Nautilus – When Time Is Just A Word
Sireena Records / Broken Silence (2024)

(11 Stücke, 69:38 Minuten Spielzeit)

Das nach dem Unterseeboot Nautilus von Kapitän Nemo (aus den Romanen des französischen Science Fiction-Autors Jules Verne) benannte Musikprojekt begann bereits 1998 als Elektronik-Duo von Martin Ludwig und Ralf Obel. Gitarrist Werner Strätz wurde schon zu Beginn als Gastmusiker mit eingebunden und gehört seit dem dritten Album „Solar Moon“ zur festen Besetzung der Band. Nach Ausstieg von Ralf Obel im Jahr 2003 änderte sich dann das musikalische Bild und beinhaltet seither verstärkt progressive und akustische Elemente. Die Vorbilder der Musiker Pink Floyd, Mike Oldfield und Tangerine Dream werden seither in ihren Sound eingebunden. Vor allem Werners markantes Gitarrenspiel gehört mittlerweile zu den Erkennungszeichen der Band.

 

Das neue Album trägt den Titel „When Time Is Just A Word“ und bewegt sich wieder thematisch im Umfeld von Jules Vernes Roman „In 80 Tagen um die Welt“. Eingespielt wurde es von Jürgen Dürrbeck (Synthesizer, Sequenzer), Martin Ludwig (Keyboards, Synthesizer, Gitarre, Samples), Meiko Richert (Gesang, Sprachsamples) und Werner Strätz (E-Gitarre, Schafe). Der Backgroundgesang wurde darüber hinaus von Katja Weigel eingesungen. Und für das Mastering war wieder der Soundhexer Eroc (Grobschnitt-Mitbegründer) zuständig.

Die CD erscheint in einem sechsseitigen Digipak mit sehr ansprechendem Coverartwork von Ned Land. Im Innenteil des Digipaks sind die Texte der Songs abgedruckt.

Elf Stücke enthält das mittlerweile achte Album von Nautilus, das am 26.04.2024 auf den Markt kommt. Die Laufzeiten der Stücke bewegen sich von 2:56 bis 11:55 Minuten Spielzeit. Es startet mit dem 4:39minütigen „A Gentleman’s Bet“. Zu Beginn des Stückes ertönen die Glocken von Big Ben. Dann setzt Werners Gitarre ein, gefolgt von herrlichen Keyboardharmonien. Nach weiteren kurzen Momenten fügt Meiko seinen Gesang ein. Wie schon bei den Vorgängeralben geschrieben, würde ich mir für diesen wunderbar proggigen Sound einen kräftigeren Gesang wünschen, denn musikalisch ist der Song - wie auch die anderen Stücke des Albums – wieder sehr gut gelungen. Vor allem das Gitarrensolo von Werner kann voll überzeugen.

Herrliche Synthesizerklänge eröffnen dann das nächste Stück, das 4:23minütige Instrumental „Free Wings“. Hier haben Nautilus einen Track der nahtlos an ihr bei der Schwingungen-Wahl 2000 als bestes Album des Jahres prämiertes Werk „Solar Moon“ andockt.

Ein grandioser Longtrack folgt dann mit dem 11:55minütigen „Travellers Without Time“. Das Stück beginnt zunächst mit einer Pianomelodie mit Gitarrenbegleitung, die sich in einen grandiosen Part aus einer Mischung von Elektronik und Progrock transformiert. Vor allem der Sequenzerrhythmus, der nach etwas mehr als einer halben Minute einsetzt, fetzt ungemein und wird mit herrlichen Flächen unterlegt. In diesem Part frönen Nautilus ihrer Leidenschaft für die „Berliner Schule“ und der französischen Variante eines Jean-Michel Jarre. Sobald dann aber die E-Gitarre nach etwa sechs Minuten einsetzt, wird es rockig und proggig zugleich. Dieser Track ist das absolute Highlight des Albums und gehört zum Besten was Nautilus bisher veröffentlicht haben.

Mit dem folgenden 3:37minütigen „Wherever You Go“ gehen sie dann wieder songorientierter vor. Ein sanfter Song mit rockigem Popappeal. Ein Uhrticken startet dann in das atmosphärische, 6:38minütige „Crusading Lights“, das zunächst recht elektronisch beginnt und sich nach einigen Momenten durch E-Gitarre und Schlagzeug in einen treibenden Rocktrack wandelt. Das ist erneut sehr melodisch und mit den typischen Trademarks der Band versehen. Der Track gehört ebenfalls zu den Highlights des Albums.

Mit 2:56 Minuten Spielzeit ist „Donkeys And Sheeps“ der kürzeste Track des Albums. Er beginnt mit Schafgeblöke und Akustikgitarre, was eine klasse Idee ist. Dazu sorgt eine Orgel für einen gewissen 70’er Retrotouch. Hier wird aber leider auch wieder die etwas dünne Stimme von Meiko Richert deutlich. In den tiefen Tönen passt sein Gesang gut zur Musik, während ihm die höheren Lagen nicht so zu liegen scheinen.

„October Sunrain“ ist mit 10:14 Minuten der zweite Longtrack des Albums. Sehr verträumt mit Synthesizer und Gitarre startet dieses Stück. Nach zwei Minuten kommt eine sehnsuchtsvolle Gitarrenmelodie auf, die von Synthesizerklängen untermalt wird. „To Another Dimension“ wirkt durch die elektronischen Klänge ein wenig surreal, bekommt aber nach dreieinhalb Minuten einen pumpenden Beat spendiert. Das Ganze wirkt wie ein fiebriger Traum.

Mit den letzten drei Tracks wird es dann wieder atmosphärischer. „Country Of Stars“ ist ein sehr schöner melodiöser Track, dessen Rhythmus stellenweise an Erocs Solowerke erinnert. Leicht countryhaft wirkt dagegen der 3:53minütige Song „Rainbow Tears“. Und „Back Home In Silence“ schließt das Werk dann symphonisch mit herrlichem Gitarrensolo ab.

Nautilus ist mit „When Time Is Just A Word“ wieder ein beeindruckendes Album gelungen. Vor allem die Instrumentaltracks und -passagen sind äußerst gut gelungen. Wer auf atmosphärischen Rock mit elektronischem Einschlag steht, der liegt hier goldrichtig.

Stephan Schelle, April 2024

   

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