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Interview mit Guido Meyer
am 15.07.2006 beim Open Air-Festival in Schleiden-Broich geführt

Die Verwendung dieses Interviews oder Auszüge daraus, sind nur mit Zustimmung des Autors erlaubt.


Nach dem Konzert in Schleiden-Broich hatte ich die Möglichkeit mit Guido Meyer ein ausführliches Interview zu führen, in dem er bereitwillig auf alle Fragen antwortete. Hier ist es:

Stephan: Guido, du bist heute in Schleiden aufgetreten, da interessiert mich als erstes, seit wann du Musik machst.

Guido: Auwei (lacht). Musik insgesamt seit 25 Jahren. Mit dem Komponieren hab ich im Alter von 14 Jahren angefangen und Gitarre spiele ich, seit ich sieben Jahre alt bin, das war also 1978. Das ging dann immer so Hand in Hand, beim Gitarre lernen hab ich dann immer gemerkt, dass ich eigentlich immer gleich auch so ein bisschen komponiere. Und so hat sich das dann einfach ergeben. Dann wurde ich zum Komponisten (lacht).

Stephan: Das heißt also du komponierst auf der Gitarre?

Guido: Ja. Mittlerweile ist es natürlich unterschiedlich, da ich sowohl auf der Gitarre wie auch auf dem Synthesizer komponiere. Das vermengt sich auch. Du hast mal ein kleines Lick auf der Gitarre, dann hast du eine Idee und machst auf dem Synthie weiter. Oder es ist andersherum, also kreuz und quer.

Stephan: Wenn ich das jetzt richtig interpretiere kommst du ursprünglich aus dem Rockbereich? Was waren deine Ursprünge?

Guido: Ja, mein großes Vorbild war eigentlich früher mal Mike Oldfield gewesen. Vom Komponieren, von der Musik und vom Gitarrespielen hat er mich schon immer sehr beeindruckt. Ich hab früher natürlich auch viel Heavy Metal gehört und auch in derartigen Bands gespielt. Und den Rockeinfluss, den hört man ja auch immer noch.

Stephan: Aber Metal nicht unbedingt. Heute nicht mehr, oder?

Guido: Wenn ich Lust habe, spiele ich schon noch zu Slayer-Songs (Anmerkung: Slayer ist eine Metal Band) oder so. Ich mag aber auch Blues zum Beispiel von Stevie Ray Vaughn, einfach alles was gut ist.

Stephan: Du hast mir ja vorhin gesagt, dass du zuletzt vor gut zehn Jahren live aufgetreten bist. War das heute dein erstes Solokonzert?


Guido Meyer live in Schleiden

Guido: Ja, das war wirklich das erste Solokonzert. Ich hatte vor zehn Jahren das Projekt „The Forgotten“.  Das bestand aus dem Bassisten Manuel Bumb und meiner Wenigkeit. Und wir wurden ähnlich so begleitet. Wir hatten einen Atari-Computer und eine Drummachine. Für den heutigen Gig hätte ich mir eigentlich gewünscht, dass noch zwei bis drei Kollegen mitkommen. Aber das hat leider nicht geklappt und so hat sich das entwickelt, dass das wirklich mein allererster Sologig war, ja das stimmt.

Stephan: Das bedeutet also, dass du zwei Kollegen mit dabei haben wolltest, die spontan mitgemacht hätten? Oder spielst du heutzutage auch sonst noch mit anderen Musikern zusammen?

Guido: Das Problem, auch in Bern, ist, Musiker zu finden. Ich probier da also alles Mögliche, auch über Foren. Die Sache ist eben, es muss halt wirklich ein Musiker sein. Jemand, dem man sagt „Wir spielen D-Dur Pentatonik“, der dann auch weiß, von was ich rede und einfach ein gutes Feeling hat. Weil ich denke, so kompliziert ist meine Musik von der Struktur gar nicht. Ich würde mir schon noch jemand wünschen, der eine gute Aufnahmefähigkeit hat und einfach ein bisschen mit Improvisieren kann. Und auch zwei drei Leute, die Perkussion bedienen können wären gut, dann klingt das schon ganz anders, als im Studio. Aber wir schauen mal, was die Zukunft bringt. Das ist ja nur aufgeschoben. Irgendwann werde ich sie schon mal überreden, hoffe ich (lacht).

Stephan: Wieso trittst du jetzt gerade beim Joerg Strawe in Schleiden auf?

