Im Rahmen seiner „Sehnsucht“-Tour beglückte Christopher von Deylen aka
Schiller mit Band auch erstmals das Sauerland. Am 02.09.2008 lud er in
die Konzerthalle nach Olsberg ein. Zwar mit Vorfreude, doch etwas
skeptisch reiste ich in den nur wenige Kilometer entfernten Ort, denn
ich hatte Schiller schon während der Tour bei ihrem zweiten Auftritt in
Dortmund im Mai 2008 gesehen. Dort fand ich sie zwar gut, sie konnten
mich aber nicht voll überzeugen, da das gewisse etwas fehlte und ich von
der Akustik etwas enttäuscht war.


Jette von Roth

Nun also die Konzerthalle in Olsberg.
Was als erstes auffiel, war der fehlende Vorhang vor der Bühne, der die
Spannung vor jedem Konzert steigert und durch die Silhouetten zu Beginn
eines Konzertes einen tollen visuellen Effekt bietet. Das viel aber
nicht weiter ins Gewicht, denn man hatte als Besucher so vor dem Gig
einen besseren Überblick über das Geschehen auf der Bühne. Nachdem die
Einlassmusik verklungen war betrat Christopher und Gefolge die Bühne und
mit einem Mal war eine bombastische Stimmung in der Halle. Es
entwickelte sich ein mitreißendes Konzert, das keinen Besucher kalt
ließ.



Das lag nicht nur an der tollen
visuellen Show, die durch die rückwärtigen Projektionen hervorgerufen
wurde, vor allem der Klang in der Konzerthalle in Olsberg war
phänomenal. Schon beim Opener „Sehnsucht“ wurde klar, dass der Sound an
diesem Abend eine unglaubliche Dynamik und Transparenz bieten würde, was
sicherlich auch der Bauweise der Hallendecke zu schulden ist. Jede noch
so kleine Nuance, die von den Musikern gespielt wurde, war deutlich
herauszuhören. Auch die Lautstärke war optimal auf die Räumlichkeiten
abgestimmt. Ein weiterer großer Pluspunkt des Auftritts war, dass die
Musiker wesentlich eingespielter waren, als noch im Mai.



Zusammen mit Mickey Meinert
(Gitarren), Tissy Thiers (Bass), Kristian Kretschmar (Keyboards), Ralf
Gustke (Schlagzeug) und dem Briten Cliff Hewitt (elektronisches
Schlagzeug) ist Christopher von Deylen, Mastermind von Schiller, live
unterwegs. Traumwandlerisch präsentierten sie eine zweistündige Show mit
perkussiven Parts - hier waren vor allem die druckvollen Drumduette der
beiden Schlagzeuger fesselnd -, wunderbaren Soli von Tissy und Mickey
sowie dahinschwebenden Keyboardpassagen und Synthiemelodien von Kristian
und Christopher. Es stimmte einfach alles. Christopher von Deylen agiert
auf der Bühne eher ruhig, wie ein Fels in der Brandung. Er tritt in den
Hintergrund und lässt seine Musik für sich sprechen. Große Gesten
überlässt er seinen Mitstreitern.



Und bei den älteren Stücken wie „Das
Glockenspiel“, „Ein schöner Tag“ oder „Ruhe“ ging vor allem Tissy wieder
ordentlich aus sich raus und sprang wie ein Derwisch über die Bühne. So
liebe ich das von ihm. Zum Ende von „Distance“ legte Ralf ein kurzes
Schlagzeugsolo ein und Kristian wechselte bei „Denn wer liebt“ wieder
zum Cello um einen weiteren akustischen und visuellen Glanzpunkt zu
setzen.

jaël


Mit dem weiblichen musikalischen
Dreigestirn Jette von Roth, jaël und Kim Sanders war die Gruppe
stimmlich sehr gut besetzt. Auch wenn der ein oder andere Sänger wie
Xavier Naidoo, Peter Heppner oder Thomas D. vermissten, so konnten die
drei Mädels doch das Publikum mit ihren Darbietungen verzücken. Während
Jette von Roth und jaël eher eine zarte und zerbrechliche Gesangsform
präsentieren, die aber absolut unter die Haut geht, ist Kim Sanders die
Königin der Bühne mit einer ausdrucksstarken Performance und Stimme.



Jette präsentierte unter anderem die
Stücke „Der Tag“ und „Black“ in ihrer gewohnt einfühlsamen Art, die
immer ein wenig an Björk erinnert. Und auch jaël sang die Stücke „Tired“
und „I Need You“ in sehr zarten aber ausdrucksstarken Versionen, die für
Gänsehaut sorgten.


Kim Sanders

Kim Sanders konnte das Publikum mit
ihrer Performance einfangen und die Besucher waren ihr förmlich
verfallen, denn sie waren gebannt wie das Kaninchen vor der Schlange.
Grazil, geschmeidig und elegant bewegte sie sich auf der Bühne. Es war
eine wahre Freude ihr zuzuhören und zuzusehen. „Distance“ und „Let Me
Love You“ waren richtige Reißer. Aber der absolute Höhepunkt kam während
der Zugabe, in der sie das Stück „I’ve Seen It All“ in einer derart
faszinierenden Fassung präsentierte, die mich sofort fesselte. Dabei
agierte sie wieder mit dem Publikum, dass sie zum Mitsingen aufforderte.
Wer die CD/DVD „Live erleben“ kennt, der weiß was ich meine. Aber an
diesem Abend war die Kommunikation noch intensiver und die gesangliche
Kommunikation zwischen ihr und dem Publikum noch ausführlicher. Das war
für mich die bisher beste Version dieses Titels.



Zum Abschluss boten die Musiker dann
das Instrumentalstück „Ruhe“, bei dem sie noch mal richtig abrockten.
Der Lautstärkeregler wurde noch einmal hochgezogen und dann knallten sie
den Track hin, als wollten sie zum Abschluss die Bühne abreißen. Wow,
was für ein Schlusspunkt.



In zwei Stunden zog Christopher die
Zuschauer wie durch ein Dampfbad. Durchs Hirn blies er tolle Melodien
und hinreißende Rhythmen, die zum Tanzen und Mitklatschen einluden und
durch die Wärme im Saal sowie die Bewegung zur Musik war man körperlich
durch nass. Das sorgte aber dafür, dass man sich wie bei einem Dampfbad
nach dem Konzert wie befreit fühlte. Schiller haben mich am 02.09.2008
wieder voll und ganz überzeugt. Ein sensationelles Konzert, das um
Längen besser war, als ihr Gig in Dortmund, was neben dem tollen Klang
vielleicht auch an dem etwas veränderten Set lag. Wenn ich an „I’ve Seen
It All“ denke, kommt mir immer noch eine Gänsehaut.


Tissy Thiers und Kristian Kretschmar

Ralf Gustke und Cliff Hewitt
Die im Herbst erscheinende Live-DVD
wird ein Beleg für die faszinierende Tour 2008 sein. Man sollte sich
diese schon mal vormerken.

Mickey Meinert und Christopher von Deylen


Setlist:
Sehnsucht
Wunschtraum
Der Tag -
Jette von Roth
Black - Jette von Roth
Schiller
Herzschlag
Forever – Kim Sanders
Denn wer liebt
Das Glockenspiel
Olsberg Zwei
Sommernacht
Tired - jaël
I Need You -
jaël
Nachtflug
Irrlicht
Ein schöner Tag
Distance – Kim Sanders
Let Me Love You
– Kim Sanders
Zugabe
Dream Of
You
I've Seen It All
– Kim Sanders
Ruhe
Stephan Schelle, 03.09.2008