Project:Patchwork – Ultima Ratio
Progressive Promotion Records (2022)
(9 Stücke, 58:09 Minuten Spielzeit)

Vier Jahre sind ins Land gegangen seit dem letzten Album von Project:Patchwork, das von Mastermind Gerd Albers betrieben wird. Was vor etwa 10 Jahren als Freizeitspaß von Gerd Albers unter dem lässigen Namen „Project Patchwork“ begann und 2016 mit „Tales From A Hidden Dream“ erstmals in Albumformat auf den Markt gebracht wurde, hat sich zu einem der faszinierendsten Projekte im zeitgenössischen Prog Rock entwickelt. Das zeigt auch das neue Album „Ultima Ratio“, das am 08.04.2022 bei Progressive Promotion Records erschienen ist. 


Mit einer ganzen Armada von Gastsängern und -musikern, rekrutiert aus Spitzenbands wie Mystery, Subsignal, Seven Steps To The Green Door, Flaming Row, Cosmos, Pink Cream 69 sowie der Jossi Sassi Band und mit der Hilfe von Martin Schnella beim Engineering und Mastering, liefern Gerd Albers und Peter Koll ein düsteres Themenalbum ab, ohne einen dringend benötigten Lichtblick auszulassen.

Das Album, das in einem vierseitigen Digipack daherkommt besitzt ein zwölfseitiges Booklet. Als Einleitung ist folgender Text im Booklet zu lesen: Ultima Ratio blickt zurück auf das Jahr 2020 – ein schwieriges Jahr bezüglich der Covid-19-Pandemie. Im späten Winter/Frühjahr 2022 haben wir diese Pandemie immer noch nicht überwunden! Aktuell befinden wir uns in der 5. Welle, mit höheren Inzidenzen als je zuvor! Dieses Album stellt nicht die Existenz des Virus oder der Pandemie in Frage, es handelt sich um einen Versuch, die sozialen Konsequenzen der langzeitigen Lockdown-Phasen und der dazugehörigen Maßnahmen zu beschreiben – in Deutschland wie auch weltweit. Und es stellt sich die Frage, ob diese Ultima-Ratio-Lösungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Konsequenzen dieser Regeln stehen – und ob diese möglicherweise folgenreicher sind als jemals erwartet?

Musikalisch hat sich das Projekt um Mastermind Gerd Albers aber weiter gesteigert und so stößt „Ultima Ratio“ in die oberen NeoProg-Regionen vor. Das beweisen die neun Stücke mit Laufzeiten von 2:37 bis 12:46 Minuten Spielzeit sehr eindrucksvoll.

Ins Album startet das Projekt mit dem 3:42minütigen „Ultima Ratio pt. I – Prologue“, das mit herrlichen Keyboardsounds beginnt und nach wenigen Momenten durch hymnische Sounds und eine E-Gitarren-Melodie, die leicht an Mike Oldfield erinnert, verfeinert wird. Druckvolle und sanfte Passagen wechseln sich in diesem instrumentalen Intro ab. Ein klasse Einstieg in dieses wundervolle Album.

Der erste Song zeichnet sich dann mit dem fast neunminütigen „New Normality“ ab. Gitarren und Keyboards bilden in diesem Stück zu Beginn eine sehr liebliche Melodie, ohne aber ins Belanglose zu driften. Dann setzt Lars Köhler mit seinem Gesang ein und bringt mehr Rockfeeling in ihn hinein. Jetzt kommen auch AOR-Elemente auf. Ein klasse proggiger Song mit viel Esprit und Melodie.

Leichten U2-Touch besitzt der 6:25minütige Song „Weeks Of Sorrow“, was vor allem durch die Gitarrensounds zu Beginn erzeugt wird. Dann wandelt der Song aber nach wenigen Momenten wieder im melodischen Prog. Der Song ist wie gemacht für Arno Menses Stimme, die dem Song seinen Charakter verpasst. Und in der Tat hat der Song so auch eine Spur von Subsignal, was die Melodieführung und natürlich Arno Menses Gesang betrifft. Sehr gut gefallen mir in diesem Stück die Keyboardpassagen.

Das 6:11minütige „Code Red“ wird dann stimmlich von Miriam Kraft getragen. Eine Akustikgitarre startet in den Song, der nach wenigen Momenten durch Miriams Stimme durch Mark und Bein geht. Was für eine Stimme. Danach wird ein 2:37minütiges Instrumental mit dem Titel „Hope“ eingeschoben, das klar von Gerd Albers Gitarrenklängen bestimmt ist. Eine sehr ruhige, entspannte Nummer.

„Dead-End Street“ mit seinen 8:28 Minuten Spielzeit ist ein kraftvoller Rocksong, in dem Albers Hardrock und Prog miteinander verknüpft. Etwas ruhiger geht es dann in „Depressed Sentiments“ zu, das von Anne Trautmann eingesungen wurde. Der Mystery-Sänger und Flötist Jean Pageau ist dann im 12:46minütigen Longtrack „Keepers Of The Fire“ zu hören und verleiht dem Projekt hier eine Portion seiner kanadischen Band sowie durch seinen Gesangsstil in einigen Passagen auch einen leichten Rush-Hauch. Das Album endet dann mit dem 2:48minütigen „Ultima Ratio pt. II – Epilogue“

Am Ende des Booklets nimmt die Band noch einmal Stellung zu dem fürchterlichen Krieg, den die russische Förderation derzeit gegen die Ukraine führt. So steht dort sinngemäß:
Am 24. Februar hat die russische Föderation ihren militärischen Angriff gegen die Ukraine begonnen. Seit Jahrzehnten der Freiheit und Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg gab es kein gefährlicheres Szenario für den Frieden in Europa. Hoffen wir alle, dass dieser Krieg nicht eskaliert. Steht zur Ukraine, wir sind bei euch!
Ein Statement, dem man nur zustimmen kann.

„Ultima Ratio“ des Musikprojektes Project:Patchwork um Mastermind Gerd Albers ist ein erstklassiges NeoProg-Album mit einfühlsamen Melodien, mit dem sich das Projekt in die obere Riege der Progbands etabliert. Wie schon auf den beiden vorangegangenen Alben sorgen die zahlreichen Sänger/innen für Abwechslung und stören das Gesamtbild in keinster Weise. Ein Album, das noch mehrfach bei mit die Runden drehen wird.

Stephan Schelle, April 2022

   

CD-Kritiken-Menue