Schleiden-Broich 2006

Open Air in Schleiden-Broich

am 15.07.2006


Wie schon im Vorjahr, fand bei herrlichstem Sommerwetter das elektronische Open Air-Festival, das Joerg Strawe mit seinem CUE-Records-Label veranstaltete, in dem Eiffelörtchen Schleiden-Broich statt.

    

Hinter dem Haus von Joerg hat er eine große Wiese, auf der wieder ein großer Pavillon aufgebaut wurde, in dem die Elektronikmusiker nach Herzenslust agieren konnten, während sich die Besucher ganz relaxt auf dem Gelände ein Plätzchen suchten. Die einen genossen die Musik auf den bereitgestellten Bänken, während andere es sich in Gartenstühlen oder auf Liegematten bequem machten. Andere nutzten die Möglichkeit um in Campingatmosphäre (auf dem Gelände konnten die Besucher kostenlos Zelten oder ihren Campingwagen abstellen) mit Gleichgesinnten bei einem kühlen Bierchen oder auch antialkoholischen Getränken über die Musik zu philosophieren. Und wer campen oder zelten nicht mag, für den bietet sich die Gelegenheit in einem nahe gelegenen Hotel oder Pension ein Zimmer zu nehmen.

    


Das wieder sehr internationale kleine Festival brachte drei Acts, aus drei verschiedenen Ländern auf die Bühne, von denen zumindest zwei in unseren Breitengraden noch nicht live zu sehen waren. Auch die Stile der drei waren sehr unterschiedlich, so dass für jeden Geschmack etwas dabei war und das Programm dadurch recht abwechslungsreich war. Leider waren ca. 30 - 40 Besucher weniger da, als im letzten Jahr. Das ist sehr schade, da diese ungezwungene Atmosphäre ihren ganz eigenen Reiz hat. Man hat hier, noch mehr als bei üblichen Konzertveranstaltungen, die Möglichkeit andere Musikliebhaber aus der Szene kennen zu lernen.

Durch das Programm führte dieses Mal Detlef Keller, der mittlerweile aus der Elektronikszene nicht mehr wegzudenken ist. Und er machte seine Sache gut.

Guido Meyer

    

    

Den Anfang machte der in Worms geborene und seit ca. vier Jahren im Schweizer Bern lebende Guido Meyer. Seine Musik ist von melodischen Synthiesounds, die er mit einer angenehm gespielten E-Gitarre verfeinert, geprägt. Nicht ganz so heavy wie Maxxess zauberte Guido herrlich eingängige Melodien und Sounds, die zwar auch rockig waren, aber sofort ins Ohr gingen. Sein gut einstündiges Programm bestand aus Stücken seiner beiden CDR’s „Lightyears“ und „Towards The Blue Horizon“. Aufgrund der Komplexität seiner Stücke wollte Guido ursprünglich mit zwei weiteren Musikern auftreten, die ihn an Keyboard und Schlagzeug zu seinem Gitarrenspiel begleiten sollten. Das klappte aber leider nicht und so musste Guido allein auftreten. Zu vorprogrammierten Synthie- und Drumsounds spielte er zu den Stücken Gitarre. Das belebte auch die Szenerie, denn er konnte mit seinem Instrument den Pavillon verlassen und so auf die Zuschauer zugehen.

         

    

Die Stücke des Sets gingen, bis auf einige Ausnahmen, nahtlos ineinander über. Guido hatte die Tracks gut ausgewählt, denn es entstanden keine Brüche zwischen den unterschiedlichen Stücken, vielmehr wirkte der Set wie ein komplexer Longtrack. Ich bin der Meinung, dass Guido die Elektronikszene mit seiner Mixtur aus melodischem Rock und Elektronik ungemein bereichert. Und das bewies er auch live bei seinem Auftritt in Broich, der, dass muss man hier mal sagen, der erste seit zehn Jahren war. Darüber hinaus präsentierte sich Guido in den zahlreichen Gesprächen als aufgeschlossener und angenehmer Zeitgenosse. Ich freue mich schon auf seinen nächsten Output oder - noch besser - auf den nächsten Auftritt.

