Jethro Tull Live
Schützenhof, Paderborn 22.08.2009
 


    

 

Nach einer kurzen Umbaupause (es musste lediglich das Keyboard von Saori Jo abgebaut werden) ging es dann mit Ian Anderson auf Tauchfahrt in die frühen Jahre des Jethro Tull-Kosmos, denn er griff bei diesem Auftritt tief in die Schatzkiste der Musik seiner Band. Entsprechend war der Alterdurchschnitt des Publikums im Saal auch recht hoch. Da das Konzert bestuhlt war, ging es während des Auftrittes doch sehr beschaulich zu, es gab aber einige Highlights, bei denen das Publikum dann doch ordentlich mitging.

 

              

 

    

 

Neben Ian Anderson (Gesang, Flöte, Gitarre, Mandoline, Perkussion) standen sein langjähriger Weggefährte Martin Barre (Gitarren, Flöte) sowie die Musiker John O’Hara (Piano, Akkordeon, Perkussion), David Goodier (Bass, Xylophon) und Doane Perry (Schlagzeug, Perkussion) auf der Bühne. Bei ihrem Auftritt zeigten Jethro Tull die ganze Bandbreite ihrer Musik von Rock, Prog, Folk, Blues bis Klassik waren alle Stilrichtungen an diesem Abend vertreten. Bezeichnend für den Auftritt war, dass die Stücke in teils umarrangierten Versionen geboten wurden, die auch Platz für sehr schöne Soli ließen. Zwar ist auch Ian in die Jahre gekommen und kann die Dynamik der Konzerte, die er zum Höhepunkt seiner Karriere bot, nicht mehr ganz auf die Bühne bringen, doch das schmälerte die Klasse und Interpretation der Stücke in keinster Weise, vielmehr wirkten er und seine Mitstreiter unglaublich agil und fit. Ian bewies dabei ein ums andere Mal, dass er das Flötenspiel auf einem Bein immer noch beherrscht. Zwischen den Stücken hatte Ian, wie man es von ihm gewohnt ist, immer einige Anekdoten parat.

 

    

 

    

 

Mit „Beggar's Farm” und „Serenade To A Cuckoo” ging es zunächst weit zurück ins Jahr 1968, als ihr Debüt „This Was“ erschien. Die Band bewies, dass die Stücke zeitlos sind und auch heute nichts von ihrer Faszination verloren haben. Bei „Serenade To A Cuckoo”, des recht bluesig rüberkam, ging Ian das erste Mal so richtig an seiner Querflöte ab und zeigte, dass seine eingeflochtenen Atemgeräusche und Wortfetzen, die er während des Spielens von sich gibt, immer noch mitreißend sind. Beim Stück „Skating Away On The Thin Ice Of The New Day” vom 74’er „War Child”-Album wechselte John dann vom Piano zum Akkordeon, während Bassist David Goodier den Xylophon-Part übernahm und Ian sich die Akustikgitarre umhängte.

 

    

 

    

 

Es folgte „For A Thousend Mothers“, das Ian mit den Worten ankündigte, es höre sich zwar wie „Hotel Caliofornia” von den Eagles an, sei aber schon vier Jahre zuvor komponiert worden (im Original klingt das Stück vom Album „Stand Up“ aber anders, daher muss es sich wohl doch eher um das Stück „We Used To Know“ handeln, der dem Eagles-Sound sehr nahe kommt). Und tatsächlich spielten Tull eine Version, bei der Martin Barre’s Gitarrenlicks ein ums andere Mal nah an den Eagles-Sound herankam. Die Band setzte nach dem vermeintlichen Ende bei diesem Stücke (der Applaus setzte schon ein), noch einmal an um den Song fulminant ausklingen zu lassen. Mit „Bourree”, ebenfalls vom 69’er „Stand Up” Album kam dann das erste große Highlight des Abends. Diese jazzige Tull-Version eines Stückes von Johann Sebastian Bach, kam gut beim Publikum an, denn es setzte schon nach kurzer Zeit erstmals rhythmisches Klatschen ein. In dieses Stück hatten Ian & Co. reichlich Soli eingebaut und ließen es dann ekstatisch enden. Hier war auch Ian’s Kombination aus Flötenspiel und Atemgeräuschen wieder sehr präsent. Schön zu sehen war, dass er sein an der Flöte montiertes Mikro dabei per Fußpedal steuerte.

 

    

 

    

 

„Fat Man” präsentierte sich als mitreißende Perkussionnummer. Während Ian zur Mandoline griff, übernahm Martin Barre den Flötenpart. John wechselte vom Piano an den Bühnenrand zu Akkordeon und Darbuka (einer arabischen Trommel) und auch Schlagzeuger Doane kam mit einer Trommel nach vorne. Besonders das Perkussionduell zwischen John und Doane war mitreißend und sorgte für Zwischenapplaus. Es folgten „Heavy Horses“ und ein tolles „Farm On A Freeway“ vom 87’er „Crest Of A Knave“-Album. Dieser Song war dann auch der jüngste Track im Repertoire der Band.

 

    

 

    

 

Bei „Dharma For One” vom Debütalbum kam dann Doane auch zu seinem Schlagzeugsolo und Martin spielte eine recht freakige Gitarre. Nächster Höhepunkt war dann ein gut achtminütiger Auszug aus dem Progalbum „Thick As A Brick“, gefolgt vom unwiderstehlichen „Aqualung“. Den krönenden Abschluss boten die Briten dann mit ihrer (leider) einzigen Zugabe „Locomotive Breath“, bei dem es im Saal kein Halten mehr gab.

 

                   

 

    

Jethro Tull boten einen Abend mit vielen Klassikern, bei denen der Fokus klar auf den frühen Jahren der Band lag. Ein toller, abwechslungsreicher Abend mit sehr schönen Versionen früher Tull-Songs.

 
 
     
  Stephan Schelle, 23.08.2009