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Interview mit Tobias Untucht (Interstellar Overdrive)
am 14.12.2007 per Telefon geführt

   

Das Gespräch wurde am 14.12.2007 per Telefon mit Keyboarder Tobias Untucht geführt.

Stephan: Erstmal noch ein großes Lob für das tolle Konzert am 07.12.2007 in Soest. Sowohl Set wie auch Interpretation der Stücke waren wirklich erste Sahne, auch wenn das Konzert unter etwas schwierigen Umständen stattgefunden hat.

Tobias: Ja, leider. Wir hatten fast befürchtet, dass so etwas passiert, weil wir letztes Jahr bereits eine ähnliche Erfahrung gemacht haben. Damals fiel erst die Anlage aus als wir ankamen und dann ist den Veranstaltern eine Endstufe abgeraucht und wir hatten außerdem Probleme mit unserem Bassverstärker. Und dieses Mal gab es wieder technische Probleme. Das ist wirklich ärgerlich, weil das Publikum darunter leidet. Aber das sind so die Dinge, in denen man nicht drin steckt.


Tobias Untucht

Stephan: Aber ich fand, dass es doch recht friedlich abging.

Tobias: Ja natürlich. Es war zwar ein bisschen ärgerlich mit der einstündigen Verspätung, aber für uns vielleicht ganz gut, weil wir uns dann richtig frei spielen konnten.

Stephan: Ich hab nach dem Konzert mit eurem Gitarristen Profter gesprochen, der sagte mir auch, dass ihr dann so richtig Druck gemacht habt. Es hat an dem Abend richtig Spaß gemacht euch zuzuschauen.

Tobias: Das freut  mich.

Stephan: Und da bin ich nicht der einzige, ich hab das auch von anderen Besuchern gehört, die richtig begeistert waren. Ein Kollege von mir wollte euch schon gleich buchen. Seit 1997 gibt es Interstellar Overdrive. Steht die Bandbesetzung seit dieser Zeit in der aktuellen Form oder hat es zwischendurch auch einige Umbesetzungen gegeben?

Tobias: Es hat einmal eine Änderung gegeben. Wir hatten ursprünglich einen anderen Schlagzeuger. Der Ingo war ca. die ersten drei Jahre dabei und ist dann nach New Orleans gegangen, um dort Musik zu studieren. Wir haben dann einen neuen Schlagzeuger gesucht und den Freddie gefunden.

Stephan: Der jetzt, wie ich hörte, mit der Band Blind Guardian getourt ist. Ist er jetzt fester Bestandteil von Blind Guardian, oder ist er nur mit auf Tour gegangen?

Tobias: Er ist da jetzt schon richtig fest integriert.

Stephan: Wie seid ihr denn damals darauf gekommen Sachen von Pink Floyd zu spielen?

Tobias: Da kamen so ein paar Sachen zusammen. Mit unserem Gitarristen, dem Matze (der mit den langen Haaren), war ich zusammen in der Schule. Und wir haben damals beim Abischerz Musik gemacht. Wir hatten beide immer schon dieses Faible für Pink Floyd und haben damals mit zwei Gitarren eine Nummer von Pink Floyd gespielt. Ich hab dann später noch eine Band gehabt, mit der wir zwar eine ganz andere Musik gemacht haben, aber auch dort hatten wir „Shine On You Crazy Diamond“ im Repertoire. Weil wir damals keinen Gitarristen hatten, hab ich Matze gefragt, ob er das spielt. Das waren so diese Anfänge.

Später kam der Pofter noch dazu, den kannte mein damaliger Saxophonist. Das war Anfang der 90’er. Wir kannten uns eigentlich schon alle untereinander mehr oder weniger gut und es war für uns klar, dass wir irgendwann mal diese Pink-Floyd-Geschichte machen wollen. Es war erst nur eine Idee, die damals  im Raum schwebte. Dann, im Sommer 1997, rief  mich Pofter an und sagte, dass er einige Leute zusammengetrommelt habe, um sich an den Floyd-Sachen zu versuchen und ihm jetzt noch der Keyboarder fehlen würde. Und so ging das dann los. Pofter hatte damals aus Spaß an der Freude mit seiner Gitarre und einem Synthi „Echoes“ auf einem Vier-Spur-Gerät aufgenommen, und das war von dieser Seite her wohl der endgültige Startschuss.

