Scope - II
Sireena Records / Broken Silence (1975 / 2020)

(9 Stücke, 43:29 Minuten Spielzeit)

Manche Dinge brauchen etwas mehr Zeit. So hat sich das deutsche Label Sireena Records nahezu 10 Jahre darum bemüht, die beiden Alben der niederländischen Jazzrock-Formation Scope, die ursprünglich in den Jahren 1974 und 1975 erschienen sind, erstmals auf CD herauszubringen. Glücklicherweise ist das Label hartnäckig geblieben und so werden am 03.07.2020 nun diese beiden Perlen des Jazzrocks wiederveröffentlicht.


1974 verließ Erik Raayman die Band, aber mit einem überraschenden Plan machte die Band weiter. Multiinstrumentalist Rik Elings überließ seinen Platz hinter den Keyboards Rob Franken und übernahm selbst den Viersaiter. Eine kluge Entscheidung, denn Rob Franken zählte zu den besten und bekanntesten Jazzpianisten in Holland. In dieser Besetzung traf man im September 1974 wieder im Studio Maschen ein, um das Nachfolge Album „Scope II“ für WEA einzuspielen. Das Album ist wie das erste eine einzige Delikatessenplatte in Sachen Funk/Fusion, und SCOPE wurde zu einem echten Geheimtipp der internationalen Jazzrock-Szene. Große Plattenverkäufe passierten trotz (oder wegen) des Major-Deals leider nicht. Nach zahlreichen Besetzungswechseln war 1976 Schluss.

„Scope II“ wurde von Rik Elings (Fender Precision Bass, Hammondorgel, Arp Synthesizer, Grand Piano, Flöte, Solina String Ensemble), Rob Franken (Fender Rhodes Piano, Arp Odyssey Synthesizer) Rens Nieuwland (Gitarren), und Henk Zomer (Schlagzeug) eingespielt.

Das zweite Album von Scope bietet neun Tracks mit Laufzeiten von 1:59 bis 7:54 Minuten Länge. Die Stücke sind insgesamt kürzer geworden. Los geht es mit dem 4:14minütigen, recht funkigen „Tamotua“. Locker leicht und recht melodisch eröffnet dieses Stück das Album. Ein klasse Einstig in das zweite und leider auch letzte Werk der niederländischen Formation.

Einen leicht russisch klingenden Einstieg (durch die wie eine Balalaika gespielte Gitarre) hat man dem funkigen „Frisky Frog Funk“ spendiert. Der Track geht richtig gut ab und zeigt sich neben seiner rhythmischen auch von seiner melodischen Seite. Sehr jazzig und an das Debüt erinnernd zeigt sich dann der mit 7:54 Minuten Spielzeit längste Track des Albums „Shuttle Service“.

Mit einem Schlagzeugsolo beginnt dann das 6:33minütige, jazzige „Ant-Arctica“. Das ist Jazzrock vom Feinsten. Hier macht sich auch das gute Remastering bemerkbar, das alle Instrumente hervorhebt. Im Mittelteil wird es dann gar orchestral, wenn Tasteninstrumente und Flöte eine Kammerspielartige Sequenz bieten. Funkige, verschrobene Keys werden dann in der zweiten Hälfte geboten. Die weiteren Stücke schlagen in die gleiche Kerbe.

Zum Ende hin gibt es dann noch die beiden Stücke „The Zebra #I“ und „The Zebra #II“, die von Rens Niewland komponiert wurden und wieder eine rockige Note einbringen, die mich an Anthony Phillips erinnern. Das liegt vor allem an der Gitarrenarbeit. „The Zebra ‘I“ zeigt das deutlicher, weil Rens hier allein zu agieren scheint, während in „The Zebra #II“ die Band wieder einen sehr jazzigen Part spielt.

Das Album erscheint als remasterte CD in einem vierseitigen Digipack mit zwölfseitigem Booklet. Im Booklet befinden sich neben vier Bandfotos und Infos zur Produktion auch Linernotes von Rens Nieuwland.

Die Band zeigt auf ihren Stücken ihres zweiten Albums ebenfalls eine Mischung aus durchkomponierten und improvisierten Parts. Teilweise sind die Tracks noch funkiger ausgefallen. Spieltechnisch zeigen sich die Musiker dabei auf höchstem Niveau. Sireena Records hat mit diesem und dem Debütalbum zwei tolle Perlen des Jazzrock gehoben. Zeitgleich erscheint das qualitativ ebenso hochwertige, selbstbetitelte Debütalbum.

Stephan Schelle, Juni 2020

   

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