Die Formation Vraigaist besteht im Kern
aus den drei Musikern Sara Kalina (Laptop, Keyboards), Andreas Parnow
(Laptop, Keyboards, Saxophon, EWI) und Martin Schildmacher (Laptop,
Keyboards, Saxophon, EWI). Diese Drei traten am 26.01.2013 im Theater
Gütersloh unter dem Motto „Einklang“ auf und präsentierten eine wunderbare
Kombination aus einfühlsamer instrumentaler Musik, gesungenen Stücken,
Theater und Tanz. Garniert wurde das Ganze dann noch mit einigen
pyrotechnischen Einlagen. Waren das erste Album „Sinneswandel“ und die
Auftritte in den Jahren zuvor noch von düsteren, melancholischen Klängen
geprägt, so zeigte sich die Band in 2013 von einer hellern, Lebensbejahenden
Seite; eben im „Einklang“.
Sara, Andreas und Martin hatten sich für
ihren Gig mit Carsten Huhn (Schlagzeug, Perkussion) und Leyla Omumi (Gesang)
zwei weitere Musiker an die Seite gestellt, die ihrer Livemusik noch mehr Tiefe
verliehen. Während Carsten am Schlagzeug für den druckvollen Unterbau
sorgte, verzierte Leyla einige der Stücke mit ihrem wunderbaren Gesang. Vor
allem der Opener „To The Music“ (vormals als
„Nina's
Dream“
betitelt), der in einer ausufernden Version gespielt
wurde und Pink Floyd-artige Passagen enthielt (hier erinnerten Vraigaist in
einigen Momenten an das erfolgreiche Album „Wish You Were Here“), gehörte zu den Highlights des
Konzertes.
Visuell wurde die Musik sehr eindrucksvoll
von Darstellern vom Theateratelier Ensemble der Weberei, den Tänzerinnen Mad
Emotion (Tanzschule Neumann) und den Breakdancern The Last Action Heros in
Szene gesetzt. Diese Kombination entwickelte auf der großen Bühne des
Theaters eine ganz besondere Atmosphäre, die durch herrliche Lichteffekte, die
sich durch Nebelschwaden zogen und pyrotechnische Einlagen wie brennende
Schalen und Funkenregen unterstützt wurde.
Zu Beginn wurde das Theater abgedunkelt
und die drei Musiker und einige Requisiten sowie die Schauspieler der
Theatergruppe nahmen ihren Platz ein. Dann erklangen sakrale Synthieflächen,
die sich schnell in Richtung Pink Floyd bewegten. Man konnte als Zuschauer
zunächst den Eindruck gewinnen, als wollten Vraigaist Musik der „Wish You Were Here“-Phase spielen,
doch nach einigen Momenten entwickelte sich daraus der hoch intensive, gut
20minütige Track „To The Music“. Zu diesen Klängen wachten die drei
Schauspieler, die zunächst auf der Bühne liegend ihre Position eingenommen
hatten, langsam auf. Der Musik entsprechend - Synthieflächen und Harmonien
glitten sanft durch den Raum - bewegten sich auch die Schauspieler eher
ruhig und voller Emotionen. Durch den Einsatz von Schlagzeug und dem
Saxophon, das nun seine Melodie auf den Flächen ausbreitete, wurde die
floydige Stimmung noch verstärkt. Nach gut acht Minuten kam dann Leyla auf
die Bühne um mit ihrem intensiven Gesang das Stück in neue Sphären zu heben.
Das war schon unter die Haut gehend.
Dann kamen die vier Tänzerinnen auf die
Bühne. Zwei von Ihnen mit weißen Laken, die anderen beiden in rote
Stoffröhren gekleidet. Daraus entwickelte sich ein sehr fantasievoller und
teils surrealistischer Tanz. Die Band spielte in diesen Momenten sehr
atmosphärische Flächen. Nach dieser Tanzeinlage war Leyla dann wieder mit
ihrem zweiten Einsatz an der Reihe. Während Sara hinter ihren Keys und
Laptop das Konzert spielte, wandelten Andreas und Martin immer mal wieder
Saxophon oder EWI spielend über die Bühne.
