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Interview mit Kalle Wallner
am 13.05.2007 geführt

 

Am 13.05.2007 hatte ich die Gelegenheit vor dem Konzert von Blind Ego mit dessen Mastermind, Kalle Wallner zu sprechen. Hier ist das Ergebnis meines Interviews:

Stephan: Mit Blind Ego hast du eine härtere Gangart als bei RPWL eingeschlagen. Ich hatte gelesen, dass du auf dem Album „Mirror“ Stücke verarbeitet hast, die du zum Teil schon früher geschrieben hattest. Liegt der Grund für ein neues Projekt darin, dass die Stücke nicht zu RPWL passten?

Kalle: Also, ich bin aufgrund meines musikalischen Backgrounds generell härter unterwegs, als bei RPWL. Ich hatte früher lange Haare und hörte nur Metal. (lacht) Da komme ich auch her. Ich mag es auch nach wie vor ein bisschen straighter und rougher. Wenn man mit einer Band zusammenarbeitet, dann muss man Kompromisse eingehen. Bei RPWL ist die Energie trotzdem noch da. Das ist mir auch immer wichtig, dass man auch mal dynamischer Gas geben kann. Deswegen ist es für mich auch kein Problem. Es ist für mich auch kein fader oder fauler Kompromiss, weil ich auch sehr viele unterschiedliche Musiksachen gern höre und auch mache. Ich experimentiere sehr gern. Meine eigenen Sachen waren immer schon härter, auch die Songs, die bei RPWL auf den Platten landen. Entweder es ist eine richtige Ballade wie „Hole In The Sky“, oder es gehört dann eher zu den härteren oder flotteren Sachen. „Roses“ oder „Start The Fire“, das sind Songs, die eher aus meiner Ecke kommen, die ein bisschen rockiger sind. Mit einer Band muss man Kompromisse machen und bei uns ist dann meist der Sänger der Filter. Wenn er mit einer Idee etwas anfangen kann und sich damit wohl fühlt, bei RPWL ist das auf jeden Fall so, dann passiert auch etwas mit dem Song. Wir arbeiten dann auch an vielen Sachen weiter.

Ich hatte auch nebenher viele Sachen geschrieben, mit denen Yogi nicht soviel anfangen konnte. Das hat gar nicht soviel mit der Härte zu tun, sondern eher mit den Lines, also den Gesangslinien. Ich habe von den Songs, die ich ursprünglich für „Mirror“ geplant hatte, gar nicht mehr soviel auf die Platte genommen. Es ist nicht mehr soviel übrig geblieben, weil beim Schreiben nach drei, vier Songs hat es mir soviel Spaß gemacht, dass die weiteren Songs einfach so gepurzelt sind. Es sind auch viele Ideen wieder raus gefallen. Das heißt, die liegen jetzt immer noch irgendwo rum, aber das ist wohl auch gut so. Das soll dann auch wohl so sein. (lacht)

Stephan: Ich wollte auch gerade schon fragen ob du da noch irgendetwas für ein nächstes Album in Petto hast.

Kalle: Ich hab schon wieder neue Songs für Blind Ego geschrieben, aber das stelle ich jetzt erst mal ein bisschen hinten an, weil wir mit RPWL erst mal wieder weitermachen.

Stephan: Wie bist du auf den Namen Blind Ego gekommen? Ist das die andere Seite von Kalle Wallner? Obwohl, du hast ja gerade schon gesagt, dass du aus dem Metalbereich kommst.

Kalle: Ich fand das Wort Ego schön. Es gab bei der Violet District-Scheibe einen Text (Anmerkung: Violet District ist die Vorgängerband von RPWL), der hieß „Ego (The Hiddened One)“. Das ist glaube ich, die zweite Nummer auf der Platte. Ich fand es irgendwie gut. Ich wollte gern irgendetwas mit meinem Ego ausdrücken. Du hast zwei Aspekte. Der eine bedeutet, man muss keine Kompromisse machen, das heißt man ist quasi mit seinem eigenen Ego unterwegs und macht sich aber zum anderen auch blind gegenüber äußeren Einflüssen. Deswegen hat es für mich auch super gepasst.

