Wolf Maahn – Vereinigte Staaten

Wolf Maahn – Vereinigte Staaten
Libero / Rough Trade (2010)
(12 Stücke, 51:18 Minuten Spielzeit)

Im dritten Quartal 2010 geht der deutsche Rockmusiker Wolf Maahn auf den zweiten Teil seiner „Vereinigten Staaten“-Tour durch Deutschland, ein Grund sein bereits im März 2010 erschienenes Album „Vereinigte Staaten“ genauer unter die Lupe zu nehmen. Kein zweiter deutscher Musiker hat in seiner Laufbahn den Soul und Funk so in seiner Musik integriert, wie es Wolf Maahn getan hat. Und auch das neue Werk zeigt an einigen Stellen diesen Stil, geht aber noch viel weiter.


Im Jahr 2007 kam das unplugged-Album „Direkt ins Blut 2“ heraus und ganze sechs Jahre ist es bereist her, seit mit „Zauberstrassen“ das letzte „elektrische“ Album erschienen ist. Höchste Zeit also, einen neuen Output von Mr. Soul zu bekommen. Zwar kann man schon vorwegschicken, dass das Album nicht solche Knaller wie „Eins für die Schwärmer“, „Ich wart auf dich“ oder „Rosen im Asphalt“ bereit hält, doch auch die neuen ein Dutzend Stücke, die Wolf Maahn mit seiner Band aufgenommen hat, können sich wahrlich hören lassen.

„Vereinigte Staaten“ klingt wieder deutlich elektrischer und liefert eine aufregende Mischung aus wild treibenden Rocksongs, Reggaegrooves, Soul-, Country- & Blues Balladen ab. Beim Titel erläutert Maahn, ginge es ihm um „das Prinzip von freien, eigenständigen Wesen, die Gegensätze überwinden um gemeinsam etwas zu bewegen“. Dies gelte „sowohl für zwei Menschen wie auch ganze Völker“. Inspiriert wurde Maahn zu dieser Idee auf einer Reise in die Arktis. Die unmittelbaren Natur-Erfahrungen, die Unberührtheit der Wildnis, das beeindruckende Erlebnis bei einem Huskie Trip und das sensible ökologische Gleichgewicht haben eine wichtige Rolle beim Grundgedanken gespielt. Und diese Thematik spiegelt sich dann auch im Coverartwork wider, was sich nicht nur auf der Vorderseite durch die beiden Huskies zeigt, sondern auch zahlreiche Bilder im 16seitigen, zum kleinen Poster auffaltbaren Booklet untermauern die arktische Reise.

Gleich der Opener „Unter einem großen Himmel“ verbindet den typischen Maahn-Stil mit wesentlich rockigeren, amerikanisch angehauchten Elementen. Hier klingt Maahn wesentlich druckvoller und kantiger als auf seinen Vorgängerwerken. Schon mal ein mitreißender Beginn. Am Anfang von „Kannst du sehen“ hatte ich aufgrund des beginnenden Rhythmus erst den Verdacht, dass jetzt eine Coverversion von Bob Marley’s „I Shot The Sheriff“ kommen würde, doch bis auf den Reggaerhythmus hat dieses Stück nichts mit dem Marley-Klassiker gemein. In diesem Stück beweist Maahn, dass er in der Lage ist einen groovenden, rockigen Reggae-Song zu schreiben.

Aber auch rockige Stücke wie etwa das (vor allem durch die Orgel) nostalgisch wirkende „Dein Gang“, das mitreißende „Süsses Glück“ (kommt am nahesten an seine Gassenhauer ran), die Rockballade „Das Ding“ in Singer/Songwriterqualität, eine funkig, soulige Ballade („Am heutigen Morgen“) oder eine Blues getränkte Ballade („Im Lauf der Zeit“) sind auf dem Album zu finden. Und auf dem augenzwinkernden Song „Nonstop Superflat Popup Internetshow“ nimmt er das Internetzeitalter auf den Arm und garniert es ansatzweise mit Stimmverzerrungen, wie man sie einst auch von Cher her kennt. Ansonsten ist es aber ein Song der, auch durch die rockige Gitarre ordentlich nach vorn treibt. Eine Country-Ballade kommt dann mit „210“ kurz vor Ende des Albums. Und mit treibenden Gitarrenläufen, wie beim ersten Song des Albums oder wie man sie von älteren Veröffentlichungen Maahns her kennt, beendet er das neueste Werk.

„Vereinigte Staaten“ ist das neueste Werk des souligsten Rockmusikers, den Deutschland zu bieten hat. Zwar kommt es aus meiner Sicht nicht an seine besten Alben heran, hat aber immer noch eine faszinierende Ausstrahlung und trägt deutlich Maahns musikalische Handschrift.

Stephan Schelle, Oktober 2010

   

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