Stephan: Du hast gerade schon gesagt, dass du in einer anderen Band gespielt hast. Ihr seid aber alle berufstätig und macht die Musik eher im semiprofessionellen Bereich. Ist das richtig?

Tobias: Genau. Wir sind alle in unterschiedlichen Bereichen tätig.

Stephan: Der Schlagzeuger ist der einzige Profi in der Band?

Tobias: Ja. Der Markus zum Beispiel  ist Arzt.

Stephan: Das ist der Saxophonist? 

Tobias: Genau. Er konnte jetzt am Wochenende leider nicht mitkommen. Er musste einige Dienste machen, die er nicht absagen konnte. Und damit wir das Konzert nicht verschieben mussten, haben wir das Programm so umstrukturiert, dass wir auch ohne ihn klar kamen.

Stephan: Wart ihr denn jetzt auf einer Kurztour?

Tobias: Wir waren zwei Tage unterwegs. Am Tag nach Soest sind wir noch in Wetzlar aufgetreten, weil das gerade auf dem Rückweg lag. Wenn es sich gerade ergibt, dann versuchen wir, Auftrittsmöglichkeiten miteinander zu verbinden. Wir spielen in der Regel auch immer am Wochenende, weil es aufgrund unserer Berufstätigkeit nicht anders möglich ist.

Stephan: Wie haben sich in den zehn Jahren eures Bestehens die Setlist bzw. die Stücke die Ihr spielt, entwickelt? Wenn man sie hört, dann merkt man doch dass ihr zwar am Original dran seid, aber doch nicht so stark, dass man bei geschlossenen Augen den Eindruck hat, es käme von Platte. Ich finde gerade gut an euren Auftritten, dass ihr schon eure eigenen Interpretationen bietet. Wie entwickelt sich so etwas?

Tobias: Ich kann das im Moment kaum noch beurteilen, weil man selbst mittendrin steckt. Wenn das jemand von außen hört, hat er wahrscheinlich ein ganz anderes Ohr dafür. Für uns war eigentlich immer wichtig, erst mal festzustellen, was bei Pink Floyd passiert, was das Entscheidende an ihrer Musik ist. Für uns war immer klar, dass es nicht am Schwierigkeitsgrad der Musik liegt. Die Musik von Pink Floyd ist eigentlich nicht sehr schwer zu spielen. Viele Leute denken, das könne man eigentlich nicht machen, Pink Floyd nachspielen. Aber Pink Floyd können selbst auch ihre Musik spielen, also warum sollen das nicht auch andere können. Das Entscheidende ist, das richtige Feeling für die Musik zu haben, diese ruhige Gelassenheit etwa, oder wie der Ton auf der Gitarre geformt wird. Und da haben wir mit Pofter einen absoluten Spitzengitarristen, der diesen Style einfach sehr gut nachempfinden kann. Ich glaube, wir sind ein ganzes Stück rockiger als Pink Floyd. Darin unterscheiden wir uns auch vom Original. Wir versuchen zwar schon, an den Sound nah ranzukommen, aber wir haben natürlich zum Teil nicht das Equipment, was die damals gehabt haben. Und das Wesentliche ist wirklich, das Floydsche Feeling transportieren zu können.

Stephan: Ich empfand bei eurem Konzert, dass ihr den Stücken Leben eingehaucht habt. Und die Atmosphäre, die ihr produziert, die überträgt sich auch auf das Publikum. Man hat als Zuschauer nicht das Gefühl, als wenn da sechs Leute auf der Bühne stehen und einfach nur steril die Sachen runterspielen. Man merkt euch an, dass ihr Spaß daran habt diese Songs zu präsentieren. Es kommt auch wirklich nicht darauf an, ob man jetzt eng am Original bleibt.

