links: Harald Grosskopf mit Frau; rechts: Winfrid Trenkler
mit Partnerin
Nachdem in den 80’ern und
90’ern der Radiomoderator Winfrid Trenkler alljährlich eine Hörerwahl im
Rahmen seiner Sendung „Schwingungen“ durchführte und die Gewinner
auszeichnete, folgten im neuen Jahrtausend dann einige Ehrungen, deren
Preisträger von den Mitgliedern des Schallwende e.V. und den Abonnenten
der „Schwingungen auf CD“ gewählt wurden. Aufgrund der Abnehmenden
Anzahl von Wählern, schlief diese Ehrung in den letzten Jahren etwas ein.
links: Bernd "Moonbooter" Scholl und Stefan Erbe; rechts:
Jörg Strawe und Erich Schauder mit Frau
Jetzt, im Frühjahr 2009, gibt es einen
neuen Preis, der die Musiker für ihre Aktionen des vergangenen Jahres
auszeichnet, die Schallwelle. Die Preisverleihung fand am 21.03.2009 im
Ruhrgebiet, im Haus der Stiftung Ledigenheim in Dinslaken statt. In
einem sehr feierlichen Rahmen, der den Preisträgern und Gästen gerecht
wurde, ehrte der Schallwende e.V., der hauptverantwortlich die
Veranstaltung mit Unterstützung diverser CD-Label, Medien- und
Veranstaltungspartner sowie Radiosendern auf die Beine gestellt hat, die
Gewinner und würzte die Veranstaltung mit drei kurzen Konzerten.
links: Robert Schroeder; rechts: Stephan Kaske aka Mythos,
aka M.A.S.S.
Neben vielen Freunden der
elektronischen Musik waren auch zahlreiche Musiker aus dem In- und
Ausland sowie Label- und Medienvertreter zu der ausverkauften
Veranstaltung nach Dinslaken gekommen und bereiteten den nominierten und
Preisträgern einen würdigen Rahmen.
links: Maxxess, Thorsten Sudler-Mainz, Thorsten Rentsch;
rechts: Robert Wittek, Alexander Guelfenberg
Neben einer siebenköpfigen Jury, die
in den Kategorien „Bester Neuling“, „Beste CD“ und „Bester Künstler“
eine Wahl getroffen hatte, konnten Anfang des Jahres die Hörer und
Freunde der elektronischen Musik über das Internet ihre Stimme in den
Rubriken „Beste CD“ und „Bester Künstler“ abgeben, wovon zahlreich
Gebrauch gemacht wurde. So war es möglich, in den einzelnen Sparten ein
repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Darüber hinaus gab es noch einen
Sonderpreis für das „Lebenswerk“. Als Preise wurden sehr schön
gestaltete Glasskulpturen überreicht, die mit dem neuen Schallwelle-Logo
ausgestattet waren.
Die Nominierten auf einen Blick
Um den Preisträgern die entsprechende
Ehre erweisen zu können, hatte man für jeden Preisträger einen Laudator
gewinnen können. So unterschiedlich die Musiker sind, so unterschiedlich
präsentierten auch die Laudatoren ihre Ansprachen, was die Veranstaltung
sehr kurzweilig werden ließ, konnte man doch einige Dinge aus dem
Musikerleben und so manche Anekdote erfahren.
links: Harald Grosskopf und Winfrid Trenkler; rechts:
Rüdiger Gleisberg und Rudolf Heimann
links: Michael Allert und Wolfgang Rohdenburg aka Martha
Rabbit; links: Mitglieder von Ambient Circle
Begonnen wurde mit den Ergebnissen der
Hörerwahl. Bernhard Wöstheinrich, selber Musiker (Redundant Rocker,
Centrozoon), präsentierte den ersten Preisträger in
der Kategorie „Beste CD“. In seiner Rede sinnierte er über die Frage,
was der Unterschied zwischen Independent und Major-Company’s ist. Er hob
hervor, dass er besonders darüber erfreut sei, einem
Independent-Künstler, der seine Musik in Eigenregie herausbringt, den
Gewinn zu überreichen. Dann verkündete er den Preisträger, der selber
mit einem derartigen Ausgang nicht gerechnet hatte. Lokalmatador Frank
Dorritke, der als F. D. Project seine Musik veröffentlicht, hatte
bei den Hörern mit seinem Album „Heavensgate“ den ersten Rang
erreicht. Er nahm den Preis sichtlich gerührt und überrascht persönlich
entgegen.
