Tibet - Tibet (CD)
Sireena Records / Broken Silence Distrubition (1979 / 2021)

(9 Stücke, 48:47 Minuten Spielzeit)

Die Geschichte der deutschen Rockband Tibet geht bis ins Jahr 1972 zurück, in dem Gitarrist Jürgen „Pönsge“ Krutzsch die Band im sauerländischen Werdohl gründete. Zuvor hatte er schon in den 60’er Jahren in einigen Bands seine ersten Meriten verdient. Das Ziel eigene Songs zu spielen stand dann aber bei der Gründung von Tibet klar im Vordergrund. Anfangs stand Rock mit orientalischem Einschlag auf dem Programm und die Musiker nutzten Instrumente wie Sitar, Tablas, Flöte, Geige und Saxophon. 


Schnell waren aber die technischen Grenzen erreicht und Krutzsch & Co. kamen auf die im Rock bewährten Instrumente wie Keyboards, Bass, Gitarren und Schlagzeug zurück.

In der Besetzung Jürgen „Pönsge“ Krutzsch (Gitarre), Klaus „Schatz“ Werthmann (Gesang), Detlef „Bertel“ Ballin (Keyboards), Fred „Teppich“ Teske (Schlagzeug), Dieter „Zechgeige“ Kumpakischkis (Keyboards) und Karl-Heinz „Zinken“ Hamann (Bass) spielten sie das selbst betitelte Debütalbum ein. Zur Band gehörte auch noch Wolfgang „Traudel“ Wilka (Lights). Dieses LineUp tourte zuvor schon sehr erfolgreich durch Deutschland und Europa. Bei den Aufnahmen zu ihrem ersten Album hatte sich bereits eine homogene und eingespielte Band gefunden, was man der Aufnahme auch anhört.

Auch wenn die Musik von Tibet nicht so deutlich von großen Namen der Progressive Rock-Szene beeinflusst wurde, so blitzen doch an einigen Stellen Sounds auf, die in Richtung Uriah Heep, Genesis und Yes weisen. Sie hatten allerdings auch den typisch deutschen Sound, der damals und heute als Krautrock bezeichnet wurde und an Bands wie Jane, Novalis, Grobschnitt & Co. erinnert, in ihren Stücken verwurzelt. Tibet hatten allerdings ihren ganz eignen Sound. Leider löste sich die Band bereits 1980 auf, so dass es bisher bei diesem einen Longplayer blieb.

Herrliche, atmosphärische Sounds zeigt schon der Opener des Albums „Fight Back“. Eingeleitet durch Keyboards und Gitarre nimmt das Stück von Beginn an gefangen. Klaus Werthmann hat ein Timbre in der Stimme, das in einigen Passagen auch an die Rockröhre Inga Rumpf erinnert. Das passt aber ganz hervorragend zu den rhythmischen und melodiösen Songs. Besonders gut gefallen mir in diesem ersten Stück die ausufernden Keyboardsoli.

Ein hochmelodischer Song reiht sich an den nächsten und man kann es kaum glauben dass eine derart gute Band nur ein Album herausgebracht hat. Die Keyboards am Anfang von „White Ships Ond Icebergs“ kommen in die Nähe von Genesis, während „Eagles“ in einigen Momenten sehr stark an Passagen aus Grobschnitt’s „Solar Music“ erinnert, während Orgel und Gesang in „No More Time“ dann eine Spur nach Novalis klingen.

Sireena Records hatte 2015 das Album schon auf Vinyl wiederveröffentlicht. 1994 erschien es auch erstmals bei Musea auf CD. Am 08.10.2021 kommt das erste und einzige Album von Tibet nun erneut auf CD heraus. Neben den sieben Stücken des Originals hat Sireena dieser Ausgabe zwei Bonusstücke hinzugefügt, die 1978 und 1980 in etwas veränderter Besetzung in Lüdenscheid entstanden und eingespielt wurden.

Der erste Bonustrack lautet „Too Lazy“ und wird von Elmar Hegemann gesungen, der auch Keyboards spielt. Ein sanfter atmosphärischer Track. Beim zweiten Bonustrack „Never Be The Same“ ist kein geringerer als Pee Wee Bluesgang-Sänger Richard Hagel am Mikro zu hören. Seine rauchige Stimme passt auch gut in diesen krautigen Song und erinnert gar eine Spur an Klaus Meine von den Scorpions.

Die Wiederveröffentlichung erscheint in einem vierseitigen Digipack mit zwölfseitigem Booklet in dem zahlreiche Fotos sowie Linernotes in deutscher Sprache abgedruckt sind. Eine tolle Scheibe, die in keiner Krautrocksammlung fehlen sollte. Und die Boni sind darüber hinaus ein Kaufanreiz für alle, die das Album schon besitzen.

Stephan Schelle, September 2021

   

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