Stephan: Wenn ich dich jetzt richtig verstanden habe, brauchtest du jetzt keine kreative Pause von RPWL. Das hat also gar nichts damit zu tun?

Kalle: Ne.

Stephan: Du hattest einfach Lust mal wieder etwas anderes zu machen?

Kalle: Genau. Ich schreib relativ viel. Und es hat mir auch zu lange bis zur nächsten Veröffentlichung gedauert. Dazu kommt, dass wir unsere Platten ja auch auf unserem eigenen Label veröffentlichen und wir dadurch natürlich nicht nur Künstler sind, sondern auch so noch am Label arbeiten. Wir mussten auch erst einmal die Infrastruktur des Labels aufbauen und stärken. Das hat uns auch einiges an Arbeit gekostet. Das ist auch mit ein Grund, warum es mit der Veröffentlichung der nächsten RPWL-Platte ein bisschen länger dauert.


Kalle Wallner im Gespräch mit mir

Stephan: Das heißt dass ein neues Studioalbum kommen wird?

Kalle: Genau.

Stephan: Wenn man sich das Booklet ansieht, dann fällt einem sofort auf, dass recht bekannte Namen aus der Szene vertreten sind. Mit John Jowitt, John Mitchell und Paul Wrightson, ja sogar Clive Nolan ist in den Credits beim Backgroundgesang angegeben. Apropos Clive Nolan, den hab ich bei der Probe gerade nicht gesehen, ist der nicht dabei?

Kalle: Nee. Auf der Platte sind kaum Keyboards, das sollte auch so sein. Paul Wrightson’s Gesang haben wir nicht bei uns sondern bei Clive im Studio aufgenommen. Und er hat noch Chöre beigesteuert, einiges arrangiert und mitgeholfen und deswegen ist er in den Credits genannt. Er hat aber keine Keyboards auf der Platte gespielt. Die Keyboards, die drauf sind, hab entweder ich oder Yogi gespielt. Aber viel Keyboards gab’s da eh nicht.

Der John Mitchell muss sich für die Tour entschuldigen lassen, der ist mit Arena derzeit derart eingespannt, er hätte das gerne gemacht, aber es gab terminlich keine Chance das zustande zu bringen. Es ist eh schon schwierig genug, da der John Jowitt auch sehr viele Termine mit anderen Bands und Projekten, vor allem mit IQ, hat.

Stephan: John hat doch auch auf dem Album gesungen.

Kalle: John Mitchell hat drei Songs und Paul hat vier Songs auf dem Album gesungen.

Stephan: Heißt das dann, dass wir die drei von John gesungenen Stücke heute nicht hören werden oder übernimmt Paul den Gesangspart?

Kalle: Doch wir spielen die heute. Paul singt alles. Es ist jetzt im Prinzip auch einfacher, weil wir ja nicht in so großen Locations wie dem Olympiastadion unterwegs sind. Viele Bühnen auf unserer Tour sind ja auch viel enger und da macht es Sinn, wenn man ein kleines, kompaktes Team ist. Wir haben keinen zweiten Gitarristen dabei, dafür spielt der Yogi dann ein bisschen mehr Hammondorgel, das kann er nämlich richtig gut.

Stephan: Wenn man die Namen liest, dann kommt man zwangsläufig auf Arena …

Kalle: Es ist Zufall. Ich habe jetzt nicht auf die Arena-Ecke spekuliert. Ich kannte die Band gar nicht. Ich hab sie das erste Mal auf dem ECLIPSED-Festival gesehen. Ich wusste dass es die gibt, aber ich hab sie das erste Mal auf dem Festival gehört. Dort habe ich dann auch John Mitchell kennen gelernt. John Jowitt kannte ich schon vom Rosfest, das in Philadelphia vor einiger Zeit stattgefunden hat. Da war er seinerzeit mit Jadis unterwegs. Das die dann alle mit Arena verquickt waren, liegt jetzt, glaube ich, eher daran, dass die generell alle miteinander verquickt sind. Kein Wunder, es gab ja immer regen Besetzungswechsel...

