Stephan: Dein neues
Album „Tag und Nacht“ erscheint Ende Oktober. Vorab gibt es die
Singleauskopplung „Die Nacht … Du bist nicht allein“, auf der Thomas D.
singt. Hierauf gehst du mit dem Sprechgesang neue Wege, das ist ja für eine
Schiller-Produktion was Neues. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Christopher: Thomas
D. war immer schon ein Wunschkandidat von mir. Er ist einer der wenigen, die
ich bei jedem Album wieder aufs Neue angesprochen habe. Ich hab ihn schon
bei der Vorproduktion von „Weltreise“ angesprochen. Er hat mir seinerzeit
hinreißend abgesagt, also sehr stilvoll und das habe ich ehr als
Aufforderung verstanden, als Motivation ihn bei allen weiteren Alben auch
wieder zu fragen und ihm wieder einen neuen Song zu schicken, um zu gucken,
ob ihn der inspiriert. Das kann man natürlich auch nicht vorhersagen. Das
ist ja auch immer mit Glück und Zufall verbunden. Beim dritten Versuch –
alle guten Dinge sind drei - hat es endlich geklappt. Das heißt sowohl
Zeitplan als auch „kreative Gestaltung“ haben sich überschnitten, da war ich
extrem froh. Mir war aber auch klar, dass das einige Fans vielleicht etwas
irritieren wird. Was ich von Fans gerade an Reaktionen bekomme, ist neutral
gesagt, eher respektvoll als euphorisch. Man kann auf der einen Seite
natürlich nicht eine gewisse Neugier für sich in Anspruch nehmen, die
musikalisch und menschlich da ist, aber andererseits sich in bewährten,
alten Bahnen bewegen. Natürlich gibt es da auch Grenzen. Es überrascht mich
sehr, dass es so überraschend wirkt, das viele Leute sagen „ja Sprechgesang,
das passt ja irgendwie gar nicht. Da hab ich nun gar nicht mit gerechnet“,
da ja auf den bisherigen Alben zwar kein Sprechgesang, aber doch
gesprochenes Wort vorhanden war. Die Frage hat sich für mich gar nicht
gestellt, ob das vielleicht passen könnte oder ob das vielleicht zu sehr aus
dem Rahmen fallen würde.
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Stephan: Das würde
ich auch gar nicht sagen, dass es nicht passt. Für mich war es eine
Weiterentwicklung oder mal was anderes.
Christopher: Genau.
Das ist mal was anderes. Es gibt so eine ganz berühmte Kurzgeschichte von
Kurt Kusenberg über eine Familie, die sich jeden Abend beim Abendessen
trifft und auf einmal ganz merkwürdige Sachen macht. Der eine nimmt ein Ei
und balanciert es auf einem Löffel und der andere macht einen Handstand. Und
auf die Frage, „Hm, warum machst du das jetzt?“ kommt dann „Es war ganz
einfach mal was anderes!“. Das ist jetzt keine Langeweile, das ich sage „Was
mach ich denn jetzt mal? Jetzt kann ich ja mal was anderes machen“. Aber es
ist schon ein bisschen die, gerade wenn man alleine arbeitet, die Neugier.
Die Neugier auf andere Menschen, auf andere Künstler. Wie ist der, wie
arbeitet der und was kommt dabei raus.
Stephan: Was mir auch
besonders gut gefällt, ist die weibliche Stimme. Bei Stefan Raab sagte
Thomas D., dass es seine Frau sei, für mich hört sich die Stimme nach Maya
Saban an. Ist es die Frau von Thomas D.?
Christopher: Das ist
richtig.
Stephan: Ist sie auch
Sängerin?
Christopher:
Offensichtlich (lacht).
Stephan: Ja, weil die
Stimme klingt echt klasse. Sie ist sehr einfühlsam. Ich finde dass Thomas
Stimme und die sehr sanfte Frauenstimme einen sehr schönen Kontrast bilden.
Christopher: Da freue
ich mich sehr, dass das so wahrgenommen wird. Es gab schon Reaktionen, die
offensichtlich eher unsensibel mit dem Thema umgingen und meinten, es würde
sich anhören wie Oli P. Allerspätestens nach den ersten drei Sätzen -
inhaltlich gesehen - verbietet sich natürlich jeglicher Vergleich. Bei allem
was man sagen kann, das finde ich jetzt nun überhaupt nicht. Nur weil man
Sprechgesang macht und eine Frau einen Gesangspart übernimmt, ist es ja
nicht automatisch wie Oli P. (lacht). Tina wohnt auch auf dem m.a.r.s., sie
ist sehr lieb und sehr schüchtern, hat aber eine sehr einfühlsame Stimme.
Das war ganz einfach das aufzunehmen, weil es so einfühlsam ist und sie
jetzt, sagen wir mal nicht Bühnenprofi ist, da doch schon ganz schön die
Hosen runter lassen musste.
Stephan: Wer ist denn
überhaupt auf die Idee gekommen, sie mit in den Song einzubinden?
