Scorpions – 3 Original Album Classics

Scorpions – 3 Original Album Classics
Columbia / Sony Music (2010)
(27 Stücke, 110:50 Minuten Spielzeit)

Sony führt die erfolgreiche Serie der „Original Album Classics“ auch im neuen Jahrzehnt fort. Waren bisher fünf Alben von Künstlern in einer Box versammelt, so sind es jetzt deren drei. Anfang des Jahres die Serie unter anderem mit einer Box der deutschen Rockformation Scorpions in die nächste Runde. Die Hannoveraner Band, die mittlerweile zu Weltruhm gekommen ist, hatte es am Anfang der Karriere nicht leicht. Hier traf vor allem das Sprichwort zu, dass der Prophet im eigenen Land nichts zählt, denn in Deutschland fanden die Hardrocker zunächst nicht den erwünschten Erfolg. Dafür konnten sie aber mit ihrerm Wechsel zum Hardrock im fernen Japan die Massen begeistern.


Nach den ersten beiden Alben „Lownsome Crow“ und „Fly To The Rainbow“ auf denen Schenker, Meine & Co. noch mehr dem Progressive- und Krautrock verbunden waren, ging es mit dem 75’er Album „In Trance“, das hier den Anfang des Album-Trios macht, in Richtung Hardrock, was der Band in der Zukunft eine große Fangemeinde bescheren sollte. Schon der Opener „Dark Lady“ zeigt die Richtung, in die es fortan gehen sollte. Meines markante Stimme und schrille Schreie kombinieren sich mit rockigen Gitarrenläufen. Das folgende, recht balladeske Titelstück ist die Blaupause für zukünftige erfolgreiche Stücke. Hardrock mit Blues zu kombinieren zeigt sich in „Life’s Like A River“, einer sehr schönen, eingängigen Nummer sowie in „Sun In My Hand“. Und so wechseln sich druckvolle Nummern wie „Top Of The Bill“, „Robot Man“, die eine Mischung aus Hard- und Glamrock darstellen, mit balladenhaften Stücken wie „Living And Dying“ oder dem Instrumental „Night Lights“ ab. Aber auch psychedelische/proggige Anklänge sind noch nicht ganz von der Hand zu weisen, wie das Stück „Evening Wind“ beweist.

Den auf „In Trance“ eingeschlagenen Weg führten die Hannoveraner auf dem 76’er Album „Virgin Killer“ konsequent fort. Doch der Hardrock, der sich auf „In Trance“ erst andeutete, wird auf „Virgin Killer“ langsam zur Vollendung geführt. Bestes Beispiel dafür ist „Picture Life“, mit dem man ins Album einsteigt. Meines Gesang fährt hier bereits zur Höchstform auf. Mit dem druckvollen „Catch Your Train“ bestätigt sich dieser Trend und auch langsame, balledenhafte Stücke wie „In Your Park“ strahlen bereits eine faszinierende Wirkung aus, die sich bis heute gehalten hat. Die Band scheint auf diesem Album gereifter zu sein und ihren Weg gefunden zu haben, denn die Stücke haben alle einen musikalischen roten Faden und klingen sehr homogen und selbstbewusst, was auf „In Trance“ noch nicht so herauszuhören war.

Das dritte Album in dieser Box ist das 77’er „Taken By Force“, auf dem Meine & Co. ihren in den letzten zwei Jahren entwickelten Stil festigen. Der Erfolg von „In Trance“ und „Virgin Killer“ macht sich auf dem neuen Album deutlich bemerkbar. Schon „Steamrock Fever“, der Eröffnungstrack des Albums, wird kurzerhand mit Fangesängen verfeinert, was sich – trotz Studioproduktion – wie eine Liveaufnahme in einem großen Stadion anhört. Und mit „He’s A Woman – She’s A Man“ ist ein richtiger Knaller auf dem Album. Die Stücke auf „Taken By Force“ tragen eine ganz deutliche Handschrift und glänzen durch eingängige Melodien, knackige Riffs und Rhythmen. Man merkt den Scorpions an, dass sie ihren Stellenwert und ihr Potenzial erkannt und sichtlich Spaß daran haben.

Die Cover der Papersleeves sind den Originaldrucken nachempfunden. Wobei das Album „Virgin Killer“ die entschärfte Version zeigt. Auf dem ursprünglichen Cover ist ein zehnjähriges nacktes Mädchen zu sehen, dessen Genitalbereich durch eine gesprungene Glasscheibe unkenntlich gemacht wurde. Dieses sehr kontroverse und anzügliche Cover wurde dann durch ein Bandfoto ersetzt. Letzteres ziert das Cover in dieser Box.

Wie schon die bisherigen Veröffentlichungen der Reihe „Original Album Classics“ geht es in gleicher Qualität weiter. Für einen günstigen Preis kann man seine Sammlung mit drei guten Alben der Frühphase der Scorpions („In Trance“, „Virgin Killer“ und „Taken By Force“) vervollständigen. Anhand der drei Alben lässt sich gut die Entwicklung der Hannoveraner Vorzeige-Metaller erkennen. Während „In Trance“ der erste Versuch zu härteren Gefilden war, bei dem die Band noch suchend wirkte, ist sie auf „Virgin Killer“ und „Taken By Force“ wesentlich gereifter am Werk.

Stephan Schelle, Januar 2010

   

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