Stephan: Was bedeutet
der Bandname und wie spricht man ihn richtig aus, damit hatte ich schon
Probleme?
Markus: Da bist du
nicht der Einzige, der damit Probleme hat. Aussprechen tut man es „sidjes
iwen“. Der Bandname bedeutet eigentlich im Prinzip nichts. Wir haben ihn
damals in den 80’ern einfach zusammengesetzt aus zwei englischen Wörtern,
die wir bei Gedichten von Lord Byron gefunden haben. Also „Siege“ bedeutet
ja Belagerung und „Even“ ist die Verkürzung von Evening, poetisch
gesprochen. Wenn man das jetzt mit Apostroph versieht, also Siege’s Even,
würde es so was wie Abend der Belagerung bedeuten, aber das soll eigentlich
keine Bedeutung haben, es ging nur um den Klang der beiden Wörter. Die haben
uns recht gut gefallen und seit dem haben wir den Namen am Hals (lacht).
Stephan: Ich hab
gelesen, dass der neue Sänger, Arno Menses, Fan der Band war und sich als
Sänger bei euch beworben hat. Heißt das, dass ihr vorher ein Trio gewesen
seid?
Markus: Ne, wir waren
immer zu viert. Aber im Prinzip hast du recht damit, dass wir ein Trio
waren. Wir hatten immer - auf die eine oder andere Art - Probleme mit
unseren Sängern. Ab der dritten CD hatten wir einen Sänger, der zwar gut
singen konnte aber der nicht so richtig dahinter stand. Arno hat ganz
einfach andere Voraussetzungen, er ist ein Fan gewesen und kannte unsere
alten CDs in- und auswendig. Insofern sind wir zum ersten Mal eine richtige
Band mit vier Mitgliedern.
Stephan: Ist es
richtig, dass ihr alle studierte Musiker seid?
Markus: Mehr oder
weniger. Ich persönlich bin Autodidakt, was das Instrument angeht. Ich hab
allerdings Musikwissenschaft studiert. Alex und Olli haben Bass bzw.
Schlagzeug studiert. Alex ist unser Schlagzeuger, der unterrichtet hier auch
in München am Drummer’s Focus, einer Schlagzeugschule. Bei Alex und Olli
kann man wirklich sagen, dass sie ihr Instrument studiert haben. Ich hab’s
natürlich auch studiert, aber eher selbst.
Stephan: In der
Presseinfo steht, dass bei euch früher soviel Noten wie möglich in einen
Song eingeflossen sind. Das klingt sehr komplizierter, heißt das dann, dass
sie auch sehr kompliziert aufgebaut waren und für den Hörer schwer zu
erschließen sind?
Markus: Als Musiker
sieht man das natürlich immer etwas anders als der Hörer. Die ersten
Scheiben und vor allem die zweite mit dem Titel „Steps“, da passiert schon
eine Menge. Da haben wir uns schon Gedanken gemacht. Es ist aber schon eine
sehr komplexe Musik und der Opener der CD war 25 Minuten lang. Es ist schon
sehr anspruchsvolle Musik gewesen, die wir damals gemacht haben.
Mittlerweile wollen wir natürlich auch in eine andere Richtung gehen. Du
kannst schließlich nicht die ganze Zeit dasselbe machen.
Stephan: Wie kann
jemand, der euch erst jetzt entdeckt an die alten Scheiben kommen? Sind die
noch im Handel erhältlich?
Markus: Es gibt ja
insgesamt fünf Alben, die „Navigating“ ist ja unser sechstes Album. Die
ersten drei (Anm. der Red. „Life Cycle“, „Steps“ und „A Sense Of Change“)
gibt es noch ganz regulär, die kann man im Plattenladen oder bei Amazon
finden. Die vierte und fünfte Scheibe, „Sophisticated“ und „Uneven“ kann
man, soweit ich weiß, offiziell nicht mehr kriegen, da das Label pleite
gegangen ist. Die sind sehr schwer zu bekommen, es ist aber geplant, die
irgendwann mal wieder neu rauszubringen. Aber momentan sieht es sehr
schlecht aus.
Stephan: Du sagtest
gerade, dass ihr in eine andere Richtung wollt. Hat das auch mit dem
Eintritt von Arno zu tun, oder habt ihr das schon vorher vorgehabt?