Christopher: Das ist
mit viel Glück und Zufall passiert. Ich hab die Musik gemacht und hab das
dann beim Fanta 4-Konzert in Leipzig dem Thomas vorgespielt. Er ist sofort
darauf angesprungen und meinte „Ja, das mache ich und Texte mach ich auch
dazu“. Und dann bin ich für vier Tage auf den m.a.r.s. gefahren und wir
haben dort die letzten Textbearbeitungen gemeinsam gemacht. Dann kam auf
einmal die Idee „Hm, jetzt müsste eigentlich ein Refrain kommen, also ein
gesungener Refrain von einer Frau“. Und weil Tina gerade da war, bot sich
das einfach an. Wir haben daraus auch keine große Geschichte gemacht so wie
„Featuring Thomas D. und seine Frau“ oder so. Wenn gefragt wird, sagen wir
natürlich logischerweise wer das ist.
Stephan: Du hast
gerade wieder m.a.r.s. gesagt. Vorhin dachte ich erst es wäre eine
Redewendung gewesen. Gibt es da einen bestimmten Ort oder was hat es damit
auf sich?
Christopher: Ich hab
mir das auch schon angewöhnt. Das ist in der Eiffel. Es ist ein größerer
Gebäudekomplex, es ist im Prinzip eine große Wohngemeinschaft, nur das es
nicht in einer Wohnung ist, sondern mitten auf dem Land in verschiednen
Häusern. Und da wohnt Thomas mit acht oder neun seiner Freunde, die alle
etwas mit Musik und Kunst machen. Man hätte früher Kommune gesagt, es ist
aber eigentlich keine Kommune, sondern eine Wohngemeinschaft, die m.a.r.s.
heißt. Das ist die Abkürzung für „moderne Anstalt rigoroser Spacker“
(lacht).
Stephan: Stehen die
Sänger/innen eigentlich schon Schlange bei dir, um bei einer
Schiller-Produktion mitzumachen?
Christopher: Nein.
Mich fragt keiner.
Stephan: Warum das
nicht?
Christopher: Ich weiß
es nicht. Nicht, das ich das irgendwie schlimm finden würde. Es gab eine
Zeit, in der ich ein bisschen daran zu knapsen hatte und auch die Frage
schon beim letzten Album kam: „Ja, es wollen doch bestimmt alle …“. Ich
könnte ja sagen, „Ja, das ist so“, das würde dann etwas mondäner klingen,
aber die Wahrheit ist, und ich bleib halt gerne bei der Wahrheit, dass das
nicht der Fall ist. Es ergibt sich zwar viel durch Zufall, wo ich bei einer
Stimme - das war bei Jette von Roth zum Beispiel so - daran gerate. Oder bei
Moya Brennan, wo die Plattenfirma vor zwei Jahren einen Remix von einem Moya
Brennan-Titel von mir haben wollte. Das habe ich dann gemacht und hab bei
der Gelegenheit Moya kennen gelernt. Es ist daraus eine kleine Freundschaft
erwachsen, in deren Entwicklung dann auch die Zusammenarbeit entstand. Es
ist aber nicht so, dass Künstler, Manager oder Labels hier anrufen und mir
Künstlerinnen oder Künstler anbieten oder vorschlagen, das ist nicht so. Das
bedrückt manchmal, weil die Frage mich auch erst drauf gebracht hat „Warum
kommt denn da eigentlich keiner?“ (lacht). Ich bin im Nachhinein aber ganz
froh darüber, weil ich nämlich nicht besonders gut nein sagen kann. Ich seh
das jetzt positiv und denke, dann muss ich wenigstens nicht nein sagen, wenn
ich es nicht machen möchte. Abgesehen davon ist natürlich die Sache mit den
Gastkünstlern auch nur eine Facette. Die Frage kommt natürlich mittlerweile
schon fast als erstes: „Ja, wer ist denn jetzt mit dabei?“ Aber das steht
für mich nicht im Vordergrund, sondern es ist eine Ergänzung und eine
Akzentuierung. Aber Schiller ist eigentlich ja, zumindest zu einem genauso
großen Anteil, ein Instrumentalprojekt. Projekt find ich doof. Ein Künstler,
der Instrumentalmusik mag und macht.
Stephan: Wo wir
gerade bei Moya Brennan sind. Ich find ihr Stück bringt so ein bisschen
Mystik und so einen keltischen Touch in deine Musik. Die Zusammenarbeit ist
dann quasi durch den Kontakt, den die Plattenfirma herstellte, gekommen?
Christopher: Die
Plattenfirma hat natürlich die Remix-Anfrage gemacht. Den hab ich dann
gemacht. Dann hieß es, dass sie ihn gerne hören würde. Ich hab ihr ein
MP3-File gemailt. Und daraufhin hat sie mich angerufen und meinte, dass ihr
der gut gefallen würde. Und so haben wir uns irgendwie … das merkt man ja am
Telefon, entweder ist ne Schwingung da oder halt nicht und es war eine da.
So kamen wir ins Gespräch und ich hab sie danach quasi auch auf Tour bei
einem Konzert besucht. Und so kam das einfach. Die Plattenfirma hat jetzt
nicht die Zusammenarbeit arrangiert, sondern es ist durch Zufall gekommen,
weil sie hätte ja auch nicht anrufen müssen. Ab dem Moment war das dann
praktisch eine Sache zwischen ihr und mir. Was mir auch wichtig ist, weil
ich es ablehne mit Menschen zu arbeiten, die ein Management haben. Die dann
zumindest das Management immer vorschieben und das mache ich nicht.