John sagt immer spaßeshalber, er möchte der einzige Bassist aus England sein, deswegen bringt er alle anderen um, oder (lacht) kickt sie raus. Ich fand es lustig, dass mir manche Leute gesagt haben „Na, das klingt ja manchmal ein bisschen nach Kino und manchmal klingt es nach Arena“.

Stephan: Das Gefühl hab ich bei dem ein oder anderen Stück allerdings auch.

Kalle: Ich hab’s nie gehört, aber das zeigt ja auch, dass die Charaktere der Musiker und ihre Interpretation auch sehr stark sind. Und das darf man ja auch zulassen. Das ist auch ausdrücklich von mir gewünscht, dass die auch was von sich einbringen. Und dann erinnert natürlich ein Sänger, den man von Kino kennt, auch an die Band. Also „Roses“ (Anmerkung: Stück von RPWL, das von Ray Wilson gesunden wird) wird dann auch ein Stückchen nach Stiltskin klingen, weil einfach der Ray Wilson seinen Stempel als Sänger dem Stück aufdrückt. Und das ist bestimmt auch bei den Stücken von Blind Ego genauso.

Stephan: John Mitchell kennt man als Sänger hautsächlich von Kino ….

Kalle: Wobei der ja eigentlich Gitarrist ist.

Stephan: Das stimmt.

Kalle: Das wäre natürlich toll gewesen, da hätte ich mich richtig gefreut, wenn wir da zu zweit mit unseren Gitarren auf der Bühne gewesen wären. Das wäre schon ein Riesenspaß gewesen. Dann hätten wir wahrscheinlich eher die Keyboards weggelassen. So haben wir aber Yogi an den Keyboards dabei. Der Yogi freut sich riesig mal wieder nur Keyboards spielen zu dürfen. Das ist richtig toll.

Stephan: Du hast ja gerade schon die Arbeitsweise mit den anderen angedeutet. Wie einfach/schwierig war es die Jungs für dein Projekt zu begeistern?

Kalle: Ganz einfach. Das Schöne ist ja jetzt, dass wir mit RPWL ja schon ein Stückchen weit unterwegs sind. Es macht einen dann auch ein bisschen Stolz, und man freut sich da auch drüber, wenn man relativ bekannten Mitmusikern, die auch viel unterwegs sind, einfach mal ein Demo zuschickt und die das dann toll finden. Es war auch schön John Jowitt und John Mitchell bei uns im Studio zu haben, wir haben ja bei uns aufgenommen. Und das hat richtig Spaß gemacht. Also das war überhaupt nicht schwer. Die sind auch für jeden Spaß zu haben. Die Engländer sind da wahnsinnig unkompliziert. Das hat ganz einfach funktioniert.


Kalle Wallner beim Blind Ego-Konzert (2007)

Stephan: Das heißt also, dass du auch andere Musiker kennst, die komplizierter sind.

Kalle: Komplizierte Musiker gibt’s ganz viele (lacht).

Stephan: Wie stellt sich die Arbeitsweise mit den anderen dar, sie wohnen ja nicht gleich um die Ecke? Ihr habt ja euer Studio in München …

Kalle: Ja eigentlich fast am Münchner Flughafen. Das macht es noch einfacher. Ich glaube das Wesentliche bei der Aktion das es so einfach funktioniert hat, war, dass die Musiker entsprechend gut sind und weil ich in der Verantwortung und vom Arbeitsanfall alles selber mache. Ich habe fertige Demosongs gemacht, die waren noch mit einem anderen Sänger aufgenommen, der sie für mich erst einmal eingesungen hat. Den habe ich erst einmal als Layout genutzt.

Stephan: Das war aber nicht Yogi?

Kalle: Nein, nicht Yogi. Weil Yogi hat da für mich, für diese Songs die falsche Stimme.