Markus: Zum einen
hatten wir das sowieso vor … Also unser Anspruch als Musiker ist immer, „wir
wollen uns weiterentwickeln“, so wird auch sicherlich unsere nächste CD
wieder anders ausfallen. Wir wollen immer besser werden, was das Songwriting,
das Arrangieren, das Produzieren angeht und wollen natürlich auch unsere
musikalischen Fähigkeiten erweitern. Aber Arno ist natürlich jetzt ein ganz
wichtiges Element in der Band und er hat uns, wie kein anderer Sänger
vorher, seinen Stempel aufgedrückt, weil er auch aus einer bisschen andern
Ecke kommt. Obwohl er Fan der Band war und auch noch ist. Er kommt aber von
seinem persönlichen Geschmack eher so aus der AOR-Ecke wie z. B. Kansas, was
aber auch gut ist weil wir eben auch sehr auf Stimme und auf Harmoniegesänge
stehen. Er hat uns auf dieser Platte seinen Stempel aufgedrückt und ich
denke, er wird das in Zukunft auch noch verstärkt machen.
Stephan: Arno ist der
einzige der singt, ist das richtig?
Markus: Jetzt auf der
Platte schon, aber wir singen live auch mit.
Stephan: Die Platte
beinhaltet an einigen Stellen sehr schönen Satzgesang. Wie wurde dieser
teils mehrstimmige Gesang aufgenommen? Hat Arno mehrere Spuren besungen?
Markus: Ja, das ist
auf mehreren Spuren aufgenommen. Wir haben erst überlegt, ob wir es machen
oder ob wir Frauenstimmen oder andere Männerstimmen noch zusätzlich
verwenden sollten. Aber letztendlich hat es so gut geklungen, so harmonisch
geklungen, dass wir es so gelassen haben. Live werden wir das dann selbst
übernehmen. Aber für die Platte war es von der Homogenität her einfach ein
Aspekt, dass wir alles von Arno haben singen lassen. Und es war auch ein
Zeitaspekt, weil er die Lines natürlich am besten kannte. Wir haben auch
nicht das Budget, das wir ein halbes Jahr oder länger im Studio sein können.
Deswegen war das dann auch noch ein finanzieller Aspekt.
Stephan: Man versucht
Musik ja immer zu vergleichen. Beim Hören habe ich Ähnlichkeiten zu den sehr
melodiösen Stücken von Rush, Yes, Kansas und vor allem was den Gesang
betrifft von Styx erkannt. Da interessiert mich natürlich, welche Vorbilder
ihr selbst habt.
Markus: Ja klar, wenn
du anfängst Musik zu machen hast du natürlich deine Helden, denen du
versuchst nachzueifern. Aber das war schon am Anfang, als wir noch relativ
klein waren, da war dieses Spektrum schon so breit. Wir haben wirklich alles
von Iron Maiden, Metallica, Rush bis hin zu Jazz und Klassiksachen gehört.
Ich glaube wir haben gerade ab unserer dritten Platte (Anm. der Red. „A
Sense Of Change“) unseren eigenen Stil gehabt. Ich vergleiche natürlich auch
immer, wenn ich irgendwelche Bands höre, aber ich glaube dass wir
mittlerweile sehr eigenständig klingen.
Stephan: Absolut.
Markus: Das ist
gerade heute …. Ich bin mittlerweile auch schon über dreißig …. das ist
nicht mehr so, dass du jetzt so ein Vorbild oder einen Gott hast, dem du
jetzt nacheiferst. Ich glaub da verfolgt man doch andere Pläne und andere
Ziele, wenn man Stücke schreibt. Aber am Anfang waren die Einflüsse
natürlich groß, ist ja ganz klar.
Stephan: Ich finde
aber trotzdem, dass man diese noch etwas raushört und das ist auch gar nicht
schlimm.
Markus: Es ist ja
auch gar nichts dagegen einzuwenden. Ich meine du hast jetzt Rush erwähnt,
die hatten auch ihre Einflüsse und haben letztes Jahr ihre „Feedback“-CD mit
ihren Helden herausgebracht. Das ist auch gut so denn das ist ja ein
kontinuierlicher Prozess in der Musikszene.
Stephan: Der
Vorgänger zum aktuellen Album kam bereits 1997 heraus. Was war der Grund für
die achtjährige Pause bis zur Veröffentlichung der neuen CD?
Markus: Also dazu
muss ich sagen, dass ich auf der vierten und fünften CD nicht mitgespielt
hab. Da war ein anderer Gitarrist dabei. Ich bin nach der dritten CD
ausgestiegen und diese beiden CDs, die mittlerweile nicht mehr erhältlich
sind, die klingen sehr anders. Es ist also im Prinzip eine andere Band.