Stephan: Da ich ein
Fan der Akte X-Serie bin, hab ich die Stimmen von Scully und Mulder immer
klasse gefunden. Auf dem neuen Album hast du, mit Ausnahme des einen Satzes
in „Willkommen“, neue Stimmen benutzt. Standen die dieses mal nicht zur
Verfügung oder was ist der Grund für die Änderung?
Christopher: Ich
wollte mal was anderes ausprobieren. Natürlich war mir selber die Stimme von
Scully gerade in dem Intro schon so ungeheuer vertraut, dass ich mich extrem
schwer damit tat, dachte aber „Nein, das muss ich jetzt machen. Das muss
jetzt passieren. Da kann nicht zum vierten oder fünften Mal das gleiche
Intro kommen“. Der Text war zwar immer leicht anders, aber es musste mal
irgendetwas anderes probiert werden, und sei es, dass man beim nächsten
Album wieder mit Scully arbeitet. Das ist ja kein dogmatisches „Nie-wieder-Ding“.
Ich hatte nämlich genau die Nerven verloren, als ich mich doch entschloss,
das „Willkommen in der Welt von Schiller“ … weil das hab ich in so vielen
Variationen mit den neuen Sprechern aufgenommen und das ging einfach nicht
(lacht). Das war bei mir so verankert, dass ich das von Scully wieder
genommen habe.
Stephan: Ich finde,
gerade dieser Satz und die darauf folgende Tonfolge, diese drei Töne sorgen
dafür, dass man sofort wieder in der Schillerwelt ist. Man kommt sich vor
wie zu Hause.
Christopher: Dann war
es wahrscheinlich doch richtig, dass ich dann wenigstens diesen Satz
belassen habe.
Stephan: Du hast beim
Titel „Nightshade“ auf Mike Oldfields neuem Album „Light + Shade“ und er bei
dir beim Titel „Morgentau“ mitgewirkt. Ihr seid ja beide bei der gleichen
Plattenfirma unter Vertrag, kam dort auch der Kontakt zustande?
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Christopher: Nein,
das war anders. Das kam nicht durch Universal sondern Mike war auf der Suche
nach einem neuen Plattenvertrag und hat unter anderem mit der Firma Edel
gesprochen. Ein guter Freund von mir arbeitet bei Edel und der hat
offensichtlich das Material von der neuen Mike Oldfield-Platte gehört, das
war so im Februar/März. Er fand dass da vielleicht noch ein Finish fehlen
würde und hat mich empfohlen. Er hat Mike gefragt, ob er Schiller kennt und
Blüchel & von Deylen, das was ich mit Cosmic Baby gemacht habe. Er hat ihm
ein großes Paket mit Platten geschickt und da fand Mike Gefallen dran. Wir
haben dann einen direkten Draht bekommen über Email und Telefon und haben
uns auch getroffen. Danach erst hat Mike dann, nicht bei Edel, sondern bei
Universal unterschrieben. Das heißt, im Prinzip war die Kollaboration, dass
ich bei ihm was mache und er bei mir, schon lange klar, bevor er dann bei
Universal war. Es liegt natürlich nah, hat dann auch einiges rechtlich ein
bisschen einfacher gemacht, aber das wäre bei Edel genauso gegangen.
Stephan: Mir ist
besonders aufgefallen, dass du bei „Nightshade“, dem Track auf Oldfields
Album deutlicher herauszuhören bist. Mike kommt erst in der letzten Minute
des Tracks zur Geltung. Und umgekehrt hört man auf deiner Platte Mike bei
dem Stück „Morgentau“ sehr deutlich heraus. War das geplant, auf dem Album
des jeweils anderen einen besonders starken Eindruck zu hinterlassen?
Christopher: Nein,
das war nicht geplant. Das ist eigentlich zufällig entstanden.
Stephan: Heißt das,
das er sein Stück und du deines komponiert hast und der jeweils andere hat
dann dazugespielt?
Christopher: Genau.
Ich habe ihn sogar eingeladen, dass er noch eine zweite Melodielinie macht.
Das wollte er aber nicht. Er hat sich an dem, was ich als Vorschlag gemacht
habe, sehr eng gehalten. Trotzdem hört es sich erstaunlicherweise genau an
wie Mike Oldfield.
Stephan: Du hast
gerade gesagt, dass ihr auch per Email kommuniziert habt. Hat eure
Zusammenarbeit dann über die Ferne hin, per Internet oder CD-Zusendung
stattgefunden?
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Christopher: Ja, wir
haben uns aber auch getroffen, weil für mich auch immer der menschliche
Kontakt wichtig ist. Ich hab ihn zweimal in England besucht. Dann hab ich
ihm den Song vorgespielt, den ich - wenn man so will - für ihn überlegt hab.
