Deine
letzten aufeinander aufbauenden Alben „Prayer From The Deep“ und
„No Time Was Lost“ sind von christlichen Themen bestimmt. Das kommt
aber nicht von ungefähr, denn wenn man sich deine bisherigen Alben
anschaut, dann hatten sie fast immer einen Bezug zum Glauben. Bist du ein
sehr gläubiger Mensch?
Ja, ich glaube an Jesus Christus und sein Evangelium. Und wenn man sich zu
ihm bekennt, muss das auch nach außen für andere Menschen sichtbar sein.
Darum möchte ich meine Musik auch dazu nutzen, das Interesse am Wort
Gottes zu wecken. Und das liest man in der Bibel.
Viele
andere Elektronikmusiker haben oftmals Weltraumthemen, was ja oft auch zu
dem Instrumentarium passt. Was bewegt dich gerade diese christlichen
Themen für deine Musik und ihre Titel auszuwählen?
Meine
Themen handeln immer von Dingen auf der Erde, dem Leben und Erleben. Der
Weltraum bietet sicher ein breites Spektrum für fantasievolle Musik, aber
emotional finde ich hier persönlich meine Themen. Nicht alle meine Alben
haben bzw. hatten christliche Themen. Da ich mich in den letzten Jahren
immer intensiver mit dem Studium der Bibel beschäftige, ergaben sich
thematisch jede Menge Ideen. Und
so entstanden die Alben „Prayer From The Deep“ und „No Time Was Lost“. Die
kommende CD wird thematisch vom Leben und Wirken Jesus im Neuen Testament
handeln.
Deine
ersten Produktionen waren in der traditionellen elektronischen Musik
verortet. Seit den letzten Alben sind auch Elemente in deine Musik
eingeflossen, die sehr rockig, teilweise nach Postrock klingen. Wie kam es
zu dieser Entwicklung?
Ich
habe die Möglichkeit und das Glück, meine Musik über ein Plattenlabel
zu veröffentlichen, das den Künstler in seiner Kreativität unterstützt.
In jedem meiner Alben setze ich neue Ideen um, die sich ganz bewusst
klanglich, stilistisch und kompositorisch von dem Vorgängeralbum
unterscheiden. Keine CD ist wie die Andere. Doch eine Sache muss immer
sein – Sie muss die Zuhörer emotional abholen. Der Postrock bietet hier
eine breite Palette von Möglichkeiten, meinen persönlichen Stil, den ich
in der traditionellen elektronischen Musik schon hatte, weiter auszubauen.
Es sind aber auch andere Elemente, wie z.B. aus dem Progressiv- oder
Artrock, die ich gerne in meinen Kompositionen verwende. Wie gerade schon
erwähnt, arbeite ich schon an der nächsten CD. Die wird dann wieder
etwas anders sein, da ich die Synthesizer noch betonter in den heftigeren
Parts einsetzen möchte.
Du
hast deine ersten Alben bei Manikin Records und beim britischen Label Neu
Harmony herausgebracht. Seit 2013 erscheinen deine Alben bei MellowJet
Records. Wie ist der Kontakt zustande gekommen und wie wohl fühlst du
dich bei Bernd Scholl’s Label?
Als
ich 2013 meine Musik für die „Out Of Eden“ produziert hatte,
verschickte ich sie an verschiedene Label. Ich wollte eine Neuorientierung
in Bezug auf Musik und Label. Es vergingen kaum 2 Wochen, da meldete sich
Bernd Scholl, und sagte, dass er gerne dieses Album mit mir veröffentlichen
möchte. Wir verabredeten uns zu einem Treffen in einem großen Musikhaus
in Köln, um uns auch persönlich kennen zu lernen. Schnell merkten wir,
dass die Chemie zwischen und stimmte. Und so fühle ich mich bei MellowJet
Records sehr wohl. Denn, wie gerade schon erwähnt, erhalte ich als Künstler
viel Unterstützung. Danke hierfür an Bernd Scholl.