Beste CD: F.D. Project - Heavensgate
Als zweites stand der Hörerpreis für
den Künstler 2008 an. Der aus Berlin stammende Musiker Mario Schönwälder
übernahm die Laudatio in dieser Rubrik. Und das gerade er diese Ehrung
vornahm, kam nicht von ungefähr, denn die Preisträger haben mit ihrer
Musik das Synonym „Berliner Schule“ geprägt. Die Gewinner in dieser
Rubrik: Tangerine Dream. Leider konnte von ihnen keiner anwesend
sein, da sie andere Verpflichtungen wahrnehmen mussten.
Mario Schönwälder während der Laudatio für den bester
Künstler: Tangerine Dream
Den Reigen der Jurypreise begann die
Vorsitzende des Schallwende e. V., Sylvia Sommerfeld, die den besten
Neuling des Jahres 2008 prämierte. Anders, als bei den Hörerwahlen,
wurden bei der Jurywahl mehrere Künstler nominiert, aus denen dann ein
Sieger ermittelt worden war. Ähnlich den Oscar-Preisverleihungen stellt
auch bei diesem Preis die Nominierung eine große Ehre für die Künstler
dar. Sylvia stellte in ihrer Ansprach noch einmal heraus, wie die Jury
den Begriff Neuling definierte. Musiker die bereits eine CD
herausgebracht haben oder nur im Internet ihre Musik als Download
anbieten wurden berücksichtigt, wichtig war aber, dass sie in der Szene
noch keinen großen Bekanntheitsgrad besitzen.
Sylvia Sommerfeld hält die Laudatio für den besten
Neuling
Die nominierten dieser Rubrik waren:
Ambient
Circle
Martha Rabbit
Synth NL
Und der Preisträger ist: Ambient
Circle. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss von
Musikbegeisterten, die im Ruhrgebiet ein Netzwerk aufgebaut haben um
gemeinsam Musik zu machen. Die Sessions werden mitgeschnitten und zu
CD-umfassenden Paketen geschnürt, die im Internet downgeloaded werden
können. Hier sind Idealisten am Werk, die jenseits jeden
Kommerzgedankens ihre Musik machen.
Der Preis für den besten Neuling
bestand aber nicht nur aus einer Glastrophäe. Die Firma interdisc hatte
darüber hinaus für den Neuling noch eine CD-Produktion ausgelobt. So ist
es den Musikern möglich, kostenlos einen eigenen Silberling zu
produzieren. Dies unterstützt den Gedanken des Preises und des
Schallwende e. V., junge Musiker zu fördern.
links: Lambert Ringlage, Trenkler mit Partnerin und Jörg
Strawe; rechts: David Wright mit Frau und Stefan Erbe
Nächster Programmpunkt: Die Ehrung der
besten CD 2008. Hier wurde es nun international, denn unter den fünf
nominierten Alben befanden sich neben drei deutschen auch eine
niederländische und eine britische Produktion. Die nominierten waren:
Ron
Boots – Mea Culpa Erik Seifert – Astronomical Unit Rainbow Serpent – Live@Liphook Wolfram Spyra – Gasoline 91 Octane David Wright – Dreams And Distant Moonlight
Beste CD: David Wright - Dreams And Distant Moonlight
Der Musiker Klaus Hoffmann-Hoock
präsentierte in seiner bekannten lockeren und sehr humorvollen Art den
Preis. Er zeigte auf, wie schwierig es war
in der Musikbranche Fuß zu fassen,
als er anfing Musik zu machen. Die Anekdoten über die
Ausreden der Plattenindustrie die Musiker zu fördern, waren mit einer
großen Portion Humor gespickt. Der ebenfalls sehr überraschte
Preisträger war aus England angereist, denn der Preis ging an David
Wright für sein aktuelles Album.
links: Harald Grosskopf und Bernd Kistenmacher; links:
Hans-Hermann Heß und Frank Gerber mit
Robert Schroeder
Als letzten Preis für 2008 wurde dann
der beste Künstler des Jahres von dem Berliner Elektroniker Bernd
Kistenmacher geehrt. In seiner Laudatio hatte Bernd fünf Tipps für
Neulinge um sie auf mögliche Fallstricke in der kommenden Karriere
hinzuweisen. Bei seiner Aufzählung von Dingen, die man nicht machen
sollte, griff er dabei auf sehr amüsante Weise auf seine eigenen
Erfahrungen zurück.
