Nach dem Konzert in
Schleiden-Broich hatte ich die Möglichkeit mit Guido Meyer ein ausführliches
Interview zu führen, in dem er bereitwillig auf alle Fragen antwortete. Hier
ist es:
Stephan: Guido, du
bist heute in Schleiden aufgetreten, da interessiert mich als erstes, seit
wann du Musik machst.
Guido: Auwei
(lacht). Musik insgesamt seit 25 Jahren. Mit dem Komponieren hab ich im
Alter von 14 Jahren angefangen und Gitarre spiele ich, seit ich sieben Jahre
alt bin, das war also 1978. Das ging dann immer so Hand in Hand, beim
Gitarre lernen hab ich dann immer gemerkt, dass ich eigentlich immer gleich
auch so ein bisschen komponiere. Und so hat sich das dann einfach ergeben.
Dann wurde ich zum Komponisten (lacht).
Stephan: Das heißt
also du komponierst auf der Gitarre?
Guido: Ja.
Mittlerweile ist es natürlich unterschiedlich, da ich sowohl auf der Gitarre
wie auch auf dem Synthesizer komponiere. Das vermengt sich auch. Du hast mal
ein kleines Lick auf der Gitarre, dann hast du eine Idee und machst auf dem
Synthie weiter. Oder es ist andersherum, also kreuz und quer.
Stephan: Wenn ich
das jetzt richtig interpretiere kommst du ursprünglich aus dem Rockbereich?
Was waren deine Ursprünge?
Guido: Ja, mein
großes Vorbild war eigentlich früher mal Mike Oldfield gewesen. Vom
Komponieren, von der Musik und vom Gitarrespielen hat er mich schon immer
sehr beeindruckt. Ich hab früher natürlich auch viel Heavy Metal gehört und
auch in derartigen Bands gespielt. Und den Rockeinfluss, den hört man ja
auch immer noch.
Stephan: Aber Metal
nicht unbedingt. Heute nicht mehr, oder?
Guido: Wenn ich Lust
habe, spiele ich schon noch zu Slayer-Songs (Anmerkung: Slayer ist eine
Metal Band) oder so. Ich mag aber auch Blues zum Beispiel von Stevie Ray
Vaughn, einfach alles was gut ist.
Stephan: Du hast mir
ja vorhin gesagt, dass du zuletzt vor gut zehn Jahren live aufgetreten bist.
War das heute dein erstes Solokonzert?
Guido Meyer live in Schleiden
Guido: Ja, das war
wirklich das erste Solokonzert. Ich hatte vor zehn Jahren das Projekt „The
Forgotten“. Das bestand aus dem Bassisten Manuel Bumb und meiner Wenigkeit.
Und wir wurden ähnlich so begleitet. Wir hatten einen Atari-Computer und
eine Drummachine. Für den heutigen Gig hätte ich mir eigentlich gewünscht,
dass noch zwei bis drei Kollegen mitkommen. Aber das hat leider nicht
geklappt und so hat sich das entwickelt, dass das wirklich mein allererster
Sologig war, ja das stimmt.
Stephan: Das
bedeutet also, dass du zwei Kollegen mit dabei haben wolltest, die spontan
mitgemacht hätten? Oder spielst du heutzutage auch sonst noch mit anderen
Musikern zusammen?
Guido: Das Problem,
auch in Bern, ist, Musiker zu finden. Ich probier da also alles Mögliche,
auch über Foren. Die Sache ist eben, es muss halt wirklich ein Musiker sein.
Jemand, dem man sagt „Wir spielen D-Dur Pentatonik“, der dann auch weiß, von
was ich rede und einfach ein gutes Feeling hat. Weil ich denke, so
kompliziert ist meine Musik von der Struktur gar nicht. Ich würde mir schon
noch jemand wünschen, der eine gute Aufnahmefähigkeit hat und einfach ein
bisschen mit Improvisieren kann. Und auch zwei drei Leute, die Perkussion
bedienen können wären gut, dann klingt das schon ganz anders, als im Studio.
Aber wir schauen mal, was die Zukunft bringt. Das ist ja nur aufgeschoben.
Irgendwann werde ich sie schon mal überreden, hoffe ich (lacht).
Stephan: Wieso
trittst du jetzt gerade beim Joerg Strawe in Schleiden auf?