    

    


S e t l i s t :
1. Apocalyptic Birds
2. Treasure Box
3. Shine On
4. Black Hole
5. Second Chance
6. Towards The Blue Horizon
7. YS (Unveröffentlicht)
8. Ultralight (Unveröffentlicht)
9. Lightyears
10.What Ever You Say ...

11. Inner Soul (Zugabe)

I n d r a

    

Als zweiten Act konnte Joerg den sehr viel versprechenden rumänischen Elektroniker Indra verpflichten, der mittlerweile schon um die 30 CD-Veröffentlichungen vorzuweisen hat. Und aus diesem reichhaltigen Repertoire bot er dann auch einige Stücke. Allerdings startete er mit dem bisher unveröffentlichten Titel „True Heart“, der auf seiner nächsten CD "Kali", einer mehreren CDs umfassenden Special Edition-Box, erscheinen wird.

    

    

Ein Rauschen ist zu Beginn von „True Heart“ zu hören, dass sich langsam verstärkt und von sich langsam entwickelnden Ambientklängen abgelöst wird. Nach wenigen Minuten ertönen allerdings Klänge, die sehr stark an die „Berliner Schule“ und hier im Besonderen an Klaus Schulze erinnern. Und diesen Stil hält Indra auch über weite Strecken bei. Es wird rhythmischer und pulsierende Sequenzerloops fliegen über die Wiese den Besuchern entgegen, die sich darin haltlos verlieren können. Und so genießen die Anwesenden den Sound auch, entweder sehr intensiv auf den bereitgestellten Bänken, auf Campingstühlen oder ganz einfach im liegen, um mit geschlossenen Augen den Gedanken freien Lauf zu lassen. Unterbrochen wird der typische Schulze-Stil nur durch zwei Tracks von Indras sehr abwechslungsreichem Album „Signs“. Es war eine außerordentliche Freude dem rumänischen Musiker durch seine Soundfantasien zu folgen.

    

Setlist:

1. True Heart von Special Edition CD 1 - KALI 2006
2. Nectar Point von Special Edition CD 2 - TARA, unreleased, expected soon
3. Union von Special Edition CD 11 - SHIVA AND SHAKTI, unreleased, expected 2007
4. To Jenna von SIGNS, 2005
5. The Monk von SIGNS, 2005

Zugabe:

6. Le Jeu du Maitre von GENERATION, 2006

Mit Joerg Strawe zusammen spielte Indra zu fortgeschrittener Stunde noch eine Jamsession, die ich aber leider nicht mitbekam, daher kann ich zu dieser Nummer leider nichts berichten.

Joerg hat ein paar Worte verfasst, die seine Session mit Indra beschreiben. Hier sind sie:

Nach der wunderbaren Vorbereitung zusammen mit dem Musiker Indra am Vorabend des Konzertes, hatte ich mir schon vorgenommen, am Konzertabend, falls es sich ergibt, spontan auf die Bühne zu gehen und mit Indra zusammen zu spielen. Da er ein unwahrscheinlich vielseitiger Musiker ist, viel es ihm auch nicht schwer, kurzfristig neue Dinge mit mir zu spielen. So war es auch für mich ein tolles Erlebnis, nach 10 Jahren mal wieder auf der Bühne gestanden zu haben und Elektronische Musik zu spielen. Vielen Dank an Indra!!

Elektronische Maschine

Den Abschluss bot das niederländische Projekt Elektronische Maschine. Sie sorgten vor allem mit ihren sehr kraftvollen Songs und Sound sowie ihrer Show noch mal für richtigen Pep auf dem Gelände. Kern dieser Gruppe sind Richard de Boer, der für die Tasteninstrumente und den Gesang zuständig ist sowie Jos Visser am elektronischen Schlagzeug. Bei zwei Songs kam dann noch Wilco Oome dazu, der die Jungs an elektronischen Effektgeräten unterstützte. Vergessen darf man aber auch nicht Jaap van Woerkom, der die Effekte und Sounds erstellt. Er arbeitet allerdings im Hintergrund.