Im zweiten Track
„Odyssee“
kamen dann einige funkige
Rhythmen und Elemente auf, zu denen dann passend die Breakdancer Huy, Reza &
Ezzy (The Last Action Heros) auf die Bühne kamen und eine sehr athletische
und akrobatische Einlage boten. Das passte
hervorragend zu der Musik von Vraigaist, setzte zugleich aber auch einen
Kontrapunkt zu den Sounds. Aus den Rhythmen entwickelten sich dann wieder atmosphärische
Klangmuster, die vom Duett, das sich Andreas und Martin an ihren Saxophonen
lieferten, getragen wurde. In diesen Momenten boten Vraigaist Musik bei der
Seele und Geist abtauchen und relaxen konnten.
War in den ersten Tracks die Bühne in
blaues Licht gehüllt, so änderte sich dies nun und Rottöne herrschten im
Stück
„Hope“
vor. Martin pfiff ein Intro zu Beginn dieses Stückes, während
ein Schauspieler mit einem Strohhut die Bühne betrat. Nach wenigen Momenten
stiegen auch die anderen Musiker ein und auch die weiteren Schauspieler
waren wieder zu sehen. Dieses Mal schienen sie ein Bild unterschiedlicher
Kulturen zu zeichnen, denn man sah an ihrer Kleidung, dass hier Menschen
verschiedener Nationen aufeinander zugingen und sehr freundlich - also im
Einklang - miteinander umgingen.
Der nächste, sehr melodische Track
präsentierte sich zunächst als romantische Nummer zu der Tänzerinnen, Tänzer
und Schauspieler gemeinsam die Bühne belebten. Nach etwas mehr als einer
Minute zog eine Art Wind auf, der diesen zarten Track mit rhythmischen
Elementen durchbrach. Als dieser Rhythmus abrupt endete und in
atmosphärische Soundcollagen überging, verharrten die Tänzer und blieben am
Boden liegen. Erst die Aufnahme der Melodiebögen ließ sie wieder zum Leben
erwecken. Das hatte etwas von Theatermusik. Gekrönt wurde dieser Track an
seinem Ende durch Funkenregen, die hinter den Plätzen der Musiker in die
Höhe sprühten.
Nach diesen instrumentalen Tracks durfte
dann wieder Leyla mit ihrer wunderbaren Stimme im Stück
„Human Relations“
in den Vordergrund treten.
Während dieser romantischen Popnummer zeigten die Schauspieler des Ensembles
der Weberei Szenen aus zwischenmenschlichen Begegnungen. Man konnte an ihren
Gesten und ihrer Mimik die Gefühle ablesen, während sich die Musik von Vraigaist in die Herzen der Besucher bohrte. Als das Spiel der Akteure in
einem leidenschaftlich Kuss endete, rieselten an der rückwärtigen Bühnenwand
Funkenregen zu Boden. Damit hatten Vraigaist ihre Musik sehr gelungen
visuell umgesetzt.
Im nächsten Stück „Soul Dancer“ kombinierten Vraigaist
wunderbare elektronische Sounds mit einfühlsamen Melodien, die Martin auf
dem Saxophon spielte. Zu dieser Musik agierten die Tänzerinnen der
Tanzschule und die Breakdancer gemeinsam. In diesem Stück kam Carsten mit
seinem akzentuierten Schlagzeugspiel besonders zur Geltung, das hier für den
nötigen Druck sorgte.
