Broekhuis, Keller, Schönwälder feat. Raughi Ebert und Thomas Kagermann
Live in der Dorfkirche Repelen am 12.02.2012


     

Nach dem Samstag, an dem Broekhuis, Keller & Schönwälder allein auf der Bühne agierten und Elektronik pur präsentierten, stand der Sonntag ganz unter dem Zeichen „Elektronik & Saiten“. Neben dem elektronischen Trio gesellten sich - wie jedes Jahr - der Violinist Thomas Kagermann und der Gitarrist Raughi Ebert mit hinzu, um den elektronischen Klängen noch eine weiter Note zu verleihen.

    

     

Das Motto zeigt recht gut, dass die Musik nicht nur durch Synthesizer, Sequenzer und Keyboards erzeugt wurde, sondern mit Raughi’s Gitarre und Thomas’ Geige auch weitere Instrumente für ein voluminöses Klangerlebnis sorgten.

    
Detlef Keller, Raughi Ebert und Bas Broekhuis (linkes Bild) verfolgen gespannt die Ankündigung von Pfarrer Bratkus-Fündrich (Bild rechts)

    

     

Mittlerweile gehört es auch schon zur Tradition, dass Eva-Maria Kagermann-Otte zu den sphärischen Klängen einen sehr ausdrucksstarken Tanz beisteuert. Sie versteht es wie keine zweite, sich der Musik hinzugeben und die Klänge in fließende Bewegungen umzusetzen. Ihr zuzusehen ist eine wahre Freude. Man muss schon aufpassen, dass man sich dabei nicht zu sehr ablenken lässt und die Musik dann in den Hintergrund tritt.

     

    

    

Mit nur wenigen Minuten Verspätung (Lichtmeister Andre Löbbert, der die Konzerte seit Beginn visuell wunderbar in Szene setzt, hatte vor dem Konzert noch mit technischen Problemen zu kämpfen, die er aber rechtzeitig meisterte und sozusagen eine Punktlandung hinlegte) begrüßte Pfarrer Uwe-Jens Bratkus-Fündrich kurz nach 17.00 Uhr die Besucher und wünschte ihnen, sich von der Musik beseelen und verzaubern zu lassen, so dass man zu seinem Inneren finden und die Kraft für die nächsten Wochen tanken solle. Broekhuis, Keller & Schönwälder feat. Raughi Ebert und Thomas Kagermann sorgten genau für die entsprechende Grundstimmung und legten mit „Open The Gate“ los. Und ganz dem Titel nach öffneten Bas, Detlef und Mario, die bei diesem Stück zunächst noch allein auf der Bühne standen, ein Tor zu den Herzen der Besucher und ließen wunderbare Musik hindurchfließen, womit sie die Wünsche des Pfarrers erfüllten.

     

    

    

Das Stück begann noch recht langsam, doch so allmählich entwickelte sich ein Rhythmus, der zunächst noch etwas dahinplätscherte. Dann erklang ein Glöckchen und damit wurde der Start zu einem überaus hypnotischen und unter die Haut gehenden Stück eingeläutet. Schon die ersten Klänge machten deutlich, dass es an diesem frühen Abend wesentlich anders als noch am Vortag zugehen sollte, denn trotz des recht ruhigen Beginns war diese Musik doch wesentlich abwechslungsreicher als am Tag zuvor. Es entwickelte sich eine hypnotische Melange aus herrlichen Melodiebögen, spacigen Flächen und treibenden aber moderaten und sehr akzentuierten Perkussion (Bas mal wieder an seiner Wavedrum). Das sorgte schon zu Beginn des Konzertes für Gänsehaut.

