Rubber Tea - Infusion
Sireena Records / Broken Silence (2020)
(8 Stücke, 37:39 Minuten Spielzeit)

Im Jahr 2017 gründeten fünf junge Musiker aus Bremen die Band Rubber Tea. Nach diversen Auftritten in Clubs und auf Festivals (darunter auch das Burg Herzberg Festival), erscheint am 12.06.2020 das Debütalbum „Infusion“ der Bremer Rockformation. Eingespielt wurde es von Vanessa Gross (Gesang, Saxophon, Flöte), Lennart Hinz (Gesang, Tasteninstrumente, 12seitige Gitarre), David Erzmann (Bass, Sitar), Jonas Roustai (Gitarren), Maik Scheling (E-Gitarre) und Henri Pink (Schlagzeug, Perkussion). Außerdem waren als Gastmusiker noch Christoph Olesch (Vibraphon), Alex Petratos (Congas, Güiro), Jakob Rubin (Alt-Saxophon) und Trötenfreak Lasse (Trompete) an fünf der acht Songs dabei.


Das Cover des Albums mit der farbenprächtigen Grafik von David Erzmann lässt zunächst auf ein Psychedelic- oder Spacerock-Werk schließen. Dem ist aber nicht so, denn Rubber Tea bewegen sich im Fahrwasser von Progressive-/Artrock-Gefilden.

Zwei Instrumentalstücke sowie sechs Songs enthält das Debütalbum. Bei drei Texten hat sich die Band von Geschichten bekannter Schriftsteller inspirieren lassen. Die Laufzeiten der Stücke bewegen sich zwischen 1:16 und 6:12 Minuten Spielzeit.

Gestartet wird mit dem sechsminütigen Song „On Mysty Mountains“ bei dessen Text sich die Band von Edgar Allen Poe’s „The City In The Sea“ inspirieren ließ. Mit Keyboards und Saxophon beginnt dieser Track sehr proggig. Dann setzten Bass und Schlagzeug sowie weitere Instrumente ein und es entwickelt sich eine hochgradig spannende Atmosphäre. Vanessas sanfte Stimme passt sich der Stimmung dabei sehr gut an. Man erkennt aber schnell dass Vanessa auch sehr ausdrucksstark am Mikro agiert. Im Mittelteil kommt dann eine Spur Pink Floyd-Feeling auf, was vor allem an der Gitarre liegt, die an David Gilmour angelehnt ist, während Saxophon und Piano eine ganz andere Note einbringen. Rubber Tea nutzen Elemente bekannter Prog-Größen nur in geringem Maß, was dem Sound die besondere Würze verleiht, ohne ihre Eigenständigkeit zu mindern. Ein klasse Einstieg in das Album.

Nahtlos geht es dann in das 1:16minütige instrumentale Zwischenspiel „Downstream“ über, das sehr ruhig und atmosphärisch die Bridge zum nächsten Song „In Weeping Waters“ darstellt. In diesem zweiten Song, das von Heinrich Heine’s „Die Loreley“ inspiriert wurde, geht die Band dann etwas jazziger zur Sache. Das liegt auch an dem Einsatz des Vibraphons. Die proggigen Elemente werden hier aber nicht vernachlässigt. Geschickt werden die beiden Stile miteinander verwoben. Ein sehr ausgereiftes Stück.

„The Traitor“ startet mit herrlichen Gitarrenlicks und Marschähnlichem Schlagzeugrhythmus. Dieser Song besticht vor allem durch abwechslungsreiche Strukturen, den Blasinstrumenten sowie wunderbaren Soli. Die Rhythmusstrukturen wurden dabei recht komplex angelegt. Sehr gut gefällt mir hier der Instrumentalteil, bei dem Saxophon und Congas mit den anderen Instrumenten eine perfekte Einheit bilden. Proggig wird es immer dann, wenn Vanessa ihre Stimme einsetzt.

Sehr atmosphärisch und verträumt beginnt das 4:41minütige „Plastic Scream“. Nach gut einer Minute wird es dann druckvoller und ein Hauch von 70’er Jahre Rock weht in modernem Gewand durch den Raum. Das 4:27minütige „Storm Glass“ wurde von E.T.A. Hoffmann’s „The Sandman“ inspiriert. Der Song, der mit verfremdeten Stimmen gesungen wird, wirkt stellenweise recht düster. Aufgebrochen wird diese Stimmung von leicht jazzigen und proggigen Sounds und Melodien. Bei der von David Erzmann gespielten Basslinie ließ er sich von Frank Zappa inspirieren.

Mit dem 5:24minütigen Song „The Drought“ und dem 6:12minütigen Instrumental „American Dream“ endet die CD. In „American Dream“ wurden Sprachsamples eingebaut, bei denen ich vermute, dass hier Donald Trump’s sich widersprechende Aussagen verarbeitet wurden. Musikalisch hat die Band hier einige tolle Vintagesounds eingebaut und den Track sehr abwechslungsreich durch Struktur- und Rhythmuswechsel gestaltet.

Nicht nur das Cover ist sehr schön und farbenprächtig gestaltet, auch das 16seitige Booklet, das in einem vierseitigen Digipack steckt, enthält neben den Texten auch sehr schöne Grafiken.

Mit „Infusion“ hat die Bremer Rockband Rubber Tea ein klasse Debütalbum vorgelegt. Das deutsche Label Sireena Records hat hier aus meiner Sicht einen Schatz aus deutschen Landen gehoben.

Stephan Schelle, Mai 2020

   

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