Tobias: Genau. Eine Band ist immer so etwas wie ein kleines Wunder, wenn sie funktioniert. Das meint beispielsweise auch der Pofter. Damit man die Sachen gut rüberbringen und gut miteinander musizieren kann, muss einfach die Chemie stimmen. Und das klappt bei uns. Natürlich haben wir, jeder für sich, einen unterschiedlichen Lebenswandel und wir sind auch nicht ständig zusammen. Das ist nicht so wie bei Schülerbands, von denen man glaubt, dass alle immer dick miteinander befreundet sein müssen, aber wir verstehen uns halt auf dieser musikalischen Ebene sehr gut. Das ist unser Projekt, an dem wir gemeinsam ziehen, womit wir eine Menge Spaß haben. Es ist sozusagen unser gemeinsamer Nenner. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch mal Differenzen austragen, was übrigens normal ist, wenn man zusammen Musik macht, aber ich glaube, in der Musik findet man sich einfach.

Stephan: Aber ihr lebt schon in räumlicher Nähe?

Tobias: Ja, wir kommen alle aus Wiesbaden und Umgebung. Freddie und Markus wohnen in einem Vorort von Wiesbaden.

Stephan: Sonst würde das wahrscheinlich auch gar nicht klappen.

Tobias: Ich glaube, es wäre ein bisschen schwieriger, weil man nicht regelmäßig proben könnte. Aber die Proben finden mittlerweile eh mehr sporadisch statt. Dadurch, dass wir das Programm mittlerweile über Jahre drauf haben, machen wir eigentlich erst dann was, wenn es darum geht, etwas Neues einzuüben oder wenn wir uns wieder einspielen müssen. Aber wir können auch mal auf eine Probe verzichten, das ist nicht das Problem.

Stephan: Wie oft probt ihr? Erst wenn was Neues ansteht oder auch kurz vor den Auftritten?

Tobias: Wir haben schon einen festen Termin in der Woche. Aber gerade nach Konzerten, wenn nichts weiter ansteht, lassen wir uns etwas Zeit bis zum nächsten Treffen, damit wir zur Ruhe kommen können. Ein Konzert von 3 Stunden und das ganze Drumherum ist harte Arbeit und schlaucht körperlich ganz ordentlich. Nach einiger Zeit trifft man sich dann wieder und bespricht zum Beispiel, dass man dies oder jenes Stück noch mal angehen sollte, weil sich mit der Zeit doch immer eine gewisse Routine einschleicht und man auch Fehler wieder ausbügeln muss. Oder man muss darüber nachdenken, wie ein Stück beim letzten Konzert war und ob wir es nicht mal anders gespielt haben. Es gibt immer etwas zu tun, insofern sind die Proben natürlich sinnvoll. Wenn der Bedarf da ist, dann treffen wir uns auch.

Stephan: Euer Manager, der Franz-Peter hatte mir - ich glaube es war beim letzten Konzert - mal gesagt, dass ihr so gut 60 Pink Floyd-Stücke drauf habt. Ist das richtig?

Tobias: (lacht) Ich weiß gar nicht, ob es so viele Stücke von Floyd gibt. Aber wenn der Frape das sagt, dann wird es wohl stimmen.

Stephan: Aber ihr habt so Pi mal Daumen schon ’ne ganze Menge an Stücken auf Lager.

Tobias: Ja. Man kann schon sagen, dass wir die Klassiker von der „The Pipers At The Gates Of Dawn“ bis zur „The Wall“ drauf haben. Klar, man kann auch noch andere Sachen machen, aber es stellt sich auch die Frage, ob die Stücke tatsächlich konzerttauglich sind, oder ob das Publikum sie überhaupt kennt. Es gab auch immer mal eine Nummer, die wir geprobt und live gespielt haben, und dann haben wir festgestellt, dass sie entweder nicht in das Gesamtprogramm passte oder wir mit ihr nicht klar kamen. Das kommt auch schon mal vor.