     

    

    

Das zweite Stück hieß „Philadelphia“. Jetzt kamen Raughi Ebert und Thomas Kagermann ebenfalls auf die Bühne. Ganz langsam schoben sich die Synthieflächen zunächst durch den Raum und dann setzte wieder ein Rhythmus ein, der von einer Gitarre zu kommen schien, doch Raughi griff noch nicht in die Saiten seines Instrumentes. In dem Moment in dem dann Raughi und Thomas - zunächst noch sehr dezent - ins Geschehen eingriffen, kam Eva-Maria Kagermann-Otte zum ersten Mal auf die Bühne um die wunderbaren Klänge visuell darzustellen. Sie war ganz in weiß gekleidet und hatte sich das Gesicht mit weißen Mustern angemalt. Einfach toll anzusehen war auch, wie Eva mit den an Stäben befestigten weißen Bändern ihrem Tanz noch mehr Ausdruck und Dynamik verlieh. Durch die Akustikgitarre und die Geige wirkte das Stück sehr relaxt und ich hätte mir diesen Track auch gut an einem Strand vor mich hinträumend vorstellen können. Ein absolutes Gänsehautstück.

       

    

     

Das erste Mal richtig flott wurde es dann mit dem Stück „Moers 3“, das mit einigen bpm auch zum tanzen einlud. Die eingehende Melodie tat da ihr Übriges. Einfach wunderbar anzusehen war wie Thomas Kagermann an der Geige sich in diesen Track integrierte. Seine Melodien sind unvergleichlich und neben Raughi’s Gitarre das „Salz in der Suppe“ dieser Performance. Locker und leicht wirkte dieses Stück, das eine tolle Kombination aus Elektronik, Flamencogitarre und hingebungsvollem Geigenspiel war. Es war wie für den nächsten Urlaub im sonnigen Süden gemacht. Damit vertrieben die fünf jeglichen Gedanken an die Kälte, die alle draußen vor der Kirchentür zurückgelassen hatten.

    

    

    
Mario Schönwälder beim Kasatschok (mit verschränkten Armen)

„Lazy Afternoon“ begann zunächst sehr sphärisch. Auch Thomas’ Geigenspiel fügte sich da ganz hervorragend ein, da er sich mit seinen Klangmustern der Stimmung perfekt anpasste. Während der ersten Klänge kam erneut Eva-Maria ganz in weiß gekleidet vor die Bühne. Dieses Mal hatte sie einen spitzen Hut auf dem Kopf, so wie man ihn von Zauberern oder Burgfräulein aus der Mythologie oder aus Märchen her kennt. Zu Beginn bewegte sie sich fast zeitlupenartig zu den noch sehr sphärischen Klängen. Das Stück nahm etwas an Fahrt auf und Eva-Maria breitete dazu ihren weißen, durchsichtigen Umhang aus, den sie wie Schwingen weit ausbreitete. Das sah sehr anmutig aus und passte wiederum perfekt zur Musik. Während die Elektroniksounds den Unterboden bereiteten, verzierte Thomas diese mit seinen unwiderstehlichen Geigenklängen.

    
Detlef Keller spielt auf seiner "Glasscheibe" eine Melodie

    

     

Das letzte Stück des offiziellen Teils hieß „Polka Pop“. Detlef meinte dass der Titel des Tracks, den seine Mitstreiter verbrochen hätten, für sich spreche. Der Track ging ganz schön ab, hatte er doch einen schnellen Rhythmus und war wiederum gut zum tanzen geeignet. Detlef setzte sich zunächst neben Raughi und spielte auf den imaginären Tasten seiner Glasscheibe (Anmerkung: gemeint ist das Ipad) während Mario und Bas faxen machten, in dem sie wie beim Kasatschok (hier ist der russische Tanz gemeint) die Arme verschränkten und „Hey, Hey Hey“ riefen. Dann stoppte die Musik nach wenigen Momenten und Detlef meinte „Da kann man mal sehen, dass man auch mit einer Glasscheibe Musik machen kann“ und ging wieder an seinen Platz um von dort richtig in die Tasten zu hauen. Jetzt bot das Quintett dieses rhythmische Stück mit östlichem Einschlag in einer sehr intensiven und Spaß bringenden Form. Thomas Geigenspiel passte dabei wie die Faust auf’s Auge, denn seine Soli erinnerte in seiner Intensität an Zigeunermusik. Dieser Track hätte auch gut vom Balkan stammen können. Zum Ende hin wurden alle Akteure kurz vorgestellt, die dann jeweils noch ein kurzes Solo spielten. So ging der Hauptteil des Konzertes sehr schwungvoll zu Ende.

