Roger Waters - The Wall live
ESPRIT Arena, Düsseldorf, 18.06.2011
 


    

Roger Waters mit „The Wall” ist ganz großes Kino. Leider hatte ich einen ungünstigen Platz im Innenraum und konnte die Bühne – also das was hinter der geöffneten Mauer passierte – nicht einsehen. Und doch war das Konzert ein unglaubliches Erlebnis, denn visuell bot es eine Menge und klanglich war es auf allen Plätzen, also auch an den Seiten, vom allerfeinsten.

    

    

    

Der Großteil der Bühne war bereits durch die Mauersteine bedeckt. Nur in der Mitte war noch ein Keilförmiger Spalt geöffnet, durch den man die Band bei den ersten Stücken agieren sehen konnte. Darüber war die von Pink Floyd bekannte runde Leinwand angebracht.

    

    

    

Neben Roger Waters, der an Gitarre, Bass und für den Gesang zuständig war, gehörten zur Begleitband Robbie Wyckhoff (Gesang), Graham Broad (Schlagzeug), Dave Kilminster (Gitarre), Ge Smith (Bass, Gitarre), Snowy White (Gitarre) Jon Carin (Keyboards), Harry Waters (Hammond Orgel), Jon Joyce (Backgroundgesang), Kipp Lennon (Backgroundgesang), Mark Lennon (Backgroundgesang) und Pat Lennon  (Backgroundgesang). Und jeder von ihnen machte einen hervorragenden Job.

                   

    

    

Uniformierte Personen, darunter natürlich Roger Waters, betraten zu Beginn (die Militärs hatten die Puppe dabei) die Bühne und los ging eine gut zweistündige Show, die keine Wünsche übrig ließ. Fahnenschwenkende Statisten, Funkenregen und Feuerwerksraketen, die an die Hallendecke schossen und dann mit einem echt klingenden Absturzgeräusch rauschte die Stuka in die Mauer. So furios begann das Spektakel in der Esprit-Arena von Düsseldorf.

    

     

An den Seiten der mittleren weißen Mauersteine, auf denen die aufwendigsten Projektionen gezeigt wurden, waren bunte – wie angemalt wirkende – Teile der Mauer fest angebracht. Auf diesen wurden Livebilder von der Show projiziert, die allerdings durch den farbigen Untergrund – zumindest aus der Nähe - nicht so deutlich waren. Man konnte aber zumindest einen Teil der Show auch von der Seite genießen.

     

    

Soundtechnisch wurde ganz großes Kaliber aufgefahren. Nicht nur das in jeder Ecke der Halle der Sound glasklar zu hören war, es machten sich auch überall quadrophonische Effekte bemerkbar, wie etwa nach „Another Brick In The Wall Pt. 1“, als ein Helikopter durch den Raum zu fliegen schien. Ich hörte die Propeller förmlich durch den Raum kreisen und suchte die Halle nach dem Fluggerät ab, das aber nicht zu finden war sonder nur audiomäßig erzeugt wurde. In derartiger Perfektion habe ich einen Livesound noch nie gehört.

    

    

    

Während langsam die Mauer geschlossen wurde, traten die bekannten Personen wie der Lehrer (hier wurde dann auch von einem Kinderchor, der dazu auf die Bühne kam, der Refrain in „Another Brick In The Wall Pt. 2“ mitgesungen) und die Ehefrau, die in Übergroßem Format vor der Bühne ragten, auf.

    

    

    

Beim Song „Goodbye Blue Sky“ verdunkelte sich die Mauer und Bomber kamen angeflogen. Aus den Ladeklappen fielen dann sehr schön animierte Zeichen für den Kapitalismus wie zum Beispiel ein Mercedes-Stern, eine Shell-Muschel, Doller- und Euro-Zeichen (sie kamen in roter Farbe auf dem grauen Hintergrund sehr gut zur Geltung). Und so stieg dieses Rot wie Blut an und nahm die ganze Fläche ein. Und zu „Don’t Leave Me Now“ stand plötzlich die überdimensionale Ehefrau (ganz in grün) mit ihren leuchtenden Augen und Lippen vor der Bühne. Das war schon ein imposantes Bild. Zumal die Farbspiele auf der Mauer so gut animiert waren, das man sie nicht als Projektionen wahrnahm. Es wirkte förmlich so, als flössen Farbstreifen die Wand herunter.