Guido: Eigentlich hatte ich gar nicht vor live zu spielen. Dem Joerg Strawe haben wir das alles zu verdanken. Er hat mich wirklich per Email bombardiert und immer wieder genervt. Er hat immer wieder nachgefragt „Komm doch, spiel doch“. Und ich hab ihm gesagt „Du, allein finde ich das ein bisschen arm“. Und dann hat er mir beim dritten oder vierten Email geantwortet: „Du, der Maxxess hat das letztes Jahr auch so gemacht“. Und da hab ich mir gesagt: „Wenn der das kann, dann kann ich das auch“ (lacht). Er war wirklich der Auslöser. Dann hab ich mich hingehockt und darüber nachgedacht, wie ich dieses Liveset jetzt mache. Und das was ihr gehört habt, das ist dabei herausgekommen. Ich hab mir gedacht, ich mach mal ein paar fließende Übergänge, das ich nicht soviel so dumm rum stehe und immer nur Zigarette rauche (lacht).


Guido Meyer mit Joerg Strawe

Stephan: Und bist du jetzt auf den Geschmack gekommen, live aufzutreten? Das heißt, wird man dich demnächst wieder mal live erleben können?

Guido: Das hoffe ich doch schwer. Seit ich in der Schweiz wieder angefangen habe Musik zu machen … Ich hatte es ja auch gar nicht vor. Nach fast acht Jahren Pause bin ich im Jahr 2003 wieder eingestiegen. Und die Idee vom Studio und wie man das live umsetzen kann, war natürlich gleich von Anfang an da. Aber als ich gemerkt habe, dass das schon andere Dimensionen hat und live doch relativ, also richtig live, dass jeder jeden Ton live spielt, schwierig ist, denn da brauchst du zwölf Leute oder so. Und mir war klar, dass das so nicht geht. Aber wie es halt in der Elektronikszene üblich ist, ich hab das ja auch gesehen, wie die anderen Jungs das machen, dass die fast nur mit einem Laptop da hocken …. Ja, ich hoffe dass das nicht das letzte Konzert war. Ich spiele schon gerne live. Vielleicht nicht jedes Wochenende, aber … (lacht) öfters mal.

Stephan: Als ich deine erste CD bekommen hab, hatte ich gedacht, dass du ein Schweizer bist. Du kommst aber ursprünglich aus Deutschland, und zwar aus Worms. Du machst ja eigentlich eine Mixtur aus Rock und Elektronik, so richtig zuordnen kann man das ja nicht. Hast du, als du noch in Deutschland gelebt hast auch schon Elektronikmusik gemacht?

Guido: Ich würde mal sagen, so jetzt die neueren Alben, die „Lightyears“ und die „Towards The Blue Horizon“ sind auf jeden Fall eine Mixtur aus Gitarren und Synthesizer. Aber geplant war das eigentlich nie. Wenn man meine alten Sachen hört, die „Episodes 1“, „Episodes II“  und die „Installations“, das ist alles reine Synthesizermusik. Man muss aber wissen, dass ich damals zu dem Zeitpunkt dieses Liveprojekt „The Forgotten“ hatte und soviel Gitarre gespielt hab, dass ich keine Lust mehr hatte auch noch im Studio Gitarre da drüber zu machen. Ich denke, damals war das einfach separat, Gitarre irgendwie hier und Gitarrenmusik da und auf der anderen Seite halt die Synthesizermusik. Und ich glaube das ist jetzt einfach die logische Fusion. Ich hab da auch nicht groß drüber nachgedacht. Und auch dieser Begriff „Elektronikmusik“, ich weiß nicht genau ob ich in das Genre passe. Ich könnte mich jetzt auch gut auf einem Jazz- oder Bluesfestival vorstellen. Da hätte ich eigentlich auch kein Problem mit. Ich bin halt jetzt in diesem Genre mit drin und das ist mir auch egal.

         
 CD-Cover von "Lightyears" und "Towards The Blue Horizon"

Stephan: Wie bist du denn jetzt genau in die Szene gerutscht? Durch Joerg?

Guido: Also ich war damals von den Kompositionen, wie fast jeder andere, von Tangerine Dream und Mike Oldfield angetan. Es war eigentlich mehr die Unabhängigkeit, ich hatte damals noch keine Ahnung, dass es einen Atari-Computer und Cubase gibt. Ich wollte immer so gern komponieren und hab immer überlegt, wie kann ich komponieren, wie kann ich das denn hinbekommen, das ich viele Spuren übereinander lege, das ich das alles zusammen machen und komponieren kann. Und dann kam mein Bassist, der Manuel Bumb, und der hat damals gesagt: „Du Schwachkopf, es gibt einen Atari und es gibt das Steinberg Cubase“. Er hat mir dann gezeigt, wie das geht. Als ich das dann konnte, dachte ich „Das ist die Offenbarung. Das ist genau das, was ich suche“. Praktisch bin ich durch ihn, den Manuel, darein gekommen. Wir hatten in Worms auch immer das Problem, das wir keinen Schlagzeuger, keinen Sänger hatten. Eigentlich wollten wir eine richtige Band machen. So ist es dann eben Instrumentalrock geworden. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Wenn schon keiner mit uns spielen will, dann nehmen wir eben die Elektronik zu Hilfe. So bin ich zur Elektronik gekommen. Es ist nicht so, dass ich jetzt Elektronik machen will, es ist eben niemand anderes da, der mit mir spielt. Da muss ich eben so arbeiten (lacht).

