Y e s   L i v e
Philipshalle, Düsseldorf 08.12.2009
   

    

Die britische Band Yes ist seit Jahrzehnten eine Institution und hat den Progressive Rock Stil prägend beeinflusst. Wenn also solch eine Band auf Tour geht, dann kann sie dies auch tun, ohne ein neues Album zu promoten (das letzte Studiowerk „Magnification“ ist bereits vor acht Jahren erschienen) und schöpft trotz alledem aus einem Füllhorn von Klassikern.

 

     

 

In der langen Bandgeschichte gab es einige Umbesetzungen, aber dass die Band mit Ersatz auf Tour geht, so wie in diesem Winter, das gab es bisher nicht. Von den angestammten Mitgliedern standen Steve Howe (Gitarre), Chris Squire (Bass) und Alan White (Schlagzeug) auf der Bühne. Daneben ersetzte Oliver Wakeman (Sohn von Rick Wakeman) seinen Vater an den Keyboards und der aufgrund von gesundheitlichen Gründen derzeit nicht zur Verfügung stehende Sänger und Frontmann Jon Anderson (er konnte auch 2008 nicht auf die Bühne, was zur Absage der letztjährigen Tour führte) wurde vom Kanadier Benoit David, der sich bereits seine Meriten in einer Yes-Tributeband verdient hat, vertreten.

 

    

 

In dieser Besetzung sind sie auf großer Europa-Tournee und machten auch am 08.12.2009 in der Düsseldorfer Philipshalle halt. Die Halle war geteilt und bestuhlt. Für Rockkonzert ist eine Bestuhlung eher hinderlich, doch zum einen sind die Fans der Band ebenfalls ins Alter gekommen und zum anderen kann man die sehr symphonische und filigrane Musik der Band auch gut im Sitzen genießen.

 

    

 

Zunächst erklang das übliche Ritual, die „Firebird Suite“, zu der die Band auf die Bühne kam um dann mit dem Longtrack „Siberian Khatru“ das Konzert zu eröffnen, bei dem sich die neuen gleich mal gut in die Band einfügen konnten und zeigten, was in ihnen steckt. Zwar kann Benoit dem großen Anderson nicht das Wasser reichen, dazu fehlt ihm zum einen das Charisma und kann darüber hinaus auch nicht die komplette Bandbreite der Gesangsstimme von Anderson vorweisen, doch machte er eine erstaunlich gute Figur. Für meinen Geschmack haben Yes hier einen guten Vertreter gefunden, da durch Benoit David der Spirit der Songs erhalten bleibt.

 

    

 

Und auch Oliver Wakeman zeigte, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, denn auch er zeigte ein ums andere Mal, dass er es spieltechnisch absolut drauf hat und sich nicht im Schatten seines Vaters verstecken braucht. Dabei wirkte Oliver recht cool hinter seinen Keyboards und verzog über weite Strecken des Konzertes kaum eine Mine.

 

                   

 

Steve Howe ist ein „Professor“ an seinem Saiteninstrument, dass beweist er kontinuierlich seit Jahrzehnten. Ihm bei an seiner Gitarre zuzusehen macht einfach nur Spaß. Der Mann spielt die kompliziertesten Passagen in einer traumwandlerischen Sicherheit, dass man ins Staunen gerät. Dabei geht er – wie man es von ihm kennt – recht sachlich zu Werke. Alan White zeigte hinter seiner Schießbude ebenfalls keine Alterserscheinungen, ganz im Gegenteil. Er war – neben Bassist Chris Squire – der Motor der Band und hatte trotzdem seine Momente, in denen er ebenfalls filigrane Arbeit abliefern konnte. Das zeigte er beispielsweise in einem mehrminütigen Drumsolo im Stück „Astral Traveller“. Dabei übertrieb er es nicht sondern legte das Solo druckvoll und doch filigran an. Chris Squire haute ein ums andere Mal heftig in die Saiten seines Basses um druckvolle fette Bassläufe aus den Boxen zu schleudern. Zumindest in der ersten Reihe (in der ich saß) konnte man die Musik dadurch nicht nur hören, sondern auch spüren.

 

    

                   

 

Benoit hatte sich auf die Deutschland-Konzerte gut vorbereitet, denn er richtete vor dem Stück „Onward“, das er, wie er sagte, sehr liebt, einige Worte auf deutsch an das Publikum. Zwar ist das nichts Neues, doch es kommt immer wieder gut an. Und im späteren Verlauf kam er dann noch mit einem T-Shirt auf die Bühne, das den Namenszug „Düsseldorf“ trug. Eine nette Geste, wie ich finde.

