Steve Vai - Modern Primitive / Passion And Warfare 25th Anniversary Edition
Legacy Recordings / Sony Music (1990 / 2016)

(31 Stücke, 136:34 Minuten Spielzeit)

Gitarrenvirtuose Steve Vai veröffentlichte 1984 sein Debüt-Soloalbum „Flex-Able“. Sechs Jahre später, im Jahr 1990 erschien dann der Nachfolger „Passion And Warfare“. Legacy Recordings, die Catalog Division von Sony Music Entertainment, veröffentlicht am 24. Juni 2016 von Steve Vai die Doppel-CD „Modern Primitive / Passion And Warfare 25th Anniversary Edition“ mit zahlreichen unveröffentlichten Titeln.


Die Stücke auf Vai’s Debüt komponierte er im Alter von 20 – 23 Jahren. Die Stücke von „Passion And Warfare“ entstanden als Vai zwischen 27 und 29 Jahre alt war. In der Zwischenzeit hatte er einige musikalische Skizzen erstellt, die allerdings nie das Licht der Welt erblickten. Im Alter von 55 Jahren hat sich Steve dieser frühen Aufnahmen angenommen und sie ausgearbeitet bzw. fertiggestellt. Das Ergebnis findet sich auf der ersten CD dieses Doppelalbums und trägt den Titel „Modern Primitive“.

Die zweite CD umfasst das remasterte Album „Passion And Warfare“ mit vier unveröffentlichten Songs als Bonus. „Die Musik auf ‚Flex-Able’ unterscheidet sich so sehr von der auf ‚Passion and Warfare’, dass man sich fragen könnte, ob es derselbe Typ ist, der die beiden Platten gemacht hat“, schreibt Steve in den Liner Notes der neuen Edition. „‘Modern Primitive’ ist das fehlende Glied zwischen den Alben. Es ist eine Art Cro-Magnon Vai.“

Das Debütalbum von Steve Vai enthielt schon recht schräge Stücke und wirkte wie von Zappa beeinflusst. Das Folgealbum „Passion And Warfare“ war da aus ganz anderem Holz geschnitzt. Auf diesem Album bietet Vai melodiösen Instrumentalrock. Was sich schon im eröffnenden „Liberty“ zeigt, das wie eine Hymne klingt. Stücke wie das kraftvolle „Erotic Nightmares“, das leicht bluesige „For The Love Of God“ (erinnert ein bisschen an Gary Moore) und das treibende „The Audience Is Listening“ zeigen die ganze Bandbreite des Gitarristen. Neben dem Originalalbum gibt es noch vier bisher unveröffentlichte Stücke.

Von einer Reihe von Träumen inspiriert, die Vai als junger Mann hatte, beschreibt er selbst „Passion and Warfare“ als „Jimi Hendrix trifft Jesus Christus bei einer Party, die Ben Hur für Mel Blanc geschmissen hat.“ Das Album wurde in The Mothership, Vais Home Studio in den Hollywood Hills, aufgenommen und bietet mit dem Klassiker „For The Love Of God“ laut einer Leserumfrage des Guitar World Magazine den Track mit einem der besten Solos aller Zeiten.

Die erste CD enthält dann die zwischen dem ersten und zweiten Soloalbum begonnenen Stücke, die Vai aktuell fertiggestellt hat. Sie stellen in der Tat eine Brücke zwischen den beiden Alben her, da einige Zappaeske Strukturen in den Tracks auszumachen sind, zum Anderen sich die Stücke aber viel eingängiger als auf dem Debüt darstellen. Klanglich ist das ganz hervorragend umgesetzt worden.

 

Da gibt es knackige Rockstücke mit wilden WahWah-Effekten wie in „Dark Matter“, das darüber hinaus auch einige angejazzte Passagen enthält. Daneben finden sich treibende AOR-Songs wie „Mighty Messengers“ der mit einem markanten Basslauf aufwarten kann, atmosphärischer Downtemporock („The Lost Chord“), der mich an Devin Townsend erinnert, Instrumentalrock mit asiatischem Flair („Upanishads“), wundervolle Balladen wie „And We Are One“ oder treibender Rock mit leicht funkigen/jazzigen Einsprengseln wie „Bop!“ und „Never Forever“. Eins haben die Stücke aber gemein, immer steht die Gitarre von Vai im Vordergrund.

Neben der Doppel-CD-Version „Modern Primitive / Passion And Warfare - 25th Anniversary Edition“ werden die beiden Alben auch auf den digitalen Plattformen separat erhältlich sein. Die Edition kommt im 4-teiligen Softpack mit 20-seitigem Booklet und einem „Passion and Warfare“-Faltposter.

Zusätzlich zu der erstmals veröffentlichten, „verlorenen“ Musik von „Modern Primitive“ feiert der Komponist/Produzent und E-Gitarren-Virtuose Steve Vai das 25. Jubiläum seines musikalischen Meilensteins „Passion And Warfare“ mit einer Welttournee, die am 28. Mai startet, und zum ersten Mal sein bahnbrechendes Instrumental-Rock-Meisterwerk in seiner Gesamtheit präsentiert. „Dieses Album von Anfang bis Ende (inklusive einiger ganz besonderer Überraschungen) live zu spielen, ist etwas, von dem ich immer geträumt habe“, erzählt der dreifache Grammy-Gewinner. „Es sind Songs dabei, die ich noch nie live gespielt habe und 25 Jahre nach dem Release bin ich froh, dass meine Gitarren-Skills der Aufgabe so gewachsen sind wie nie zuvor.“

Diese DoppelCD zeichnet ein sehr schönes Bild des Gitarristen Steve Vai, der sich in den Anfangsjahren von Frank Zappa inspiriert zu haben scheint. Zumindest finden sich auf dem bisher unveröffentlichten Werk „Modern Primitive“ einige sehr zappaeske Strukturen, die Vai mit seinem Gitarrenstil vermischt. Hochgradig spannend und klanglich perfekt umgesetzt. Ein tolles Werk.

Stephan Schelle, Juni 2016

   

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