td mars polaris
 

MARS POLARIS
Tangerine Dream live in Osnabrück

 

Nachdem die in diversen Medien angekündigte Deutschlandtournee von Tangerine Dream geplatzt war – wir hatten uns bereits für den am 24.04.99 geplanten Auftritt in Bonn mit 5 Karten eingedeckt -, machte die Nachricht vom Auftritt beim KlangArtenFestival in Osnabrück plötzlich die Runde. Ein Freund – Torsten Möller – besorgte dann auch rechtzeitig die Karten. Das lustige daran war (oder auch nicht) , dass nachdem die Deutschlandtour seit ungefähr 3 – 4 Wochen abgesagt war, die Vorverkaufsstellen von diesem Umstand noch nicht unterrichtet waren und fleißig weiter Karten verkaufen wollten.

Karte für die abgesagte Deutschlandtour

Am 12.06.99 machte ich mich auf den Weg ins ca. 150 Kilometer entfernten Osnabrück. Gegen 20.15 Uhr, also mit einer 15minütigen Verspätung, öffnete sich die Pforte der Stadthalle. Vor dem Konzertsaal befand sich der obligatorische Stand mit CD’s, Videos und T-Shirts. Ja sogar Uhren mit TD-Logo wurden angeboten. Die Preise waren jedoch erstaunlich human, so mussten pro Einzel-CD nur DM 25,00 berappt werden. Die neue CD "Mars Polaris", deren Musik an diesem Abend zur Uraufführung kam, wurde ebenfalls angeboten. Der stand war entsprechend belagert, und die Waren fanden reißenden Absatz.

Als wir den bestuhlten Konzertsaal betraten, fielen unsere Blicke gleich auf die ca. 10 großen, überdimensionalen weißen Luftballons, die auf einigen Stühlen lagen. Die Ballons behielten nur eine kurze Zeit ihre Position, dann flogen sie – von den Konzertbesuchern hochgeworfen – quer durch den Raum. Es entwickelte sich eine sehr kurzweilige ¾Stunde bis zum Konzertbeginn, da man unweigerlich den Flugbahnen der Ballons zusehen musste (es bestand unmittelbare Kollisionsgefahr). Es ist eigentlich erstaunlich, mit welchen einfachen Mitteln Menschen aller Altersklassen (zwischen 10 und 60 Jahren) ihren Spieltrieb entdecken (mich eingeschlossen). Nie ist mir das Warten auf einen Konzertbeginn so leicht gefallen, wie an diesem Abend.

Die Bühne war mit einem weißen, leicht durchsichtigem Vorhang verhüllt. Zur weiteren Einstimmung auf das Programm wurden in dieser Phase vom Band Gespräche eingespielt, die an eine Unterhaltung zwischen Boden- und Raumstation erinnerten. Ob es sich um Originalaufnahmen handelte, ist mir nicht bekannt.

Mit knapp 5minütiger Verspätung begann dann das Konzert gegen 21.05 Uhr. Während der Vorhang noch geschlossen war, ertönte ein sehr dumpfer, tiefer Basston. Es hörte sich an, als sei ein starker Motor oder ein Triebwerk in Gang gesetzt worden. Dann öffnete sich der Vorhang und die Band trat in Erscheinung. In der Besetzung Edgar Froese (Keyboards), Jerome Foese (Keyboards), Emil Hachfeld (Percussion) und Gerald Gradwohl (Gitarre) bestritt die Band das Konzert.

Die komplette hintere Bühnenwand bestand aus einer Leinwand, auf der ein Film der Mars-Mission projiziert wurde. Der Film lief während des gesamten "Mars Polaris"-Programms. Zu beginn sah man eine Trägerrakete, die mit einem Shuttle bestückt ins All startete. Während dieser Phase hielt der anfängliche Basston noch an. Das Gefühl einem echten Start beizuwohnen wurde so erweckt. Nachdem die Rakete in den Orbit eintrat, begann die Musik.

 

Im Film wurden Aufnahmen der Erde (aus dem Orbit heraus), von Satelliten, einer Raumstation, dem Mond und nach einem Flug per Lichtgeschwindigkeit (er wurde durch computeranimierte Lichteffekte erzeugt) auch vom Mars gezeigt. Die eindrucksvollen Bilder passten gut zur Musik. Die Zuschauer, die echte Livebilder - wie man aus der Konzertankündigung entnehmen konnte - von der Mission erwartet hatten, wurden allerdings enttäuscht. Daneben wurde auch noch eine ausgefeilte Lightshow geboten.

                           

Tangerine Dream spielten das Programm "Mars Polaris" in einer ca. 100 Minuten langen Fassung (die CD hat eine Länge von 71 Minuten). Zwischen den einzelnen Stücken wurden – wie bei Tangerine Dream Konzerten üblich – Brücken gespielt, die sich gut dem Gesamtbild anpassten. So entstand eine musikalische Einheit ohne Unterbrechungen. Neben neueren Sounds (bei den Brücken) machten wir Elemente aus der CD "Miracle Mile" aus. Nach ungefähr 50 Minuten legte die Band dann eine ca. 30minütige Pause ein. Danach ging das Programm (der Film war an einer bestimmten Stelle angehalten worden) an der Stelle weiter, an der die Pause einsetzt hatte.

 

Im Vergleich zur CD fällt auf, dass die Konzertversion aufgrund der guten Passagen von Emil (er wirbelte wie schon bei der 97‘er Tour hinter seinen Drums herum) und Gerald (mit sehr schönen Gitarrensoli, die teilweise an Pink Floyd etc. erinnerten) wesentlich druckvoller und lebendiger geklungen haben. Kritiker werden wahrscheinlich sagen, dass die CD hinter dem Konzert hinterherhinkt. Ich bin allerdings der Meinung, dass entgegen dem 97‘er Konzert hier wesentlich mehr Liveatmosphäre – durch Veränderung der Stücke – aufgekommen ist.

In die Stücke, die im Stile der letzten Alben gehalten waren, flossen streckenweise typische TD-Sounds aus "alten Tagen" (gesampelt) mit ein. Dies machte die Musik für mich noch reizvoller. Ich persönlich hätte gern mehr davon gehört.

                                       

Meine Erwartung, dass Tangerine Dream aufgrund des Themas wieder mehr zu den alten analogen Instrumenten greifen würde, um spacige, sequencerbetonte Stücke zu spielen, wurde leider nicht erfüllt.

 

Auch bei der abschließenden Zugabe wurden bekannte Stücke der "Neuzeit" (u. a. Waterborne, Beauty Of The Blast) in sehr schönen Versionen (die teilweise besser als die Originalversion klangen) gespielt.

Nach ca. 2 ¼ Stunden Musik verabschiedete sich dann die Band. Edgar stellte die Band vor und begrüßte Besucher aus Großbritannien, den USA, Argentinien und Australien, die speziell zu diesem Konzert angereist waren. Er ging mit den Worten "Vielleicht bald wieder live in diesem Land" unter tosendem Applaus von der Bühne.

Wir hatten – wie ich fand – ein gutes Konzert gesehen.

Die Fotos stammen übrigens vom German Rock e. V. (Rita Mitzkatis). Auf der wirklich guten Seite des Vereins findet ihr ebenfalls einen Bericht zum obigen Konzert, reinschauen lohnt sich.

Konzerte