 

    

 

Bei „Onward“ glänzten Yes durch einen sehr schönen Satzgesang von Benoit und Chris, bei „Astral Traveller“ schwebten streckenweise auch psychedelische Klänge durch den Raum und der Instrumentalteil wusste auf voller Länge zu überzeugen. Alan White bekam hier sein Drumsolo und erntete dafür stürmischen Applaus. In „Yours Is No Disgrace“ kam dann Howe zu seinem ersten Solo, nur begleitet von White’s angepasstem Schlagzeugrhythmus. Dabei ließ Howe sogar einige jazzige Figuren in den Song einfließen. Bei „And You And I“ boten sie gar einen Satzgesang, in den neben Benoit und Chris auch Steve Howe mit einsetzte. Das gab dem Ganzen noch mehr Volumen. Und zu guter letzt griff Chris Squire auch noch zur Mundharmonika.

 

    

 

Während des Stückes „Machine Messiah“ schnappte sich Benoit eine Akustikgitarre und spielt darauf einige Passagen, wanderte Gitarre spielend mit Squire über die Bühne und nutzte sein Instrument schließlich um wie mit einem Gewehr auf das Publikum zu zielen. Zwischendrin durfte natürlich auch der größte Hit der band, „Owner Of The Lonely Heart“, nicht fehlen. Der Song unterbrach zwar ein bisschen die proggige Atmosphäre, da er halt in der kommerzielleren Phase der Band entstand, doch kommt er immer noch gut beim Publikum an. Den Abschluss des offiziellen Teils bildete dann „Roundabout“, zu dem die Besucher auf ein Zeichen von Benoit aufstanden und viele bis an den Bühnenrand kamen um sich direkt vor ihre Heroen zu platzieren, ein gutes Foto zu schießen oder einfach zu tanzen. Ab diesem Moment kam dann auch Rockkonzertatmosphäre auf. Die einzige Zugabe an diesem Abend wird dann mit einer tollen Version von „Starship Trooper“ zelebriert. Nach gut zweieinhalb Stunden Konzert verabschiedeten sich dann die Briten und hinterließen eine zufriedene Fangemeinde.

 

    

    

 

Die Bühne bestand aus runden, weißen Flügeln im Roger Dean-Stil, die während der Show unterschiedlich angestrahlt wurden, was einen sehr schönen Effekt ergab. Allerdings war das auch schon alles an Showelementen. Die Fünf verließen sich bei ihrem Konzert ganz auf die Ausstrahlung und Interpretation ihrer Stücke und verzichteten auf überbordende Effekte. Das tat dem Konzert auch sehr gut. Gefallen hat mir auch, dass die Bühne nicht so tief war und die Musiker recht nah am Bühnenrand agierten, damit waren sie nur wenige Meter von den Zuschauern entfernt. So entstand eine gewisse Nähe, die sich zum Ende des Konzertes noch einmal verstärken sollte.

 

    

 

Zum Sound ist zu sagen, dass ich ihn von der rechten Seite der ersten Reihe beurteilen muss. Dort war er zunächst druckvoll, aber ging gut ins Ohr, was sich aber im Verlauf des Konzertes an einigen Stellen änderte. Da mussten dann Ohrstöpsel für Abhilfe sorgen. Während Howe’s Gitarre und Squire’s Bass sehr dominant aus den Boxen kamen, waren Schlagzeug und vor allem Oliver’s Keyboards an mehreren Stellen recht dünn im Gesamtsound integriert. Dass dies nicht nur in den vorderen Reihen so war, das wussten einige Besucher nach dem Konzert zu berichten. Dieser Umstand war äußerst bedauerlich, da so einige wesentliche Elemente in der Musik von Yes an mehreren Stellen verloren gingen. Das führte aber nicht zu einer großen Einschränkung des Konzertes. Insgesamt zeigten Yes, dass sie immer noch zur Speerspitze des Progressive Rock gehören und sie es verstehen, ihre doch recht komplizierten Stücke live sehr gut auf die Bühne zu bringen.

 

    

 

 
 

Setlist

Intro - Firebird Suite

Siberian Khatru
I’ve Seen All Good People
Tempus Fugit
Onward
Astral Traveller
Yours Is No Disgrace
And You And I
Auszug aus Vivaldis Vier Jahreszeiten (Howe-Solo)
Intersection Blues (Howe-Solo)
Owner Of The Lonely Heart
Southside Of The Sky
?
Machine Messiah
Heart Of The Sunrise
Roundabout
 

Zugabe

Starship Trooper

 

 
  Stephan Schelle, 09.12.2009