Stephan: Hat Dich
die Zusammenarbeit mit Klaus Schulze bewogen eigene Sachen zu machen, oder hattest Du das
schon länger vor?
Jörg: Der Traum einer SOLO-CD war schon lange vorher
da. Ich war aber nie konsequent genug, mich um ein Label oder ähnliches zu kümmern.
Stephan:
Ich finde das die Musik auf Deiner CD sehr
ausgereift klingt und, im Gegensatz zu manchen anderen, eine eigene Handschrift aufweist.
Man hat zum Glück nicht das Gefühl, daß Du einen Musiker - wie zum Beispiel Klaus
Schulze - nachmachen möchtest. Die Sounds sind frisch, der Rhythmus geht schon in
Richtung Techno, knallt aber nicht zu sehr. Erzähl doch ein wenig über die Produktion.
Jörg: Die meisten Stücke entstehen bei mir sehr
spontan, da sie aus einer bestimmten Stimmung heraus entstehen. Daher versuche ich auch
nach Möglichkeit nicht zu lange an einem Track zu arbeiten. Ansonsten wäre das Ergebnis
in sich nicht mehr stimmig. Ich bin kein Fan von zu langen Tracks. Dazu fehlt mir die
nötige Ruhe. Wenn ich das Gefühl habe: "Das kennt der Konsument nun schon, da er es
bereits eins, zwei Male gehört hat" ist bei meinen Tracks Schicht. Man kann sich das
Stück ja noch mal anhören, wenn man wirklich mehr davon braucht. Ich fange in der
Zwischenzeit lieber mit einem neuen Track an. Es gibt auch keinen schöneren Moment beim
Musikmachen, als die Freiheit, nach einem komplett fertigproduzierten Track mit einem
neuen anzufangen.
Stephan: Erzähl doch bitte ein wenig über den
Hintergrund Deiner neuen Produktion. Was bedeutet der Titel und welche Intention steckt
hinter den einzelnen Stücken?
Jörg: Die Hauptintention resultiert natürlich aus
dem Versuch, aus meiner Sicht der Dinge gute Musik zu machen. Der Titel "sonar
eXperience" hat seinen Ursprung in zwei sehr persönlichen Erfahrungen aus 98. Zwei
Sonographien habe ich letztes Jahr erlebt. Zum einen konnte ich meinen Sohn Eric das erste
Mal per Ultraschall sehen und zum anderen war ich selbst zu einer Untersuchung in's
Krankenhaus geschickt worden, da ich eine recht unnatürlich aussehende Wölbung an meinem
Oberschenkel beobachtete, deren Ursache in einer Sonographie herausgefunden werden sollte.
Während ersteres natürlich eine unglaublich beglückende Erfahrung ist, so hätte sich
die an mir durchgeführte Untersuchung fast zu einem Alptraum entwickelt. In der Diagnose
wurde mir nahegelegt, doch so schnell wie möglich einer Operation zuzustimmen, da man
ansonsten für nichts garantieren könne. Es wurde eine bösartige Geschwulst vermutet und
mit einem Male wurde mir klar, wie vergänglich das Sein auf diesem Erdball doch sein
kann. Das ganze entpuppte sich zum Glück als Irrtum. Diese beiden sehr gegensätzlichen
Erfahrungen führten zu dem CD-Titel "sonar eXperience".
Stephan: Diese kleinen Zwischenstücke (um die 1
Minute Länge) zwischen den "richtigen racks" sind sehr laut und blasen einem
den Kopf frei. War das auch der Grund sie zu machen, damit der Hörer sich ganz auf den
folgenden Titel einlassen kann?
Jörg: Zur Zeit der Entstehung war ich von der
Entwicklung in der deutschen Außenpolitik bestürzt. Generell ist es entsetzlich, eine
deutsche Rot/Grüne Regierung zu erleben, die Kampfeinsätze in einem anderen Land führt
und dabei unzähligen Unschuldigen großes Leid zuführt. Am schlimmsten war die
Erfahrung, als Kritiker unserer Politik als "Milo-Freund" denunziert zu werden.
Ein Milo-Freund war weder ich noch andere Kriegsgegner. Natürlich war diese Art der
Verunglimpfung ein Teil der ganzen Kriegspropaganda, der auch wir ausgesetzt waren. Die
Vorstellung - mit meinem Kind und meiner Frau in einem Luftschutzkeller zu sitzen und
draußen Bombenlärm, Schreie und Sirenen zu hören, ließ mich nicht mehr los. Die
Zwischenpassagen sollten der Versuch sein, die Angst der Bevölkerung akustisch
wiederzuspiegeln - wenn auch mir klar war, daß dies ein völlig unvollkommener Versuch
sein würde. Diese Angst, die Schmerzen und das Leid kann man nicht akustisch
wiederspiegeln. Das Thema wird heute weitgehend totgeschwiegen. Es wäre sicherlich auch
nicht einfach - angesichts der vielen nicht erreichten Ziele, den vielen zivilen Opfern
und der völlig lahmgelegten serbischen Industrie - die Politik vor einem Jahr noch
glaubwürdig darzustellen.
Stephan: Wird man Dich auch mal Solo live erleben
können?
Jörg: Wer weiß?
Stephan: Was planst Du als nächstes?
Jörg: Ich arbeite bereits an einer neuen Solo-CD.
Diese wird aber erst nächstes Jahr fertig produziert sein. Im Moment tendiere ich dazu,
diese Produktion melodischer und harmonischer zu gestalten als sonar eXperience. Aber ich
weiß nicht, wie lange ich diese Absicht verfolge. Das hängt wohl in erster Linie von
meiner Stimmung ab.
Stephan: Hat Dein derzeitiger Beruf auch mit Musik
oder Instrumenten zu tun?
Jörg: Natürlich - in wenigen Wochen wird man
erfahren können, welches Projekt ich dieses Jahr angegangen bin.
Stephan: Vielen Dank für die ausführliche
Beantwortung meiner Fragen. Ich hoffe, daß Du mit Deiner Solo-CD Erfolg hast und wir bald
wieder etwas von Dir hören werden.