    

    

Wer die Band nicht kennt und Stücke wie „Trance Metal“, „Retrospection“ oder „Tanzen mit Computer“ hört, der wird sie wahrscheinlich als reinen Kraftwerk-Clone abstempeln. Besetzung, Bandname und Show verstärken diesen Eindruck noch, aber Elektronische Maschine bieten wesentlich mehr. Beeinflusst von Kraftwerk, aber vor allem auch durch den Synthiepop der 80’er Jahre sowie den Elektronikbands Laserdance und Koto bieten sie elektronische Musik mit viel Rhythmus und einem hohen Spaßfaktor. Auf ihren Alben „Energy“, „The Key To Compute“ und „Das Netz“ finden sich nur wenige Kraftwerk-Ableger, die Synthiepop-Elemente sind da schon wesentlich deutlicher zu spüren. Und von diesen drei Alben stammte auch der Großteil des Programms.

             

    

Durch den Rhythmus lädt die Musik quasi zum Tanzen ein und so heißt auch einer ihrer Tracks „Tanzen mit Computer“. Der Gesang, der mehr ein Sprechgesang ist, wird in deutsch aber auch in englisch geboten.

    

    

Besonderer Blickfang ihres Auftritts waren vor allem die Passagen, in denen der Rhythmus die Oberhand gewinnt. Dann kamen sie zu dritt mit Schlaginstrumenten und Miniaturtastaturen vor die Bühne und es entwickelt sich eine Performance, die stark an Kraftwerks Roboter erinnert.

    

    

Je später der Abend fortschritt, desto mehr kam die Lightshow zur Geltung. Neben einigen Scheinwerfern und einer Nebelmaschine wurde auch ein Laser eingesetzt, der auf dem Pavillondach die unterschiedlichsten Formationen und Symbole projizierte. Am besten kommt so etwas aber direkt im Nebel zur Geltung, doch dafür war es leider noch zu hell.

    

    

Insgesamt lieferten die drei einen guten Auftritt ab. Einigen Elektronikpuristen, denen dies nicht ganz gefiel (die Musik zu hart und poppig war), nutzten die Gelegenheit und unterhielten sich mit Gleichgesinnten gemütlich am Rande des Geschehens.

 

S e t l i s t :

1. The Report
2. Electro Feelings
3. Trance Metal
4. Energie
5. Prologue
6. Synthetic
7. Retrospection
8. Das Netz
9. Going Underground
10. Elek-Tec
11. Tanzen mit Computer
12. Vitalo 2001 (Zugabe)

 

Am Abend kam noch der Musiker, Frank Südekum, der im Jahr 2000 mit seiner CD „Virtual Wave“ ein tolles Debüt hinlegte, spontan - danke Manfred für die Herstellung des Kontaktes - nach Broich. Im Gepäck hatte er sein Debütalbum, das ich - zu meiner Schande - erst jetzt für mich entdeckt habe. Aber auch Neuigkeiten hatte er auf Lager, denn beim gemütlichen Beisammensein ließ er verlauten, dass er Material für eine zweite CD parat hat.

   
Frank Südekum (im pinkfarbenen T-Shirt)

Und nicht nur Worte ließ er sprechen, sondern über die Anlage in seinem Auto präsentierte er uns auch noch exklusiv ein Demo. Auf dem Track kommt erstmals auch eine E-Gitarre zum Einsatz, die von einem Freund eingespielt wurde. Den Namen verriet er zwar nicht, aber wer die Musik von F.D. Projekt mag, dem wird dieser Track auch gefallen.


Der Morgen danach ...

Nach den Konzerten kam der gemütliche Teil des Abends. Zu einigen Bieren gesellten sich die verbliebenen Besucher um ein Lagerfeuer und konnten bei Musik aus der Konserve noch bis weit nach Mitternacht über Musik, Gott und die Welt diskutieren. Ich glaube, an diesem Abend haben sich eine Reihe neuer Bekanntschaften entwickelt. Open Air in Schleiden-Broich ist eine absolute Konzertempfehlung.

Am darauf folgenden Morgen konnten sich die Anwesenden gegen einen Kostenbeitrag ein reichhaltiges Frühstück in der morgendlichen - für einige war's auch schon eher Mittag - Sonne schmecken lassen. Dabei wurden noch einmal alle möglichen Dinge besprochen und sich gleich fürs nächste Jahr verabredet.

Wir sehen uns im nächsten Jahr !!!!!!