Und dann geht man her und nimmt im Prinzip ganz normal auf. Man lädt erst den Schlagzeuger ein, dann lädt man den Bassisten ein. Es wäre aber noch schöner gewesen, wenn man noch mehr Zeit miteinander verbracht hätte, um möglichst die Basics gemeinsam aufnehmen zu können. Das machen wir auch ganz gern so. Aber das war logistisch so nicht zu organisieren. Das dauert dann schon so ein bisschen. Die Platte hätte auch viel schneller aufgenommen werden können, wenn man das alles sehr geballt machen kann. Aber dann muss man wieder gucken, wann hat der eine Zeit, wann kann der andere mal für zwei, drei Tage kommen. Da wir die ganze Infrastruktur zur Verfügung gestellt und quasi nicht das ganze künstlerische in die Hand genommen haben, war das so relativ einfach. Wäre es eine Band, wäre das natürlich komplizierter abgelaufen. Da kommen dann viele eigene Egos dazu (lacht).

Stephan: Trotzdem hört man aber doch die anderen Musiker, die dabei sind. Du hast gerade erwähnt, dass du die Songs schon vorproduziert hast. Das heißt, dass die Jungs nach deinen Vorgaben spielen und du hast ihnen dann trotzdem freien Lauf gelassen?

Kalle: Ja. Yogi war als Produzent quasi die letzte Instanz. Es ist natürlich ausdrücklich erwünscht, dass jemand etwas von seinem Feeling, von seiner Besonderheit in die Musik mit reinbringt. Aber es ging jetzt nicht so weit, dass Texte oder Vocallines umgeschrieben wurden. Es ist schon so, dass dieser kreative Input, den die anderen Musiker gegeben haben, mit eingeflossen ist. Es wäre ja schade, wenn man das beschneiden würde. Ganz im Gegenteil, das sollte man auch rauskitzeln. Es hat allen Spaß gemacht, das hört man den Songs auch an.

Stephan: Beim Song „Don’t Ask Me Why“ hört man meiner Meinung nach eindeutig RPWL heraus. Ich habe mir beim Hören gedacht, dass den auch Yogi hätte singen können, aber dann wäre es wahrscheinlich wirklich ein RPWL-Song geworden. Wie siehst du das?

Kalle: Von der Stimmung her würde ich dir zustimmen. Aber bei diesem Song habe ich eher so das Gefühl, ihm einen Alternative-Einschlag verpasst zu haben. Das finde ich jetzt gar nicht so RPWL-mäßig. „Forbidden To Remain“ geht meiner Meinung eher in die Richtung. Das ist auch der älteste Song. Das Thema ist auf jeden Fall relativ alt. Das war aber auch ein Song, den wir als RPWL nie gemacht haben. Aber einen Balladen-Überschuss gibt es bei RPWL immer. Ähnlichkeiten zu RPWL muss man ja auch hören. Es ist schon so, dass die meisten Ideen bei RPWL auch erst einmal von mir kommen. Also ich initiiere vielleicht die meisten RPWL-Ideen, wir machen die Songs dann schon gemeinsam. Und deswegen gibt es natürlich auch bei Blind Ego Ähnlichkeiten. Das ist vielleicht nur eine andere Seite, aber letztendlich ist es ja auch nur ein Mensch und ich bin ja auch Gitarrist in beiden Bands und daher ergeben sich dann Gemeinsamkeiten.

Stephan: Aber Yogi und du, ihr seid schon ein eingespieltes Team?

Kalle: Ja, wir kennen uns einfach schon so lange. Wir haben damals unser Studio, Farmlands, ja auch für RPWL zusammen aufgebaut.

Stephan: Ihr seid also beide Eigentümer?