Die eigentlichen Aufnahmen hat er aber dann autonom bei sich gemacht und hat
mir die Files dann auf meinen Server hochgeladen. Ich hab die Audiofiles
dann runtergeladen, sie arrangiert, editiert und im Gunde genommen aus den
ganzen Spuren dann eine gemacht oder zwei (eine ist verzerrt eine
unverzerrt). Danach hab ich das Endergebnis dann wieder hochgeladen. Das
fand er dann auch gut. Ich versteh das durchaus, man denkt natürlich das ist
entzaubernd, oder irgendwie ein bisschen doof, wenn man nicht zusammen ins
Studio hüpft. Aber wenn man mit jemand im Studio ist, ist der Druck, dass
man dann etwas tun muss, natürlich groß. Ich selber hab ja auch manchmal
Tage, an denen nichts passiert. Und wenn dann jemand daneben sitzt, dann
wird das natürlich noch schwerer. Im Prinzip ist das natürlich doch eine
sinnvollere Arbeitsweise. Und ich hab das dann genau so gemacht. Ich gebe
zu, dass man sich daran gewöhnen muss. Aber gerade wenn es darum geht … die
Jette von Roth hat auch zu Anfang die ersten Spuren bei sich aufgenommen und
mir dann geschickt. Das ist nichts Verwerfliches sondern ich finde, es ist
eigentlich logischer.
Stephan: Ich meinte
das auch gar nicht verwerflich. Es ist halt heute das Internetzeitalter und
die Möglichkeit besteht ja über die Entfernung dies zu nutzen.
Christopher: Früher
wäre das gar nicht gegangen. Klar, ne CD hin- und herschicken und brennen,
das wäre auch gegangen, aber per Internet ist das natürlich schon
fantastisch. Es gibt ja oft diese Kritiker übers Internet, generell und
bezüglich der Globalisierung aber ich finde das prima. Alleine schon das
Medium Email, das war schon abstrakt sich mit Mike Oldfield Emails zu
schreiben. Man kann ja auch Faxe schicken, aber das macht man natürlich
nicht so ohne weiteres. Und mal eben kurz ne Email, das ist schon eine
ziemliche Erleichterung um mit der Welt in Kontakt zu bleiben.
Stephan: Absolut,
könnte ich auch nicht mehr drauf verzichten. Mir ist auch die
Themenähnlichkeit der Albumnamen „Tag und Nacht“ und „Light + Shade“
aufgefallen. Ist das reiner Zufall?
Christopher: Das ist
reiner Zufall, wirklich.
Stephan: Kim Sanders
ist die einzige, die bisher auf allen Alben vertreten war. Warum wechselst
du bei den anderen Gesangsparts die Musiker? Willst du damit mehr
Abwechslung in die Alben bringen oder ist es spannender mit mehreren,
unterschiedlichen Leuten zu arbeiten?
Christopher: Das ist
meistens der Grund, ja. Es gibt natürlich auch ganz profane Gründe,
Stichworte Terminkalender, Logistik und Zeit. Schiller ist für mich ein
musikalisches Hotel, in dem ich mich als Hotelier bezeichnen würde, wo ich
dann Gäste einlade. Manche kommen, manche kommen nicht. Und wenn sie kommen,
dann bleiben einige gerne ein paar Tage länger, in diesem Fall ein paar
Alben länger. Andere bleiben vielleicht nicht so gerne. Es liegt ja auch
nicht nur an mir. Ich hab ja nicht darüber allein zu entscheiden, es gehören
ja immer zwei dazu, es müssen ja immer beide wollen. Klar, es ist ne
Abwechslung und es würde mich, glaube ich, so schwer es in dem Zusammenhang
auch ist … Es kann ja auch mal sein, das ein Künstler möchte, aber ich
nicht. Nicht wegen dem persönlichen, sondern weil mir zu dem Künstler gerade
nichts einfällt, das kann ja auch mal passieren. Deswegen ist das ein
organischer Vorgang.
Stephan: Und wie
entscheidest du eigentlich, wer welchen Song singt? Schreibst du deine Songs
und überlegst dir dann, wer den singen könnte? Auf den Alben steht ja auch,
dass einige der SängerInnen die Texte zu den Songs selbst schreiben. Steht
der Song dann vorher schon fest, so als Grundmelodie?
Christopher: Jeder
Sänger ist eingeladen selbst zu texten. Es gibt dann welche, die machen das
und dann wieder welche, die das nicht machen oder nicht machen möchten. Dann
muss ich das dann machen, das ist mir dann immer sehr unangenehm. Ich bin
immer froh, wenn sie selber texten (lacht). Bei Maya Saban hab ich
beispielsweise getextet, bei Sarah Brightman auch. Kim und Jette haben ihre
eigenen Texte geschrieben. Es ist mir am liebsten, wenn es der Künstler
selber macht, weil es ja auch Künstler gibt, die etwas zu sagen haben. Das
können sie dann gerne tun.
Stephan: Die Sängerin
Jette von Roth ist bisher noch unbekannt. Du hast vorhin schon gesagt, dass
du durch Zufall auf sie aufmerksam geworden bist.
Christopher: Das ist
korrekt. Ein guter Freund von mir, aus Bremen, hat vor drei Jahren ein
Projekt gemacht, KAY CEE hieß das. Das ist leider zu unrecht völlig unter
gegangen. Das war ein Electronica-Projekt, da hat Jette von Roth einige
Titel besungen. Sie kommt wie ich aus der Nähe von Bremen und deswegen
kannte ich sie halt und ich kannte die Platte und ich fand die Stimme immer
fantastisch. Die haben sich dann aufgelöst und ich hab dann überlegt
„Mensch, die Jette ist doch super, mit der möchte ich gerne was machen“.
