RPWL   L i v e
Heinz Hilpert Theater, Lünen 03.11.2016
   

    

Die Münchner Band RPWL hat sich im Herbst 2016 auf den Weg gemacht um eine ganz besondere Pink Floyd-Show zu spielen. Auf dem Programm steht die 1969’er Show „The Man And The Journey“. Sie bestand damals aus Improvisationen und Stücken, die bisher nicht offizielle veröffentlicht wurden. Ein paar Ideen wurden später benutzt um auf „Ummagumma“ und „Relics“  unter anderem Namen zu landen bzw. stammten vom kurz zuvor veröffentlichten „More“ und wurden beim Konzert unter anderem Namen gelistet. Bisher gab es lediglich ein Bootleg von der Show, das soll sich aber im November diesen Jahres ändern, wenn die umfangreiche Box „The Early Years 1965 – 1972“ herauskommt. Aber zurück zu RPWL:

     

    

Das Konzert in Lünen, im bestuhlten Heinz-Hilpert Theater, bestand aus zwei Teilen. Das erste Set beherrschten die Pink Floyd-Sounds, während das zweite Set ein History-Gig aus RPWL-Songs darstellte. Die Zuschauer bekamen so – wie Yogi Lang es anfangs betonte – ein zweites Konzert gratis obendrauf.

     

    

Doch bevor die Band die Bühne um kurz nach 20 Uhr betrat, wurde Werbung in eigener Sache gemacht. Auf den durchsichtigen Vorhängen der Bühne wurde das Video zum Song „Blackened“ vom neuen Blind Ego-Album „Liquid“ gezeigt, einem Sideproject von Gitarrist Kalle Wallner. Dann betraten die fünf Musiker Yogi Lang, Kalle Wallner, Markus Jehle, Werner Taus und Marc Turiaux die Bühne und legten nach einigen einführenden Worten von Yogi mit der Musik von Pink Floyd los.

     

    

In diesem ersten Teil, den sich die RPWL-Musiker durch abhören des Bootlegs draufschafften, brannten sie ein ca. 80minütiges psychedelisches Feuerwerk der Extraklasse ab. Yogi meinte noch, das 1969 so einiges an berauschenden Mitteln im Publikum unterwegs gewesen sei und hoffte dass das heute nicht der Fall ist. Aber ganz ehrlich, die Musik war schon ein Rauschmittel für sich und zeigte, wie genial und verrückt Pink Floyd anno 1969 waren. Der erste Teil „The Man“ stellte den normalen Tagesablauf eines arbeitenden Mannes dar, während „The Journey“ einen eher mystischen Ansatz verfolgte.

    

    

Während die Band die psychedelischen Stücke spielte, wurde auf der hinteren Leinwand, die aus mehreren durchsichtigen Vorhängen bestand, Bild- und Filmmaterial gezeigt, das sehr gut zur Musik passte. Durch die Vorhänge wurde darüber hinaus noch ein dreidimensionaler Effekt erzeugt.

    

     

Mit Naturgeräuschen, die wie von einem Teich in einem Wald zu stammen schienen, begann das Konzert. Darauf legten RPWL dann sanfte Gitarren, die schon stark nach Pink Floyd der frühen Jahre aber auch zugleich zeitlos klangen. Nach einigen Momenten setzte dann Yogi’s sanfter Gesang ein, während auf der Leinwand auf einem grünen Wiesenhintergrund zahlreiche Bilder von Flora und Fauna zu sehen waren. Dazu waren immer noch die Naturgeräusche im Hintergrund zu hören. Diese wunderbare Atmosphäre, die den Geist umschmeichelte, zog einen im Publikum in einen psychedelischen Sog. Das einfühlsame Keyboardspiel von Markus Jehle, das Orgellänge hervorrief, verstärkte diesen Eindruck noch.

    

    

Dem folgte der Titel „Work“, bei dem die Band nun recht rhythmisch zu Werke ging, während passend dazu im Hintergrund Bilder von einer Eisenbahnfahrt und Maschinen gezeigt wurden. Während Kalle aus seiner Gitarre viele Rhythmische Motive zauberte, sorgte Yogi mit diversen Utensilien aus einem Werkzeugkasten für die irrsten Klänge.

     

    

Dann setzte plötzlich eine Pause ein, in dem die Band sich vollzählig an einen Tisch am Bühnenrand setzte, während auf der hinteren Leinwand „No Signal“ zu lesen war. Jetzt machten die Fünf eine Brotzeit mit Zeitung lesen, Essen und Trinken. Dabei agierten RPWL wie eine Theatergruppe, die sich nicht von dem Publikum ablenken ließ. Eine sehr witzige Einlage. Als die Band dann wieder an ihre Instrumente rückte, kamen ein Gitarren- und Rhythmuspart auf, die in ein Blues getränktes Stück mit dem Titel „Afternoon“ überging.

    

    

In „Doing It“ wurde es dann das erste Mal mystisch, da nun Pauken und Gongschläge sowie psychedelische Gitarrenläufe für eine eigenartige Atmosphäre sorgten. Tickende Uhren und Xylophon artige Klänge sorgten dann in „Sleep“ für eine Atmosphäre wie in einem unheimlichen, mysteriösen Traum. Auch das wunderschöne Stück „Cymbaline“, das RPWL schon mehrfach in einer eigenen Version aufgeführt hatten, gehörte zum Set, trug hier aber den Namen „Nightmare“. Naturgeräusche beendeten dann den ersten Teil. Dieser ging dann nahtlos in „The Beginning“ (das Stück wurde als „Green Is The Colour“ für den Soundtrack „More“ verwendet) von „The Journey“ über, das mit einer wunderbaren Akustikgitarrenmelodie von Kalle und Yogi‘s einfühlsamem Gesang startete.