Kalle: Ja. Wir haben mittlerweile auch noch ein Label, eine Booking- und Event-Agentur  und einen Musikverlag mit dabei. Wir haben uns so ein altes Bauernhaus hergerichtet, haben dort viel Platz und machen da unser Ding. So richtig kennen gelernt haben wir uns 1991 bei der Violet District-Produktion. Man kannte sich zwar vorher schon so ein bisschen, aber da haben wir uns richtig kennen gelernt. Yogi hatte die Violet District damals produziert. Und seither sind wir relativ eng zusammen, haben ganz viele unterschiedliche musikalische Sachen zusammen gemacht. Auch Produkte für Werbung.

Stephan: Eure musikalische Arbeit beschränkt sich dann nicht allein auf den Rockbereich?

Kalle: Nein, nicht nur. Von RPWL lassen sich natürlich nicht fünf Mann ernähren. Von daher haben wir natürlich viele andere musikalische Sachen, die man noch nebenher macht.


Kalle Wallner beim Blind Ego-Konzert (2007)

Stephan: Ihr macht jetzt eine Kurztour, die dauert jetzt wie lange? Wie viel Gigs macht ihr jetzt?

Kalle: Es waren jetzt erst einmal sieben Gigs in acht Tage. Es sind dann noch ein paar Festivals in Planung. Bei der Musik kann man natürlich nicht über die normalen Kanäle, wie zum Beispiel die Tagesschau, gehen. Das dauert ja auch seine Zeit, bis sich das rumspricht. Wir spielen im Sommer beim Artrockfestival, sind dann noch mal in England für ein paar Konzerte unterwegs. So wie es ausschaut wird dann auch Pallas mit dabei sein. Dann ist für nächstes Jahr das Rosfest in Amerika bestätigt. Es geht auf jeden Fall weiter. Das nehmen wir natürlich alles gerne mit und dann kann man natürlich auch über ein zweites Album nachdenken, wenn man merkt, dass die Stimmung gut ist und die Leute da Bock drauf haben. Da kann man dann auch drüber nachdenken, das nächste Album in der Besetzung, in der wir live gespielt haben, aufzunehmen.

Stephan: Wenn eine Band auf Tour geht, heißt das ja erst einmal, dass die Songs geprobt werden müssen. War es schwierig mit den Jungs für die Gigs zu proben?

Kalle: Es war wahnsinnig unkompliziert. Das liegt auch daran, dass alle Musiker gnadenlos gut und auch vorbereitet sind. Man darf sich jetzt nicht vorstellen, dass wir zwei Wochen zur Verfügung hatten. Es kommt schon darauf an, dass jeder sehr gut vorbereitet ist. In der Zeit, die man dann effektiv zum Proben hat, geht es darum, dass man zusammen spielt. Die ersten ein, zwei Gigs so einer Tour sind natürlich noch ein bisschen „wackelig“. Ich glaub nicht, dass man es so richtig merkt, da musst du schon ganz genau hingucken und schauen. Aber nach zwei Gigs merkt man dann schon, dass die Band lockerer ist, aber noch nicht so, als hätten wir schon 200 Gigs gespielt (lacht). Aber man wird zumindest lockerer und kennt seine Laufwege, würde man jetzt beim Fußball sagen. Man spielt dann noch besser zusammen. Aber dadurch, dass die Leute alle so gut sind, muss man nicht ans eingemachte gehen, sondern es macht riesigen Spaß.

Stephan: Du sagst, ihr hattet keine zwei Wochen zur Verfügung. Wie lange habt ihr denn dann geprobt?

Kalle: Wir haben mit John schon für die Release-Party geprobt. Damals hatten wir vier Tage zur Verfügung. Diesmal waren es drei, vier Tage, die wir hatten. Man muss ja die Leute auch einfliegen und einen Termin finden. Aber es hat soweit alles wunderbar geklappt.

Stephan: Bisher ist „Mirror“ die erste Scheibe von Blind Ego, die wäre für den Gig heute sicherlich nicht ausreichend. Was wird es außer den Stücken des Albums auf der Tour noch zu hören geben? Werden auch Stücke von Arena und RPWL geboten? Vorhin beim Soundcheck meine ich schon einen Titel von Rainbow gehört zu haben, ist das richtig?