Stephan: Ich kann mich zwar an euer letztjähriges Konzert nicht mehr im Einzelnen erinnern, aber ich fand diese Zweiteilung des Sets sehr gut, bei der ihr im ersten Teil erst diese psychedelischen Songs aus der Frühzeit und im zweiten Teil dann das neuere Material gespielt habt. Für mich, der ich zwar Pink Floyd sehr liebe, aber nicht nur ihre Musik konsumiere, war es toll, auch mal wieder Stücke zu hören, die ich ewig nicht mehr aufgelegt habe oder die ich eigentlich schon nicht mehr kannte. Das war für mich wieder eine Neuentdeckung.

Tobias: Ja, das ist schön. Das Spielen der Stücke in chronologischer Reihenfolge hat schon was an sich. Ab der „Dark Side Of The Moon“ ist natürlich alles viel bekannter. Insofern ist es auch ganz gut, zuerst etwas zu präsentieren, was vielleicht nicht ganz so im Bewusstsein der Leute ist, um dann noch mal die Knaller zu bringen, von denen das Publikum weiß, „Ah, das kenne ich“, und es sich zu Hause fühlt. Dieses Konzept ist bisher immer ganz gut aufgegangen. Das heißt aber nicht, dass wir zwischen die neueren Stücken auch mal eine ältere Nummer einschieben. Das kann ganz unterschiedlich ausfallen. Wir variieren auch immer wieder das Programm und schauen, wie es in der Gesamtatmosphäre wirkt, ob es gerockt oder zusammengepasst hat. Es gab auch schon Zusammenstellungen, wo wir gesagt haben, „Da passiert jetzt zu oft das gleiche oder da fehlt irgendwie der Zug“. Man probiert einfach aus. Das ist die Freiheit, die man bei Konzerten hat, es heute so und morgen so zu machen. Die Auftritte können dann ganz unterschiedlich sein.

Stephan: Ihr habt aber schon eine feste Setlist. Also wenn ihr einige Auftritte im Jahr habt, dann steht das Programm schon vorher fest.

Tobias: Ja, das machen wir schon in der Probe klar. Wir überlegen uns dann, wie das Programm aussieht, so dass sich jeder darauf vorbereiten kann. Und wir gehen dann auch noch mal durch, wer wann was machen muss, weil z.B. die Tape Effects immer an der richtigen Stelle gestartet werden müssen. Aber auch die beiden Gitarristen müssen ihre Effekte organisieren und ich als Keyboarder muss zusehen, dass der richtige Sound erklingt.

Stephan: Gibt es eigentlich während der Konzerte auch Möglichkeiten zur Improvisation oder ist alles vorher eingeübt?

Tobias: Ja, auf jeden Fall.

Stephan: Ihr lasst euch da auch genügend Freiraum?

Tobias: Ja, das hängt aber immer von der Nummer ab. Es gibt natürlich, gerade was die Gitarre angeht, Soli, die so charakteristisch sind, dass man sie schon so spielt wie David Gilmour. Wenn man das Solo dann aber verlängert, dann fließen da eigene Improvisationen mit ein. Und vor allem diese freieren Stücke wie „A Saucerful Of Secrets“ oder „Careful With The Axe Eugene“, die leben von der Improvisation und die fallen jedes Mal etwas anders aus. Frape kommt nach einem Konzert auch oft an und sagt „Ja, wow, das war heute eine besonders tolle Version“. Es ist ein bisschen von der Tagesform abhängig. Das sind so die Dinge, wo man der Sache freien Lauf lassen kann.

Stephan: Gerade in Soest fand ich „A Saucerful Of Secrets“ und „Echoes“ klasse, das waren für mich die Knaller. Die fand ich unwahrscheinlich toll gespielt. Da war eine Menge Drive drin und ich hatte das Gefühl, als wären sie erheblich länger gewesen.

