Unter dem Motto „Hello 2011!“
verabschiedeten die beiden Elektronikmusiker Bernd Scholl aka Moonbooter
und Harald Nies das Jahr 2010 und begrüßten gleichzeitig das neue Jahr
2011.
Ort des Geschehens war das Planetarium
in Bochum, das im Frühjahr neu renoviert wurde und jetzt durch eine
Bühne, bequeme Sitze und neue Großanimationen aufwartet. Der
weihnachtlichen Zeit entsprechend war die Bühne noch mit einem
geschmückten Weihnachtsbaum ausgestattet, vor dem bzw. neben dem die
Musiker ihre Instrumente aufgebaut hatten.
Das Konzert war in zwei Teile
aufgebaut. Während der erste Part Harald Nies und seinem neuen Album „Torodial
Sequences“, das in 2011 bei MellowJet Records erscheint und an diesem
Tag schon käuflich erworben werden konnte, gehörte, absolvierte Bernd „Moonbooter“
Scholl den zweiten Part mit Musik seines ebenfalls brandneuen Albums „Cosmologica“.
Teil eins bestritten Harald (Keyboards
und Gitarren), Bernd Scholl (Keyboards und diverse Elektronik) sowie
Atika (Didgeridoo) zusammen, wobei Atika nur vereinzelt (vor allem zu
Beginn des Konzertes) zu dem australischen Instrument Griff, um der
Musik eine ethnische Note zu verleihen. Haralds Konzert bestand aus sehr
schwebender, zwar rhythmischer, aber doch ruhiger Musik. Bei seinen
Klängen konnte man die Gedanken fliegen lassen und schwebte förmlich in
den Weiten des Alls oder – durch die ethnischen Sounds hervorgerufen -
in fernen Landschaften.
Gleich zu Beginn eröffnet Harald mit
dem Titelstück seines neuen
Albums sowie dem Track „Heads
Of Light“. Beide Track gingen direkt ineinander über. Es begann mit sphärischen Flächen, dazu lieferte Akita sehr dezente,
gut passende Didgeridoo-Klänge. Während die Kuppel im Planetarium zu
Beginn noch in recht hellem, blauem Licht getaucht war, verdunkelt sich
nach wenigen Momenten der Musik der Raum langsam und der Sternenhimmel
breitet sich über den Köpfen der Besucher aus. Das ist immer wieder
beeindruckend, denn man hat das Gefühl unter einem echten Sternenhimmel
zu stehen. Diese ersten Animationen – mit viel Sternenhimmel – waren
aber während des Konzertes für meinen Geschmack zu langatmig, so dass
mancher Gast zwischendurch einfach die Augen schloss und sich voll auf
die Musik konzentrierte. Das ist zwar auch eine gute Art diese Musik zu
genießen, doch erwartet der Besucher auch einige beeindruckende
Animationen und die kamen dann auch im weiteren Verlauf.
Die schwebende Stimmung, die die drei
zu Beginn erzeugten wurde dann von, ich sage mal klackenden Rhythmen (so
hab ich es empfunden), ergänzt, was sehr gut zusammen passte. Dann kamen
als weitere Untermalung dieser Stimmung noch Sitar artige Sounds, Flöten
und weitere ethnische Elemente sowie Wasserrauschen hinzu, die ein
wunderbares Flair verbreiteten. Schon in diesem ersten Teil war der
räumliche Klang (das Konzert gab es im Surround-Sound) herauszuhören,
der das Konzert zu einem ganz besonderen Genuss werden ließ. Dieser
dynamische Klang sollte sich aber bei Moonbooter’s Auftritt noch einmal
steigern.
Dann wechselt Harald bei „Ring Of Creation“
(es wurde im Short Cut aufgeführt und hat auf der CD eine Laufzeit von
24 Minuten) in
eine verträumte, balladeske Passage, bei der er unter anderem an der
Akustikgitarre agierte, während Streichersounds und eine Pianolinie von
Bernd beigesteuert wurden. Dieses Stück passte von der Stimmung her gut
in die Weihnachtszeit.
Auf der CD ist dieses Stück unter
anderem mit Gesang von Michael Hasterok versehen, er konnte am Konzert
aber aus persönlichen Gründen nicht teilnehmen.
Dann wechselten die Stimmung und der
Sound im nächsten Track in eine hymnische Richtung, so wie man es von
Vangelis zum Beispiel bei „Blade Runner“ kennt. Ein Bestandteil dieses
Tracks waren herrliche fette Flächen und perlende Synthies. Und jetzt
zeigte auch das Planetarium, welche tollen Animationen es in Petto hat.
An einigen Stellen griff Harald auch
zur E-Gitarre. Immer wenn er dies tat, dann kam eine Spur proggiger
Rocksound, der stellenweise auch etwas floydig klang, ins Spiel. Das
gefiel mir bei Harald’s Gig besonders gut. Nach gut einer Stunde hatte
Harald dann seinen Part durch und es ging in eine gut halbstündige
Pause.
Der zweite Teil bestand dann aus
Moonbooter-Stücken des neuen Albums „Cosmologica“. Diese zweite Stunde
absolvierte Bernd Scholl nahezu allein an seinen elektronischen
Gerätschaften und ließ mit seinen rhythmischen Tracks streckenweise
Partystimmung aufkommen, denn es blitzte ein ums andere Mal ein
Clubartiger Rhythmus auf und auch Schiller artige Sounds waren ein ums
andere Mal auszumachen.