Dann hab ich nach der Nummer gefragt, und so kam das eigentlich. Sie hat
zwar schon bei einer Platte mitgemacht, ich würde sie trotzdem schon als
Newcomerin bezeichnen. Sie hat es mir echt angetan, wenn ich ehrlich bin.
Obwohl sie jetzt nicht so prominent ist, das man sagen könnte, das ist ein
Name, den man schon tausendmal gehört hat, aber inhaltlich finde ich, passt
sie sehr gut in die Schiller-Welt.
Stephan: Jette von
Roths Stimme/Gesangsart erinnert mich vor allem auch durch ihren, ich möchte
mal sagen Isländischen Akzent, ein wenig an eine sanfte Version von Björk.
Siehst du das ähnlich?
Christopher: Ja, das
kommt einem sofort in den Sinn. Das kam ja auch mir zu Anfang sofort in den
Sinn. Und ich wusste auch ganz zu Anfang nicht, ob ich das gut oder nicht
gut finde. Da es aber wirklich nur die erste Assoziation ist, habe ich es
trotzdem gewagt. Ich jedenfalls höre nicht heraus, dass sie alles tut, um so
zu klingen wie Björk, also nicht so ein Björk-Sound-Alike oder so ein
Nachahmen. Sie ist offensichtlich davon beeinflusst, von der Art zu singen
oder sie hat zufälliger Weise so eine ähnliche Idee, wie sie sich ausdrückt.
Aber genau so, wie man bei mir eben hört, dass ich vielleicht mal irgendwann
Tangerine Dream oder Jean Michel Jarre gehört habe, genau so hört man ihr
das eben auch an. Und warum soll man das einer Sängerin oder einem Sänger
eben nicht anhören können? Ich bin restlos von ihr begeistert. Wir haben
fünf Songs aufgenommen und ich hab mich extrem schwer getan, dann diese drei
auszuwählen, weil drei Songs auf einem Schiller-Album ist schon Weltrekord.
Also drei Songs von einem Künstler auf einem Schiller-Album, das gab’s noch
nie (lacht). Ich denke, das ich die anderen auch noch hätte aufnehmen
sollen. Wir arbeiten so fantastisch zusammen und es geht auch so leicht, das
hat man ja auch nicht alle Tage. Das heißt nicht, dass das Ergebnis deswegen
schlecht sein muss, nur wenn man sich ein bisschen schwerer tut. Ich werde
aber auf jeden Fall mit ihr weiterarbeiten. Ich finde, das ist schon was
Besonderes.
Stephan: Absolut und
deswegen ist es auch für mich nicht eine ausschließliche Assoziation von
Björk, die ja auch sehr kräftig singt. Jette hat dagegen eine sanfte
Ausdrucksform, die ich sehr schön finde.
Christopher: Das
stimmt. Ich bin ja, wenn ich ehrlich bin, kein passionierter Björk-Fan. Es
ist ja nicht ganz so penetrant, das ist jetzt ein ziemlich übles Wort
(lacht), aber es springt einen halt nicht so an. Aber es ist auch nicht
langweilig, dass man denkt, das sei irgendwie ein Gesäusel oder so. Man hört
da schon hin, finde ich.
Stephan: „Sleepy
Storm“ ist auf der Promo. Auf der offiziellen Scheibe sind dann noch zwei
weitere, von Jette gesungene Stücke?
Christopher: Es gibt
noch ein schnelleres Stück, das heißt „What’s Coming“. Du kannst dir die
Stücke auf der Internetseite
www.schiller-musik.de anhören. Die
sind 30 Sekunden lang. Und dann singt sie noch das Pandon zu „Die Nacht“,
„Der Tag … Du bist erwacht“.
Stephan: Bei dem
Stück „Sleepy Storm“ ist mir etwas aufgefallen. Als ich das Stück gehört
hab, hab ich überlegt, woher ich die Melodie des Refrains kenne. Der
erinnert mich dann doch an das Kinderlied „Alle meine Entchen“, allerdings
in einer anderen, versetzten Tonlage gesungen. Liege ich da richtig?
Christopher: Das ist
richtig. Das ist genau so passiert. Ich hab ihr das Playback geschickt, sie
ist eine junge Mutter, und sie hat das bei sich zu Hause den ganzen Tag
laufen lassen, um sich dazu entsprechend textmäßig was einfallen zu lassen.
Und dann war das wie ein Bilderbuchklassiker, im Nebenraum oder gleichen
Zimmer, was weiß ich wo. Ihr Kind fing auf jeden Fall an „Alle meine
Entchen“ zu singen. Ob jetzt durch die Musik inspiriert, kann ich natürlich
jetzt nicht sagen (lacht). Das hat sie aufgegriffen und es war ihr
offensichtlich nicht abstrus, um das dort einzubauen. Das muss man sich auch
erst mal trauen.
Stephan: Das stimmt.
Und es hat auch ne ganze Weile gedauert, bis ich das rausbekommen habe. Ich
hab immer gedacht: „Mensch dass kennst du doch“. Aber da sie es in einer
anderen Tonlage singt, konnte ich es nicht sofort zuordnen. Jetzt endet die
Promo mit dem sehr kurzen Stück „Eine Stunde“. Da hat sich für mich erst
einmal die Frage gestellt, ob die CD nur eine Stunde lang ist.