Irgendwann kamen Alex und Oliver zu dem Schluss, dass es bei denen einfach
nicht mehr funktioniert hat. Alex hat mich dann angerufen und gefragt ob wir
nicht wieder was zusammen machen wollen. Und ich hatte auch gleich wieder
Lust. Deswegen haben wir das Ganze wieder unter einem anderen Namen
angefangen. Was natürlich kommerzieller Selbstmord ist, weil du erst wieder
Kontakte knüpfen und mit Plattenfirmen ins Gespräch kommen musst. Deswegen
hat sich das so lange hingezogen bis wir auch wieder ein wirklich gutes
Gefühl hatten, die Band wieder Sieges Even nennen zu können. Ein Problem
waren anfangs auch die vierte und die fünfte Platte, da ich – wie erwähnt –
da nicht dabei war und die Band komplett anders klang. Nicht, daß wir diese
CDs nicht mögen würden, aber die ersten drei und die neue Platte, das ist
das, was wir unter Sieges Even verstehen. Aus diesem Grund spielen wir auch
keine Stücke von „Sophisticated“ und „Uneven“.
Stephan: Worum geht
es denn genau bei der neuen CD? Ein bisschen irritierend ist das Cover. Wie
passt der Titel „Die Kunst nach den Sternen zu navigieren“ mit dem
Kleinkind, das sich von Fäden eines Puppenkreuzes losgerissen hat, zu dem
Albumtitel? Das konnte sich mir nicht so ganz erschließen. Und dann noch der
halbminütige Opener, das Titelstück, in dem ein Kleinkind aus vollem Herzen
und richtig dreckig lacht. Das ist zwar recht witzig, aber ich konnte nicht
erkennen, was es bedeuten soll.
Markus: Die Stücke
beschreiben schon eine Kontinuität. was das Ganze ausdrücken soll. Für uns
als Band kannst du das Cover auch deuten, das es für uns ein Neuanfang ist.
Wir haben acht Jahre nichts gemacht und stehen quasi wieder am Anfang. Das
ist die eine Geschichte. Aber „The Art Of Navigating By The Stars“ hat für
uns auch noch einen anderen Aspekt. Das ist für uns die Kunst instinktiv zu
leben, nach dem bzw. mit dem was du hast. Dafür steht dieses Kind. Am Anfang
dieses Weges steht das Kind und die anderen Sequenzen, die auf der CD
folgen, sind Ausschnitte aus dem Leben. Der Mensch ist älter geworden, wenn
du das Cover der Original-CD aufklappst, dann siehst du, dass das Kind älter
wird und auf der Rückseite ist dann ein älterer Mann, ungefähr in unserem
Alter. Das ist einmal die Bandgeschichte, die dadurch repräsentiert wird,
aber auch Episoden aus einem Menschenleben sozusagen. Und damit auch die
Frage, was du mit deinen individuellen Fähigkeiten machen kannst sowie die
Gefahren, die existieren, wenn du nichts daraus machst. Also auch die
Entscheidungsfrage, wenn ich etwas mache, was passieren würde, wenn ich die
andere Alternative gewählt hätte. Das ist also die Ambivalenz in diesen
ganzen Stücken, die gezeigt werden sollen.
Stephan: Wie passt
denn dann das letzte Stück „Styx“ in das Konzept. Bei dem Titel fällt mir
sofort der Fluss bzw. Eingang der Unterwelt aus der griechischen Mythologie
ein. Hat das damit zu tun?
Markus: Ja, das Ganze
ist ein Bild. „Styx“ handelt textlich von Ängsten, in diesem Fall ist es
ganz konkret die Angst vor dem Sterben. Und wir haben ihm diesen Titel des
Flusses der Unterwelt gegeben. Wir haben auch versucht das Ganze musikalisch
umzusetzen. Also wenn du da gleich am Anfang diese komische Gitarre hörst,
die wie in einem riesigen Glaspalast klingt, das soll quasi den Eintritt in
den Song, in die Unterwelt dieses Songs repräsentieren. Das ist der
Schlusspunkt der Platte. Diese ganze existentielle Angst, mit der der eine
mehr, der andere weniger zu kämpfen hat, wird hier thematisch behandelt.
