Stephan: Ihr habt jetzt zum ersten Mal auf der Loreley gespielt. Wie
war es für euch vor einem solchen Publikum und solcher Atmosphäre zu
spielen?
Oliver: Ja – das war das erste Mal. Seit über 3 Jahren habe ich
versucht Martigan dort „unterzubringen“, da unsere Musik es hergibt auf
großen Bühnen gespielt zu werden. Es war ein tolles Gefühl, da der Ort
z.B. für mich eine ganz große Bedeutung hat. Wie oft habe ich dort
Live-Konzerte (via WDR Rockpalast) im Fernsehen gesehen und wie oft
wollte ich auch einmal vor Ort sein… hat nie geklappt. War
dementsprechend toll dort zu sein und auch noch selber dort
aufzuspielen.
Stephan: War es das erste Mal für euch vor so einem großen Publikum
aufzutreten, auch wenn ihr die Position des Openers für das Festival
hattet?
Oliver: Martigan hat schon vor großem Publikum und OpenAir gespielt.
Bei NotP hätten es aber auch mehr Leute bei unserem Gig sein können. Als
Opener hatten wir das Pech genau in der Zeit zu spielen, in der der
Einlaß zum Festival noch nicht abgeschlossen war. Die größten Konzerte
von Martigan waren seinerzeit die Auftritte vor SAGA in Köln, auf der
R(h)einkultur in Bonn. Aber der für uns schönste war bisher auf der
Loreley.
Stephan: Für den Auftritt, ihr hattet ja nur eine Stunde zur
Verfügung und ihr musstet die Stücke umarrangieren. Wie schwer war dies?
Oliver: Natürlich nicht - Martigans Stücke haben ja alle
„Single-Länge“.
Scherz beiseite – es war schwierig. Wir wollten einen guten Querschnitt
unseres Schaffens zeigen und mussten hier und da Kompromisse bei der
Stückewahl eingehen. Letztlich haben wir aber nur ein Stück beschnitten:
„Vision“. Das haben wir in der ursprünglich komponierten (und kürzeren)
Version gespielt.
Stephan: Hattet ihr das Gefühl, das Stück zu beschneiden?
Oliver: Nein – und das wollten wir auch nicht.
Stephan: Wie zufrieden wart ihr mit dem Sound? Ich persönlich fand
ihn zu diesem Zeitpunkt schon reichlich fett.
Alex Bisch und Oliver Rebhan
Oliver: Wir hatten vorsorglich einen „Soundberater“ mitgenommen
(mein Dank an Georg an dieser Stelle). Seine Aufgabe war es dem Mann am
Pult hier und da Hinweise zu geben, wenn der Sound für die Stücke von
Martigan nicht optimal gewesen wäre. Er hat mir nach dem Konzert
bestätigt, dass der Sound echt fett gewesen war und das er kaum
„eingreifen“ musste – der Mann am Pult hat einen super Job gemacht.
Nicht zuletzt möchte ich aber einen Teil der Blumen auch an Martigan
reichen, da wir immer (und auch im Proberaum) extremen Wert auf guten
Sound legen. Das erreichen wir dadurch, das jeder Musiker sein LineUp in
sich stimmig entwickelt und theoretisch der Mann am Pult uns einmal
einstellt und dann die Einstellung lassen kann – er hat von uns keine „Peaks“
zu erwarten, bei dem zum Beispiel ein Keyboardsolosound auf einmal
extrem laut oder eine verzerrte Gitarre überraschend den Gesang
übertönt. Unser Schlagzeuger kann natürlich seine Sounds nicht in
Geräten programmieren und zeichnet sich hier durch eine disziplinierte
dynamische Spielweise aus, auf die sich der Mann am Mischpult ebenfalls
verlassen kann.
Stephan: Wie war die Resonanz des Publikums auf euren Auftritt? Habt
ihr neue Fans hinzugewonnen?