Tobias: Man muss bei Pink Floyd auch immer daran denken, dass die Studioversionen ja nicht unbedingt das wiedergeben, was die auch damals live gemacht haben. Also bei denen konnten die Stücke, egal welche, eigentlich bis zu einer dreiviertel Stunde lang sein. Lange Instrumentalpassagen, die ja auch typisch für Pink Floyd wurden, die haben sich bei der Gruppe mit der Zeit so entwickelt.

Stephan: Habt ihr die denn damals auch live gesehen?

Tobias: Nein, das war vor meiner Zeit. Ich habe sie erst 1988 und 1994 gesehen, allerdings ohne Roger Waters. Ich beschäftige mich aber mit Pink Floyd auch aus beruflichem Interesse und habe mittlerweile eine Menge Literatur über sie gelesen. Pink Floyd haben ursprünglich auch als Coverband angefangen, sie haben Rhythm ’n Blues Nummern gespielt. Barrett hat damals die ersten selbst komponierten Nummern mit in die Band eingebracht und gespielt. Weil sie noch so wenig Material hatten, haben Pink Floyd angefangen, ihre Instrumentalpassagen aufzublasen um einfach länger spielen zu können. In der Zeit haben die Veranstalter ja erwartet, dass eine Band so und so lange spielt. Das war bei den Beatles ähnlich. Die haben z. B. damals im Hamburger Starclub sechs bis acht Stunden spielen müssen. Bei den Floyds war es so, dass die Underground-Szene, die auf die Band abgefahren ist, sie ermutigte, die freien Improvisationen auszubauen und so haben sie auch ihren Stil gefunden und entwickelt. Auf den späteren Platten sind ihre Stücke wesentlich weiter auskomponiert. Von den Nummern aus den Anfangstagen gibt es einige interessante Versionen, die man auf diversen DVDs findet, und die sich schon sehr von dem Material ihrer Studioplatten unterscheiden.

Stephan: Ihr habt letzten Freitag wieder in einem recht kleinen Club gespielt, wo es nicht möglich ist eine visuelle Show zu präsentieren. Ihr habt aber trotzdem mit einigen psychedelischen Elementen gearbeitet. Ist das so die übliche Show, die ihr bringt oder wie sehen die Konzerte sonst aus? Habt ihr noch mehr Showelemente drin?

Tobias: Also das hängt von der Größe der Location und den gegebenen Möglichkeiten ab. Manchmal ist es so, dass in den Clubs Lichtmaterial hängt, das wir  nutzen können. Der Frape nimmt auch immer seine Projektoren mit. Mit denen kann man zusätzlich einige schöne Effekte machen. Und dann hängt es natürlich auch vom Veranstalter ab, der muss erstmal durchrechnen, was die Show kostet. Wir bieten auch durchaus die Technik mit an. Wir können eine ganze PA und auch eine Menge an Lichttechnik mitbringen. Das muss sich aber für den Veranstalter rechnen. Das heißt, er muss eine gewisse Raumgröße haben und entsprechend viele Karten verkaufen können, damit sich das trägt. In den kleinen Clubs ist es mehr diese intime Atmosphäre zwischen Band und Publikum, auf die es ankommt. Wir versuchen natürlich, mit den örtlichen Gegebenheiten klar zu kommen und zu machen, was geht. Aber wie gesagt, es geht nicht immer alles.

Stephan: Aber sonst könnte das auch wesentlich größer aussehen?

Tobias: Ja, das kann auch schon größer aussehen. Aber nicht in den bombastischen Ausmaßen wie bei Pink Floyd selbst, das ist auch nicht unser Ding, aber schon so ein bisschen mit mehr Licht und mehr Atmosphäre. Es ist ja doch Floyd-typisch, dass die Musiker hinter der Musik zurückgetreten sind und dadurch mehr die Gesamtatmosphäre aus Musik und Licht im Mittelpunkt steht.