„Faces
Of The Night“ aus 2004 war dein letztes Album bei Neu Harmony. Warum hat
es neun Jahre gedauert bis zum Nachfolger „Out Of Eden“, dem ersten
bei MellowJet Records? Hattest du dir eine musikalische Pause genommen?
Ja,
das war es . Aber mir war nicht bewusst, wie lange ich nichts mehr veröffentlicht
hatte. Die Pause hat meiner Musik gut getan. Wie gesagt, ich wollte eine
Neuorientierung. Mit der „Out Of Eden“ hatte ich mir eine neue Basis
geschaffen, auf der sich die nachfolgenden Alben sehr gut weiter
entwickeln konnten. Weg von der traditionellen elektronischen Musik. In
der „Out Of Eden“ hatte ich mit vielen Klängen mittelalterlicher
Instrumente gearbeitet.
Du
hast Sounds mittelalterlicher Instrumente benutzt.
Kannst du das noch etwas erläutern?
Es
sind bzw. waren virtuelle Software-Instrumente. So, wie ich meine ganzen
klassischen orchestralen Instrumente über einen Sampleplayer einspiele,
habe ich hier z.B. CelticHarp, Fiddle, Zitter, Scottish Highland Bagpipes
usw. verwendet.
Hast
du Resonanz auf deine stilistische Weiterentwicklung bekommen? Wie
reagieren die Hörer der elektronischen Musik darauf?
In
den sog. Sozialen Medien erlebe ich ein recht zustimmendes Echo. Sicher
werden sich bei stilistischen Weiterentwicklungen auch mal Hörer
abwenden. Gleichzeitig kommen dadurch auch wieder neue Hörer hinzu. Musik
ist nun mal Gefühlssache, sie muss einen abholen. Wenn sie mich
anspricht, kaufe und höre ich sie auch. Ich sehe auch, dass meine
kontinuierliche Weiterentwicklung in allen CD Besprechungen und
Rezensionen positiv erwähnt wird.
Die
Cover deiner Alben sind immer von außergewöhnlicher Qualität und sehr
ästhetisch. Woher bekommst du diese tollen Grafiken?
Vielen
Dank für Dein Lob. Ja, das Cover ist für mich ein wichtiger Bestandteil
einer CD. Viele Motive, so wie auch die letzten Beiden hat mir Marcus
Hildebrandt erstellt. Er hat sie nach meinen Vorstellungen entworfen. Wir
kennen uns seit den 1990er Jahren, wo er unter dem Namen Driftin' Thoughts
EM veröffentlicht hat. Die Gestaltung bzw. das endgültige Artwork der
Cover bespreche ich mit Bernd Scholl, welches dann von MellowJet fertig
gestellt wird. Auch hier gilt ihm mein Dank für seine Akzeptanz meiner
gestalterischen Freiheit.
Du
hattest mir gesagt, dass du zu viele Stücke für das Album, „Prayer
From The Deep“ hattest und Bernd Scholl vorschlug statt einem
Doppelalbum den Nachfolger „No Time Was Lost“ mit zusätzlich neu
komponierten Tracks später herauszubringen. Die beiden Alben wirken in
sich stimmig und kompakt. War es schwierig die Stücke für „Prayer
From The Deep“ auszuwählen und wie bist du dann an die Komposition der
weiteren Stücke für „No Time Was Lost“ herangegangen?
Das
Album sollte ja die komplette Geschichte vom Propheten Jona musikalisch
umsetzen. Als die maximale Spielzeit einer CD schon weit überschritten
war, hätte ich Musiktitel kürzen oder rausnehmen müssen. Doch das
wollte ich schon mal gar nicht. Im Gespräch mit Bernd Scholl ergab sich
dann der Plan, die Geschichte auf zwei CD´s mit zeitlichem Abstand zu veröffentlichen.
