Stephan: Du veröffentlichst deine CDs auch
unter dem Namen Wolfram DER Spyra. Was bedeutet die Schreibweise DER hierbei?
Wolfram:
Bis auf "Little Garden of Sounds"
tragen alle meine Solo-CDs den "Projektnamen" SPYRA, also meinen
"echten" Nachnamen, der aber theoretisch auch ein Gruppenname sein könnte
(haha: Tippe mal SPYRA bei Napster ein, da kommen unter anderem Stücke von SPYRA GYRA -
also SPYRO GYRA falsch geschrieben- vor...so kann´s gehen). Für Musikprojekte steht also
SPYRA, und für Kunstprojekte DER SPYRA. - Da die CD "Little Garden..." im
Zusammenhang mit der gleichnamigen Ausstellung von Klangskulpturen entstanden ist, hat sie
als Titel das "DER" mit übernommen.
Stephan:
Um was für Klangskulpturen handelt es sich
und wer hat sie erstellt?
Wolfram: Die Klanginstallationen sind alle von mir
erdacht, das Design zweier Arbeiten ist von Matthias Rexforth.
Stephan: Wie bist du zur elektronischen Musik
gekommen?
Wolfram: Bereits das erste Mal, als ich bewusst
elektronische Musik gehört habe (das war mit ca. 11 Jahren das Stück "Die Hütte
der Baba Yaga" / Bilder einer Ausstellung in der Version von Tomita), dachte ich: 1.
Was ist das nur für ein seltsames Instrument, welches in der Lage ist, solch scheinbar
außerirdische Klänge zu erzeugen? und 2. Egal, was es ist, solch ein Instrument möchte
ich auch spielen!
Damit hat es dann noch gedauert, bis ich 16 war und meinen ersten
(gebrauchten) Synthesizer kaufte, den Kawai 100f. In der Zwischenzeit habe ich
verschiedene Tongeneratoren gebaut und damit "Hörspiele" gemacht in Kombination
mit Umgebungsgeräuschen, allen möglichen mechanischen Instrumenten und verfremdeter
Stimme, alles durch Echos und verschiedene Bandgeschwindigkeiten eines Uher Royal
Spulentonbandgerätes verfremdet.
Mit dem Kawai 100f und dem kurze Zeit später gekauften
String-Synthesizer Korg Delta konnte man schon einiges anfangen, besonders, da man mit dem
Uher Tonbandgerät mehrere Spuren (Multiplay) hintereinander aufnehmen konnte. So
gründete ich mit einem Freund (Ommi Schmidt) die Gruppe "GUT", mit der wir es
durch selbstproduzierte Tapes (Erstlingswerk: "Synthaft GUT") und Schulkonzerte
in der Umgebung der hessischen Kleinstadt Schwalmstadt zu einiger Bekanntheit brachten.
Der Stil bewegte sich von NDW über Gary Numan - inspirierte Stücke bis zu ruhigen
Instrumentalsachen mit improvisierten Melodien. Nebenbei waren Ommi und ich noch
Mitglieder der im weitesten Sinne "Art"-Rock- Band CB-Tune, mit der wir nur live
auftraten. (bis 1984)
Stephan: Hat es vor deinem Erstlingssilberling
"Homelistening Is Killing Clubs" bereits Veröffentlichungen von dir gegeben
(z. B. auf Kassette)?
Wolfram: Wie oben bereits erwähnt gab es Tapes (also
Cassetten) von GUT, später dann Tapes der Band "Excursions & Visites"
(zusammen mit Bernd Friedmann/ heute "Drome", "N.U.F.",
"Flanger") und auch 2 Tapes von SPYRA, nämlich "20 Intermezzi" und
"Excerpts 1". Außerdem befinden sich 2 Tracks von "Excursions &
Visites" auf der CD "Rock around Kassel".
Stephan: Hast du von den alten Aufnahmen auch etwas
für deine Veröffentlichungen verwendet? Gibt es noch Exemplare der Kassetten?
Wolfram: Es gibt 2 Stücke auf meinen bisherigen CDs,
die auf alte Kompositionen zurückgreifen: 1. Level.voice von "Phonehead" ist
ursprünglich von ca. 1987 aus der "Excursions - Zeit und wurde mit einem Digital
Delay - loop (lalelilolalelalo), CX5-Computer und Live-Percussion von Bernd Friedmann
erstellt. 2. Le parc de la vie von der "little garden..." ist aus der
"Gut" - Zeit / ca. 1983 und ist ursprünglich ein kurzer Song mit Text. Beide
Stücke wurden für die CDs aber komplett neu arrangiert und aufgenommen.