Guido: Eigentlich
hatte ich gar nicht vor live zu spielen. Dem Joerg Strawe haben wir das
alles zu verdanken. Er hat mich wirklich per Email bombardiert und immer
wieder genervt. Er hat immer wieder nachgefragt „Komm doch, spiel doch“. Und
ich hab ihm gesagt „Du, allein finde ich das ein bisschen arm“. Und dann hat
er mir beim dritten oder vierten Email geantwortet: „Du, der Maxxess hat das
letztes Jahr auch so gemacht“. Und da hab ich mir gesagt: „Wenn der das
kann, dann kann ich das auch“ (lacht). Er war wirklich der Auslöser. Dann
hab ich mich hingehockt und darüber nachgedacht, wie ich dieses Liveset
jetzt mache. Und das was ihr gehört habt, das ist dabei herausgekommen. Ich
hab mir gedacht, ich mach mal ein paar fließende Übergänge, das ich nicht
soviel so dumm rum stehe und immer nur Zigarette rauche (lacht).
Guido Meyer mit Joerg Strawe
Stephan: Und bist du
jetzt auf den Geschmack gekommen, live aufzutreten? Das heißt, wird man dich
demnächst wieder mal live erleben können?
Guido: Das hoffe ich
doch schwer. Seit ich in der Schweiz wieder angefangen habe Musik zu machen
… Ich hatte es ja auch gar nicht vor. Nach fast acht Jahren Pause bin ich im
Jahr 2003 wieder eingestiegen. Und die Idee vom Studio und wie man das live
umsetzen kann, war natürlich gleich von Anfang an da. Aber als ich gemerkt
habe, dass das schon andere Dimensionen hat und live doch relativ, also
richtig live, dass jeder jeden Ton live spielt, schwierig ist, denn da
brauchst du zwölf Leute oder so. Und mir war klar, dass das so nicht geht.
Aber wie es halt in der Elektronikszene üblich ist, ich hab das ja auch
gesehen, wie die anderen Jungs das machen, dass die fast nur mit einem
Laptop da hocken …. Ja, ich hoffe dass das nicht das letzte Konzert war. Ich
spiele schon gerne live. Vielleicht nicht jedes Wochenende, aber … (lacht)
öfters mal.
Stephan: Als ich
deine erste CD bekommen hab, hatte ich gedacht, dass du ein Schweizer bist.
Du kommst aber ursprünglich aus Deutschland, und zwar aus Worms. Du machst
ja eigentlich eine Mixtur aus Rock und Elektronik, so richtig zuordnen kann
man das ja nicht. Hast du, als du noch in Deutschland gelebt hast auch schon
Elektronikmusik gemacht?
Guido: Ich würde mal
sagen, so jetzt die neueren Alben, die „Lightyears“ und die „Towards The
Blue Horizon“ sind auf jeden Fall eine Mixtur aus Gitarren und Synthesizer.
Aber geplant war das eigentlich nie. Wenn man meine alten Sachen hört, die „Episodes
1“, „Episodes II“ und die „Installations“, das ist alles reine
Synthesizermusik. Man muss aber wissen, dass ich damals zu dem Zeitpunkt
dieses Liveprojekt „The Forgotten“ hatte und soviel Gitarre gespielt hab,
dass ich keine Lust mehr hatte auch noch im Studio Gitarre da drüber zu
machen. Ich denke, damals war das einfach separat, Gitarre irgendwie hier
und Gitarrenmusik da und auf der anderen Seite halt die Synthesizermusik.
Und ich glaube das ist jetzt einfach die logische Fusion. Ich hab da auch
nicht groß drüber nachgedacht. Und auch dieser Begriff „Elektronikmusik“,
ich weiß nicht genau ob ich in das Genre passe. Ich könnte mich jetzt auch
gut auf einem Jazz- oder Bluesfestival vorstellen. Da hätte ich eigentlich
auch kein Problem mit. Ich bin halt jetzt in diesem Genre mit drin und das
ist mir auch egal.
CD-Cover von "Lightyears" und "Towards The Blue
Horizon"
Stephan: Wie bist du
denn jetzt genau in die Szene gerutscht? Durch Joerg?