Kalle: Das war von Deep Purple. Also wir haben ein paar Überraschungen dabei. Wir spielen im Prinzip das komplette Album und haben dann noch zwei, drei Überraschungen dabei.

Stephan: Ich hab jetzt damit gerechnet noch irgendeinen Titel von Arena zu hören. Wenn die Leute dabei sind, macht es ja eigentlich schon Sinn.

Kalle: Jaa, und von RPWL ist auch was dabei.

Stephan: Das hatte ich auch gehofft.

Kalle: Allerdings ungewöhnlich. Also wir machen nicht das, was wir eh die ganze Zeit mit RPWL spielen, das wäre ja auch doof. Wir spielen einen von den Songs, den wir nur auf einer Tour gespielt haben und das ist auch ein Song der besser in den Gesamtkonsens passt. Und da gibt es von RPWL nicht ganz so viele (lacht). Dann gibt es noch einen zu hören, ein besonderes Cover von …. Soll ich es dir sagen oder willst du es selber raten?

Stephan: Erzähl mal.

Kalle: Wir machen eine Nummer von Queensryche.

Stephan: Das ist nicht meine Richtung, daher würde ich die nicht erkennen.

Kalle: Wir, John, Paul und ich, haben irgendwann im Pub festgestellt, dass wir gemeinsam so einige Bands aus den 80’ern sehr gern gemocht haben. Queensryche war eine davon. Und weil Paul das auch gut singen kann, haben wir ein Stück davon genommen. Seine Stimme passt auch.

Stephan: Als ich nach längerer Zeit wieder in den Progbereich reinkam, hab ich vor allem Sylvan und RPWL als die besten deutschen Progbands für mich entdeckt. Sylvan, mit denen ihr die Doubleheadliner-Tour macht, haben durch die letzten Produktionen einiges an neuen Fans gewonnen. Wie ist denn so die Zusammenarbeit während der Tour? Gibt es da Unterschiede, wer zuerst beginnt? Wechselt ihr da schon mal?

Kalle: Das hat sich so ergeben, was dann auch dem Veranstalter so am liebsten war. Dass wir in Hamburg, sozusagen bei ihrem Homekonzert, als erste anfangen, das hat sich von selbst verstanden. In Bremen war es auch so. Aber es hat dann gewechselt. Gestern in Zoetermeer, das ist ja auch so eine Arena-Hochburg, da haben wir, wie bei einigen Gigs zuvor, als zweites gespielt. Aber unter uns sind wir alle gleichberechtigt. Wir haben die gleichen Spielzeiten, das ist auch heute Abend so. Und das soll auch beweisen, dass wir gleichberechtigt unterwegs sind. Wir haben da so ein bisschen ein Nord-/Süd-Gefälle. Wobei, das kann man gar nicht sagen, denn es sind ja auch die Engländer dabei.

Stephan: Ein Konkurrenzdenken gibt es da gar nicht?

Kalle: Nein. Das gab es früher aber auch nie. Jeder muss irgendwie sein Ding machen, das ist ja klar. Das muss eher ein miteinander sein, man muss sich da helfen und ist auch aufeinander angewiesen. Ich sehe da keine Konkurrenz

Stephan: Jetzt mache ich einen Sprung zurück zu RPWL. Seit geraumer Zeit ist eine DVD angekündigt. Wann kann man mit dem Silberling rechnen?

Kalle: Uns ist das Konzert zu wenig. Wir würden gerne noch einen Film über RPWL machen.

Stephan: Also eine Art Dokumentation?

Kalle: Ja. Und das kostet uns sehr viel Zeit und wir können auch aus finanziellen Gründen nicht immer durchgängig daran arbeiten. Letztes Jahr hatten wir noch ein paar Sachen, die wir noch machen wollten und da hat uns dann das Wetter im August einen Riesenstrich durch die Rechnung gemacht. Und dann liegt es leider erst einmal wieder auf Eis, weil die nächsten Sachen kommen, die man abarbeiten muss. Wir machen es sicher noch, aber es wird wohl noch ein bisschen dauern. Das wird irgendwann mal nebenher passieren. Das Hauptaugenmerk ist jetzt tatsächlich die neue Platte. Da haben wir bereits angefangen einige Ideen auszutauschen und über Themen der Texte zu sprechen. Also da fängt der Zug jetzt an zu rollen.

