0 - Blanko

Radiohead - In Rainbows
XL Recordings (2007)
(10 Stücke, 42:34 Minuten Spielzeit)

Das mit Spannung erwartete neue Album „In Rainbows“ von Radiohead ist erschienen. Vier Jahre haben die Fans seit der letzten Veröffentlichung „Hail To The Thief“ warten müssen. Zeit genug also, um an einem Album herumzufeilen bis es aus Sicht der Macher perfekt ist. Aber genau hieran krankt dieses Album. Die Musik kommt nicht aus dem Herzen, schon gar nicht aus dem Bauch, sondern ist sehr kopflastig geworden. Da hat man sich was ausgedacht.


Die einzelnen Lieder scheinen wie auf dem Reißbrett konzipiert. In sich sehr komplex mit viel mühevoller Detailarbeit. Mal ist die Gitarre das führende Instrument, mal ist es das Klavier. Selbst diese vordergründige Abwechslung wirkt sehr gewollt. Exemplarisch hierfür steht der Song „Nude“, welcher eine ruhige Barathmosphäre verbreitet. Jemand steht mit einem leckeren Cocktail in der Hand an der Theke und schaut sich um. Gediegene, teure Einrichtung, alles blitzblank. Der Service ist perfekt. Aber es ist niemand da, mit dem sich dieser Jemand unterhalten könnte. Ihm ist langweilig. Er beschließt auf die Terrasse zu gehen. Er sieht von dort das Meer, es weht ein leichter Wind, angenehme Temperatur, der Himmel ohne Wolken, der Strand mit Palmen und Liegestühlen. Alles wunderbar, aber auch langweilig. Dieses Terrassenbild steht für den „Nude“-Nachfolger „Weird Fishes / Arpeggi“. Dieser Track plätschert dahin, wie eine schlappe Welle von 5cm Höhe, die sich müde an den Strand schleppt.

Sieben von den zehn Songs sind in diesem Stil gehalten: Ruhig, detailverliebt, langweilig, mit mal mehr oder mal weniger jängeligen Vocals von Thom Yorke. Die drei verbliebenen Stücke bieten durchaus Abwechslungsreiches. Die CD beginnt mit „15 Step“. Ein nichts sagendes Stück, welches von einem monotonen Elektrobeat zerhackt wird. Der nächste Song tut danach wirklich gut. „Bodysnatchers“ besteht aus schrägem Geschrammel mit vitalem Gejaule im Hintergrund. Die Band lebt!

Nach diesem zwiespältigen Auftakt geht es mit der oben erwähnten Langeweile los. Ein Highlight gegen Ende gibt es aber noch: „Jigsaw Falling Into Place“. Ein interessanter Song mit straffer Struktur, dynamisch, mit hintergründiger Atmosphäre und nicht so künstlich, wie der Rest der Scheibe.

Wird das vorher Geschriebene betrachtet, so sieht die Bilanz dieser CD nicht sonderlich berauschend aus. Ein Vergleich mit „Ok Computer“ erübrigt sich allemal.

Noch etwas Positives zum Schluss: Der Inhalt dieser CD wurde im Vorfeld im Internet zum Download zur Verfügung gestellt. Jeder konnte soviel bezahlen, wie ihm diese Musik wert war. Eine faire Sache.

Holger Fischer, März 2008

   

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