Von den "Excerpts 1" gibt es noch Kopien, von den anderen
Tapes nur einzelne Exemplare. Von "GUT" werde ich vielleicht mal etwas im
Internet veröffentlichen...
Stephan: Du hast im Auftrag der Stadt Kassel eine
Soundcollage erstellt, in dem du an verschiedenen Stellen der Stadt Geräusche aufgenommen
hast. Diese Aufnahmen sind u. a. auch auf der CD "Kassels akustischer Stadtplan"
erschienen. Erzähl doch ein wenig über dieses Projekt.
Wolfram: Der "Akustische Stadtplan von
Kassel" war, wie (in der Anlage) bereits erwähnt ein Teil des "Little garden of
sounds" - Projektes während der documenta X. Auf einem Plan der Stadt befinden sich
20 Taster an bestimmten von mir ausgewählten Orten (z.B. Bergpark Wilhelmshöhe, Bahnhof,
Hochschule, Kirchen, Autobahn etc.). Wenn man einen der Taster drückt, werden über 2
angeschlossene schalldichte Kopfhörer die aufgenommenen und collagierten Geräusche des
jeweiligen Ortes wiedergegeben. Die Aufnahmen erfolgten in Kunstkopftechnik, so dass für
den Hörer / die Hörerin ein weitestgehend räumlicher Eindruck des
Original-Aufnahmeortes entsteht. Der Akustische Stadtplan wurde nach Beendigung der
Ausstellung von der Stadt Kassel angekauft und hängt seitdem im Rathaus. Außerdem wurde
mit Unterstützung der Kasseler Sparkasse eine CD-Auflage der Geräusche (+1 Bonustrack
mit Musik) hergestellt und in Kasseler Läden verkauft. Mittlerweile habe ich noch
Akustische Stadtpläne von Frankfurt/M, Budapest, Vauxhall (Stadtteil v. London) und
Baunatal (bei Kassel) hergestellt.
Stephan:
Sind Vertreter der obigen Städte (bezieht
sich auf die akustischen Stadtpläne) auf dich zugekommen ebenfalls etwas zu machen, oder
ist das in Eigeninitiative entstanden?
Wolfram: Gottseidank wurde ich gefragt...ich bin
nämlich, was Eigenwerbung anbetrifft leider zu dezent (daher gibt´s außer den
erwähnten Plänen auch noch keine neuen)
Stephan: Sind diese Collagen schon in den Städten
installiert?
Wolfram: FFM und Budapest warten darauf, in Budapest
gezeigt zu werden, die anderen sind installiert.
Stephan: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem
FAX-Label?
Wolfram: Ich schickte ein Fax an Pete, bekam eine
Negativantwort; aber irgendwie sind wir dann doch zusammengekommen...
Stephan: Du bist ja auch im Techno/Chillout-Bereich
bekannt. Ist das auch auf die Veröffentlichungen beim FAX-Label zurückzuführen?
Wolfram: Gewiss auch, obwohl ich schon vorher durch
meine Auftritte im "Aufschwung Ost" / "Stammheim", beim
"Waterworld" und auch bei einer "Love Parade" (ich glaube 1995) in der
entsprechenden Szene unterwegs war.
Stephan: Wie entstehen deine Stücke? Entwickelst du
erste einen Rhythmus auf dem dann die Melodielinien und Akkorde gesetzt werden?
Wolfram: Ca dépend... bei Sequencer - Stücken
gibts natürlich zuerst die Sequenz, die dann overdubbed wird. Manchmal ist es aber
auch eine Melodie oder gar ein Sound, die/der am Anfang steht. Samples anderer Leute
verwende ich so gut wie nie.
Stephan: Nebenbei arbeitest du auch für das Theater.
Welche Werke hast du für welche Bühne bereits gemacht?
Wolfram: Neben der Mitarbeit an einer Komödie gab es
im "echten" Theater eigentlich nur "Die Blinden von Kilcrobally" am
Kasseler Staatstheater. Andere, fühere Sachen waren eher im Kunst / Performancebereich
angesiedelt.
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