Stephan: Ich fand das
Stück sehr schön, hatte natürlich wieder reichlich, wie in den anderen
Stücken auch, Strukturwechsel, was Rhythmus und Melodien anbelangt. Das
findet sich ja durchgängig bei euren Stücken.
Markus: Richtig, vor
allem auf dieser Platte. Das wollten wir auch. Es gibt aber auch andere
Beispiele. Die zweite Sequenz, „The Lonely Views Of Condors“ ist relativ
simpel gehalten. Im Prinzip sind es kleine Parts, die ein bisschen variiert
werden. Da passiert nicht ganz so viel. Es ist schon richtig, wir wollten
schon innerhalb der Sequenzen auch ein bisschen abwechslungsreich sein,
nicht einfach Part an Part reihen, sondern auch quasi neue Ideen in die
Sequenzen mit reinbringen. Neue Aspekte, die dann auch mit den Texten
korrespondieren und die Geschichte interpretieren oder musikalisch erzählen.
Stephan: „Blue Wide
Open“ ist zum Beispiel durch den Einsatz der Akustikgitarre sehr schön und
bringt dadurch auch einen spanischen Flair hinein, so Flamencoartig.
Markus: Ja richtig.
Ja das ist ein ganz witziges Stück gewesen. Das habe ich mit Oliver, der
nicht nur ein guter Bassist sondern auch ein guter Gitarrist ist, ich glaub
innerhalb von vier Stunden geschrieben. Der Oliver hat einen großen Anteil
an dem Stück gehabt, die ganzen Grundparts kamen von ihm. Und so hat eins
zum andern geführt und ich hab dann dieses spanische Element mit
hineingebracht. Auch den Text, den ich zwar geschrieben hab, wurde quasi
durch Oliver inspiriert. Das Wort Valparaíso, die Stadt in Chile … Wenn du
dir das noch mal anschaust, du hast die Texte ja noch gar nicht. Wenn du den
Text dann lesen wirst, er ist von Olivers Erlebnissen inspiriert. Er
erzählt, wie er in Chile in der Stadt Valparaíso war und eben quasi da stand
und dieses Bild vor Augen hatte, das durch den Titel repräsentiert wird. Und
das haben wir mit den Akustikgitarren versucht musikalisch umzusetzen.
Stephan: Du hast
vorhin auch Metallica ins Spiel gebracht. Im Stück „The Weight“ gibt es
diese Unterbrechungen, ich will sie mal als einen brutalen Metalteil
umschreiben. Beim ersten Hören hab ich mich tatsächlich erschrocken, weil
das so plötzlich und unerwartet in dieser doch sehr ruhigen Sequenz
einsetzt. Was hat es damit auf sich? Soll das einen Kontrapunkt zur sonst
ruhigeren Musik setzen, um die Aufmerksamkeit zu steigern?
Markus: Ich würde gar
nicht mal sagen, dass es so ein Effekt sein soll. Es hat eigentlich auch
wieder mit den Texten zu tun. Das ist auch wieder, wenn du so willst …
dieses Kind tritt ins Leben und das sollen, wenn man es überspitzt
darstellen will, brutale Realitätseinbrüche darstellen. Klar, du kannst die
ganze Platte schön machen. Wir hätten ja die ganzen härteren Teile
rauslassen können, aber die haben schon ihren Zweck. Wir machen die nicht,
weil wir vielleicht noch ein Paar Metal-Fans erreichen wollen, sondern weil
das für uns eine Fabel ist und ein Mittel etwas Bestimmtes auszudrücken. Das
ist gerade im ersten Song sehr wichtig. Das es nicht nur durch den Text,
sondern auch durch die Musik rübergebracht wird. Und deswegen dieses
unerwartete und ja, sehr hart klingende am Anfang.
Stephan: Ich hab mich
deswegen erschrocken, weil ich die CD gleich beim ersten Mal über Kopfhörer
gehört hab. Da kam das natürlich voll rüber.
Markus: (lacht) Ja,
das denke ich mir. das kann etwas verstörend wirken (lacht).
Stephan: Das will ich
nicht unbedingt sagen. Ich kenn das ja von anderen Bands auch, die
zwischendurch schon mal etwas härtere Passagen in ihre Songs einflechten.
Bei „Stigmata“ wird diese Sequenz, wenn ich mich recht erinnere, noch einmal
von euch wiederholt. Ist das richtig?