Stephan: Da bringst du mich gerade auf einen anderen Punkt. Es gibt ja mittlerweile eine ganze Reihe von Pink Floyd-Coverbands. Wenn man da mal an die ganz großen denkt, wie zum Beispiel die Australien Pink Floyd Show, die mit einem riesigen Aufwand unterwegs sind. Ich hab auch dieses Jahr Echoes auf der Loreley gesehen, die machen natürlich auch eine riesige Show. Dann gibt es ja auch noch die deutsche Band Us And Them. Was unterscheidet euch deiner Meinung nach von den anderen?

Tobias: Us And Them kenne ich nicht, von denen habe ich nur gehört, dass es sie gibt. Echoes hab ich einmal gesehen. Es ist immer ein bisschen schwierig, etwas über die Konkurrenz zu sagen. Ich denke, die machen einfach auch ihr Ding. Letztendlich entscheidet das Publikum, wer ihm besser gefällt. Wir waren alle zusammen bei der Australien Pink Floyd Show, die auch sehr bombastisch auffährt. Und wir waren uns alle einig, dass die auf einem sehr hohen Niveau gescheitert sind. Die ganze Wärme der Musik, die Pink Floyd immer rübergebracht haben, fehlte da. Es war zu sehr auf das Showelement eingestellt und das verkauft sich natürlich auch gut. Aber ich glaube, uns hebt das besondere Feeling, das wir für die Musik Pink Floyds haben, von anderen Cover-Bands ab.

Stephan: Ich finde auch, dass man mit Show ziemlich viel machen kann, aber mir ist es auch viel lieber jemanden zu sehen, bei dem eigene Persönlichkeit mit einfließt, als wenn versucht wird zu sehr die Optik in den Vordergrund zu stellen und zu sehr am Original dran bleibt.

Tobias: Obwohl es auch immer unser Ziel war, an das Original ran zu kommen. Mit der Zeit hat sich aber auch herauskristallisiert, dass die Band eine Eigendynamik aufweist. Ich sag auch immer, wenn ich gefragt werde: „Wir sind nicht Pink Floyd, wir sind Interstellar Overdrive.“ Das sagt schon, dass wir eine persönliche Note mit drin haben. Ich glaube, wir sind rockiger als Floyd, wir haben in einer gewissen Weise unseren eigenen Stil, ohne den Sound von Pink Floyd völlig außen vor zu lassen.

Stephan: Euer Bandname ist ja an einem Floyd-Stück aus der Frühzeit angelehnt. Habt ihr ihn bewusst aus dieser Zeit gewählt?

Tobias: Ja, wie haben wir den Namen gewählt? Es lag immer auf der Hand, dass wir uns nach einem Floyd-Stück benennen würden. Ich glaube das ergibt sich einfach so bei einer PF-Coverband. Wir wussten, dass es bereits eine Gruppe gab, die Echoes heißt, daher wäre das für uns nichts gewesen. Nach einigen Überlegungen habe ich gedacht, dass Interstellar Overdrive nicht verkehrt wäre, weil es eine zentrale Nummer des ersten Albums ist. Der Name weist so auch darauf hin, dass wir bis auf die erste Platte, also die Ursprünge, zurückgehen. Die „Piper“ war für den ganzen Werdegang der Floyds sehr maßgebend, weil alle Elemente, die man von Pink Floyd kennt, hier bereits zusammen kommen. Man schaut auch ein bisschen nach dem Klang des Songtitels, dann schaut man, welche Nummer passt besonders gut und schließlich hat sich Interstellar Overdrive ergeben. Und Ende der 60er war der Name Pink Floyd ja auch immer mit diesem Space-Image behaftet, obwohl sie das abgelehnt haben, aber es passte in die Zeit. Und da, wo wir angefangen haben, nämlich bei den alten Sachen, da bot sich das einfach an. Roger Waters würde sich wahrscheinlich ärgern, dass wir das verpönte Space Image wieder aufgegriffen haben.