Die nominierten in der Kategorie
Bester Künstler, in der dieses Mal die internationalen Musiker die
Oberhand hatten, lauten:
Gert
Emmens
Nattefrost
Rainbow Serpent
Wolfram Spyra
David Wright
Und der Sieger heißt: Wolfram Spyra
Bester Künstler: Wolfram Spyra
Mit dieser Auszeichnung wurde die
außergewöhnliche Arbeit des außergewöhnlichen Künstlers Wolfram Spyra,
der es immer wieder versteht mit seiner Musik zu fesseln und neue Wege
zu betreten, gewürdigt.
links: Frank Makowski und Mario Schönwälder; rechts: Uwe
Denzer, Bas Broekhuis, Andreas Morsch
Der Höhepunkt des Abends war aber der
letzte Programmpunkt, der Preis für das Lebenswerk. Wer sich in der
Elektronikszene auskennt, der weiß, dass es keinen würdigeren
Preisträger in dieser Rubrik als den Radiomoderator Winfrid Trenkler
geben kann. Er hat – auch unter massivem Gegenwind von
Medienverantwortlichen – dafür gesorgt, dass die elektronische Musik an
Bekanntheit gewonnen hat, auch über die Grenzen hinaus. Er ermöglichte
so erst manche Karriere. Viele sprechen zu Recht davon, dass Musiker wie
Tangerine Dream, Klaus Schulze und Kraftwerk einen großen Einfluss auf
die nachkommende Musik wie z. B. Techno, Trance, Wave oder Ambient
gehabt haben. Ohne diese Musiker wären viele neue Strömungen nicht
entstanden, was auch dadurch belegt wird, dass sich zahlreiche namhafte
Künstler aus allen Bereichen auf die obigen Elektroniker als
Inspirationsquelle berufen. Aber was wären die Musiker, wenn ihre Arbeit
nicht publik gemacht würde und genau dafür hat u. a. auch Winfrid
Trenkler seit den frühen 70’ern gesorgt.
Die Sendungen im WDR und der Deutschen
Welle wie Rockpop Musicshop, Rock In oder Schwingungen, die Winfrid
moderierte, waren nicht nur im Sendegebiet bekannt, sie wurden teilweise
auch im Ausland verfolgt. Winfrid kümmerte sich in seinen Sendungen
sowohl um die bekannten Acts, förderte aber genau so Neulinge der Szene.
Und für diese, mehr als 25jährige Arbeit, im Dienste der Musik erhielt
Winfrid den Ehrenpreis.
Zunächst ehrte der Musiker
(Schlagzeuger und Elektroniker) Harald Grosskopf den Preisträger. Er war
als Laudator für den erkrankten Journalisten Albrecht Piltz
eingesprungen. In seiner Rede schlug Harald einen großen Bogen, indem er
die Anfänge seiner eigenen Karriere sowie seine damalige Haltung zur
elektronischen Musik (er fand beispielsweise Schulzes erstes Album „Irrlich“
anfangs schrecklich) skizzierte. Da ging es um die Krautrockszene, in
der sich seine damalige Band Wallenstein befand und um die Thematik der
Auswirkung von Rauschmitteln auf die Musik. Zunächst war man als Zuhörer
dieser sehr informativen und humorvoll vorgetragenen Laudatio etwas
irritiert, wusste man doch nicht genau, was dies mit dem Preisträger
Trenkler zu tun haben sollte.
Doch während Harald noch von
Aufnahmesessions in den Dierks-Studios sprach und erzählte, dass ein
zurückhaltender, junger Mann mit Kopfhörer auf den Ohren und einem Glas
mit einer rosafarbenen Flüssigkeit in den Händen den Aufnahmen zuhörte, schloss sich
so langsam der Kreis. Äußerst durstig nahm Harald dem Jüngling das Glas
aus der Hand und leerte es in einem Zug. Es stellte sich heraus, dass es
wohl nicht ein Erfrischungsgetränk war (Anmerkung Red.: Einzelheiten
wurden zwar genannt, bleiben hier aber unerwähnt). Und dieser junge Mann
war Winfrid Trenkler. In der Folgezeit wuchs eine Freundschaft zwischen
den beiden. Harald bedankte sich in der Laudatio auch noch einmal dafür,
dass Winfrid seinen Track „So weit so gut“ Jahrelang als Titelmelodie
der „Schwingungen“-Sendung spielte, was ihm aus den Tantiemen so manche
warme Mahlzeit bescherte.