Markus: Ja, die kommt
insgesamt dreimal auf der Platte vor. Also am Anfang, wie du grad gesagt
hast, dann bei „Stigmata“ und am Schluss, da kommt nicht dieses brutale Riff
wieder, da kommt das Anfangsthema noch einmal wieder.
Stephan: Und soll
dann die Story rund machen?
Markus: Ja, das sind
so ein bisschen die Säulen der Platte. Ich meine es soll jetzt auch kein
Konzeptalbum im klassischen Sinn sein. Es sollten aber schon die
Zusammenhänge zwischen den einzelnen Sequenzen zu erkennen sein, weil es ja
eben auch um Leben geht, daher sollte es schon eine konstante Linie haben.
Also zumindest konstante Themen, die hier oder da auftauchen können.
Stephan: Die
Klangqualität ist ja ausgezeichnet. Hattet Ihr Einfluss darauf oder ist der
volle und glasklare Klang vor allem Uwe Lulis zu verdanken?
Markus: Ich würde
sagen, Uwe hat auf jeden Fall einen großen Anteil daran. Es ist klar, der
Tontechniker ist immer am Ganzen beteiligt, aber wir hatten natürlich schon
unsere Vorstellungen. Wir wollten wirklich eine transparente Platte machen,
die aber auch irgendwie dieses Livefeeling noch hat, möglichst viel live
eingespielte Parts, also ohne große Schneidereien. Wir haben die einzelnen
Stücke aufgenommen bis sie rund klangen. Dieses kristallklare kommt auch von
den Gitarren, weil ich halt sehr viel mit Cleansounds arbeite. Das ist
einfach die Klangfarbe auf der Gitarre, die mich momentan am meisten
interessiert und deswegen hab ich sie auch exzessiv eingesetzt. Aber klar,
Uwe hat einen großen Einfluss darauf gehabt. Wir hatten am Anfang einige
Ressentiments Uwe gegenüber, weil wir ihn nicht kannten und wir durch
Recherchen gesehen haben, dass er eigentlich mehr aus dem Metal-Bereich
kommt. Aber, wie sich mal wieder rausgestellt hat, lohnen sich Vorurteile
einfach nicht. Er ist einfach sehr offen für alles und technisch total fit.
Er ist auch Gitarrist, was mir natürlich zugute kam. Er hat wirklich seinen
Input mit in die Produktion gebracht, was sehr wichtig ist.
Stephan: In der
Presseinfo stand, dass ihr auf 86 Spuren im Studio aufgenommen habt. Für
mich als Laien klingt das nach einer ganzen Menge. Kannst du etwas darüber
sagen?
Markus: Das klingt
halt schon etwas gewaltig, aber heutzutage macht das eigentlich jeder.
Allein wenn du das Schlagzeug im Studio aufnimmst, da hast du was weiß ich
wie viele Mikrofone da stehen, die auf verschiedene Spuren aufgenommen
werden. Also damit hast du schon mal einige belegt. Dann kommen die
mehrstimmigen Gesänge drauf und dann habe ich noch auf acht Spuren parallel
Gitarren aufgenommen. Dann summiert sich das schnell. Der Bass ist auch
nicht nur auf einer Spur aufgenommen, da läuft dann parallel auch noch
irgendein anderer Sound mit, der wieder auf eine separate Spur kommen muss.
Das ist natürlich auch eine technische und klangliche Frage. Dann kommen
eben so viele Spuren zusammen. Es klingt natürlich erst mal beeindruckend,
wie viel Spuren man da aufgenommen hat, aber es ist ja heute einfach der
technische Standard.
Stephan: Ist das dann
auch für einen räumlichen Klang vorteilhaft?
Markus: Ja, auf jeden
Fall. Bei den Gitarren, gerade wenn du mit cleanen Gitarren arbeitest, hast
du manchmal den Effekt, dass es etwas dünn klingt. Wir wollten eine Platte
machen, die zwar transparent ist, aber eben auch Druck hat. Da sind Gitarren
ganz heikel. Wenn Schlagzeug und Bass gut aufgenommen sind, dann machen die
natürlich schon ganz schön viel Druck und Energie im Hintergrund und da muss
die Gitarre irgendwie auch was machen. Da reicht es dann nicht bei
Cleansounds auf ein oder zwei Spuren aufzunehmen, da muss eben noch mehr
parallel laufen. Es gibt sicherlich auch noch andere Möglichkeiten das zu
machen, aber wir haben es jetzt auf der Platte so gemacht, weil wir eben
auch den Eindruck hatten, dass es von der Klangfarbe einfach gut passen
würde.