    

    

An dieser Stelle sei auch noch einmal Andre Löbbert und sein Team erwähnt, die das Konzert wieder mal in wunderbaren Farben visuell umsetzten. Die Beleuchtung war - wie schon die Jahre zuvor - sehr geschmackvoll. Es ist immer wieder ein Erlebnis den Altarraum der Dorfkirche in allen möglichen Farben erstrahlen zu sehen.

    

     

     

Da es wirklich schwierig ist, sich immer neue Titel für Instrumentalstücke auszudenken, trug die erste Zugabe dieses Abends den Namen „Chapter Six“. Nun der Grund ist ganz einfach, es war das sechste Stück des Abends. Bei dieser Zugabe ließ Detlef wieder die Laser los, die in Nebelschwaden die Luft bis an die Kirchendecke durchschnitten. Zu sehr schönen, entspannten Synthieklängen, die von Bas mit Perkussion dezent unterstrichen wurden, spielte Detlef auf der Laserharfe einige Harmonien. Nach etwas mehr als drei Minuten ging er zurück an seine Tasten und der Sequenzer offenbarte einen hypnotischen Rhythmus, gepaart mit Sitarklängen, zu denen Thomas Gesang beisteuerte, was dem Ganzen eine orientalische Note verlieh. In diesem Moment kam Eva-Maria wieder auf die Bühne, um die Klänge in fließende Bewegungen umzusetzen. Dieses Mal war sie ganz in schwarz gekleidet und sorgte mit ihren unglaubliche Bewegungen, die so natürlich wirkten, dafür, dass die Musik visuell perfekt dargestellt wurde. Musik und Bewegung wurden eins und verzauberten wirklich jeden in der Kirche. Man war förmlich entrückt von dieser Welt.

     

    

Die zweite Zugabe, „DE 7208“, ist entstanden, als Detlef den „halben Kanarienvogel“, wie Detlef Thomas liebevoll nannte, auf La Palma besuchte. Thomas Kagermann überwintert dort immer einige Wochen im Jahr und hatte Detlef von der Landschaft und dem Klima vorgeschwärmt. Im Dezember 2011 hat Detlef Thomas dann besucht und auf dem Flug (er hatte die Flugnummer DE 7208 - so entstehen also Titel !!!) dorthin hat Detlef dann auf seinem Ipad eine Menge an Ideen entwickelt, die er und Thomas dann auf La Palma eingespielt haben. Was nun kam, sollte den Abend noch einmal toppen, denn die fünf Musiker übertrafen sich noch erneut. Eine treibende Rhythmusstruktur aus dem Sequenzer, Bas tolles Schlagzeugspiel und vor allem die Soloeinlagen von Raughi Ebert, dessen E-Gitarre so unglaublich rockig klang und Thomas Kagermann’s fast schon ekstatisches Geigenspiel waren die Highlights dieses wunderbaren Stückes. Zum Ende boten Detlef Keller am Keyboard und Thomas Kagermann gar ein Zwiegespräch der Streicherklänge. Der eine erzeugte sie elektronisch, der andere entlockte seiner Geige die wunderbarsten Töne. Ein wirklich umwerfender Abschluss eines tollen Konzertes, dass das Vorjahresevent deutlich in den Schatten stellte.

     

    

    

Die Musik, die an diesem Abend geboten wurde, war von solcher Qualität, dass die Fans händeringend auf die Veröffentlichung warten werden. Wer bisher noch nicht in Repelen war, der sollte sich für Januar 2013 nichts anderes Vornehmen, denn dann wird erneut ein zweitägiges Event in einer der ältesten Kirchen Deutschlands zu hören und zu sehen sein.

    

    

Setlist

Open The Gate
Philadelphia
Moers 3
Lazy Afternoon
Polka Po

Zugaben

Chapter Six
DE 7208

Stephan Schelle, 13.02.2012