Stephan: Das heißt dann also, dass eine neue Platte von RPWL Vorrang hätte vor einer neuen Blind Ego-Scheibe?

Kalle: Hätte es für mich aber sowieso. Es liegt ja alles in meiner, oder in unserer gemeinsamen Hand, deswegen können wir uns das so einteilen, wie wir es für richtig halten. Aber, ehrlich gesagt, eine Blind Ego-Platte ist sicherlich auch einfacher und schneller zu produzieren, als das bei RPWL der Fall ist. Das haben jetzt auch die Aufnahmen gezeigt. Weil ich für mich einfach nebenher arbeiten kann, die Songs machen kann, alles arrangieren kann und das geht dann relativ flott. RPWL ist noch eine Spur filigraner, noch verspielter und mit noch mehr Perfektionismus behaftet. Da kommt halt alles zusammen. Und es kommen vor allem mehr Leute zusammen. Da gibt es dann schon mal ein paar mehr Diskussionen (lacht). Von der ganzen Produktion ist es dann schon eine ganze Nummer größer.

Stephan: Konntest du merken, ob die ganzen RPWL-Fans auch zu Blind Ego gestoßen sind? Hast du Resonanz von denen bekommen?

Kalle: Ich könnte mir gut vorstellen, dass einige Leute, wenn sie die Platte auspacken und den ersten Song hören, „uuhhh“ gesagt haben.


Kalle Wallner mit RPWL live (2005)

Stephan: Aber gerade den ersten Song finde ich klasse.

Kalle: Dankeschön. Ich wollte aber auch gleich ein Ausrufezeichen setzen. Auf der Platte geht es ja gleich ohne großes Pipapo los. Das machen wir heute Abend auch, einfach drauf losrocken. Weil das macht auch ne Menge Spaß. Und da wollte ich den Unterschied zu RPWL auch gleich schon am Anfang der Platte klar machen. Ich glaube, nicht jeder, der RPWL mag, latscht los und kauft blind die Solosachen des Gitarristen. Auch beim Gesang scheiden sich ja oft die Geister. Ich glaube, nicht jeder kann mit der Alternative-Stimme von John Mitchell etwas anfangen. Viele können sicher auch nicht so viel mit dem mehr theatralischen Gesang von Paul Wrightson etwas anfangen. Für mich war es einfach nur spannend, mal loszugehen und zu sehen, was passiert. Wenn man das alles damit bewegen kann, ist es einfach toll. Ich freue mich einfach schon die ganze Woche (lacht).

Stephan: Ich hab mich auch schon sehr auf dieses Doppelkonzert gefreut.

Kalle: Ja, es ist auch mit Sylvan zusammen ein Riesenspaß. Es ist auch musikalisch für jeden etwas Besonderes, mit zwei Bands, die sich ergänzen. Sylvan sind mit Sicherheit ein bisschen ruhiger, während es bei uns schon eins auf die Ohren gibt. Ich hoffe, dass es nicht zu laut sein wird.

Stephan: Also beim Soundcheck war das schon sehr laut, da hab ich schon einen Schrecken bekommen.

Kalle: Hast du was für die Ohren dabei? Weil wir haben einen brutal lauten Schlagzeuger. Der Tommy Eberhardt ist ein richtiges Viech, sagt man in Bayern. Das ist ein richtiges Tier. Wir haben aber einen guten Mischer dabei, der mischt auch immer die Konzerte von RPWL und macht immer einen tollen Sound. Aber es gibt musikalisch Grenzen für alles. Wird schon.

Stephan: Vielen Dank für das ausführliche Interview.

Kalle: Ja, gerne.

 
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