Stephan: Wie oft seid ihr im Jahr unterwegs? Ihr geht doch alle einem Hauptberuf nach, wie kann man das unter einen Hut bekommen? Gibt es dann so zwei bis drei Wochen im Jahr, wo es dann etwas extremer für euch wird?

Tobias: In diesem Jahr war das schon eine Ausnahme, denn wir haben 18 Monate lang pausiert. Das lag vor allem daran, dass der Freddie mit Blind Guardian unterwegs war. Für uns war es aber auch nicht verkehrt, wenn man acht Jahre ständig auf der Bühne steht, einfach mal eine Pause zu machen, damit man mal wieder durchatmen kann. Dann setzen sich auch die Stücke noch einmal und man kommt auch aus der Routine ein bisschen raus, deswegen sehe ich das ganz positiv. Da wir jetzt unser zehnjähriges hatten, wollten wir, weil Freddie in diesem Jahr auch wieder Zeit hatte, die Möglichkeiten einfach noch nutzen. In der Regel spielen wir so um die 15 Konzerte im Jahr. Und das dann über das ganze Jahr verteilt. Es hat sich jetzt am Jahresende einfach geballt, weil vorher die Möglichkeit dafür nicht da war.

Stephan: Ich komme noch mal auf die Coverband Echoes zurück. Ich hab gelesen, dass die ein Album mit ihren Versionen der großen Briten aufgenommen haben. Ich hatte den Franz Peter schon gefragt, wie das bei euch aussieht und er hat mir geantwortet, dass es wohl keine Veröffentlichung geben wird. Wie steht ihr dazu? Ich denke so eine Liveveröffentlichung mit wesentlich ausgedehnteren Stücken wäre doch ganz gut. Wäre das eine Überlegung für euch oder kommt das gar nicht in Frage?

Tobias: Ich weiß jetzt nicht, was die anderen dazu sagen würden. Ich persönlich sehe da zunächst das Problem, dass ich eine Musik verkaufen soll, die nicht meine eigene ist. Und man kann die Originale ja alle auf CD erhalten. Ich frage mich, ob wirklich Interesse an einer Cover-CD besteht. Wir haben da auch schon mal drüber diskutiert und festgestellt, dass das Konzerterlebnis das Entscheidende ist. Mal abgesehen davon hängt natürlich ein riesiger rechtlicher Apparat dahinter. Wenn wir das produzieren wollen, müssen wir eine Menge an die GEMA zahlen. Ich tue mich damit einfach schwer.

Stephan: Dann erübrigt sich eigentlich auch die nächste Frage nach einer DVD-Veröffentlichung eines eurer Konzerte.

Tobias: Das ist im Prinzip das gleiche. Wir filmen nur für interne Zwecke. Es gab auch schon mal einen besseren Mitschnitt, aber in der Regel hat man immer nur die  Frontalansicht in der Totalen und das macht sich im Medium Fernsehen nicht gut. Beim Konzert ist das anders, da hat man einfach den Raum und einen weiteren Blick und das wirkt auf DVD nicht. Und da wir nicht die großen Hampelmänner sind, sondern eher unbeweglich auf der Bühne stehen, fällt auch dieses Showelement weg.

Stephan: Auf der anderen Seite gibt es ja auch eine Menge an unplugged-Konzerten, die es als DVD-Mitschnitt gibt. Und das hat ja auch seine Berechtigung und steht völlig im Kontrast zu diesen Bombast-Konzerten, die man z. B. von Floyd kennt.

Tobias: Ja, das ist natürlich richtig. Es widerstrebt mir aber doch, etwas auf Platte oder DVD zu bringen, was nicht von uns ist. Ich sehe da keinen Sinn drin. Es gibt auch ein paar Leute, die sicher zu Sammlern von Live-Aufnahmen unserer Konzerte werden würden, aber da hab ich eine gewisse Distanz dazu. Wer uns hören will, der kommt zum Konzert. Und er wird nicht enttäuscht!

Stephan: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch.

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