Das hatte für mich den besonderen Charme, dass der Charakter der „No
Time Was Lost“ trotz derselben Geschichte sich von der „Prayer From
The Deep“ unterscheiden konnte. Schwierig war es nicht. Im Gegenteil,
ich hatte mehr Raum bzw. Spielzeit, für die einzelnen Kapitel. So konnte
ich die Zeit auch für die ruhigeren Passagen ausnutzen, was den beiden
Alben in der Tat einen stimmigen Gesamteindruck geben konnte.
1995
entstand auf Initiative von Bernd Braun (Arcanum) und Rolf Herzog die
Konzertreihe „Klang-Raum-Wort“. Du gehörtest seit 1998 zum festen
LineUp. Zum zehnjährigen Jubiläum im Jahr 2004 erschien dann das Album
von Arcanum & Friends „Klang-Raum-Wort X“. Erzähl doch bitte
etwas über die Konzerte und das Konzept.
Bernd
Braun lernte ich auf einer Veranstaltung des damaligen Schwingungen Clubs
kennen. Er war auch bei Manikin Records von Mario Schönwälder unter
Vertrag. Ich besuchte Bernd in Köln und nahm einige Synties von mir zu
einer lockeren Session mit. Wir Improvisierten und verstanden uns wortlos.
Er sprach mich eine kurze Zeit später auf sein Projekt
„Klang-Raum-Wort“ an, ob ich Interesse hätte dabei mitzumachen. Es
fand immer während der Adventzeit in einer Kirche in Köln- Frechen
statt. Wir spielten Elektronische Musik in Kombination mit gesprochenen
Bibelstellen, welche sich thematisch von der Genesis im ersten Buch Mose
bis zur Offenbarung erstreckte. Dies allein gab den Konzerten schon einen
besonderen Charakter. Zusätzlich beleuchteten wir den ganzen Kirchenraum
mit Teelichter-Kerzen, was eine phantastische Atmosphäre erzeugte.
Du
bist ja auch schon live aufgetreten. 2003 habe ich dich zusammen mit Bernd
Braun und Bas Broekhuis beim EMIL-Festival in Langenfeld gesehen. In den
letzten Jahren hab ich aber keine Liveaktivitäten von dir wahrgenommen.
Wie sahen deine Liveaktivitäten bisher aus?
Außer
bei "EMIL" Elektronische Musik in Langenfeld am 15.03.2003
spielte ich live nur noch beim "10 Jahre Manikin - 36 Stunden
Festival in Bad Sulza" vom 05. - 07.03.2002. Als ich dann 2013 bei
MellowJet meine neue Musik herausbrachte, fragte mich Bernd Scholl, ob ich
mir vorstellen könnte, ein Konzert im Planetarium im LWL-Museum für
Naturkunde in Münster zu geben. Dem konnte ich natürlich nicht
widerstehen. Ich hatte schon die meisten Stücke für die „Genius“
eingespielt, und konnte so mit Bernd „Moonbooter“ Scholl zusammen das
Konzert „Elektronische Zeitreise“ im Planetarium Münster am
22.11.2014 geben. Danach trat ich im Rahmen der Konzerte "Cosmic
Night" am 10.09.2016 und "Electronic Music" am 24.11.2018
im Planetarium Münster auf.
Bist
du mehr ein Tüftler an den Instrumenten oder kannst du dir in Zukunft
auch wieder Liveauftritte vorstellen?
Wenn
ich in meiner knappen freien Zeit, in meinem Studio komponiere, an Sounds
tüftle kann ich wunderbar meine Gedanken und Emotionen in Musik umsetzen.
Das ist der kreative Prozess, der mir nun einmal sehr viel Spaß macht. Da
ich Musik und Beruf unter einen Hut bekommen muss, habe ich auch schweren
Herzens Angebote zu Liveauftritten ablehnen müssen. Grundsätzlich möchte
ich in Zukunft gerne wieder auf der Bühne stehen.
Stephan
Schelle, Juni
2021