Mit dem neuen Stück „2011“ legte
Moonbooter gleich nach dem Intro
„Outset Of Time“ im besten Schiller-Stil los, denn Rhythmus und Sound
hätten auch gut auf einem Schiller-Album Platz finden können. Doch Moonbooter geht ein bisschen rhythmischer vor und fügt eindeutig seine
eigene Handschrift in den Sound. Mir ging sofort durch den Kopf, dass
Bernd mal als Moonbooter im Vorprogramm von Schiller auftreten sollte,
das wäre für ihn und auch für die Besucher eine Bereicherung. Bernd
hatte für seine Show wieder einige Filme mitgebracht, die in einer Art
Fenster an der Planetariumskuppel gezeigt wurden, während im Hintergrund
weiter die Sterne leuchteten. Das Material stammt zum Teil von der NASA,
das Bernd freundlicherweise nutzen darf. Es zeigte unter anderem einige
Zusammenschnitte aus den Apollo-Missionen.
Als nächstes folgte die Midtemponummer
„Mare Tranquillitatis“, die eine sehr schöne einfühlsame Melodie hat.
Irgendwie erinnert mich dieses Stück aufgrund seiner Klangfarbe
streckenweise an die Titelmelodie von „Die Zwei“, auch wenn der
Vergleich hinken mag. Durch den Hackbrett artigen Sound bekommt dieses
Stück auch eine mediterrane Note.
Beim Stück „Mondkanone“, bei dem
überdimensionale Raketenstarts in die Kuppel projiziert wurden, kamen
unter anderem auch Jarre mäßige Sounds mit houseartigen Rhythmen aus den
Boxen. Ein Stück, bei dem man eigentlich nicht ruhig in den Sitzen
bleiben konnte, denn so manches Körperteil hätte am liebsten zu Tanzen
angefangen. Dem großen Franzosen huldigte Bernd augenzwinkernd im Stück
„Origin Of Oxygene“ indem er neben einigen typischen Sounds von „Oxygene“
durch musikalische Gimmicks auch Anspielungen an Jarre’s „Zoolook“ in
den Track einbaute.
Dann folgte „The Carrousel“, das eine
hinreißende Melodie beinhaltet. Zu diesem Schiller artigen Track mit
toller sphärischer Melodie und angenehmen Rhythmus – irgendwo zwischen
Ethno und Spacenight, garniert mit Mönchsgesängen - zeigte Bernd einen
kurzen Animationsfilm, der in einer Schleife lief. Dieser fast Hollywood
reife kleine Film erzählte eine kurze Geschichte mit einem Alien in der
Hauptrolle und passte gut zu Moonbooter’s Musik.
Mit treibendem Sequenzerrhythmus
startete Moonbooter dann in den „Spacerace“, zu dem wieder NASA-Filme u.
a. vom Apollo 11-Flug gezeigt wurden. Auch hier erinnern Flächen und
perlende Synthies an Jean Michel Jarre, zeigen aber auch die typische
Handschrift von Moonbooter selbst. So könnte ein moderner Jarre klingen
mit einem gewissen Retrogefühl aber ohne so verkopft zu klingen, wie es
der Meister selbst auf seinem letzten Studioalbum tat. In diesen Track
hatte Bernd eine kleine Pause eingebaut. Das Publikum dachte hier schon,
der Track wäre beendet und es setzte Applaus ein, doch nach einer wenige
Sekunden dauernden Unterbrechung ging das Stück noch einige Minuten
weiter. Bernd hatte sichtlich Spaß daran, dass er das Publikum hier ein
wenig an der Nase herumgeführt hatte. Das war an seinem Lächeln in
diesem Moment deutlich abzulesen.
Beim letzten Stück des offiziellen
Programms,
„Unraged“ kam dann Harald an der E-Gitarre noch einmal zum Einsatz. Er
spielte zu Bernd’s Synthiesound eine sehr schöne atmosphärische
E-Gitarre. Beide harmonierten in diesem Part sehr gut miteinander. Zum
Abschluss folgte noch als Zugabe
„Dipolar“
und man entließ damit die Besucher in
die eisige Kälte dieses Winters und in den Endspurt des Jahres 2010.
„Hello 2011!“ stellte sich als äußerst
gelungener Kehraus des weit fortgeschrittenen Jahres und als Begrüßung
des neuen Jahres 2011 heraus. Ein Jahr so ausklingen zu lassen hatte
allen Besuchern des fast ausverkauften Konzertes jedenfalls sehr viel
Spaß gemacht. Das lag an der guten Musik sowie am ausgezeichneten
Surround-Sound.
Setlist
Harald Nies
1 Torodial Sequences
2 Heads Of Light
3 Ring Of Creation (Short Cut)
4 Sonnton
5 Ultrapolation
6 Erdenjahr
7 Axial Displacements
8 Mondton
moonbooter
1 Outset Of Time
2 2011
3 Mare Tranquillitatis
4 Mondkanone
5 Superflare
6 Origin Of Oxygene
7 The Carrousel
8 50000 Quaoar
9 Spacerace
10 Unraged
Zugabe
Dipolar
Stephan Schelle, 31.12.2010
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