Guido: Also ich war
damals von den Kompositionen, wie fast jeder andere, von Tangerine Dream und
Mike Oldfield angetan. Es war eigentlich mehr die Unabhängigkeit, ich hatte
damals noch keine Ahnung, dass es einen Atari-Computer und Cubase gibt. Ich
wollte immer so gern komponieren und hab immer überlegt, wie kann ich
komponieren, wie kann ich das denn hinbekommen, das ich viele Spuren
übereinander lege, das ich das alles zusammen machen und komponieren kann.
Und dann kam mein Bassist, der Manuel Bumb, und der hat damals gesagt: „Du
Schwachkopf, es gibt einen Atari und es gibt das Steinberg Cubase“. Er hat
mir dann gezeigt, wie das geht. Als ich das dann konnte, dachte ich „Das ist
die Offenbarung. Das ist genau das, was ich suche“. Praktisch bin ich durch
ihn, den Manuel, darein gekommen. Wir hatten in Worms auch immer das
Problem, das wir keinen Schlagzeuger, keinen Sänger hatten. Eigentlich
wollten wir eine richtige Band machen. So ist es dann eben Instrumentalrock
geworden. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Wenn schon keiner mit
uns spielen will, dann nehmen wir eben die Elektronik zu Hilfe. So bin ich
zur Elektronik gekommen. Es ist nicht so, dass ich jetzt Elektronik machen
will, es ist eben niemand anderes da, der mit mir spielt. Da muss ich eben
so arbeiten (lacht).
Stephan: Wie viel
CDs hast du jetzt am Start?
Guido: Jetzt sind es
fünf.
Stephan: Und du
produzierst seit 2003?
Guido: Ich
produzieren eigentlich seit 1987, mit meinem Vierspur-Kassettenrekorder. Es
gibt ja auch die ersten drei Demotapes, die ich wohl nie veröffentliche.
Vielleicht bring ich mal so eine „Best Of Old Krams“ raus und da kommen dann
ein paar Ausschnitte drauf. Aber die Qualität ist zu miserabel. Mit vier
Spuren, mit dem TEAC 144, das rauscht ja schon, wenn man es nur schief
anguckt. Aber jetzt mit der AB 16 G, jetzt im digitalen Zeitalter … Wer
hätte das vor zehn Jahren gedacht, dass man so eine 16-Spur-Maschine für
2.000 Euro kaufen kann. Das war damals unerschwinglich. In den 80’ern
undenkbar, in den 90’ern unbezahlbar und 2000 endlich machbar.
Stephan: Und warum
veröffentlichst du deine Musik als CDR’s?
Guido: Mhm, was soll
ich denn sonst machen? Von MP3’s halte ich nichts. Ich selbst bin ja immer
noch ein leidenschaftlicher CD-Sammler. Ich hab auch gern was in der Hand,
mit Cover, also was richtiges. Ich mag auch Schallplatten, obwohl ich keinen
Schallplattenspieler hab. Gut, das ein oder andere Label hat schon mal
angeklopft, aber ich hab ihnen gleich gesagt, dass ich die Sachen gern in
den eigenen Händen hab. Ich verkaufe ja jetzt keine 100.000 CDs. Und so
lange, wie ich es noch selbst produzieren kann und mich das nicht
überfordert, werde ich das auch so weiter machen. Ja, wenn mal der Tag kommt
und es klopft mal ein großes Label an oder ich merke einfach, ich verkaufe
jede Woche 100.000-Millionen Stück, dann brauche ich Hilfe (lacht). Dann
werden wir mal weitersehen.
Stephan: Gibt es in
der Schweiz auch eine Elektronikszene? Du bist ja jetzt seit Jahren da, wie
sieht die aus?
Guido: Keine Ahnung
(lacht). Ich hole meine Infos auch aus dem Internet und kenne eigentlich
auch nur die Namen, die man vom Groove-Katalog oder von Joerg Strawe’s
CUE-Records so liest und hört. In der Schweiz …. Ich hab mal gehört, dass da
jemand ein Elektronikfestival veranstalten wollte und das ging böse in die
Hose. Auch in dieser Musikerkontaktbörse, da steh ich auch öfter mal drin.
Also außer Spinner meldet sich fast niemand. Nur so Freaks, die immer so
seltsame Ideen haben. Aber ich such ja auch nicht groß in der Szene rum. Ich
muss mein eigenes Ding machen, hab noch mein eigenes Leben, was interessiert
mich der Rest.
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