    

    

    

Nach der Pause startete Roger mit „Hey You“, zu dem lediglich die Mauer in einem Grauton erstrahlte. Zu Beginn von „Is There Anybody Out There?“ gingen Suchscheinwerfer durch das Publikum, was eine bedrückende Stimmung erzeugte, so als würde nach jemandem gesucht. Bei „Nobody Home“ klappte eine Seite aus der Mauer und man sah Roger in der bekannten Hotelzimmer-Szene, wo er in einem Stuhl vor einem Fernseher sitzt (mit der Stehlampe daneben). Das war noch einmal ein sehr eindrucksvoller Showteil. Aber was schreibe ich, das Gesamtkunstwerk war beeindruckend, und zwar ohne Abstriche. Das eindringliche „Bring The Boys Back Home“ wurde durch große Lettern auf der Mauer eindrucksvoll unterstrichen.

    

    

    

Die von Gerald Scarfe kreierten Figuren, die nicht als überdimensionale Puppen in die Show integriert waren (wie zum Beispiel die Mutter oder der Richter) – zumindest waren sie von meinem Platz aus nicht zu sehen - waren in großen Projektionen auf der Mauer zu sehen. Teilweise hatte ich sogar das Gefühl, dreidimensionale Effekte (wie etwa bei dem Teil, als die Mauer sich aufzulösen schien – und ein Dreieck sich herausdrehte - auf der Mauer bestaunen zu können.

    

                   

    

Bei „Comfortably Numb“ waren die Effekte bzw. Filmsequenzen der Mauer besonders bedrohlich. Wie die Chinesische Mauer, so geschwungen zeigte sich das Bollwerk in der beeindruckenden Animation. Roger ging suchend an der Mauer entlang, während  Dave Kilminster (nehme ich an, konnte es von meinem Platz nicht genau sehen) über der Mauer ragend den Gilmour-Part auf der Gitarre spielte. Durch einen Faustschlag von Roger zerplatze dann die Mauer in bunten Farben und es entstand eine friedliche, bunte Szenerie, die aber sofort von aufkommenden Säulen abgelöst wurde und Augenblicke später schon wieder in einen bedrohlichen, militärischen Part wechselte.

    

    

    

Zu „In The Flesh 2“ schwebte dann ein großer Ballon in Form eines Schweines (es wurde ferngesteuert und konnte sich somit frei in der Halle bewegen) über die Köpfe der Zuschauer. Wieder so ein beeindruckender Teil der Show. Dann kamen die uniformierten wieder auf die Bühne und auch die Band platzierte sich zum Ende hin vor die Mauer (Instrumente inkl. Schlagzeug wurden aufgebaut). Roger zog sich die Uniform an, in der er bedrohlich wirkte und schoss mit einer Maschinenpistolenattrappe ins Publikum (Das gehört zum Thema des Albums und spiegelt nicht den Charakter von Roger Waters wider, ganz im Gegenteil). Hier demonstrierte Roger Waters wieder das hässliche Gesicht der Macht.

                   

    

    

Es folgte mit „Run Like Hell“, der rockigste Song des Albums. Und nach „The Trial“ wurde dann die Mauer, mit einem wuchtigen Sound untermalt, eingerissen. Wow, welche Dramatik. Den letzten Song „Outside The Wall“ präsentierte die komplette Band mit Akustikinstrumenten (darunter Trompete, Ukulele, Akustikgitarre, Banjo, Perkussion) direkt vor dem „Schutthaufen“ der eingestürzten Mauer.

    

    

    

Ein tosendes Publikum quittierte am Ende der Show diesen furiosen Auftritt, der mit der Vorstellung der Band endete. Dazu schwebte von der Hallendecke ein bunter Konfettiregen auf die Zuschauer herab, die es jetzt nicht mehr auf den Sitzen hielt und die an den Bühnenrand gestürmt waren. Standing Ovations für eine perfekte Show, die neben erstklassigem Sound, Effekten vor allem die Story sehr gut umsetzte.

    

    

Wenn Roger Waters eine Tournee plant, dann kommt wirklich großes Kino dabei heraus. „The Wall 2011“, ein Konzert, dass man so leicht nicht vergessen wird. Es ist nur zu hoffen, dass dieses Meisterwerk auf DVD erscheinen wird.

                   
 

 
 

 

Setlist

 

Outside The Wall
In The Flesh
The Thin Ice
Another Brick In The Wall Part 1
The Happiest Days Of Our Lives
Another Brick In The Wall Part 2
Mother
Goodbye Blue Sky
Empty Spaces
What Shall We Do Now?
Young Lust
One Of My Turns
Don’t Leave Me Now
Another Brick In The Wall Part 3
Last Few Bricks
Goodbye Cruel World

 

Pause

 

Hey You
Is There Anybody Out There?
Nobody Home
Vera
Bring The Boys Back Home
Comfortably Numb
The Show Must Go On
In The Flesh 2
Run Like Hell
Waiting For The Worms
Stop
The Trial
Outside The Wall

 

 

 
  Stephan Schelle, 19.06.2011