Christopher: Nein.
Die CD ist mit 19 Songs die längste, die ich bisher gemacht hab. Sie ist
eine Stunde und siebzehn Minuten, also 77 Minuten und 37 Sekunden und damit
20 Sekunden unter der vom Presswerk übernommenen Garantie dafür, dass die
auf jedem CD-Player abspielbar ist.
Stephan: Das Stück
ist laut Angabe auf der CD aus dem Film „Yamamoto’s Labyrinth“. Hast du
einen kompletten Soundtrack gemacht? Was kannst du darüber erzählen?
Christopher: Ich bin
sozusagen dabei. Das ist sozusagen der Vorbote davon. Das ist jetzt
allerdings kein Kino- sondern ein Dokumentarfilm über diesen japanischen
Installationskünstler, der aus Salz wirklich abenteuerliche Skulpturen
macht. In diesem Fall hat er in tagelanger Arbeit in Hamburg ein
riesengroßes Labyrinth aus Salz gemacht. Es wurde eine Woche ausgestellt,
danach wurde das dann alles wieder zusammengefegt. Salz hat ja in der
japanischen Mythologie mit Tod zu tun. Auf seiner Webseite ist das auch ganz
ausführlich erklärt. Ein Regisseur hat einen Dokumentarfilm über die
Entstehung des Labyrinthes gemacht. Das hat etwas sehr kontemplatives, weil
man eben den Menschen sieht, wie er praktisch Tag und Nacht auf dem Boden
sitzt und dieses Labyrinth aus Salz baut. Und das ist im Prinzip ein Teil
des Soundtracks davon.
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Stephan: Wird das
Album neben der normalen und einer Spezialedition mit Chilloutmix auch in
einer limitierten Sonderauflage erscheinen?
Christopher: Weiß ich
nicht. Es ist mit dieser Produktvielfalt so eine Sache. Was bisher Limited
Edition war, heißt jetzt Deluxe Edition. Ich versuche auch die Plattenfirma
dazu zu bewegen, dass die auch nicht nur zu Anfang, sondern flächendeckend,
also zeitdeckend zu erhalten ist. Weil darauf zum Beispiel auch der Song mit
Tara Turunen von Nightwish auf der zweiten CD drauf ist und ich das doof
finde, wenn man das wieder nur drei, vier Wochen kaufen kann. Deswegen
versuche ich darauf hinzuwirken, dass man die auch länger kaufen kann. Dann
wird es Mitte Dezember noch eine Media Markt-Edition geben. Das ist ein
Doppelalbum bestehend aus „Tag und Nacht“ und „Live Erleben“. Die CD ist auf
jeden Fall auf ein paar Tausend Stück limitiert.
Stephan: Kann man die
dann nur im Media Markt bekommen?
Christopher: Ja. Das
ist der Trick bei der Sache. Aber alles Weitere kann ich noch nicht sagen.
Das sind dann im Prinzip ja auch schon drei Konfigurationen und ich finde,
dass das dann auch irgendwie reicht.
Stephan: Aber eine
DVD ist auch wieder geplant?
Christopher: Eine DVD
ist auch wieder geplant, wobei ich momentan noch überhaupt nichts darüber
sagen kann, wie die aussehen wird.
Stephan: Du hast für
deine Konzerte Einlassmusik komponiert. Hast du die Stücke speziell dafür
geschrieben oder waren das vorhandene Titel, die du zur Unterhaltung der
Zuschauer vor den Konzerten benutzt hast?
Christopher: Ja, das
ist speziell dafür gemacht und das ist auch bis auf einige kleine Ausnahmen
nirgendwo anders verwendet worden. Es wird auch bei der nächsten Tour eine
neue Einlassmusik geben. Das ist ja eigentlich nicht offiziell Schiller,
sondern es ist ein bisschen zwischen den Stühlen, neutraler. Es steht ja,
wenn man so will, auch nicht Schiller auf den CDs. Es ist mir halt wichtig
das Publikum beim Einlass einzustimmen. Irgendein Gedudel beim Einlass find
ich doof und irgendetwas von der Platte, also bekannte Lieder von Schiller
zu spielen, find ich auch nicht gut. Deswegen hab ich das selber gemacht.
Stephan: Die Musik
ist ja sehr Ambient mäßig, wenn man das so sagen kann. Also viel ruhiger als
die üblichen Stücke.
Christopher: Das ist
auch der Sinn der Sache, denn wenn es schon vorm Schillerkonzert zu lebhaft
wird, dann ist das nicht das Richtige als Einstimmung.
Stephan: Dazu fällt
mir ein, ich meine es schon bei den Stücken „Die Nacht“ und bei „Feuerwerk“
gehört zu haben, dass du die Stücke dieses Mal nicht nur allein eingespielt
hast, sondern für mich klingt es so als ob Mickey, Tissy und Gary, der ja
wirklich ein genialer Schlagzeuger ist, dabei gewesen sind.
Christopher: Ich hab
ja immer schon mit Gitarre und Bass, teilweise als Samples und teilweise
authentisch gearbeitet. Dieses Mal hab ich besonders viel Wert darauf
gelegt, jetzt nicht von vornherein schon das so klingen zu lassen wie eine
Liveplatte, aber auf jeden Fall hat mich natürlich die Tour, oder haben mich
die Tourneen doch inspiriert und beeinflusst. Das hört man auch. Und ich hab
bei dieser Platte zum ersten Mal in meinem Leben mit Schlagzeug aufgenommen.
