Interview mit Oliver Rebhan von Martigan
Per Email am 09. und 10.08.2011 geführt

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Stephan: Ihr habt jetzt zum ersten Mal auf der Loreley gespielt. Wie war es für euch vor einem solchen Publikum und solcher Atmosphäre zu spielen?

Oliver: Ja – das war das erste Mal. Seit über 3 Jahren habe ich versucht Martigan dort „unterzubringen“, da unsere Musik es hergibt auf großen Bühnen gespielt zu werden. Es war ein tolles Gefühl, da der Ort z.B. für mich eine ganz große Bedeutung hat. Wie oft habe ich dort Live-Konzerte (via WDR Rockpalast) im Fernsehen gesehen und wie oft wollte ich auch einmal vor Ort sein… hat nie geklappt. War dementsprechend toll dort zu sein und auch noch selber dort aufzuspielen.

Stephan: War es das erste Mal für euch vor so einem großen Publikum aufzutreten, auch wenn ihr die Position des Openers für das Festival hattet?

Oliver: Martigan hat schon vor großem Publikum und OpenAir gespielt. Bei NotP hätten es aber auch mehr Leute bei unserem Gig sein können. Als Opener hatten wir das Pech genau in der Zeit zu spielen, in der der Einlaß zum Festival noch nicht abgeschlossen war. Die größten Konzerte von Martigan waren seinerzeit die Auftritte vor SAGA in Köln, auf der R(h)einkultur in Bonn. Aber der für uns schönste war bisher auf der Loreley.

Stephan: Für den Auftritt, ihr hattet ja nur eine Stunde zur Verfügung und ihr musstet die Stücke umarrangieren. Wie schwer war dies?

Oliver: Natürlich nicht - Martigans Stücke haben ja alle „Single-Länge“.
Scherz beiseite – es war schwierig. Wir wollten einen guten Querschnitt unseres Schaffens zeigen und mussten hier und da Kompromisse bei der Stückewahl eingehen. Letztlich haben wir aber nur ein Stück beschnitten: „Vision“. Das haben wir in der ursprünglich komponierten (und kürzeren) Version gespielt.

Stephan: Hattet ihr das Gefühl, das Stück zu beschneiden?

Oliver: Nein – und das wollten wir auch nicht.

Stephan: Wie zufrieden wart ihr mit dem Sound? Ich persönlich fand ihn zu diesem Zeitpunkt schon reichlich fett.

    
Alex Bisch und Oliver Rebhan

Oliver: Wir hatten vorsorglich einen „Soundberater“ mitgenommen (mein Dank an Georg an dieser Stelle). Seine Aufgabe war es dem Mann am Pult hier und da Hinweise zu geben, wenn der Sound für die Stücke von Martigan nicht optimal gewesen wäre. Er hat mir nach dem Konzert bestätigt, dass der Sound echt fett gewesen war und das er kaum „eingreifen“ musste – der Mann am Pult hat einen super Job gemacht. Nicht zuletzt möchte ich aber einen Teil der Blumen auch an Martigan reichen, da wir immer (und auch im Proberaum) extremen Wert auf guten Sound legen. Das erreichen wir dadurch, das jeder Musiker sein LineUp in sich stimmig entwickelt und theoretisch der Mann am Pult uns einmal einstellt und dann die Einstellung lassen kann – er hat von uns keine „Peaks“ zu erwarten, bei dem zum Beispiel ein Keyboardsolosound auf einmal extrem laut oder eine verzerrte Gitarre überraschend den Gesang übertönt. Unser Schlagzeuger kann natürlich seine Sounds nicht in Geräten programmieren und zeichnet sich hier durch eine disziplinierte dynamische Spielweise aus, auf die sich der Mann am Mischpult ebenfalls verlassen kann.

Stephan: Wie war die Resonanz des Publikums auf euren Auftritt? Habt ihr neue Fans hinzugewonnen?