Oliver: Wahnsinn. Nach dem Konzertende wollten wir natürlich alles
schnell abbauen um den Folgebands nicht im Weg zu stehen. Kaum hatten
wir das erledigt, wurden wir schon an die Bühnenseite „zitiert“ um
Autogramme zu geben und gemeinsame Fotos zu machen. Das hatte ich
zuletzt mit meiner Band One Tribe auf einem Festival auf Aruba. Ich
denke ich spreche für die ganze Band, das uns solche Momente echt gut
tun – wenn wir auch damit schwer umgehen können, da es uns auch ein
wenig peinlich ist. Wir sind halt keine Rockstars – und werden es auch
nie werden. Dennoch – toll fanden wir es trotzdem, da es vor allem für
uns ein Tribut an unsere Musik und unsere Arbeit ist. An unserem guten
Aussehen wird es jedenfalls nicht gelegen haben ;-). Auf jeden Fall
haben wir aber neue Fans dazu gewonnen – das merke ich an der aktuell
ansteigenden Nachfrage nach unseren Alben.
Stephan: Oliver Baumann hat bei dem Auftritt einen doppelten
bundlosen Bass gespielt. Ich hab vorher noch nie solch ein Instrument
gesehen. Ist das eine Sonderanfertigung?
Oliver: Nein – das ist ein so genannter NS/Stick mit 8 Saiten. Das
ist im Prinzip ein Mix aus Bass und Gitarre. Der eignet sich für alle
Spieltechniken wie Zupfen, Tapping, Slapping und wurde von Emmett
Chapman gemeinsam mit Ned Steinberger entwickelt. Grundlage hierfür war
der Chapman-Stick und wurde in der ProgSzene z.B. durch Tony Levin bei
Peter Gabriel bekannt. Der sog. „Stick“ ist ein Saiteninstrument, das
lediglich aus einem großen Griffbrett mit 8 bis 12 Saiten und ein bis
zwei Induktions-Tonabnehmern besteht. So ein Teil hat unser Oliver
ebenfalls und das werden wir sicher häufiger auf unserem neuen Album zu
hören bekommen. Mittlerweile hat Oliver auch einen Platz in der
Künstlergalerie von Stick Enterprises (http://www.stick.com/artists/playersgallery/)
Stephan: Kann man sagen dass Kai ein Faible für Kopfbedeckungen hat?
Was ist der Grund für diese Verkleidung (vor allem des ersten
Exemplars)?
Oliver: Nun ja – er hat uns zugegeben mit diesem Hut überrascht.
Zuletzt habe ich ihn damit bei einer Fotosession gesehen:
Bild aus der Fotosession
Letztlich stellt dieser Hut m. E. am besten die Kopfbedeckung des
„Recken“ Martigan dar, der sich ja in einer Zeitreise durch unsere Texte
bewegt. Ich fand’s cool, da wir bei Martigan ja nicht gerade für unsere
Extrovertiertheit bekannt sind und aufgrund der Bewegungsarmut sogar
teils mit „StandProg“ bezeichnet werden. ;-).
Stephan: Sehr ungewöhnlich ist, dass eine Band das komplette Konzert
als Video ins Internet stellt. Was hat euch zu dieser Aktion bewogen?
Habt ihr vielleicht vor wie vor einigen Jahren mal wieder eine DVD auf
den Markt zu bringen - mit dem Loreley-Mitschnitt?
Oliver: Das Video wurde mit meiner DigiCam mit einem Stativ in der
Totale aufgenommen. Wir hatten ursprünglich mehrere Kameras geplant und
einen Direktmitschnitt aus dem Pult. Ziel war es in der Tat eine DVD zu
machen. Leider hat das organisatorisch alles nicht geklappt und dann
haben wir uns entschlossen wenigstens den Moment mit einer kleinen
Videokamera festzuhalten. Der Sound über die eingebauten Mikros ist
nicht dölle, aber für YouTube reicht es allemal. Es ist ein Dank an
unsere Fans und vor allem an die Leute, die es nicht schaffen konnten
pünktlich zum Konzertbeginn dabei zu sein.
Stephan: Einige von euch sind ja auch am zweiten Tag geblieben. Habt
ihr euch auch Auftritte anderer Band angesehen z. B. Eloy oder Dream
Theater?
