The Walker Brothers – 3 Original Album Classics

The Walker Brothers – 3 Original Album Classics
Columbia / Sony Music (2010)
(30 Stücke, 115:25 Minuten Spielzeit)

Die Walker Brothers sind nicht etwa, wie man dem Namen nach vermuten könnte, miteinander verwandt und heißen auch nicht Walker mit Hausnamen. Das Trio bestand aus Noel Scott Engel (Gesang, Bass), John Maus (Gesang, Gitarre) und Gary Leeds (Schlagzeug). Nachdem sich die band zunächst in 1967 aufgelöst hatte, feierten die drei im Jahr 1975 eine recht erfolgreiche Reunion. Die drei Alben dieser Reunion liegen nun in der Anfang 2010 erscheinenden Box „Original Album Classics“ vor. Der Musikstil der Walker Brothers war von einer sehr sanften Gesangsform, die streckenweise an die Spätphase von Elvis Presley erinnerte, geprägt.


Diese Ähnlichkeit zu Elvis zeigt sich gleich im Titelstück des 1975’er Albums „No Regrets“, das auch als Single recht erfolgreich war. Streicher, Akustikgitarre, sanfte Gitarren und Schlagzeug im Hintergrund, darauf eine sanfte Gesangsstimme, die eine eingängige Melodie singt, mit dieser Formel hatten sie Mitte der 70’er recht großen Erfolg. Heut mag das ein wenig schmalzig klingen, aber „No Regrets“ hat immer noch ein gewisses Flair, während die anderen Stücke für meinen Begriff etwas dahinplätschern. In den sanften Rocksound wird an einigen Stellen auch eine Portion Country, wie in „Hold An Old Friend’s Hand“ oder „Walkin’ In The Sun“, gestreut. Aus dem doch recht ruhigen Album sticht lediglich das mit Reggaerhythmen versehene „He’ll Break Your Heart“ heraus, ansonsten ist das Album - mal vom Titelsong und dem abschließenden „Burn Our Bridges“ abgesehen - aufgrund seiner balladesken Struktur recht monoton.

Ein Jahr später, im Jahr 1976 folgte mit „Lines“ das nächste Werk, das in diesem Pack die zweite CD darstellt. Im Stile von „No Regrets“ geht es auch auf „Lines“ zu, denn auch hier sind es die balladesken Songs, die das Album bestimmen. Erster Song, der einen aus der Lethargie reißt, ist das vierte Stück „Have You Seen My Baby“. Das ist aber nur ein kurzes Zwischenspiel, denn schon im nächsten Song „We’re All Alone“ geht es wieder in schmachtendem Stil weiter. Nächster Lichtblick im Album ist das Country artige „First Day“. Und auch das folgende „Brand New Tennessee Waltz“, das einen Countrywalzer darstellt und bei dem ich mir eine tanzende Westerngesellschaft vorstelle, geht in diese Richtung, hat aber nicht die Klasse von „First Day“.

Weitere zwei Jahre später kam dann „Nite Flights“ heraus. Nachdem ich nun die ersten beiden Alben gehört habe, dachte ich, jetzt geht es so weiter, doch weit gefehlt. „Nite Flights“ ist aus meiner Sicht das interessanteste Album der Box, denn hier änderte sich der Stil der Walker Brothers radikal. Man hatte den aufkommenden Zeitgeist der in der Musik aufkam, aufgenommen und so klingen eine Songs auch zum Beispiel wie eine Mischung aus The Cars und David Bowie. Der Mut zum Experiment hat sich meines Erachtens gelohnt.

Beim Stück „The Electrician“ haben wir es zwar wieder mit einer Ballade zu tun, doch durch den Einsatz elektronischer Instrumente und dem etwas schrägen, Bowie artigen Gesang entwickelt der Song eine gewisse Ausstrahlung. Auf „Nite Flight“ haben die Walker Brothes zehn Popsongs zusammengestellt, die länger fesseln. Dieses Album lohnt allein den Kauf der Box. Mit ihm waren sie sicherlich – wie damals einige Journalisten schrieben – ihrer Zeit voraus.

Für Freunde von schmalzenden Balladen sind die ersten zwei Alben dieser Box sicherlich ein Fest, mich haut die Musik aber nicht gerade vom Hocker. Die Überraschung ist aber zweifelsohne „Nite Flight“ auf der sich die Walker Brothers neu erfinden und ihren musikalischen Stil radikal ändern. Die Box ist, wie alle anderen von Sony Music, wieder sehr gut geeignet um die Plattensammlung zu vervollständigen, zumal die Alben klanglich gut restauriert wurden.

Stephan Schelle, Januar 2010

   

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