Klaus Schulze & Lisa Gerrard
(Lichtburg, Essen, 22.09.2009)

    

Wir schreiben den 22.09.2009 und alles ist für ein tolles Elektronikkonzert hergerichtet. Das Wetter ist gut, die Location, das Premierenkino Lichtburg in Essen, macht eine Menge her, das Publikum ist prima gelaunt und so geht es in den großen Kinosaal, wo in Mitten der Bühne die Elektronikburg des großen Elektronikers Klaus Schulze thront. Die freudige Anspannung unter den Besuchern, die sowohl aus dem Elektroniklager (sie sind wegen Klaus Schulze hier) wie auch aus der Gothic-/Dark Wave-Ecke (sie haben den Weg für Lisa Gerrard in Kauf genommen) kommen, ist förmlich mit den Händen zu greifen. Lisa und Klaus hatten gerade erst Tage zuvor drei Konzert in Warschau, Berlin und Amsterdam gegeben und gastierten am 22.09.2009 mit der einzigen NRW-Show in Essen.

    

              

                   

Es ist kurz nach 20.00 Uhr, da betritt der Manager von Klaus Schulze die Bühne um dem Publikum die traurige Nachricht zu überbringen, dass eine Programmänderung eintreten muss. Aufgrund seines gesundheitlichen Zustands kann Klaus an diesem Abend nicht auftreten und auch die folgenden Konzerte in Paris und Brüssel sind gefährdet. Er erklärt aber, dass Lisa Gerrard auftreten wird. Von dem Angebot, sich jetzt zu entscheiden, ob man auf Klaus nicht verzichten, das Solokonzert von Lisa auslassen will und dafür sein Eintrittgeld zurückbekommt, machen zum Glück nur einige Zuschauer Gebrauch. So verbleiben die meisten Zuschauer im Theater um der ehemaligen Dead Can Dance-Musikerin bei einer Performance aus Gesang und vorwiegend elektronischen Flächen beizuwohnen.

    

    

    

Während beim größten Teil des etwas mehr als einstündigen Auftritts vorprogrammierte Flächen und einige Rhythmen aus dem elektronischen Instrumentarium von Klaus kommen, sorgt Lisa mit ihrer außergewöhnlichen Stimme für eine atmosphärische, fesselnde Stimmung, der alle Anwesenden gebannt und in äußerster Stille zuhören. Was Lisa stimmlich an diesem Abend auf die Bühne bringt, ist wieder unglaublich. Auch ohne Klaus verzaubert sie die Anwesenden mit ihrer tiefen Stimme. Dabei agierte sie - wie immer - absolut konzentriert und wirkt in ihrem roten Kleid abermals wie eine Valküre. Während sie seitlich auf der Bühne, nur mit gelegentlichen, langsamen Bewegungen ihr Programm vortrug, standen die Sequenzer, Keyboards und Effektgeräte von Klaus recht einsam und verlassen im Zentrum der Bühne. Auch wenn herrliche Synthieflächen durch den Raum schwebten, so vermissten alle den zweiten Hauptakteur des Abends doch sehr. Nicht nur die warmherzige, lebensfrohe, charismatische Persönlichkeit Schulze fehlte, auch das Spiel und die Soli des Berliner Elektronikmeisters, wurden schmerzlich vermisst. Und so zogen die Rauchschwaden der Nebelmaschine, von den farbigen Scheinwerfern angestrahlt, etwas traurigüber die elektronischen Gerätschaften hinweg.

    

                   

    

Auch wenn es für die meisten nicht das ersehnte Liveerlebnis war, das Lisa und Klaus bisher auf die Bühnen gezaubert haben, so ist es doch aller Ehre wert, dass Lisa sich allein auf die Bühne stellte, um das Publikum nicht zu enttäuschen. Den Dank bekam sie nach einer Zugabe, die aus einem traditionellen britischen Lied bestand, in Form von „Standing Ovations“. Sichtlich gerührt meinte sie, „das Klaus gerne hier gewesen wäre, ja eigentlich hier unter uns ist“ und fand darüber hinaus noch ein paar sehr herzliche Worte über den Menschen Schulze, der ihr durch die gemeinsame Musik mittlerweile sehr nahe steht. Sie sagte, dass Klaus der beeindruckendste Musiker ist, mit dem sie bisher zusammengearbeitet hat. Und so fand der Abend einen bewegenden Abschluss. Wie toll das Konzert hätte werden können, zeigt die bei dieser Tour erhältliche 29minütige EP „Come Quietly“, auf der Lisa und Klaus zur Höchstform auflaufen, auch wenn eher ungewohnte Naturgeräusche die Musik begleiten.

    

                   

    

Es liegt mir sehr am Herzen festzuhalten, dass die Gesundheit eines Menschen absoluten Vorrang hat. Und auch wenn einige enttäuscht den Saal verließen, was ich verstehen kann, so war es doch richtig, dass Klaus nicht auftrat und seiner Gesundheit den Vorrang einräumte. Auf diesem Wege wünsche ich ihm alles Gute und baldige Genesung. Auf das er den Freunden der elektronischen Musik noch viele neue Werke schenken möge – natürlich auch zusammen mit Lisa Gerrard. Und unter uns: Lisa ist eine Klasse für sich!

              

    

Stephan Schelle, 23.09.2009