Wir sind nach England gefahren und haben das in Peter Gabriel’s Real
World-Studio aufgenommen. Das hat natürlich großen Spaß gemacht.
Stephan: Das glaub
ich dir auf’s Wort. Wenn man die DVDs sieht und speziell die „Live Erleben“,
da ist ja so eine Dynamik drin. Ich hab nicht erwartet, dass die von euch
präsentierte Musik auf der Bühne solch einen Druck und solch eine Energie
verbreitet. Da war ich doch sehr beeindruckt.
Christopher: Das
freut mich zu hören.
Stephan: Wie gehst du
überhaupt an die Ausarbeitung der Liveversionen ran? Da sind ja auch einige
Solos mit eingebunden. Arbeiten die Musiker die Teile dann selbst aus, oder
wie muss man sich das vorstellen?
Christopher: Im
Grunde genommen arbeiten die so wie Gastkünstler. Jeder kann sich in die
Musik einbringen oder ist aufgerufen, sich einzubringen, sodass er, was er
dabei fühlt auch umsetzt. Ich bin da nicht so der große Kapellmeister,
sondern die Band ist so ausgewählt und zusammengestellt, dass sich da jeder
einbringen kann.
Stephan: Heißt das,
das auch Live genügend Improvisationsmöglichkeiten bestehen?
Christopher: Auf
jeden Fall. Da ist schon jede Show ein bisschen anders. Klar gibt es einige
Motive, die sich manifestieren, aber eigentlich ist jede Show ein bisschen
anders.
Stephan: Ich habe mir
die „Live Erleben“ vor der Studioversion „Leben“ zugelegt. Da ist mir etwas
aufgefallen. Ich hab die Liveversion im Auto gehört und war vor allem von „I’ve
Seen It All“, das hier von Kim Sanders gesungenen wird, restlos begeistert.
Das ist für mich der absolute Hammer auf der Scheibe. Kim hat eine Art das
Stück zu singen, die unter die Haut geht und ohne Maya Saban, die den Titel
im Studio gesungen hat, nahe treten zu wollen, hab ich mich gefragt, warum
hat Kim ihn nicht schon vorher gesungen?
Christopher: Das war
’ne einfache Logistikfrage. Maya stand für die Tour nicht zur Verfügung. Es
wurde ja vorher mit Maya aufgenommen und dann war die Frage, weil mir der
Song so gut gefiel … Und ich hab zum ersten Mal eine Notlösung vorgenommen,
indem ich ein Stück von einer anderen Künstlerin, als die, mit der es im
Studio aufgenommen wurde, hab singen lassen. Das hat dann unerwartet gut
funktioniert.
Stephan: Du hast mit
Harald Blüchel aka Cosmic Baby mit „Bi Polar“ und „Mare Stellaris“ zwei
herrliche Chillout-Alben rausgebracht. „Bi Polar“ ist, obwohl sie beide in
2004 erschienen, sind die erste CD des Duos. Ist das richtig?
Christopher: Ja.
Stephan: Da habt ihr
aber noch Fremdkompositionen benutzt. Was war der Grund dafür?
Christopher: Das wir
eigentlich eine Klangsprache entwickeln wollten, einen Sound entwickeln
wollten. Wir dachten, dass es am einfachsten ist, oder am effektivsten, wenn
wir nicht auch noch komponieren müssen. Das heißt, wir haben zum ersten Mal
zusammen gearbeitet. Wir haben beide zum ersten Mal seit geraumer Zeit
wieder zu zweit im Studio gearbeitet. Sich aufeinander einzustellen und sich
aufeinander einzulassen ist schon ein anderer Prozess, da muss man dann erst
einmal die Hosen runter lassen. Und um dann nicht auch noch praktisch
komponieren zu müssen, haben wir uns dann, wenn man so will, gedacht: „Okay,
dann machen wir einfach Coverversionen“. Nur, da es Instrumentalsongs sind,
die wir ausgesucht haben, konnten wir da etwas freier agieren. Wir hatten
eine Vorlage, waren aber trotzdem nicht gefangen, dass wir nicht hätten
links oder rechts gehen können.
Stephan: Und das hat
sich dann auf der „Mare Stellaris“ weiterentwickelt, weil ihr auf dem Album
Eigenkompositionen veröffentlicht habt?
Christopher: Genau.
Stephan: Auf der
„Mare Stellaris“ war ein kurzes Video von einem Liveauftritt von Blüchel &
von Deylen zu sehen. Wird es weitere Alben des Duos geben? Und wird man euch
mal live sehen können?
Christopher: Gute
Frage. Es wird auf jeden Fall ein weiteres Album geben. Ich kann noch
überhaupt nicht sagen wann. Und das gleiche kann ich dir auch für
Liveauftritte sagen. Auf jeden Fall, aber ich kann nicht sagen wann.
Stephan: Du hast ja
vorhin auch schon die Instrumentalstücke erwähnt, die nehmen ja auch einen
großen Teil auf deinen CDs ein. Ich weiß, es ist eine schwierige Frage für
einen Musiker, aber wie würdest du diese Musik selbst bezeichnen? Du hast ja
vorhin auch schon erwähnt, dass du Tangerine Dream und Jean Michel Jarre
gehört hast.