    

    

Vorbeiziehende weiße Punkte auf schwarzem Hintergrund, die wie Sterne aussahen, waren jetzt bei „Beset By Creatures Of The Deep“ (einer Variante von „Careful With That Axe, Eugene“) zu sehen. Dahinein wurden mehrere Bilder mit verschiedenen Tieren abgebildet. Das Stück selbst zeigte sich von einer überaus hypnotischen und typischen Pink Floyd artigen Weise. Ein Genuss für alle Sinne. „The Pink Jungle“ machte seinem Namen alle Ehre, denn hier kamen Urwaldgeräusche auf, die mit recht jazzigen Klängen unterlegt wurden. Markus Keyboardsolo beeindruckte in diesem Stück. Dem stand das psychedelische „The Labyrinths Of Auximines“ gegenüber, in dem Yogi schräge Klänge aus seinem Synthie holte. Mit sakralen Orgelklängen zu rockigen Passagen, in dem Werner Taus am Mikro durch seinen Gesang glänzte, endete dann der Pink Floyd-Teil des Abends sehr eindrucksvoll und hymnisch.

    

   

Sehr zu empfehlen ist die CD/DVD, die RPWL bei einem ihrer Konzeptshows unter dem Titel „RPWL plays Pink Floyd’s The Man And The Journey“ in diesem Jahr veröffentlicht haben. Darauf ist ein Konzert zu sehen, bei dem RPWL am 13.02.2016 diese Show im niederländischen Helmond aufgezeichnet haben.

      

    

Nach einer gut 20minütigen Pause, die sich die Fünf redlich verdient hatten und bei der sie neben dem Aufladen ihrer Akkus auch den Schalter umlegen mussten um sich jetzt auf ihre eigenen Songs zu konzentrieren, starteten sie ein weiteres gut 70minütiges Set mit Songs aus ihrem reichhaltigen Repertoire. Dabei hatten sie Stücke aus ihren Alben „God Has Failed“, „Trying To Kiss The Sun“, „Stock“, „World Through My Eyes“ und „The RPWL Experience“ ins Programm genommen.

     

    

RPWL, die als Pink Floyd-Coverband begonnen haben, veröffentlichen seit dem Jahr 2000 Alben mit eigenen Songs. Den Beginn des Sets machte dann mit „Hole In The Sky“ das erste Stück ihres Debütalbums „God Has Failed“, das ein wahrer Klassiker der Band ist. Mit dem sehr floydigen Stück zu beginnen war der perfekte Übergang zum musikalischen Kosmos von RPWL. Bei früheren Konzerten wurde dieses Stück im quadrophonischen Sound live präsentiert. In Lünen kam dieser Sound allerdings nur ansatzweise rüber, was aber nicht die Qualität des Stückes schmälerte, ganz im Gegenteil.

    

    

Yogi war an diesem Abend in Erzähllaune und gab vor jedem Song ausführlich Informationen, die er sehr humorvoll vortrug. So erzählte er, dass ihre Musik von Kritikern anfangs immer als Progressive Rock kategorisiert wurde. Sie waren selbst überrascht von den Kritikern zu hören, welche Art von Musik sie machten. Ein Chefredakteur einer Progressiverock-Zeitschrift hat dann abschließend auf Yogi’s Nachfrage ihre Musik als „Modern Art Prog“ bezeichnet. Man sollte es aber so nehmen wie ein Besucher bei einem Hamburger Konzert, wie Yogi erzählte: „Ist doch wurscht, Hautsache geil“.

    

    

In „The Gentle Art Of Swimming“ hatten dann Kalle, Markus und Marc die Chance mit wunderbaren Soli zu glänzen. Kalle ließ dabei seine E-Gitarre jaulen und Markus zauberte sehr schöne Melodien auf seinen Keyboards, die streckenweise nach Manfred Mann klangen. Marc haute dann zum Ende des Stückes ein mehrminütiges Solo auf dem Schlagzeug raus, bei dem ihm seine Kollegen die Bühne überließen.

    

    

Das Stück „This Is Not A Progsong“, in das sie Zitate aus den schlechtesten Reviews textlich eingebaut haben, hatten die Jungs auf 10 Minuten ausgeweitet. Wie gewohnt bauten sie zur Freude des Publikums wieder zahlreiche Passagen von bekannten Songs aus dem Rockbereich ein. Und natürlich durfte der humorvolle Seitenhieb auf Wolle Petry’s Schlager „Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hölle“ nicht fehlen. Mit „Home Again“, einem Stück, das sie lange nicht live gespielt haben, endete dann der offizielle Teil ihres Sets.

    

    

Als Zugabe wählten RPWL ihr wunderbares Stück „Roses“, bei dem am Ende zahlreiche Besucher lauthals den Refrain mitsangen. Der Song wurde in einer siebenminütigen Fassung gespielt, die einen würdigen Abschluss des Konzertes darstellte. Das Publikum skandierte dies dann mit minutenlangen Standing Ovations.

    

    

 

 
 

Setlist

1. The Man And The Journey

Part 1 The Man
Daybreak Part I
Work
No Signal
Afternoon
Doing It
Sleep
Nightmare
Daybreak Part II

2. The Journey

The Beginnning
Beset By Creatures Of The Deep
The Narrow Way
The Pink Jungle
The Labyrinths Of Auximines
Behold The Temple Of Light
The End Of The Beginning

RPWL-History

Hole In The Sky
Breath In Breath Out
The Gentle Art Of Swimming
This Is Not A Progsong
Silenced
Home Again

Zugabe

Roses


 

 
  Stephan Schelle, November 2016