sound entwickelte. Nach einer Weile wechselte Jona dann die Sounds im Synthie, so dass er nun eine Pianolinie spielte, die sich auf einem Synthieteppich auslegte. Das war melancholisch und träumerisch zugleich. Wenige Minuten später betrat dann sein Vater Janosz zum Stück „Warm Sequencing 3“ die Bühne und sang einen eigenen Text in der Sprache der Bergleute aus dem südlichen Polen, der Heimat der Jona’s. Erinnerungen an Klaus Schulze, der in seiner Laufbahn auch oft mit Sängern und Tenören gearbeitet hatte, kamen in dieser Passage auf. Auf der CD ist dieses Stück aber ohne Gesang. Fryderyk war aber der Meinung, dass live Gesang ganz gut dazu passt, womit er Recht hat.

    

Im letzten Teil des Konzertes zauberte er wunderbare Flächen, die zum davonschweben geeignet waren. Darauf setzte er einen knackigen Sequenzerlauf und -rhythmen, die er dann mit zischenden und wabernden Synthiemotiven verzierte. Das war einfach zum Wegbeamen schön. Danach standen dann wieder knackige Rhythmen auf dem Programm.

    

    

Das Publikum zeigte sich von seinem Auftritt so begeistert, dass er nicht ohne Zugabe von der Bühne gehen durfte. Dieser letzte Track, „On The Run“, war von arabisch/orientalischen Rhythmen sowie einem leicht loungigen Einschlag gekennzeichnet.

     

Die Besucher, die so früh schon in Detmold anwesend waren, erlebten ein tolles Konzert eines aufstrebenden Musikers, das der Elektroniklegende Klaus Schulze in Nichts nachstand. Es war ein richtiger Knaller schon zu Beginn des Festivaltages.

    

    

Stephan Schelle, Oktober 2016

 


 

     

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