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Reuter Motzer
Grohowski - Bleed Im Jahr 2020 veröffentlichte das Trio von Touchgitarrist Markus Reuter, Gitarrist Tim Motzer und Schlagzeuger Kenny Grohowski ihr Debütalbum „Shapeshifters“. Am 04.11.2022 erschien der Nachfolger unter dem Titel „Bleed“. Neben den zuvor genannten Instrumenten haben die Drei auch noch Tasteninstrumente mit beigesteuert, was dem Sound einen gewissen sphärischen Touch verleiht. Der Silberling mit seinen acht Stücken, die Laufzeiten von 6:01 bis 11:19 Minuten Spielzeit aufweisen, befinden sich in einem vierseitigen Papersleeve aus hartem Karton. |
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Am
18. August 2019 trafen Markus, Kenny Grohowski und ich musikalisch zum
ersten Mal auf der Bühne des ShapeShifter Lab in Brooklyn NYC zusammen.
Es war, gelinde gesagt, ein unglaubliches erstes Treffen dieses explosiven
improvisierenden Trios vor einem begeisterten Live-Publikum. Glücklicherweise
wurde das Set aufgezeichnet und die Ergebnisse wurden auf Leonardo
Pavkovics MoonJune Records als „Shapeshifters“ veröffentlicht. Ich
erinnere mich noch gut an das erste Treffen dieses mächtigen Trios, an
unsere Chemie, und unser Sound hat sofort gepasst. Wir waren alle so
aufgeregt und glücklich nach dem Konzert und hofften, es wiederholen zu können.
Im Mai 2022 arrangierte Leonardo eine Aufnahmesession für uns im Catskill
Village im wunderschönen Hudson Valley im Staat New York. Markus kam
gerade von einer Stick Men-Tour zurück, und ein paar Tage zuvor hatte ich
für sie Solo eröffnet. Kenny war gerade von einer Tour mit Imperial
Triumphant zurück. Wir waren alle aufgeladen und bereit, loszulegen. Wir
nahmen etwa sechs Stunden lang die ersten Takes auf, wobei sich das
Live-Trio im Studio im Kreis aufstellte, und verbrachten dann noch ein
paar Stunden damit, Rhodes, Mellotron und Hammond B3 zu überspielen, um
einige ausgewählte Stücke zu orchestrieren. Es war eine unglaubliche
Session, alles improvisiert und an Ort und Stelle komponiert. Markus
und ich spielen seit 2008 zusammen, haben viele Platten zusammen
aufgenommen und haben eine sehr tiefe musikalische Verbindung. Wir haben
schon immer Musik aus der Improvisation heraus geschaffen. Jetzt, wo wir
mit Kenny zusammenarbeiten, haben wir unseren speziellen Schlagzeuger
gefunden, der das mit uns machen und alles spielen kann. Die Musik findet
uns. Markus spielte seine U8-Touch-Gitarre - die unbesiegbar und erdrückend
klang - zusammen mit seinem Looping-Setup. Ich hatte meine 6- und
12-saitigen Takamine-Akustikgitarren, die G&L Commanche und die
Danelectro Baritone mitgebracht und spielte sie zusammen mit meiner
Elektronik, meinen Loops, ein paar neuen Fuzz-Pedalen und meinem Bogen.
Jede dieser Gitarren und jeder dieser Sounds brachte eine andere Stimmung
in die Musik, die wir kreierten. Manchmal begann Markus ein Stück, und
manchmal wies er mich an, etwas zu beginnen. Kennys Schlagzeugspiel war
den ganzen Tag über treibend und inspirierend. Sein Schlagzeugspiel ist
ebenso elektrisierend wie sein Engagement für Ideen und rhythmische
Erfindungen in der Musik. Der Aufnahmetag war wie im Flug vergangen. Wir
haben den ganzen Tag und die ganze Nacht hart gearbeitet, und ehe wir uns
versahen, war es vorbei. Wir waren tief drin. Die Musik kommt durch uns.
Es ist ein tiefgreifender Prozess, wie eine Art Meditation, aber wir sind
alle zusammen und tief im Klang versunken. Je länger wir spielten, desto
mehr Schätze kamen zum Vorschein. Nach einem solchen Tag weiß man gar
nicht mehr, was passiert ist, bis man sich ausruht und später wieder zuhört.
Wir hatten alle ein richtig gutes Gefühl. Einen Tag später kam Markus in
mein Studio in Philadelphia, und wir hörten uns alles mit frischen Ohren
an, machten uns Notizen und wählten aus dem gesamten Material eine
Auswahl. Wir waren uns alle einig, welche Tracks ausgewählt wurden, und
jeder von uns steuerte Titel bei. Das Ergebnis ist das Album „Bleed“,
und es ist ein monumentales Album dieser Band. Die
Stücke sind wieder im Rahmen von Improvisationen entstanden, wobei die
Drei sich schon zuvor abgestimmt haben, in welche Richtung und welcher
Tonart es gehen soll. Zwar wirkt die Musik immer recht frisch und direkt,
weist aber auch klare Strukturen auf. Dabei
geht das Trio recht progressive/jazzig zur Sache, was sich schon im eröffnenden
Longrack, dem 11:19minütigen Titelstück zeigt. Sphärische Klänge,
flirrende, teils sägende Gitarrenmotive und ein treibendes Schlagzeug
bilden hier die Grundlage für die Musik. Manches wirkt, als hätten die
Drei die Sounds bis in den Himmel aufeinander getürmt. Das kann einen
auch schon mal überfordern. Dann kommen aber wieder recht harmonische
Passagen auf, die das Ganze wieder ins richtige Licht bringen. Das
8:14minütige „Causatum“ beginnt mit einem sanften, recht melodischen
Gitarrenpart, der sich dann aber nach wenigen Momenten eine zweite
Gitarrenstimme entgegenstellt und teilweise einen Gegenpol einnimmt, um
dann wieder in gemeinsamer Harmonie zu schwelgen. Das klingt ungewöhnlich,
geht aber gut ins Ohr. Auch eine Spur mediterranes Feeling wurde mit
eingebaut. Der Track nimmt im weiteren Verlauf an Dynamik zu und endet in
surrealen Klängen. Eine
sphärische Einleitung startet in das 11:31minütige „Sibyline“. Zunächst
fügt sich die zweite Gitarre auch recht sphärisch in diesen Sound ein.
Spätestens mit Einsatz des Schlagwerkes wird es dann druckvoller und
dynamischer. Jetzt ist auch der jazzige Charakter wieder deutlich zu spüren.
Das monotone Schlagwerk und die Sounds haben eine hypnotische Wirkung und
steigern sich immer weiter. Im zweiten Teil ist es vor allem Kenny
Grohowski, der an seinem Schlagzeug für Akzente sorgt und den Track nach
vorn treibt. Das
sind einige Beispiele für dieses Zweitwerk des Trios Markus Reuter, Tim
Motzer und Kenny Grohowski. Auf ihrem neuesten Werk, das den Titel
„Bleed“ trägt haben sie hypnotische Improvisationen eingespielt. Das
ist zwar ein ums andere mal recht surreal, geht aber erstaunlich gut ins
Ohr. Stephan Schelle, Januar 2023 |
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