The Electric Church - Babelfish

The Electric Church - Babelfish
Tribal Stomp / Cargo Records (2007)
(11 Stücke, 48:15 Minuten Spielzeit)

Anfang Oktober 2007 erscheint das zweite Album der Electric Church. Bei diesem Titel kommt einem sofort elektronische Musik in den Sinn, doch das ist hier nicht der Fall (ausgenommen mal die E-Gitarren, aber die werden ja auch bei den meisten Bands elektrisch betrieben). Diese multikulturelle elektrische Kirche besteht aus den Deutschen Katrin Schmitz (Gesang und Bass), Stefan Schmitz (Gesang, E-Gitarre), dem Franzosen Sebastian Carpentier (Schlagzeug) und dem Portugiesen Manu Da Silva (E-Gitarre). Und was da aus den Boxen erklingt ist eine Mischung aus waschechtem Southern Rock, Bluesrock und weiteren musikalischen Zutaten.


Seit 2003 ist dieses Quartett schon unterwegs und konnte vor allem mit ihrem Erstling „Instant Absolution“ nicht nur in Europa, sondern vor allem auch im Mutterland des Southernrock, den USA, punkten. Obwohl die Musik nicht kommerziell klingt konnten sie doch in die französischen und schweizer Charts eindringen.

Die elf Tracks sind alle mit Ausnahme von „One For Five“, das mit 7:40 Minuten der längste Titel ist, alle im radiotauglichen Format zwischen 2:32 und 5:30 Minuten gehalten. „Where I Go“, das den Silberling eröffnet, ist gleich ein klasse Titel der Southernrock-Liebhabern gefallen wird. Bei diesem Titel übernimmt Katrin, die sich bei den Songs stimmlich mit ihrem Mann Stefan abwechselt, den Gesang, der hier aber etwas im Hintergrund gehalten ist. Ihre Gesangsart weist deutlich einen Akzent auf und klingt etwas holprig, was aber einen ganz besonderen Charme hat.

Track Nummer zwei ist „Ragooze“, ein Bluestitel mit Reggae-Einschlag, wer hätte so etwas erwartet? Hier singt Katrin ebenfalls, klingt aber so, als würde sie manchmal an ihre stimmlichen Grenzen kommen. So ganz kann mich dieser Titel, auch aufgrund der etwas simplen Struktur nicht überzeugen. Für mich ist der Titel der Durchhänger der CD. Da geht es beim folgenden „Four Rules“ schon wieder ganz anders zur Sache. Ein richtig guter bluesiger Track, der die Atmosphäre einer Jam-Session versprüht. Hier kommt dann Stefan mit seiner tieferen Stimme, die ganz gut zum Blues passt, erstmals zum Einsatz. Es wird deutlich, dass die Musik der vier von den Solopassagen lebt, in denen sich Stefan und Manu so manches Duell liefern.

Das kurze „Adios Muchacho“ verbreitet plötzlich ein Flair von Neuer Deutscher Welle, was eindeutig an Melodie, Sound und Katrins Gesang liegt. Zwar wird hier, wie auf dem gesamten Album, in Englisch gesungen, doch hat dieser Song etwas, dass mich sofort an die Berliner NDW-Band Ideal erinnert. Auch ist Katrin gesanglich nah an Frau Humpe dran. Dies ist aber nur ein kurzer Ausflug in derartige Gefilde, denn schon mit „One Four Five“ kommt eine langsame Bluesnummer, die unter die haut geht. Vor allem das gemächlich dahin fließende Gitarrensolo und die von Gastmusiker Eddy Hennetier gespielten Keyboards (er kommt auch bei dem Stück „TV“ noch einmal zu seinem Recht), machen aus dem Stück eine Pink Floyd-artige Nummer.

An der Beschreibung dieser ersten Tracks wird deutlich, dass The Electric Church so leicht nicht in irgendeine Schublade gesteckt werden können, ihre Stilvielfalt ist beträchtlich. Und in dieser Manier geht es dann bei den weiteren Stücken weiter. Blues- und Southernrock sind allerdings die Konstanten, die das Werk zusammenhält. Beim Titelstück wird es dann auch noch ein wenig experimentell, das aber nur am Rande und in „Downswing“ kommt, dem Titel entsprechend, eine Portion Swing mit hinzu. Bei dieser Nummer zu der Katrin nur zur Gitarre und dezenten Drums (mit Besen gespielt) singt, wird man förmlich in eine Baratmosphäre gespült.

Mit „Babelfish“ von The Electric Church hat Tribal Stomp, das ja bekannt für so manche außergewöhnliche Perle der Rockmusik ist, wieder etwas Besonderes gehoben. Für Freunde guter Rockmusik jenseits der Grenze des Mainstreams eine Entdeckung.

Stephan Schelle, September 2007

   

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