TNNE - Wonderland
Progressive Promotion Records (2017)
(9 Stücke, 59:33 Minuten Spielzeit)

Die Luxemburger Band TNNE, das ist eine Abkürzung für The No Name Experience, besteht aus zwei Mitgliedern der ehemaligen Band No Name. Nach ihrem Debütalbum „The Clock That Went Backwards“ sind drei Jahre ins Land gegangen bis Ende September 2017 der Nachfolger „Wonderland“ veröffentlicht wurde. Das lag unter anderem an Besetzungswechseln in der Band, denn die ausgeschiedenen Michel Volkmann (Gitarre) und Claude Zeimes (Bass) mussten ersetzt werden.


Neben Sänger Patrick Kiefer und Keyboarder Alex Rukavina gehört weiterhin Schlagzeuger Cédric Gilis mit zum LineUp. Neu hinzugekommen ist Bassist Michel Casadei della Chiesa. Die Gitarren wurden von Claudio Cordero, dem Saitenzauberer der chilenischen Band Cast eingespielt. Der Kontakt zu ihm kam über den Labelchef Oliver Wenzler zustande, denn Cast hatten ihr letztes Album ebenfalls bei Progressive Promotion Records veröffentlicht. Vorweg ist zu sagen, dass die Gitarrenparts sich hervorragend ins Gesamtbild einfügen obwohl Claudio Cordero diese in seinem Heimatland aufgenommen und der Band dann geschickt hat. Als weiterer Gastmusiker ist erneut Fred Hormain mit dabei, der mit seinem Saxophonspiel zwei Stücke verfeinert.

„Wonderland“ ist zwar kein Konzeptalbum, allerdings handeln einige Stücke von so genannten Geisterstädten. So handelt der Song mit dem außergewöhnlichen Namen „Katrina Killed The Clown“ vom Hurrikane Katrina, der im August 2005 mit einer Geschwindigkeit von 280 Stundenkilometern über die USA hinweg zog und eine Spur der Verwüstung hinter sich ließ. Dabei zerstörte er auch den Freizeitpark der Kette Six Flags in New Orleans. Das Titelstück sowie „Final Fantasy“ (das hat nichts mit der gleichnamigen Konsolenspielreihe zu tun) handeln von einem geplanten Freizeitpark in der Nähe von Peking, der aber noch während der Bauarbeiten gestoppt wurde. „Frozen In Time“ handelt schließlich von der US-amerikanischen Geisterstadt Bodie, die östlich von San Francisco gelegen ist. Es ist die besterhaltene Geisterstadt in den USA, die nach Ende der Goldgräbereuphorie in den 1930’er Jahren einfach verlassen wurde.

Musikalisch sind sich TNNE weitgehend treu geblieben, denn ihr Progressive Rock bewegt sich im klassischen Neoprog mit leichten Melodic Rock-Elementen und damit nicht weit von ihrer Vorgängerband No Name entfernt. Auf „Wonderland“ haben sie aber den Härtegrad ein wenig angezogen, was aber den Songs gut tut.

Mit dem 8:27minütigen „My Childish Mind“ beginnt die CD. Der erste Part „Opening“ ist rein Instrumental gehalten und wird durch eine sehr schöne Melodielinie von Fred Hormain am Saxophon auf ein höheres Level geschraubt. Gut gefallen auch der druckvolle Bass und ausgefeilten Gitarren- und Keyboardparts. Nach gut drei Minuten wechselt es dann in den zweiten Part „The Thrill“ der sehr melancholisch angelegt ist, was durch die Gesangsstimme von Patrick noch verstärkt wird. Das ist jetzt Neoprog der besten Sorte.

In „Eye Of The Storm“ wird dann eine etwas härtere Gangart eingelegt, was vor allem an den Gitarrenlicks von Claudio Cordero liegt, die eine perfekte Melange mit dem Keyboardarrangement eingeht. Ein treibendes und hinreißendes Stück mit herrlichen Soli, das im Gesangsteil an RPWL erinnert. Das 7:12minütige „Katrina Killed The Clown“ bietet vielschichtige Musik, denn hier werden Struktur- und Rhythmuswechsel von der Band eingesetzt um den Spannungsbogen hochzuhalten, was ihnen ausgezeichnet gelingt.

Das Titelstück erinnert ebenfalls ein wenig an RPWL, was vielleicht auch an Patricks Gesang liegen mag. Hier haben TNNE eine Ohrwurmmelodie eingespielt und mit AOR-Elementen versehen, die sich schnell im Ohr festsetzt. In „Final Fantasy“ kommen Violinensounds zum Einsatz, die zusammen mit treibendem Schlagzeug und Gitarren Gedanken an Kansas wach werden lassen, obwohl sich der Song doch eher im Neoprog bewegt. Ein Knaller ist auch „Frozen Time“ mit seinen atmosphärischen Gitarren und der herrlichen Bass-/Schlagzeuglinie. Der Abschlusstitel „Le Fil Du Tems“ ist der erste Song, den Patrick Kiefer in französischer Sprache eingesungen hat. Fred Hormain verleiht diesem Stück mit seinem Saxophon eine leicht folkige Note.

Mit „Wonderland“ ist der luxemburgischen Band TNNE ein erstklassiger Nachfolger zu ihrem Debüt gelungen. Obwohl die Gitarren von Claudio Cordero in seinem Heimatland Chile eingespielt wurden, kommt zu keiner Zeit ein Bruch im Gesamtbild auf. „Wonderland“ ist ein Progalbum, das ich sehr empfehlen kann.

Stephan Schelle, Oktober 2017

   

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