Roger McGuinn – Original Album Classics
Sony Music (2016)

(42 Stücke, 183:23 Minuten Spielzeit)

Die Original Album Classics-Reihe von Sony Music hat sich seit ihrem Erscheinen im Jahr 2008 zu einer äußerst erfolgreichen Veröffentlichungsserie in Deutschland gemausert und wurde auch von anderen Company’s in ähnlicher Form übernommen. Seit 2008 veröffentlichte Sony mittlerweile 200 Boxen, die allesamt zu günstigen Preisen in sogenannten „Cardboard-Sleeves“ verpackt sind und jeweils 3 bzw. 5 Alben bekannter Künstler in Mini Vinyl Replicas mit den Originalcovern enthalten. Im September 2016 wird diese Reihe nun mit fünf weiteren Boxen fortgesetzt.


Eine der Boxen ist dem Solowerk des Gründungsmitglieds und Frontmanns der Byrds, Roger McGuinn, gewidmet. Nach der Auflösung der Byrds verfolgte Roger seine Solokarriere und brachte in der Zeit zwischen 1973 bis 1977 fünf Alben unter seinem Namen heraus. Diese fünf Alben finden sich nun in einer Box der „Original Album Classics“-Reihe. Während die 75’er bis 77’er Werke im Original vorliegen, enthalten die ersten beiden Alben insgesamt drei Bonusstücke, die im Original nicht enthalten waren.

Den Anfang machte das selbst betitelte Album, das im Jahr 1973 erstveröffentlicht wurde und von Roger McGuinn selbst produziert war. Auf ihm zeigt sich McGuinn noch sehr dem Folk verbunden. Das Werk fand damals allerdings nur wenig Beachtung. McGuinn hat auf dem Album Folk bzw. Singer/Songwriter-Stücke wie „I’m So Restless“, das von Bob Dylan beeinflusst scheint, leicht angejazzten Westcoastrock in „My New Woman“, eine Verbindung aus Westcoast, Beat und Pop (mit Saxophonsolo und Beach Boys Chören) in „Draggin’“, Countryflair  in „Time Cube“ und „Bag Full Of Money“ sowie Blues in „Hanoi Hannah“.

Im heutigen Kontext macht das Solodebüt, bei dem McGuinn seine Beteiligung an den Byrds noch nicht verheimlichen konnte, gar nicht so einen schlechten Eindruck und kann durchaus überzeugen. Die CD enthält mit den beiden Stücken „John, John“ und „Jamaica, Say You Will“ zwei Bonustracks, die auf dem Originalalbum nicht enthalten waren.

Nachdem er 1974 einige Musiker um sich scharte, spielte er sein zweites Album „Peace On You“ ein, das wesentlich rockiger als sein Debüt klang. Auch die Produktion und die Instrumentierung wirken wesentlich ausgereifter als das Debüt. Hier waren dann auch die Westcoast-Elemente deutlich herauszuhören. Im Titelstück und in „Do What You Want To Do“ vereinet McGuinn gar Rockpop mit Gospelchor, während „Without You“ einen Country/Westcoast-Song im Downtempobereich darstellt. Eine mitreißende Nummer stellt „Going To The Country“ dar. Bei einigen Stücken wie „Better Change“ näherte sich McGuinn auch stilistisch Künstlern der Marke Neil Young an. Aber auch Ragtime-Elemente wie in „Gate Of Horn“ finden sich auf dem Album. Der CD-Fassung des 74’er Albums wurde mit dem Song „Rock And Roll Time“ ein Bonusstück spendiert.

Soloalbum Nummer 3 wurde „Roger McGuinn & Band“ betitelt und erblickte im Jahr 1975 das Licht der Welt. Aufgrund privater und persönlicher Probleme fiel die Qualität der Musik allerdings nur mäßig aus. Die meisten Stücke des Albums waren Fremdkompositionen von Mitgliedern seiner Band oder Coverversionen von Klassikern wie Bob Dylan’s „Knockin’ On Heaven’s Door“ das in dieser Version recht zahnlos wirkt und der Byrds-Song „Lover Of The Bayou“, der recht ansprechend ist, aber später live noch intensiver rüberkam (z. B. beim Rockpalast). Eher ein mittelprächtiges und teils seichtes Album.

Das vierte Album „Cardiff Rose“ erschien ursprünglich 1976. Auf diesem Album zeigte sich dann die ganze Qualität von Roger McGuinn, der sich jetzt im Rockumfeld befand und die Songs mit seiner markanten Stimme veredelte. Vor allem Songs wie das folkige „Jolly Roger“, das sich passend zum Cover thematisch mit Piraten/Seefahrt beschäftigt, „Round Table“ über King Arthur und seine Tafelrund und seine Version von Joni Mitchell’s „Dreamland“ gehören zu den Highlights. Daneben gibt es noch Rock’n’Roll in den Songs „Rock And Roll Time“ und „Partners In Crime“.

Mit seinem fünften Album „Thunderbyrd“ aus dem Jahr 1977 hatte er dann ein wirklich gutes Album am Start, das mit dem Tom Petty-Song „American Girl“ einen echten Ohrwurm bereithielt. Weitere Highlights sind „All Night Long“, der Bluesrocker „Dixie Highway“, der Bob Dylan-Song „Golden Loom“ und das atmosphärische „Russian Hill“. Nicht umsonst wurde McGuinn von der deutschen Kultrockveranstaltung Rockpalast eingeladen um am 23.07.1977 in der ersten Rocknacht aufzutreten. Und er legte mit seiner Band in dieser Nacht einen unwiderstehlichen Gig hin. Ich war damals von dem Auftritt regelrecht geflasht.

Mit der CD-Box „Original Album Classics“ werden Anfang September 2016 die fünf Soloalben von Roger McGuinn aus den Jahren 1973 bis 1977 zusammengefasst. Eine sehr gute Veröffentlichung in der vor allem die Alben „Cardiff Rose“ und „Thunderbyrd“ herausragen.

Stephan Schelle, September 2016

   

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