Südamerikanisches Flair kam dann beim
nächsten Titel
„Love Confession“
auf, zu dem Carsten vom Schlagzeug zu einer Art Bongo
wechselte. Rumba artige Rhythmen durchzogen den Raum, die auf wunderschönen
Keyboardsounds gebettet waren. Darauf legte Leyla wieder einen sehr intensiv
gesungenen Text während eine Tänzerin und ein Tänzer die Musik in Bewegung
umsetzten. Danach wurde es ein wenig melancholisch. Ein tickender Rhythmus
und Stimmen von spielenden Kleinkindern war im Stück
„Remembering“
zu hören, während langsam eine
sehnsuchtsvolle Pianomelodie aufzog. Dazu war ein Schauspieler zu sehen, wie
er auf einer Art Sofa platz nahm und mit einer Bewegung, bei der er die
Nutzung einer Fernbedienung darstellte, einen imaginären Fernseher
einschaltete. Durch ein flackerndes Licht wurde die Atmosphäre des Fernseh-
bzw. Filmschauens noch verstärkt. Der Mann machte zunächst einen recht
traurigen, einsamen Eindruck. Als dann ein weiterer Mann und auch noch eine
junge Frau sich zu ihm setzten, erhellte sich sein Gesicht und man sah ihm
die Zufriedenheit förmlich an. Alle drei schienen sich Szenen anzuschauen,
die ihnen sehr vertraut vorkamen - so als würden sie in Erinnerungen
schwelgen. Nachdem dann zum Ende hin die beiden anderen
Schauspieler wieder die Szenerie verließen und der Mann allein blieb, kehrte
die Traurigkeit und Einsamkeit in seine Haltung und Mimik zurück. Man hatte
als Zuschauer das Gefühl das die Musik von Vraigaist und die visuellen
Bilder eine perfekte Verbindung eingingen. Das war sehr beeindruckend.
Es folgte ein weiterer sehr melodischer
und eher ruhiger Track mit dem Titel
„The flight of the Eagle“, bei dem Trockeneisnebel über den Boden der Bühne
zogen und die Tänzerinnen und Tänzer wie Vögel agierten, die in großer Höhe
ihre Bahnen ziehen. Im nächsten Track
„Spring Of Nature“
wurde es dann heiß, denn es wurden
Feuerschalen in Brand gesetzt, die zwischen den Musikern standen. Dazu boten Vraigaist eine äußerst romantische und sehnsuchtsvolle Nummer, in die sie
einen Sound einwoben, der nach Akustikgitarre klang und dem Martin mit
seinem Saxophon zu antworten schien. Vogel- und Naturgeräusche ließen die
Besucher gedanklich in Ferne Länder schweifen.
Danach war wieder ein gesungener Track
„The Thrill of Love“
an
der Reihe, der wieder in Richtung Popmusik wies. Im Verlauf des Songs ging
Andreas Saxophon spielend quer über die Bühne zu Leyla. Die beiden
umrundeten sich, so als würden sie sich belauern, um dann Rücken an Rücken
das Lied ausklingen zu lassen. Dann kam mit „Homecoming“ das letzte Stück des offiziellen Teils, in dessen Verlauf
sich alle Akteure nach und nach im Halbkreis auf der Bühne aufreihten. In
diesem Part wurden alle Mitwirkenden vorgestellt. Er endete mit einem
Regen aus Kunststoffschnipseln und -luftschlangen. Nach ca. anderthalb
Stunden ging dann ein sehr gelungener Auftritt mit der sehr rhythmischen
Nummer
„Sahara“
als Zugabe zu Ende.
Vraigaist zeigten an diesem Abend Musik
voller Emotionen, die sehr gut durch die Tänzerinnen, Tänzer und
Schauspieler in Szene gesetzt wurden. Man konnte während des Konzertes
spüren mit wie viel Herzblut und Detailliebe alle ans Werk gegangen sind um
dieses Konzert zu verwirklichen. Eine sehr lohnende Veranstaltung. Die Band
unterstrich mit ihrem Auftritt ihre außergewöhnliche musikalische
Ausrichtung. Sie selbst bezeichnen ihre Musik als „MENTALISM, eine Mischung
aus Chillout, Lounge, Electronic mit visueller Interpretation - Musik, die
mal das Herz, mal das Auge trifft - stets jedoch berührt“ und das trifft es
sehr gut. Vraigaist sind ein Geheimtipp, der nicht länger geheim bleiben
sollte!!!