Oliver: Ja – wir sind bis Samstagnacht geblieben und haben uns
natürlich auch die anderen Bands angehört. Ich selbst fand für mich am
Freitag Riverside echt fantastisch. Genau mein Ding. IQ hat mich am
Samstag aufgrund des echt miserablen Sounds nicht überzeugt und Dream
Theater habe ich mir aus dem Wohnmobil angehört – da war es von der
Lautstärke erträglich. Gerne hätte ich Jordan Rudess bei der Arbeit
zugeschaut – er spielt ja immerhin dasselbe Keyboard wie ich… aber es
war einfach zuuuu laut.
Stephan: Gehören Bands, die an dem Wochenende auftraten auch zu
euren Vorbildern oder welche habt ihr ansonsten?
Oliver: Das mit den Vorbildern ist so eine Sache und es wäre
sicherlich schwer für mich diese für die Bandmitglieder zu
identifizieren. Letztlich sind wir aber mittlerweile auch zu alt und in
der musikalischen (Eigen-)entwicklung zu weit vorgedrungen, daß wir von
klassischen Vorbildern reden können. Ich würde es eher Beeinflusser
nennen – und da gibt es sicherlich unabsichtlich eine Menge, die wir so
gar nicht wahrnehmen – aber deren Einflüsse in der Musik von Martigan an
manchen Stellen hier und da durchkommen. In den letzten 17 Jahren haben
diverse Autoren von Reviews wiederum diverse Schubladen und Einflüsse
identifiziert, die uns in der Form gar nicht präsent waren.
Kai Marckwordt, Oliver Baumann und Björn
Bisch
Stephan: Ist es für euch was Besonderes mit derartigen Bands auf
einer Bühne zu stehen?
Oliver: Ehrlich gesagt – nein. Das besondere an solchen Festivals
ist der mögliche Austausch mit den Kollegen (außer mit Dream Theater –
die wurden ja extrem abgeschottet) und die Möglichkeit die Musik vor
einem größeren Publikum auf einer größeren Bühne vorzutragen.
Stephan: Euer letztes Album "Vision" ist mittlerweile auch schon vor
gut drei Jahren erschienen. Auf der Bühne habt ihr angedeutet, dass es
ein neues Album geben wird. Wie sieht eure Planung aus und wie ist der
derzeitige Stand?
Oliver: Wir haben uns jetzt in den Proberaum zurückgezogen und
beginnen mit den Kompositionen. Es sind schon einige Fragmente vorhanden
und der Plan ist, spätestens (!) zu unserem 20-jährigem Bestehen in 2014
das Album fertig zu haben. Wir sind halt wie IQ nicht gerade die
Massenproduzenten von neuen Alben. Ich denke das hat a) mit unseren
Qualitätsansprüchen zu tun und b) auch natürlich mit den anderen
Aktivitäten der jeweiligen Musiker von Martigan - wie Beruf, Familie und
andere Musikprojekte.
Stephan: Du sprichst gerade andere Musikprojekte an. Erzähl doch ein
bisschen darüber. Was sind das für Gruppen oder Solosachen und in welche
musikalische Richtung gehen sie?
Oliver: Das ist verschieden. Oliver Baumann hatte bis vor kurzem
noch eine Who Coverband, der Alex hat Engagements bei verschieden Bands
(wäre zu viel hier aufzuzählen), sowie eine eigene PopRock Kapelle
namens „Shero“ und ich selber spiele noch mit einem alten Kumpel in
einer Deutsch-Reggae Formation namens „Don Bonn und die Mafia“ und habe
ganz neu eine 80er SynthPop Cover Truppe namens „Synpathics“. Zuletzt
habe ich auch noch ein Musical komponiert... Du siehst, wir sind alle
beschäftigt. ;-)
Stephan: Gibt es Veröffentlichungen der Projekte?
Oliver: Ja - ich kann hier die Links liefern:
http://www.myspace.de/sheroshome
http://www.don-bonn.de/
http://www.synpathics.de/
Ist
aber alles in allem für die ProgRock Fans weniger interessant. ;)
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