Tony Levin - l i v e
(Jazzclub domicil, Dortmund 16.05.2009)
 

 

Die Bass-Legende Tony Levin gastierte im Rahmen seiner ausgedehnten Stick Men-Europatournee am 16.05.2009 im Jazzclub domicil in Dortmund. Impuls-Promotion in Zusammenarbeit mit WIV-Entertainment hatten den Ausnahmemusiker zum letzten Deutschlandgig der Tour ins Ruhrgebiet geholt. Neben Tony stand sein Kollege aus King Crimson-Zeiten, Pat Mastelotto an den Drums sowie der Gitarrist Michael Bernier auf der Bühne.

 

    

 

     
Von links: Michael Bernier, Pat Mastelotto und Tony Levin

 

Tony Levin & Co. treten zwar unter dem Namen Stick Men auf, weil Tony’s letztes Album so benannt ist, aber auch die Instrumentierung gibt der Projektbezeichnung einen tieferen Sinn. Während Pat mit seinen Drumsticks das Schlagzeug bedient, nutzen Tony und Michael einen so genannten Chapman Stick. Das ist ein Instrument, das äußerlich wie ein bundloser Bass (Fretless Bass) aussieht, aber mehr Saiten aufweist und dadurch eine klanglich höhere Bandbreite bietet. Die Musiker haben bei diesem Gerät die Möglichkeit – rein durch den Druck auf die Saiten (sie müssen nicht gezupft werden) – sowohl eine Basslinie zu spielen, als auch gleichzeitig Passagen zu zaubern, die an eine normale Gitarre erinnern.

 

    

 

    

 

In dem sehr schönen Konzertraum, mitten in der Innenstadt von Dortmund, zeigten die drei sehr gut aufgelegten Musiker, welch außergewöhnliche Könner sie an ihren Instrumenten sind. Fasziniert konnte ich dem Treiben auf der Bühne aus unmittelbarer Nähe zusehen. Tony flog in traumwandlerischer Sicherheit über die Saiten seines Instrumentes und nutzte zwischendurch auch einen Bogen, mit dem er die Saiten strich, um so atmosphärische Klänge aus seinem Chapman Stick herauszuholen. Gleiches galt für Michael Bernier, der ebenfalls gekonnt an seinem Chapman Stick agierte und sich auch von einem sich lösenden Stecker nicht irritieren ließ.

 

    

 

                   

 

Pat Mastelotto ist ebenfalls ein unglaublicher Könner seines Fachs. Neben sehr vertrackt angelegten Rhythmuspassagen bediente er noch gleichzeitig elektronische Gerätschaften, auf denen er Samples abrief oder elektronische Klänge erzeugte, die teilweise über einige E-Drums oder auch per Hand gesteuert wurden. Das zeugt von einer hohen Koordinationsfähigkeit. Es war schon sehr beeindruckend ihm zuzusehen, wie er neben dem Rhythmus auch noch melodische Parts mit einstreute. Und überhaupt wirkte Pat nicht nur wie ein Drummer, der nur für den nötigen Drive sorgt, vielmehr zauberte er aus seinem Drums äußerst raffiniert arrangierte und vertrackte – teils improvisierte – Schlagfolgen.

 

     

 

                 

 

Auf dem Programm standen einige Stücke aus dem Solorepertoire von Tony, darunter auch ein neues Stück, das bisher noch unveröffentlicht ist. Daneben spielten die drei auch noch drei Tracks von King Crimson und mit „Sleep Is Wrong“ einen Titel der amerikanischen Band Sleepytime Gorilla Museum, die sie – wie Tony sagte – sehr verehren. Immer mal streute Tony einige Infos, die er dem Publikum zum Besten gab, in die kurzen Pausen zwischen den Stücken ein. So leitete er beispielsweise augenzwinkernd und mit einer Portion Humor zum Stück „Soup“ mit dem Kommentar über, dass der Organisator des Konzertes der Band kein vernünftiges Mittagessen ausgegeben habe, stattdessen habe die Ehefrau nur eine Suppe gekocht. Aus diesem Wort und dem Dialog, der sich daraus zwischen den drei Musikern ableitete (was die Betonung des Wortes betraf), entwickelte sich der Beginn des Stückes.

 

     

 

    

 

Die Kost, die das Trio bot, war nicht gerade leicht verdaulich, kamen doch für normale Hörer (wie ich es einer bin) die melodischen Parts etwas kurz. Aber der Rhythmus, den die drei da auf der Bühne entfachten und die filigrane, teils sehr vertrackte Spielweise, waren umso faszinierender. Stilistisch lagen die Stücke in der Schnittmenge von King Crimson und auch Pat Mastelotto’s Projekt Tuner. Am Rande war zu hören, dass Tony auf der letzten Tour, als er mit einer fünfköpfigen Band unterwegs war, melodischer zu Werke gegangen ist.

 

     

 

     

 

Bei dem Stück „Fugue“ streute Pat einen Reggae-Rhythmus ein, der dem sperrigen Set dann doch noch eine gewisse Lockerheit verschaffte. Und auch Slow Glide zeigte sich von seiner melodischeren Seite. In einem Stück schienen sich die drei Musiker mit ihren eingestreuten Sounds gar übertrumpfen zu wollen und vollführten einen wahren Dialog aus teils schrägen Klängen. Das war sehr spannend zu beobachten und zeigte, dass sie hier recht spontan miteinander umgingen. Mit dem King Crimson-Stück „Elephant Talk“ endete das Konzert unter großem Jubel der Zuschauer.

 

    

 

    

 

Das nicht nur die Besucher an dem Gig Spaß hatten, konnte man dem Trio deutlich im Gesicht ablesen. Trotz der Konzentriertheit, die die recht schwierig zu spielenden Passagen erforderte, huschte so manches herzliche Lachen über die Gesichert der Musiker. Und es blieb auch darüber hinaus noch genug Platz für Improvisationen. Erstaunt hat mich auch, dass man einen derartigen Sound aus diesem, auf den ersten Blick recht spärlichen, Instrumentarium herausholen kann.

 

     

 

    

 

Es war ein wirklich außergewöhnlicher Gig, den Tony mit Pat und Michael da absolvierte. Wer sich auf Musik der etwas extremeren Art einlassen kann – jenseits von harmonischen Melodiefolgen -, dem wurde von drei Ausnahmemusikern eine aus musiktechnischer Sicht perfekte Show geboten. Tony Levin live - ein Erlebnis der besonderen Art mit einem hohen Maß an Qualität.

 

     

 

    

Setlist

Welcome

Sasquatch

Slow Glide

Uprising

Shadow / Fierce

Red

Speedbump

Metro

Fugue

Soup (Zuppe)

Indisco

 

Zugabe

Arabian

Sleep Is Wrong

Relentl

Elephant Talk

Stephan Schelle, 17.05.2009