Oliver: Wahnsinn. Nach dem Konzertende wollten wir natürlich alles schnell abbauen um den Folgebands nicht im Weg zu stehen. Kaum hatten wir das erledigt, wurden wir schon an die Bühnenseite „zitiert“ um Autogramme zu geben und gemeinsame Fotos zu machen. Das hatte ich zuletzt mit meiner Band One Tribe auf einem Festival auf Aruba. Ich denke ich spreche für die ganze Band, das uns solche Momente echt gut tun – wenn wir auch damit schwer umgehen können, da es uns auch ein wenig peinlich ist. Wir sind halt keine Rockstars – und werden es auch nie werden. Dennoch – toll fanden wir es trotzdem, da es vor allem für uns ein Tribut an unsere Musik und unsere Arbeit ist. An unserem guten Aussehen wird es jedenfalls nicht gelegen haben ;-). Auf jeden Fall haben wir aber neue Fans dazu gewonnen – das merke ich an der aktuell ansteigenden Nachfrage nach unseren Alben.

Stephan: Oliver Baumann hat bei dem Auftritt einen doppelten bundlosen Bass gespielt. Ich hab vorher noch nie solch ein Instrument gesehen. Ist das eine Sonderanfertigung?

Oliver: Nein – das ist ein so genannter NS/Stick mit 8 Saiten. Das ist im Prinzip ein Mix aus Bass und Gitarre. Der eignet sich für alle Spieltechniken wie Zupfen, Tapping, Slapping und wurde von Emmett Chapman gemeinsam mit Ned Steinberger entwickelt. Grundlage hierfür war der Chapman-Stick und wurde in der ProgSzene z.B. durch Tony Levin bei Peter Gabriel bekannt. Der sog. „Stick“ ist ein Saiteninstrument, das lediglich aus einem großen Griffbrett mit 8 bis 12 Saiten und ein bis zwei Induktions-Tonabnehmern besteht. So ein Teil hat unser Oliver ebenfalls und das werden wir sicher häufiger auf unserem neuen Album zu hören bekommen. Mittlerweile hat Oliver auch einen Platz in der Künstlergalerie von Stick Enterprises (http://www.stick.com/artists/playersgallery/)

Stephan: Kann man sagen dass Kai ein Faible für Kopfbedeckungen hat? Was ist der Grund für diese Verkleidung (vor allem des ersten Exemplars)?

Oliver: Nun ja – er hat uns zugegeben mit diesem Hut überrascht. Zuletzt habe ich ihn damit bei einer Fotosession gesehen:


Bild aus der Fotosession

Letztlich stellt dieser Hut m. E. am besten die Kopfbedeckung des „Recken“ Martigan dar, der sich ja in einer Zeitreise durch unsere Texte bewegt. Ich fand’s cool, da wir bei Martigan ja nicht gerade für unsere Extrovertiertheit bekannt sind und aufgrund der Bewegungsarmut sogar teils mit „StandProg“ bezeichnet werden. ;-).

Stephan: Sehr ungewöhnlich ist, dass eine Band das komplette Konzert als Video ins Internet stellt. Was hat euch zu dieser Aktion bewogen? Habt ihr vielleicht vor wie vor einigen Jahren mal wieder eine DVD auf den Markt zu bringen - mit dem Loreley-Mitschnitt?

Oliver: Das Video wurde mit meiner DigiCam mit einem Stativ in der Totale aufgenommen. Wir hatten ursprünglich mehrere Kameras geplant und einen Direktmitschnitt aus dem Pult. Ziel war es in der Tat eine DVD zu machen. Leider hat das organisatorisch alles nicht geklappt und dann haben wir uns entschlossen wenigstens den Moment mit einer kleinen Videokamera festzuhalten. Der Sound über die eingebauten Mikros ist nicht dölle, aber für YouTube reicht es allemal. Es ist ein Dank an unsere Fans und vor allem an die Leute, die es nicht schaffen konnten pünktlich zum Konzertbeginn dabei zu sein.

Stephan: Einige von euch sind ja auch am zweiten Tag geblieben. Habt ihr euch auch Auftritte anderer Band angesehen z. B. Eloy oder Dream Theater?