Stephan: Wie viel CDs hast du jetzt am Start?

Guido: Jetzt sind es fünf.

Stephan: Und du produzierst seit 2003?

Guido: Ich produzieren eigentlich seit 1987, mit meinem Vierspur-Kassettenrekorder. Es gibt ja auch die ersten drei Demotapes, die ich wohl nie veröffentliche. Vielleicht bring ich mal so eine „Best Of Old Krams“ raus und da kommen dann ein paar Ausschnitte drauf. Aber die Qualität ist zu miserabel. Mit vier Spuren, mit dem TEAC 144, das rauscht ja schon, wenn man es nur schief anguckt. Aber jetzt mit der AB 16 G, jetzt im digitalen Zeitalter … Wer hätte das vor zehn Jahren gedacht, dass man so eine 16-Spur-Maschine für 2.000 Euro kaufen kann. Das war damals unerschwinglich. In den 80’ern undenkbar, in den 90’ern unbezahlbar und 2000 endlich machbar.

Stephan: Und warum veröffentlichst du deine Musik als CDR’s?

Guido: Mhm, was soll ich denn sonst machen? Von MP3’s halte ich nichts. Ich selbst bin ja immer noch ein leidenschaftlicher CD-Sammler. Ich hab auch gern was in der Hand, mit Cover, also was richtiges. Ich mag auch Schallplatten, obwohl ich keinen Schallplattenspieler hab. Gut, das ein oder andere Label hat schon mal angeklopft, aber ich hab ihnen gleich gesagt, dass ich die Sachen gern in den eigenen Händen hab. Ich verkaufe ja jetzt keine 100.000 CDs. Und so lange, wie ich es noch selbst produzieren kann und mich das nicht überfordert, werde ich das auch so weiter machen. Ja, wenn mal der Tag kommt und es klopft mal ein großes Label an oder ich merke einfach, ich verkaufe jede Woche 100.000-Millionen Stück, dann brauche ich Hilfe (lacht). Dann werden wir mal weitersehen.

Stephan: Gibt es in der Schweiz auch eine Elektronikszene? Du bist ja jetzt seit Jahren da, wie sieht die aus?

Guido: Keine Ahnung (lacht). Ich hole meine Infos auch aus dem Internet und kenne eigentlich auch nur die Namen, die man vom Groove-Katalog oder von Joerg Strawe’s CUE-Records so liest und hört. In der Schweiz …. Ich hab mal gehört, dass da jemand ein Elektronikfestival veranstalten wollte und das ging böse in die Hose. Auch in dieser Musikerkontaktbörse, da steh ich auch öfter mal drin. Also außer Spinner meldet sich fast niemand. Nur so Freaks, die immer so seltsame Ideen haben. Aber ich such ja auch nicht groß in der Szene rum. Ich muss mein eigenes Ding machen, hab noch mein eigenes Leben, was interessiert mich der Rest.

Stephan: Das heißt, dass du eher nicht elektronische Musik sondern andere Stilrichtungen hörst?

Guido: Das stimmt auch nicht. Ich hab jede Menge elektronische Musik. Ich hör zum Beispiel auch gern Joerg Strawe’s Musik (Anmerkungen: Joerg hat zwischen 1990 und 1995 sechs eigene CDs veröffentlicht). Von Tangerine Dream habe ich beispielsweise 112 CDs. Laurie Anderson, Suzanne Vega mag ich ganz gern. Songwriter wie Neil Young, einfach nur mit Gitarre oder Stan Ridgway von Wall Of Voodoo, die inspirieren mich total. Aber natürlich auch Mike Oldfield und ich mag zum Beispiel auch den Gert Emmens. Ich mach jetzt nicht so einen Graben, das ist jetzt Elektronik, das ist Avantgarde, das ist Klassik. Tomita’s Sachen mag ich unheimlich gerne, grad weil er Klassik mit Elektronik mischt. Einfach gute Musik, das ist für mich ausschlaggebend. Ob das jetzt jemand mit zwei Kochlöffeln macht oder ob das ein ganzes Orchester ist, ob das jetzt Blues ist oder ob Elektronik, es muss einfach gut sein, es muss mir einfach gefallen, das ist alles. Und es gibt ja zum Glück in der Elektronikszene viele gute Leute.

Stephan: Vielen dank für das nette Gespräch, es hat eine Menge Spaß gemacht.

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