Sampler - The Spirit Of Sireena Vol. 15
Sireena Records / Broken Silence (2021)

(10 Stücke, 54:38 Minuten Spielzeit)

Es ist mittlerweile eine lieb gewordene Tradition, am Anfang eines Jahres auf die Veröffentlichungen des deutschen Labels Sireena Records zurückzublicken. Dies ermöglicht das Label durch den jährlich am Anfang eines Jahres erscheinenden Sampler „The Spirit Of Sireena“, der Anfang 2021 in seine 15. Runde geht. Auch wenn es in 2020 - Corona bedingt - nicht so viele Veröffentlichungen wie die Jahre zuvor gab, so hat Sireena doch auf der neuesten Ausgabe zehn  Stücke veröffentlicht, die unterschiedlicher nicht sein können.


Der Sampler beweist mal wieder die Vielfältigkeit der Labelinhaber von Sireena, denn sie haben wieder einen bunten Strauß auf der CD zusammengestellt, die in einem vierseitigen Papsleeve verpackt ist.

Als ersten schickt Sireena den britischen Sänger/Gitarristen/Songwriter und Produzenten Phil Shoenfelt mit seinem Song „Shadowland“ mit einem melodischen, poppigen Punksong ins Rennen. Im Gegensatz dazu steht dann das herrliche Instrumental „Point Of No Return“ vom deutschen Musikprojekt Nautilus, in dem durch Gitarre und Keyboards und eine herrliche Melodielinie proggiges Feeling aufkommt, das an Progbands der 70’er Jahre erinnert. Neben neuen Elementen, aus gesprochenem Text und einer Gesangslinie, ist es vor allem die Klangfarbe der E-Gitarre, die einen Wiedererkennungswert im Sound von Nautilus darstellt.

White Rose Transmission, die Band um Carlo van Putten, lieferte auf dem Album „Happiness At Last“ eine gewisse Melancholie, die aber wiederum auch die Seele streichelt. Der Song „Soul Ambulance“, der für den Sampler ausgewählt wurde, hat aber darüber hinaus auch Popappeal.

FEE waren eine deutsche Band, die Anfang der 80’er Jahre, also in der Phase der NDW, drei hervorragende Alben herausbrachte. In 2020 hat Sireena die beiden Alben „Schizofeenie“ und „Rezeptfrei“ wiederveröffentlicht. Für den Sampler wurde der Song „Doswidanja“ ausgewählt, der zwischen Hardrock und Punk mit Popfeeling wandelt. Ein Song mit Ohrwurmcharakter.

Auch die „Musikerkommune“ The Electric Family hatte in 2020 mit „Echoes Don’t Lie“ ein neues Album am Start. Das Stück „Another Giant Leap“ hatte alles, was die Electric Family ausmacht. Ein Stück erdigen Rocks mit leicht psychedelisch/krautigen Elementen.

Eine weitere Perle, die Sireena in 2020 ausgegraben hat, sind die beiden Alben der niederländischen Jazzrock-Formation Scope, die in 1974 und 1975 erscheinen sind. Das sich Scope dem melodischen Jazzrock verschrieben hatten, bei denen sie auch Funk- und Progressive Rock-Elemente mit einbauten, merkt man von der ersten Minute des Openers „Watch Your Step“ an, der auf diesem Sampler als Beispiel für ihre Musik platziert wurde. Ein hinreißendes Stück.

Ein weiterer Song aus der Vergangenheit ist Roman Bunka’s „Si Ga Ni Wa Ta“ aus dem Album „Dein Kopf ist ein schlafendes Auto“. Das 6:29minütigen Stück, beginnt mit Klangtupfern, die in den Raum geworfen werden und dadurch recht schräg klingt. Das ändert sich auch nicht, sobald Schlagzeug und die anderen Instrumente einsetzen. Das hat eine Menge von Avantgarde und Jazz. Das Saxophon quietscht und Sun Ä Yoon & Chili Baba’s Gesang wirkt eher als würde sich bei einem Liveauftritt das Publikum im Hintergrund zu Wort melden. Auf eine ganz eigene Art kann dieser Sound aber trotzdem fesseln, da sich in dem instrumentalen Getümmel doch Harmonien und Melodielinien ausmachen lassen.

Das „St.“ in St. Kleinkrieg steht für den Vornamen Stefan. Spätestens jetzt erkennt der geneigte Musikfreund, dass es sich dabei um den Extrabreit-Gitarristen handelt. Anfang letzten Jahres erschien mit „Abgelehnt!“ ein Album mit Solostücken des Hagener Gitarristen, die es leider nie auf ein Album gebracht haben. Zum Glück hat Sireena diesen Schatz gehoben. Als Beispiel dient hier „Viktoria“, eine musikalisch Punkrocknummer zwischen Extrabreit und Die Ärzte mit Ohrwurmcharakter.

Mit van Wolfen (die Band von Micky Wolf) geht es dann in den Swampbluesrock. „Männerhass“ ist ein knackiger Bluesrocker mit deutschen Texten. Mit dem letzten Track, „Märchen 2“ von der deutschen Elektronikformation Ermes/Harms endet dann der Sampler sehr elektronisch und avantgardistisch, wobei „Märchen 2“ zu den eingängigsten Stücken des Albums „Fingerhut“ zählt, da hier Rhythmen und teils bedrohlich wirkende Synthieeinschübe zu hören sind. Das Ganze ist aber sehr harmonisch angelegt.

„The Spirit Of Sireena Vol. 15“ ist eine sehr gute Zusammenstellung der Sireena-Veröffentlichungen des Jahres 2020. Der Sampler besticht durch seine musikalische Vielfalt und macht dem Hörer Appetit auf das ein oder andere Album. Wer die Veröffentlichungen nicht kennt, bekommt hier einen guten Einblick.

Stephan Schelle, Januar 2021

   

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