Oliver: Ja – wir sind bis Samstagnacht geblieben und haben uns natürlich auch die anderen Bands angehört. Ich selbst fand für mich am Freitag Riverside echt fantastisch. Genau mein Ding. IQ hat mich am Samstag aufgrund des echt miserablen Sounds nicht überzeugt und Dream Theater habe ich mir aus dem Wohnmobil angehört – da war es von der Lautstärke erträglich. Gerne hätte ich Jordan Rudess bei der Arbeit zugeschaut – er spielt ja immerhin dasselbe Keyboard wie ich… aber es war einfach zuuuu laut.

Stephan: Gehören Bands, die an dem Wochenende auftraten auch zu euren Vorbildern oder welche habt ihr ansonsten?

Oliver: Das mit den Vorbildern ist so eine Sache und es wäre sicherlich schwer für mich diese für die Bandmitglieder zu identifizieren. Letztlich sind wir aber mittlerweile auch zu alt und in der musikalischen (Eigen-)entwicklung zu weit vorgedrungen, daß wir von klassischen Vorbildern reden können. Ich würde es eher Beeinflusser nennen – und da gibt es sicherlich unabsichtlich eine Menge, die wir so gar nicht wahrnehmen – aber deren Einflüsse in der Musik von Martigan an manchen Stellen hier und da durchkommen. In den letzten 17 Jahren haben diverse Autoren von Reviews wiederum diverse Schubladen und Einflüsse identifiziert, die uns in der Form gar nicht präsent waren.

     
Kai Marckwordt, Oliver Baumann und Björn Bisch

Stephan: Ist es für euch was Besonderes mit derartigen Bands auf einer Bühne zu stehen?

Oliver: Ehrlich gesagt – nein. Das besondere an solchen Festivals ist der mögliche Austausch mit den Kollegen (außer mit Dream Theater – die wurden ja extrem abgeschottet) und die Möglichkeit die Musik vor einem größeren Publikum auf einer größeren Bühne vorzutragen.

Stephan: Euer letztes Album "Vision" ist mittlerweile auch schon vor gut drei Jahren erschienen. Auf der Bühne habt ihr angedeutet, dass es ein neues Album geben wird. Wie sieht eure Planung aus und wie ist der derzeitige Stand?

Oliver: Wir haben uns jetzt in den Proberaum zurückgezogen und beginnen mit den Kompositionen. Es sind schon einige Fragmente vorhanden und der Plan ist, spätestens (!) zu unserem 20-jährigem Bestehen in 2014 das Album fertig zu haben. Wir sind halt wie IQ nicht gerade die Massenproduzenten von neuen Alben. Ich denke das hat a) mit unseren Qualitätsansprüchen zu tun und b) auch natürlich mit den anderen Aktivitäten der jeweiligen Musiker von Martigan - wie Beruf, Familie und andere Musikprojekte.

Stephan: Du sprichst gerade andere Musikprojekte an. Erzähl doch ein bisschen darüber. Was sind das für Gruppen oder Solosachen und in welche musikalische Richtung gehen sie?

Oliver: Das ist verschieden. Oliver Baumann hatte bis vor kurzem noch eine Who Coverband, der Alex hat Engagements bei verschieden Bands (wäre zu viel hier aufzuzählen), sowie eine eigene PopRock Kapelle namens „Shero“ und ich selber spiele noch mit einem alten Kumpel in einer Deutsch-Reggae Formation namens „Don Bonn und die Mafia“ und habe ganz neu eine 80er SynthPop Cover Truppe namens „Synpathics“. Zuletzt habe ich auch noch ein Musical komponiert... Du siehst, wir sind alle beschäftigt. ;-)

Stephan: Gibt es Veröffentlichungen der Projekte?

Oliver: Ja - ich kann hier die Links liefern:

http://www.myspace.de/sheroshome
http://www.don-bonn.de/
http://www.synpathics.de/

Ist aber alles in allem für die ProgRock Fans weniger interessant. ;)

 

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