Wired Ways – Wired Ways
Waterfall Records / Broken Silence (2022)

(9 Stücke, 43:46 Minuten Spielzeit)

Bei Wired Ways handelt es sich um ein neues deutsches Bandprojekt um den Songschreiber und Musiker Richard Schaeffer. Das Musikerkollektiv absolvierte am 24.07.2022 ihren ersten Liveauftritt beim 15. Night Of The Prog-Festival auf der Loreley und konnte das Publikum mit ihrem Sound, der aus Musik der späten 60’er und frühen 70’er Jahre besteht, begeistern. Das Album soll dementsprechend auch eine Hommage an diese Blütezeit der Rockmusik darstellen.


Am 09.09.2022 erscheint offiziell das selbst betitelte Debütalbum, das bereits beim Night Of The Prog vorab zu erwerben war. Während beim Festival die Band aus neun Musikern bestand, wurde das Album von über 40 Musikern und Musikerinnen eingespielt. Zum LineUp gehören unter anderem Mitglieder der Genesis-Coverband Geneses sowie mit Bassist Axel Schäfer und Keyboarder Sebastian Düwelt Mitglieder der deutschen Band Stern Combo Meissen. Köpfe der Band sind aber Richard Schaeffer (u. a. Geneses, Purple Callas), der die Songs der Band schreibt und Dennis Rux (u. a. Angels Of Libra, Hamburg Spinners, Rhonda), der neben der Gitarrenarbeit auch für die Musikproduktion der Band verantwortlich ist. Darüber hinaus besteht die Kernband aus den Sängern Jean-Michael Brinksmeier und Daniel Albertus Brouns, sowie Schlagzeuger Lucas Zacharias.

Weil fast alle Ideen zunächst von Richard Schaeffer in öffentlichen Verkehrsmitteln geschrieben wurden, geht es in den vielschichtigen Songtexten und Geschichten um Transport, Kommunikation, Konnektivität, Trennung & Loslassen: Die Wahrnehmung oszilliert zwischen Realität und offenen Traumsequenzen, sie bietet dem Zuhörer miteinander verwobene Meta-Ebenen der Interpretation. Textzeilen berühren einerseits, weil sie auf einer persönlichen, intimen Ebene stattfinden, während gleichzeitig gesellschaftliche Fragestellungen aufgeworfen werden und den Zuhörer zu weiteren Recherchen anregen sollen, jedoch ohne moralischen Zeigefinger.

Die beteiligten Musiker haben verschiedene musikalische Wurzeln und Vorlieben. Was sie aber vereint ist die Musik der späten 60’er und frühen 70’er Jahre. Und so wandelt ihre Musik auch in diesem Umfeld mit verschiedenen Nuancen. So finden sich beatleske Elemente genauso wie Psychedelic, Pop-Art und Weltmusik in ihren Stücken wieder.

Die CD, die in einem vierseitigen Papersleeve verpackt ist und ein zwölfseitiges Booklet mit allen Texten enthält, besitzt ein sehr schönes, gemaltes Cover vom Künstler Frank Grabowski. Der Künstler stellt auch regelmäßig an seinem Stand beim Night Of The Prog seine Kunstwerke aus, die zum Großteil aus Motiven der Rockmusik bestehen.

Das fast dreiviertelstündige Album beginnt gleich mal mit einem Ohrwurm, dem 3:51minütigen „Ticket Tally Man“. Hier fällt sofort der an die Beatles (zu „Sgt. Pepper ...“-Phase) angelehnte Sound auf. Sehr schön ist auch der im Mittelteil eingeflochtene mehrstimmige Gesang. Ein klasse Opener eines sehr schönen, retromäßigen und zeitlosen Albums.

Das mit Sprach- und Geräuschsamples beginnende „Peacock On The Highway“ liefert auf seinen 4:12 Minuten Spielzeit eine gehörige Portion Doors-Feeling, das die Band aber gekonnt mit weiteren Stilistiken vermengt. So kommen auch immer mal wieder Gesangspassagen auf, die auch an die Glam-Ära erinnern. Und im folgenden 5:47minütigen „Lazy Daisy“ wird es dann nach einem recht sanften und an Robbie Williams erinnernden Eröffnungspart recht floydig mit psychedelischen Gitarren. In der Mitte kommen dann flottere Rhythmen auf, die einen leicht jazzigen Touch besitzen. Da hört man schon recht deutlich, das sich Wired Ways auf unterschiedlichem Terrain wohlfühlen.

Asiatisches Flair kommt dann, vor allem auch durch so ungewöhnliche Seiteninstrumente wie die von Richard Schaeffer gespielten đàn tranh und đàn bầu, im 4:51minütigen „ Hánôi Tramway“ auf. Die Band vermischt hier asiatische Motive mit Progressive Rock. Eine Spur Westernfeeling kommt dann in „Mosquitoes“ auf. Auch die restlichen Songs sind von hoher Qualität.

Wired Ways liefern mit ihrem selbst betitelten Album ein beeindruckendes Erstlingswerk ab. Man erkennt auf Anhieb, das hier gestandene Musiker am Werk waren, die den Sound der späten 60’er und frühen 70’er aufgesogen und ins Hier und Jetzt transportiert haben. Freunde dieser musikalischen Ära sollten sich die Platte unbedingt zulegen. Man kann nur hoffen, dass das Musikerkollektiv noch weitere Alben einspielen wird. Absolute Kaufempfehlung!

Stephan Schelle, September 2022

   

CD-Kritiken-Menue