Sylvia Sommerfeld las dann noch einen
Brief von Albrecht Piltz vor, indem er quasi die Laudatio in
schriftlicher Form übermittelte. Auch er fand die passenden Worte für
den Förderer der elektronischen Musik.
Sichtlich gerührt nahm Winfrid
Trenkler den Preis persönlich entgegen. Er war extra aus Nordschweden
(er lebt mittlerweile in Lappland) mit seiner Lebensgefährtin angereist,
um der Verleihung persönlich beizuwohnen. Winfrid nahm sich dann auch
die Zeit um eine kleine Dankesrede zu halten. Wer Winfrid kennt, der
weiß, dass „kleine Rede“ bei ihm etwas anderes bedeutet, als bei anderen
Personen. Wie zu den besten Rundfunktagen holte er weit aus und wusste
viel zu erzählen.
In seiner sehr unterhaltsamen Art, die
immer wieder auch von bewegenden Momenten getragen war, riss er einen
Streifzug aus seinem Leben ab. Er ließ uns an Eckpfeilern seines Lebens
teilhaben, die ihn hingeführt hatten, Radiomoderator zu werden. Ob es
seine schwierige Zeit in der Schule war, als seine Vorliebe für
klassische Musik und die Tatsache einer der wenigen Katholiken in der
Klasse zu sein ausgrenzte oder eine Arbeit während seiner Studienzeit in
England, als er in einem Vergnügungspark an verschiedenen Fahrgeschäften
tätig war und dort in Kontakt mit der englischen Rockmusik von The Who,
The Rolling Stones und vielen anderen mehr kam, er ließ tief in sein
Privatleben blicken. Aber auch kritische Anmerkungen, zum Beispiel zur
Absetzung der Spartenprogramme im WDR, flossen in seine Rede ein. Es
machte einfach Spaß dieser so wohl vertrauten Stimme zuzuhören. Und wenn
ich ehrlich bin, dann hätte er aus meiner Sicht auch noch stundenlang
weiter erzählen können. Danach war dann die Veranstaltung beendet.
An dieser Stelle sei auch noch einmal
erwähnt, dass die beiden Moderatoren, Sylvia Sommerfeld und Stefan Erbe,
die auch für den Hauptteil der Organisation verantwortlich zeichnen,
sehr professionell und stimmig durch das Programm führten. Da wurden die
Laudatoren nicht einfach auf die Bühne gerufen, sondern u. a. auch zu
ihren derzeitigen Aktivitäten gefragt. Man erfuhr beispielsweise, dass
Bernd Kistenmacher ein neues Album im Mai bei MellowJet Records
herausbringt, dass Mario Schönwälder auch mal wieder eine SoloCD machen
möchte (sonst ist er seit Jahren mit Bas Broekhuis und Detlef Keller
unterwegs) und auch Harald Großkopf neue Musik für eine CD
zusammenstellen will, die eventuell noch dieses Jahr erscheinen könnte.
Sylvia Sommerfeld und Stefan Erbe
Mit der Schallwelle gibt es einen
Preis, der die elektronische Musik und ihre Künstler fördert und
würdigt. Die Preisverleihung war darüber hinaus eine ansprechende
Veranstaltung, die in einem sehr festlichen Rahmen stattfand. Aus meiner
Sicht war diese Preisverleihung die beste bisherige Veranstaltung dieser
Art. Wer es versäumte bei diesem Debüt dabei gewesen zu sein, der sollte
sich auf jeden Fall für das nächste Frühjahr nichts vornehmen, denn dann
werden die Preisträger des Jahres 2009 gekürt.
Zum Abschluss noch Mal alle auf die Bühne
Hier noch einmal die Preisträger in
der Zusammenfassung:
Hörerwahl
Beste CD 2008
– F.D. Project – Heavensgate
Bester Musiker 2008 – Tangerine Dream
Jurywahl
Bester
Neuling 2008 –
Ambient Circle
Beste
CD 2008 – David Wright – Dreams And Distant Moonlight
Bester Musiker 2008 – Wolfram Spyra
Sonderpreis - Winfrid Trenkler
Stephan Schelle, 22.03.2009
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