Richard Barbieri – Stranger Inside

Richard Barbieri – Stranger Inside
snapper / spv (2008)
(9 Stücke, 51:18 Minuten Spielzeit)

Während Porcupine Tree derzeit eine kleine Pause einlegen, schickt sich Keyboarder Richard Barbieri an, mit „Stranger Inside“ am 15.09.2008 sein zweites Soloalbum herauszubringen. Bevor Richard 1993 zu Porcupine Tree stieß, konnte er schon auf eine erfolgreiche Musikkarriere zurückblicken, war er doch neben David Sylvian Gründungsmitglied der Avantgardeband Japan, mit der er bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1983 vor allem in Europa und Asien sehr erfolgreich war.


Doch was für Musik erwartet den Hörer bei einem Soloprojekt eines Keyboarders? Ein elektronisches Instrumentalalbum, vielleicht ein Progressive-Werk im Stile der derzeitigen Hauptband, oder geht er gar zu seinen Wurzeln zurück? Zunächst fällt beim Stöbern durch das sechsseitige Digipack, dem leider kein Booklet beigelegt wurde, auf, das neben Richard bei zwei Stücken weitere Musiker Unterstützung geleistet haben. Neben dem Porcupine Tree-Schlagzeuger Gavin Harrison ist auch der Bassist Danny Thompson bei einem Track vertreten. Darüber hinaus sorgte Steve Jansen (Japan, Nine Horses) für Arrangements, Perkussion und Programmierungen. Da es sich tatsächlich um ein Instrumentalalbum handelt, werden an einigen Stellen lediglich Stimmsamples eingebaut, die von Suzanne Barbieri und Tim Bowness (No-Man) stammen. Die Stimme wird aber mehr als Instrument eingesetzt.

Auf neun Tracks zeigt Richard eine Gratwanderung zwischen Avantgarde-Rock, wie im Opener „Cave“, dass durch Gavin’s Schlagzeug sehr perkussiv gestaltet ist, Ambientklängen wie beim folgenden „All Fall Down“ oder hypnotischen Beats wie in „Abyssyn“. Diese Spielarten erinnern mich von der Struktur her schon an Japan, allerdings klingt der Sound wesentlich moderner. Mit Prog á la Porcupine Tree  haben sie jedoch nichts gemein.

„Hypnotek“, das mit über acht Minuten längste Stück des Albums, ist der zweite rhythmische Track auf dem Album. Vor allem das Piano, der groovende Rhythmus und die elektronisch erzeugte Gitarre vermitteln eine magische Atmosphäre, die fesselt. Hier spielt Richard auch mit Lautstärke und unterschiedlichen Rhythmen, die im zweiten Teil durchaus auch heftiger ausfallen, so dass hier eine rockige Stimmung entsteht.

Noch zu Beginn von „Byzantium“ geht es recht ambientmäßig und gemächlich zu. Doch im Verlauf des Stückes zieht auch hier der Rhythmus an und es entwickelt sich nach fast drei Minuten ein Track mit Popappeal. „Decay“ ist ein sehr atmosphärisches, leises Stück mit zartem Piano, während bei „Abyssyn“ ein hypnotischer Beat den Weg weist und eine sehr eingängige Melodielinie bietet. Es folgt die Downtemponummer „Morphia“, die für meinen Geschmack etwas unspannend daher kommt. In „Retina Blur“ vermischt Richard wieder Ambientklänge mit rhythmischen Elementen. Das Ganze wirkt auf mich aber an einigen Stellen etwas überladen. Das Titelstück beschließt dann das Album mit recht experimentellen Ambientklängen.

„Stranger Inside“ verbreitet in den meisten Stücken eine eigentümliche Stimmung, der man sich sehr intensiv widmen muss. Hier wird es wahrscheinlich nur schwarz oder weiß geben. Entweder man mag diese Sounds, oder man hasst sie. Mich persönlich hat das Album nicht umgehauen, aber auch nicht enttäuscht. Ein solides Werk, mit ungewöhnlichen Sounds, das man auf jeden Fall Probehören sollte.

Stephan Schelle, August 2008

   

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