Stephan: Kannst du
mir bitte noch einen Satz zu den Cleansounds sagen? Das sagt mir jetzt nicht
so viel.
Markus: Das bedeutet
also einen unverzerrten Gitarrensound, also einfach eine Gitarre, die über
einen Verstärker gespielt wird, der nicht verzerrt ist.
Stephan: Gibt es noch
weitere Bandprojekte, in denen ihr spielt oder hat Sieges Even für alle
oberste Priorität?
Markus: Sieges Even
hat natürlich erste Priorität für uns. Das ist für uns unser kreativer Pool
und den wollen wir natürlich jetzt mit dieser und auch mit der nächsten
Platte voran bringen. Wir haben jetzt auch eine gute Plattenfirma und ein
gutes Management im Rücken. Alex und Olli, die sind ja auch noch angestellte
Musiker im Metal-Bereich bei Bands wie Blind Guardian und Rhapsody. Da sind
die eingestellt als Studio- und Livemusiker. Aber generell muss man sagen,
für uns alle hat Sieges Even die erste Priorität.
Stephan: Wie sehen
die nächsten Pläne aus? Wird es Liveauftritte geben?
Markus: Ja, wie ich
grad gehört habe, geht im Dezember eine Tournee los. Die ist gerade in der
Planung. Und nächstes Jahr Festivals und dann geht’s im Sommer schon wieder
an die nächste Platte.
Stephan: Wie soll die
Tournee aussehen? Sieht man euch innerhalb von Deutschland und geht ihr auch
ins benachbarte Ausland?
Markus: Ja, so wie es
aussieht werden wir wohl eine kleinere Tournee durch Deutschland und einige
europäische Städte machen. Es sieht wohl so aus, das wir im Dezember auch in
Moskau spielen.
Stephan: Da habt ihr
auch einige Fans, wie ich las.
Markus: Ja, grad im
Ausland. Griechenland, Russland und andere Länder sind wesentlich besser für
ne Band wie Sieges Even. Deutschland war immer schwierig für uns. Mal
schauen. Ich bin mal gespannt wie es jetzt mit der neuen Platte wird, weil
die Kritiken bis jetzt sehr gut sind und ob sich dadurch auch was ändert.
Stephan: Wie kommen
die Hörer denn im Ausland an eure Platten ran? Gibt es da Airplay für euch
oder gibt es im Ausland mehr Zeitschriften die über euch berichten?
Markus: Ich weiß auch
nicht, aber da sind die Leute irgendwie noch heißer auf Musik. Die wollen
das haben. Die kriegen es irgendwo her. Es gibt dort natürlich auch
spezielle Magazine, die sich mit derartiger Musik befassen. Diese Fans sind
dort aber einfach total verrückt. Wir haben letztes Jahr in Amsterdam auf
einem Festival gespielt, da war ein viertel des Publikums aus Griechenland,
die extra eingeflogen sind.
Stephan: Holland
scheint, gerade was Prog-Rock und Elektronik betrifft, ein ziemlich guter
Nährboden für Musik zu sein. Wenn man sich mal anschaut wer dort alles
spielt und auch Livekonzerte mitschneidet, die auf CD und DVD erscheinen,
das ist schon erstaunlich.
Markus: Jaja, und die
machen auch wirklich was, was jetzt Festivals angeht. Hier dieses
Headway-Festival, auf dem wir letztes Jahr gespielt haben, das findet auch
jährlich statt. Dann gibt es auch Progpower in Holland, also da geht schon
was. Jetzt haben wir noch den Vorteil, das wir einen holländischen Sänger
haben (lacht). Der kann jetzt in seiner Heimatsprache im Heimatland die
Ansagen machen.
Ich hoffe, dass die neue
Platte gut aufgenommen wird und dass wir auch mal andere Leute mit unserer
Musik ansprechen. Wir waren ja auch in der Vergangenheit immer so ein
bisschen im Metal-Bereich. Wir haben eigentlich nie richtig Metal gemacht,
aber irgendwie sind wir in der Szene drin gewesen und kamen da nicht raus.
Wir wollen einfach ein bisschen weiter denken, auch was das Publikum angeht.
Ich glaub, dass wir auch noch andere Leute erreichen können.
Stephan: Absolut,
denn die Platte ist wirklich klasse.
Markus: Freut mich zu
hören.
Stephan Schelle |