Christopher: Ja, das
ist alles eine Ansammlung von Beispielen. Ein Musikjournalist hat neulich
mal gesagt, für ihn wäre das Global Pop. Da schluckt man natürlich zuerst,
weil Global Pop hört sich zunächst ein wenig komisch an, aber es ist leider
Gottes, auch wenn es nur eine trockene Bezeichnung ist und ein bisschen
altbacken klingt, ist es die, der ich am ehesten zustimmen oder wo ich am
ehesten sagen würde „Ja, das ist eine begriffliche Bezeichnung, das passt
auch“. Natürlich gibt es Facetten, ein bisschen dies, ein bisschen das, aber
das muss man dann eben noch ein bisschen genauer erklären. Wenn man jetzt
also ein Schlagwort sucht, dann würde ich eigentlich Global Pop anmerken.
Alles andere ist dann eine Aneinanderreihung. Es ist ein bisschen schwierig
das zu beschreiben, gebe ich gerne zu.
Stephan: Wie stehst
du zur traditionellen elektronischen Musik im Stile von Tangerine Dream,
Klaus Schulze, Ashra, Kraftwerk, Jarre etc. ? Was hörst du privat für Musik?
Christopher: Wenn ich
Musik für Schiller mache, habe ich selten die Konzentrationsfähigkeit, mich
mit anderer Musik zu beschäftigen. Da kann ich höchstens ein Hörbuch, ein
Hörspiel oder Nachrichten hören, aber keine Musik, das würde mich wahnsinnig
machen. Ansonsten höre ich, gerade im letzten Jahr, wenn ich denn selbst
gewählte Musik gehört habe, hab ich ganz viel Tangerine Dream gehört und
zwar die „alten Sachen“. Mit alt meine ich die Phase zwischen 1978 bis kurz
vor dem Ausstieg von Johannes Schmoelling, so bis 1983. Das davor ist
manchmal etwas zu verkifft, und danach finde ich es unhörbar. Das gleiche
gilt auch für Jean Michel Jarre. Ich muss natürlich auch sagen, dass ich mit
der Musik groß geworden bin. Mit der Musik, die man hört, wenn man 13, 14
oder 15 Jahre alt ist, ist man natürlich ein Leben lang verbunden. Und das
ist eben auch bei mir genau mit diesen Platten von Tangerine Dream und Jean
Michel Jarre der Fall. Das höre ich immer noch, ich verfolge natürlich auch
was es sonst noch so gibt, aber ich bin manchmal etwas konsterniert, wenn
ich merke … Oder anders herum. Scheinbar ist die Fülle an Möglichkeiten, die
die moderne Technik bietet, nicht unbedingt mehr die Herausforderung
praktisch ausgereizt zu werden. Nächste Woche bin ich bei Olaf Zimmermann zu
Gast bei „Electrobeats“ auf Radio Eins. Ich hoffe, dass ich da vielleicht
ein paar Tipps von ihm bekomme, was es denn grad Neues gibt. Ich bin ja
aufgeschlossen. Ich wünsche mir, ich würde irgendwie vielleicht mal was
Neues aufschnappen, wo ich denke „Oh, das gefällt mir richtig gut“. Aber es
ist echt schwer. In den besten Momenten ist es dann immer noch so, dass es
dann Tangerine Dream retromäßig daherkommt. Aber ansonsten, muss ich sagen,
bin ich da relativ irritiert, dass es da nicht viel gibt, was mich mitreißt.
Was aber auch durchaus daran liegen kann, dass es Musik ist, an die man nur
sehr schwer gerät und an die man vorwiegend nur über Empfehlungen kommt. Man
hört irgendwo anders was, oder so … Plattenläden im klassischen Sinne gibt
es nicht mehr, wo man hingehen und fragen kann „Hey, hast du irgend etwas
für mich?“ oder „Was hast du denn Neues?“ Und das Internet ist zwar durch
die Möglichkeit, sich einzelne Titel vorher anzuhören praktisch, aber es ist
ein so riesengroßes Angebot, dass man nach dem Durchhören des fünften oder
sechsten Albums einfach keine Nerven mehr hat, durch Zufall auf was zu
stoßen, was einem vielleicht gefallen könnte.
Stephan: Es gibt eine
CD mit dem Titel „Sleepingroom Vol. 1“. Was ist das? Ist das auch eine Musik
von dir, die nicht auf anderen Platten veröffentlicht wurde?
Christopher: Das ist
das eine. Das andere war der Versuch, das haben wir Eigenvertrieb bzw. Label
mäßig in Eigenregie gemacht, ein bisschen so die Mechanismen abzuchecken,
wie man eine Platte selber als Label herausbringt. Das war als Testballon
gar nicht schlecht, muss man sagen, ich war aber im Nachhinein mit der
Qualität nicht sehr zufrieden, muss ich ehrlich sagen. „Vol. 2“ ist lange
angekündigt, ist aber noch nicht fertig. Sie wäre bereits fertig, wenn ich
den gleichen Qualitätsmaßstab ansetzen würde, aber ich möchte die Qualität
noch weiter steigern.
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