Der letzte Auftritt gehörte dann Fish und
seiner Band. Nachdem ich die DVD „Return To Childhood“ direkt nach ihrem
erscheinen gesehen habe und mir Fish da überhaupt nicht gefallen hat, hatte
ich keine großen Erwartungen an das Konzert und konnte erst nicht verstehen,
warum nicht Jethro Tull der Topact des Tages war. Dann betrat Fish zu den
Klängen des Beatles-Klassikers „St. Peppers Lonely Hearts Club Band“ die
Bühne und sofort wurde klar, wer hier der Chef im Ring war. Er hatte gleich
vom ersten Augenblick an das Publikum in seiner Hand und ließ es nicht mehr
los.
Seine Präsenz auf der Bühne fesselte jeden
auf dem Platz. Selten habe ich so eine hypnotische Atmosphäre erlebt. Neben
Gesten, einer unglaublichen Ausstrahlung, die seinen Spaß am Auftritt
zeigten, war es vor allem auch die schnodderige Art, in der Fish mit dem
Publikum kommunizierte. Hätte ich für jede Erwähnung des bösen F***-Wortes
einen Euro bekommen, so hätte ich die Loreley als reicher Mann verlassen
(ist aber wohl ein Markenzeichen des markanten Schotten). Aber nicht nur in
schottisch sondern auch in recht gutem Deutsch wandte sich Fish an die
Zuschauer. Dabei beschränkte sich sein Sprachschatz nicht auf die üblichen
Floskeln „Wie geht’s“ etc. sondern er bestritt einen recht großen Anteil der
Ansagen in deutscher Sprache. Dass machte den charismatischen Sänger sehr
sympathisch und authentisch.
Fish kündigte nicht nur die Titel an
sondern erklärte teilweise die Songs. Dabei blieb er auch nicht unpolitisch
und zeigte deutlich seine Abneigung gegenüber der amerikanischen Regierung,
was reichlich Zuspruch bei den Zuschauern fand. Den Song „White Russion“
widmete er u. a. den Gefangenen in Guantanamo Bay, den unschuldigen Opfern -
meist bestehend aus Zivilisten wie Frauen und Kindern - der
Auseinandersetzungen zwischen Israeliten und Palästinensern und weiteren
Opfern diverser Kriegs- und Krisengebiete.
Neben älteren
Solosongs und Stücken seiner Vorgängerband Marillion (aus dem Album „Clutching
At Straws“) präsentierte er auch Titel seiner im Herbst erscheinenden neuen
CD, die den Titel „Thirteenth Star“ tragen wird. Die neuen Stücke zündeten
und waren live ein echter Knaller. Etwas elektronischer als sonst waren sie,
aber äußerst druckvoll. Ich finde dass die neue Bandzusammensetzung,
bestehend aus Frank Usher (Gitarre), Steve Vantsis (Bass), Foss Paterson
(Keyboards), Gavin John Griffiths (Schlagzeug) und Chris Johnson (Gitarre),
ganz hervorragend funktioniert. Gegenüber dem „Return To Childhood“-Auftritt
der DVD hat sie meines Erachtens an Temperament, Volumen und Druck gewonnen.
Als Fish dann mit „Hotel Hobbies“ den
ersten von mehreren Tracks des 87’er Marillion-Albums „Clutching At Straws“
spielte, fing die Menge richtig an zu toben. Es wurden Hände gehoben,
rhythmisch geklatscht und lauthals mitgesungen. Das war Gänsehautfeeling
pur. Die Stimmung war nun auf dem Höhepunkt angekommen.
Während des Konzertes
suchte Fish dann auch den Kontakt zum Publikum. Statt aber nur an die
Abgrenzung der Zuschauer zu gehen, überstieg er sie kurzerhand und war
plötzlich mitten in der Menge umringt von Fans, was natürlich große
Begeisterung auslöste. Er machte sich auf den Weg bis zur Mitte der
Sitzreihen und sang dabei weiter. Das war einfach atemberaubend und brachte
dem Musiker eine Menge Sympathien.
Für mich war Fish’s Auftritt die Krönung
des zweiten Festivaltages, wenn nicht sogar des gesamten Festivals. Wer sich
bisher noch nicht mit Fish verbunden fühlte, der wurde zwangsläufig an
diesem Tag zu seinem Fan. Ein phänomenaler Auftritt!!!!!
Setlist
Intro:
Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band
Slainte
Mhath
The Perception Of Johnny Punter
Circle Line
So Fellini
Square Go
Manchmal
Hotel Hobbies/Warm Wet Circles/That Time Of The Night
Vigil
White Russian
Dark Star
Sugar Mice
Last Straw
Zugabe
Cliché
Incommunicado
Das
Night Of The Prog-Festival bestach nicht nur durch die tolle Location - da
kommt so schnell kein anderer Ort heran - sondern auch durch die gelungene
Zusammensetzung der auftretenden Bands.
Für
mich wird dieses Festival einen festen Platz im Kalender einnehmen. Wer
bisher noch nicht da war, sollte dies unbedingt nachholen.
Stephan Schelle, Juli 2007
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