The Musical Box Live, 27.10.2008
Grugahalle, Essen
 


    

The Musical Box ist die offizielle Genesis-Coverband. Ihr Markenzeichen ist die naturgetreue Wiedergabe der Genesis-Konzerte aus den 70’ern. Aus diesem Grund kann man von ihnen schon nicht mehr als Coverband, sondern muss von einer 1:1 Kopie sprechen. Nach „Foxtrott”, „Selling England By The Pound” und „The Lamb Lies Down On Braodway” steht in 2008 die „A Trick Of A Tail”-Tour an. Für mich ein ganz besonderes Erlebnis, war „A Trick Of A Tail” aus dem Jahr 1976 doch die erste musikalische Begegnung mit Genesis für mich. Und ein weiterer Punkt, ich hab leider nie ein Konzert der Band in den 70’er Jahren erleben dürfen.

    

     

Und auch für Genesis war das Jahr 1976 von Bedeutung. Nach dem Austritt von Peter Gabriel glaubten alle, dass die Band nicht überleben würde, doch Phil Collins übernahm den Part als neuer Sänger und Studioschlagzeuger und führte die Band in eine neue Ära. Nach dem sensationellen Album „A Trick Of A Tail“, mit dem kaum einer gerechnet hatte, ging die Band auf Welt-Tournee, verstärkt um den Gastmusiker Bill Bruford, der sich u. a. mit Phil einige Schlagzeugduelle lieferte. Dieses Zeitdokument wurde von The Musical Box eingefangen und wird nun, im Herbst 2008 auf den Bühnen Europas präsentiert.

    

    

Das sechste und letzte Deutschlandkonzert während dieser Europatournee bestritten die aus Kanada stammenden The Musical Box am 27.10.2008 in der Essener Grugahalle, die ja schon so einige Rockhighlights erleben durfte, man erinnere sich nur an die legendären Rockpalastnächte. Nun kommt mit The Musical Box ein weiteres Highlight hinzu, denn die sechs Musiker David Myers (als Tony Banks),  Gregg Bendian (als Bill Bruford),  François Gagnon (als Steve Hackett), Sébastien Lamothe (als Michael Rutherford) und die beiden Denis Gagné und Marc Laflamme (als Phil Collins) entführten die Zuschauer durch einen musikalisch und optischen Zeitsprung in die 70’er zurück. Ursprünglich sollte den Phil Collins-Part Ron Belgard übernehmen, doch wenige Wochen vor der Tour wurde bekannt, dass er nicht mehr zur Band gehört. Aus diesem Grund sprangen Denis (Gesang) und Marc (Schlagzeug-Part) ein. Die beiden haben sich optisch aufeinander abgestimmt (beide sind für die Show mit einem wuschigen Bart und lange Haaren, wie Phil sie damals trug, ausgestattet), so dass sie ab der fünften oder sechsten Reihe nicht voneinander zu unterscheiden sind. Auch wechseln sie sich geschickt ab, so dass die Arbeitsteilung nicht gleich auffällt und die Illusion eines singenden und Schlagzeugspielenden Phil Collins hervorragend rüber kommt.


Schlagzeugduell zwischen Gregg Bendian als Bill Bruford und Marc Laflamme als Phil Collins

    

Die Perfektion, die die Musiker an den Tag legten, ist schon grandios. Während die Musiker auf die noch abgedunkelte Bühne kommen und ihre Musikinstrumente kurz stimmen, höre ich wie ein Besucher, der Genesis damals gesehen hat, zu einem anderen sagt, „Dass Stimmen der Instrumente ist damals genau so abgelaufen“. Auch die Zwischenkommentare von Denis, François und Sébastien stimmen mit den Originalkommentaren aus 1976 überein. Und wenn man Denis auf der Bühne rumhüpfen oder steppen sieht, oder im typischen Collins-Stil seine Ansagen macht, dann ist die Illusion perfekt.

    

    

Aber auch der Sound der Stücke ist ganz hervorragend, denn der Spirit kommt unglaublich gut rüber. Auch wenn ich Genesis in den 70’ern nie live gesehen habe, so kann ich doch nachempfinden, dass sie genau so geklungen haben. Dazu die sehr ansprechenden Bilder und Filme, die ebenfalls aus dem Fundus von Genesis stammen und der Laser, den die Band im Jahr 1976 erstmals einsetzte. Alles zusammen ergab ein rundes Bild und man wurde schon nach wenigen Minuten in das Jahr 1976 zurückkatapultiert.

    

    

    

Los ging die Show mit „Dance On A Volcano“, das auch das Album „A Trick Of A Tail“ einleitet. Es folgen einige ältere Stücke von denen besonders „Carpet Crawlers“, „Cinema Show“, „Firth Of Fifth“ und „Supper’s Ready“ in sehr schönen Versionen gespielt wurden, was mit lang anhaltendem Applaus quittiert wurde. Durchzogen wurden die älteren Stücke mit weiteren Songs des „A Trick Of A Tail“-Albums.

    

    

     

Die Lightshow, für damalige Verhältnisse ein absoluter Hingucker, wirkt heute zwar etwas antiquiert, ist aber genau auf den Punkt gebracht und sehr stimmig platziert. Da ist kein Bild zuviel, kein Effekt an der falschen Stelle, es stimmt einfach alles. Und bei „Supper’s Ready“ kommt dann zum ersten Mal der Laser  zum Einsatz. Während des Stückes wurden zunächst einige Nebelschwaden auf die Bühne geblasen, was eine sehr schöne Stimmung erzeugte. Dann breitete sich das grüne Licht des Lasers über den Köpfen der Zuschauer aus. Das ist auch im neuen Jahrtausend noch ein sehr stimmungsvoller und grandioser Anblick.

    

    

          

Gregg Bendian in der Rolle des zweiten Drummers Bill Bruford und Marc Laflamme, der die Schlagzeugparts von Phil Collins übernimmt, wechselten sich weitestgehend an den Trommelfellen ab. Doch das ein oder andere Mal wie zum Beispiel in „Firth Of Fifth“ und „Los Endos“ duellierten sich die beiden an ihren Instrumenten. Das sorgte für einen sehr druckvollen Sound. Wer Genesis in den 70’ern erleben durfte oder dies verpasste, der kann mit The Musical Box eine Zeitreise unternehmen und die sensationellen Konzerte erneut oder wie ich, zum ersten Mal erleben. Es lohnt sich in jedem Fall für zwei Stunden in diese Zeit abzutauchen. Ein grandioses Konzert.

    

    

Setlist:

Dance On A Volcano
The Lamb Lies Down
On Broadway
Fly On A Windshield
Carpet Crawlers
Cinema Show
Robbery, Assault And Battery
White Mountain
Firth Of Fifth
Entangled
Squonk
Supper’s Ready
I Know What I Like
Los Endos

Zugabe:

It/Watcher Of The Skies

Stephan Schelle, 28.10.2008

 
   

 

 

 
         
Musical Box live in der Essener Grugahalle